Montag, 13. April 2020
Das C-Wort XIV - Eine kleine Ode an Herrn Ottolenghi und seine Mitarbeiter
Ich bin ein Azubi-Koch und Ottolenghi ist ein großartiger Lehrer. Er erklärt genau, aber nicht zu genau, er ist ganz spürbar einer, der es liebt Menschen zu bekochen oder sie zu verführen, es selbst zu tun. Die Gerichte, jedenfalls, die die ich ausprobiert habe, sind ausnahmslos ganz, ganz lecker und zwar auf überraschende Weise. Ich habe durch ihn Gewürze kennengelernt, die ich nicht kannte und meine Zunge mag es, verblüfft zu werden. Cumin, Harissa, Zatar, schwarzer Knoblauch, Berberitzen, Isot Biber - schöne Namen und neue Geschmäcker, viel Fisch, viel Gemüse, viele Kräuter und nur manchmal Fleisch.
Die Namen seiner Kochbücher mag ich auch: Jerusalem, Plenty & Simple.
Nebenbei ist sein Essen auch noch gut für meinen Cholesterinhaushalt und das ganze andere Zeug mit der Gesundheit.
FORELLENTARTAR MIT BRAUNER BUTTER UND PISTAZIEN
1 Schalotte in Ringe schneiden
2 Zitronen - 2Tl abgerieben Schale & den Saft (ca.40cl)
1/2 Tl Zucker
4 Lachsforellenfilets gewürfelt
1 Tl Olivenöl
Zuerst die Schallottenringe mit 2 El Zitronensaft, dem Zucker, Meersalz und schwarzem Pfefer vermischen, dann in einer anderen Schüssel die Forellenwürfel mit dem Öl. der Zitronenschale, 1 1/2 Tl Meersalz und einer Portion Pfeffer vermanschen und für etwa 20 Minuten stehen lassen. Nicht länger!
Butter in der Pfanne mit Kreuzkümmel (1/2 Tl) braun werden lassen, schön schwenken immer mal.
Anrichten. Zerhackte Pistazien drüber und Estragon.
Ich hatte keinen frischen Estragon, da habe ich getrockneten gegen Ende in die braune Butter gestreut.
Benötigt keinerlei Zugabe, finde ich.
CHRAIMEH-SAUCE
6 zerdrückte Knoblauchzehen
2 Tl Paprika scharf
1 El Kümmel (für mich zu viel)
1 Tl Kreuzkümmel
1/2 Tl Zimt
3 El Sonnenblumenöl
3 El Tomatenmark
2 Tl Zucker
den Saft einer Limette
Koriander zum drüberstreuen
Knofi, Öl und Gewürze vermischen, eine Minute anbraten, Tomatenmark, Zucker, Limette und 3/4 Tl Salz dazu, 250 ml reingießen, die Sauce eindicken und viel rühren.
Ein sehr eigener, widersprüchlicher Geschmack, der gut zu grünen Bohnen, zu Fisch, zu Hühnchen passt und aufs Brot kann man die dicke Sauce auch streichen.
Samstag, 11. April 2020
Das C-Wort XIII - Nix passiert.
Ich schreibe meiner Lieblingsnichte jetzt öfter eine Mail, sie lebt im Brandenburgischen, ich in Berlin - das sind unüberwindbare Entfernungen in diesen Zeiten. Aber was schreibe ich ihr, jetzt, wo mein Lebenskreis so viel kleiner geworden ist? Keine neuen Restaurants, keine neuen Läden, Theaterereignisse, Museumsbesuche, Caféentdeckungen. Keine Proben, keine gemeinsamen Erfindungsschübe, keine Kreativkrisen, keine übermüdeten Abende und vorfreudige Morgen.
Mein Beruf ist nicht im geringsten systemrelevant, er ist wunderbar, gelegentlich idiotisch, aber systemisch wertlos, weil das, was ich schaffe, nicht börsenwirksam verwertbar ist, nur einem einzigen Zweck dienend, zu unterhalten.
Vorgestern haben wir, mein Bremer Truppe der Nibelungen, zwölf an der Zahl, drei Stunden über Zoom kommuniziert, "geprobt", sehr seltsam, erschöpfend, aber doch beglückend. Leider kann man nicht durcheinander reden, was blöd ist, denn das braucht's notwendig zum Probieren.
