80 Pegida-Anhänger durften gestern Abend mit staatlicher Genehmigung einen Abendspaziergang durchführen. Sie begannen, zahlenmäßig etwas reduziert, auf dem Platz vor der Semper-Oper, ehemals der "Adolf-Hitler-Platz", und liefen mit Schutz-Masken, gut desinfiziert und unter Einhaltung des 1,50 Meter Mindestabstandes durch Dresden. 80 für 80 Millionen' war der Titel dieser Unternehmung. 80, warum 80? 88 wäre doch stimmiger, oder? Zu offensichtlich?
Pegida - Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes - das Abendland, da wo die Sonne untergeht. Pegida fordert:
- ein neues Zuwanderungsgesetz, das „unkontrollierte, quantitative“ Zuwanderung beenden und „qualitative Zuwanderung“ nach dem Vorbild Kanadas und der Schweiz fördern solle,
- die Aufnahme eines Rechts und einer „Pflicht zur Integration“ in das Grundgesetz
- konsequente Ausweisung bzw. ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für „religiöse Fanatiker und Islamisten“, die in heiligen Kriegen kämpfen würden,
- direkte Demokratie durch Volksentscheide auf Bundesebene,
- ein Ende der „Kriegstreiberei mit Russland und ein friedliches Miteinander der Europäer“ ohne die „Kontrolle aus Brüssel“,
- mehr Mittel für die innere Sicherheit Deutschlands, besonders für die Polizei.
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/rechtsextremismus-in-deutschland-wie-rechts-ist-die-polizei-a-1290326.html
Was ist mit uns los? Bemerken wir überhaupt noch in welch schwieriger und doch letztendlich privilegierten Situation wir uns befinden? Wir durchleben eine weltweite Krise in einem der, für den Fall solch einer Katastrophe, bestausgestattensten Ländern der Welt. Corona-Deluxe.
Das heißt nicht, hier gäbe es keine existentiellen Einbrüche, keine Menschen in bedrohlicher Not, keine Sorge, keine Angst, aber wenn wir unsere Lage mit der anderer Nationen, anderer Länder vergleichen? Dann geht es uns gut. Relativ. Oder? Unverdientermaßen, durch den Zufall der Geburt, leben wir in einem Land mit einem ziemlich gut funktionierenden Sozial- und Gesundheitssystem. Wir sind Glückskinder!
Aber wir meckern.
Merkel ist doof oder Söder oder Laschet oder Drosten. Schutzmaßnahmen - von wegen, Freiheitsberaubung! Alte weiße Männer sollen halt einfach sterben. Alte weiße Frauen übrigens auch. Sollen die Alten doch in Quarantäne gehen, und die Asthmatiker, die Diabetiker, die Raucher, die an Immunschwäche Leidenden. Warum müssen immer die Jungen zahlen.
Bill Gates will uns alle unterjochen, G5, Chemtrails und oder China wollen uns fertig machen. Falls eine impfung gefunden wird, muß man die als guter Impfgegner ablehnen. 80 Quadratmeter sind zu viel, sind zu wenig. Wenn Friseursalons öffnen dürfen, warum nicht auch Tätowierstudios? Überforderte Yuppie Familien vergleichen ihre soziale Distanzierung mit einem Gefängnisaufenthalt. Corona ist wie Grippe. Corona gibt es gar nicht, weil man keinen kennt, der es hat.
Überhaupt alle sind gegen uns.
Und mein Liebling: jeder Mensch mit Google-Zugang weiß besser, wie mit der Pandemie umzugehen wäre, als Leute, die Jahre über Viren und Epedemien, Pandemien studiert und gearbeitet haben. Früher war jeder Fußball-Nationaltrainer, heute ist jeder Virologe.
Was ist mit uns los?
Wir stehen einer Bedohung gegenüber, der wir egal sind, Hasstiraden gegen den Virus mögen erleichtern, werden ihn oder vielmehr die Trillionen hoch 15 Covid-19 Viren aber nicht erreichen. Also suchen wir uns andere Ziele für unsere zur Wut umgeformte Angst, denn irgendjemand muss doch Schuld sein.
Gerade das, was ich als sehr vertrauenserweckend erlebe, dass Politiker und Fachleute ihre Unsicherheit eingestehen, laut sagen, sie wissen manche Dinge nicht mit Sicherheit, wird durch die Meckerer als verächtliche Schwäche ausgelegt. Jede Gruppe sieht sich als die vernachlässigste, die der es schlimmer geht als allen anderen und meckert sich in haltlose Empörung.
Ich sehe es so: momentan weiß niemand genau was DAS RICHTIGE ist. Herr Drosten scheint nicht blöd zu sein, Mai Thi Nguyen-Kim auch nicht. Merkel ist wissenschaftlich vorgebildet und, so scheint es mir, durch DDR Erfahrung äußerst achtsam bei der Einschränkung jeglicher Freiheiten.
Herr Wodarg trat bei Eva Hermann auf, was mich mißtrauisch macht. Herr Püschel aus Hamburg trauert keinem nach, der sowieso demnächst gestorben wäre.
Ja, ich weiß, ich werde sterben. Ja, es ist unvermeidlich. Aber wie lebt eine Gesellschaft weiter, die ihre Schwachen, ihre Hilfsbedürftigen dem Tod überläßt, um wieder auf NORMAL zurückgehen zu können?
DER SERVIETTENBAUM