Wie wird unsere Zukunft aussehen? Homeoffice ist nicht möglich, Schweiß, Spucke und Anfassen, eigentlich alle jetzt so sehr gefährlichen Dinge, sind notwendige Bestandteile unserer Arbeit. Ob sich ein gänzlich neuer Spielstil entwickeln wird, gerade nach vorn und ohne Körperkontakt? Frau Kennedy, Sie wären eine Vorreiterin, mit Ihrer Vorliebe für Latex-Vollmasken und, wenn keiner spricht, werden auch weniger Tröpfchen in der Luft verteilt. Posthuman. What the Fuck! Eigentlich müssten wir jetzt doch noch menschlicher, haptischer, riskanter arbeiten.
Erstaunlich, wie ich mich über Winzigkeiten freue, den Kaffee von meiner kleinen, um ihr Überleben kämpfenden, Konditorei. Über die Sonne, die scheint, den sehr persönlichen Strauch, der blüht, die unglaublich netten Verkäufer und Verkäuferinnen bei "Butter Lindner". Ich bin gut dran mental noch aufnahmebereit und höchst privilegiert, weil ohne existentielle soziale Sorge, nur der um mein Leben, als 61-jährige schwere Raucherin. Also nur mit der Angst aller belastet, die alt, oder vorerkrankt oder sonstwie beschädigt sind. Ja, ich weiß, ich bin, im Gegensatz zu vielen Bedrohten, selber schuld.
( Da dräut im Hintergrund ein unangenehm darwinistisches Denken, retten wir die Wirtschaft, lasst die Alten sterben, die paar Jahre mehr oder weniger, machen den Kohl auch nicht fett und der Rentenkasse täte es auch gut. Mal gucken, was da noch kommt, wenn noch mehr Zeit vergeht mit uns und diesem Virus. )
ABER auch:
Das Spazierengehen, dass ich gar nicht mag in normalen Zeiten, aber jetzt liebe, weil ich mich da mit lieben Leuten verabreden kann, um zu quatschen, anzugucken, zu lachen. Den Tiergarten kenne ich mitlerweile besser als meine Hosentasche und meine Freundinnen nennen mir geduldig zum zehnten Mal die Namen von Blumen und Bäumen, an denen ich, die sonnige demente Tante mich erfreue und sofort wieder vergesse.
Das Kochen, das ich genieße, weil ich mich dabei konzentrieren und Geduld haben muß. Herrn Ottolhengi und Frau Nigella Lawson verleihe ich den Corona-Preis in der Sparte Genüsse, welche in Zeiten ohne Körperkontaktmöglichkeiten, nicht zu verachten sind.
Das Lesen in der Badewanne. Noch sind es Krimis, Literatur wird's erst wieder, wenn ich das Nibelungen-Ungetüm aus dem Kopf habe. Ein Meter Bücher zum Thema, Irrsinn, wer sich alles mit welch speziellen Unterthemen mit dieser wüsten Geschichte beschäftigt hat!
Das Auf-, bzw. Ausräumen. So ordentlich waren meine Kisten, Schränke und Schubladen noch nie.
Der Frühling!!!
Mein Beruf ist nicht im geringsten systemrelevant, er ist wunderbar, gelegentlich idiotisch, aber systemisch wertlos, weil das, was ich schaffe, nicht börsenwirksam verwertbar ist, nur einem einzigen Zweck dienend, zu unterhalten.
Vorgestern haben wir, mein Bremer Truppe der Nibelungen, zwölf an der Zahl, drei Stunden über Zoom kommuniziert, "geprobt", sehr seltsam, erschöpfend, aber doch beglückend. Leider kann man nicht durcheinander reden, was blöd ist, denn das braucht's notwendig zum Probieren.
Wie wird unsere Zukunft aussehen? Homeoffice ist nicht möglich, Schweiß, Spucke und Anfassen, eigentlich alle jetzt so sehr gefährlichen Dinge, sind notwendige Bestandteile unserer Arbeit. Ob sich ein gänzlich neuer Spielstil entwickeln wird, gerade nach vorn und ohne Körperkontakt? Frau Kennedy, Sie wären eine Vorreiterin, mit Ihrer Vorliebe für Latex-Vollmasken und, wenn keiner spricht, werden auch weniger Tröpfchen in der Luft verteilt. Posthuman. What the Fuck! Eigentlich müssten wir jetzt doch noch menschlicher, haptischer, riskanter arbeiten.
Erstaunlich, wie ich mich über Winzigkeiten freue, den Kaffee von meiner kleinen, um ihr Überleben kämpfenden, Konditorei. Über die Sonne, die scheint, den sehr persönlichen Strauch, der blüht, die unglaublich netten Verkäufer und Verkäuferinnen bei "Butter Lindner". Ich bin gut dran mental noch aufnahmebereit und höchst privilegiert, weil ohne existentielle soziale Sorge, nur der um mein Leben, als 61-jährige schwere Raucherin. Also nur mit der Angst aller belastet, die alt, oder vorerkrankt oder sonstwie beschädigt sind. Ja, ich weiß, ich bin, im Gegensatz zu vielen Bedrohten, selber schuld.
( Da dräut im Hintergrund ein unangenehm darwinistisches Denken, retten wir die Wirtschaft, lasst die Alten sterben, die paar Jahre mehr oder weniger, machen den Kohl auch nicht fett und der Rentenkasse täte es auch gut. Mal gucken, was da noch kommt, wenn noch mehr Zeit vergeht mit uns und diesem Virus. )
ABER auch:
Das Spazierengehen, dass ich gar nicht mag in normalen Zeiten, aber jetzt liebe, weil ich mich da mit lieben Leuten verabreden kann, um zu quatschen, anzugucken, zu lachen. Den Tiergarten kenne ich mitlerweile besser als meine Hosentasche und meine Freundinnen nennen mir geduldig zum zehnten Mal die Namen von Blumen und Bäumen, an denen ich, die sonnige demente Tante mich erfreue und sofort wieder vergesse.
Das Kochen, das ich genieße, weil ich mich dabei konzentrieren und Geduld haben muß. Herrn Ottolhengi und Frau Nigella Lawson verleihe ich den Corona-Preis in der Sparte Genüsse, welche in Zeiten ohne Körperkontaktmöglichkeiten, nicht zu verachten sind.
Das Lesen in der Badewanne. Noch sind es Krimis, Literatur wird's erst wieder, wenn ich das Nibelungen-Ungetüm aus dem Kopf habe. Ein Meter Bücher zum Thema, Irrsinn, wer sich alles mit welch speziellen Unterthemen mit dieser wüsten Geschichte beschäftigt hat!
Das Auf-, bzw. Ausräumen. So ordentlich waren meine Kisten, Schränke und Schubladen noch nie.
Der Frühling!!!
MEIN SELFIE:
Samstag, 4. April 2020
Das C-Wort XII - Ein Landei in der Stadt
Mein kleiner Wochenmarkt ist auf drei Stände zusammengeschrumpft und da
dachte ich mir: "Geh doch mal zum Kollwitzplatz gucken."
Aus meinem dörflichen Berliner Mitte, wo man jetzt oft minutenlang kein Auto sieht, laufe ich also in den Prenzlauer Berg und erleide einen Schock, Gedränge!
Menschen über Menschen, lauter ökologisch bedachte, auf Nachhaltigkeit achtende, irgendwo links von der Mitte wählende Leute, bei denen das Ding mit der sozialen (physischen) Distanz scheinbar noch nicht angekommen ist. Habt ihr sie noch alle?
Ich habe rasch einen Strauß rote Ranunkeln erworben und bin bin weg, schnell wie der leicht geriatrische Blitz, der ich bin, ab ins Kaufhaus am Alex, wo die Lebensmittlabteilung geöffnet ist, was aber scheinbar keiner weiter weiß und darum können ich und noch zwei Kunden entspannt durch den Riesenladen schlendern. (Geheimtipp!)
Was sonst noch passierte:
Die Türkei behält Beatmunggeräte ein, für die Spanien schon bezahlt hat. Die USA verbietet einer großen Firma den Export von Respiratoren und medizinischem Bedarf nach Kanada und Lateinamerika.
Und dann auch noch:
Alan Posener findet in der Welt, dass "Unorthodox" antisemitische Vorurteile bedient.
https://www.welt.de/kultur/article206965399/Netflix-Serie-Warum-Unorthodox-antisemitische-Klischees-bedient.html?fbclid=IwAR39fVg_LzRKR4nhcc9f1MEcQCDINDqIjuwNlR2IPbrIzb_tqxf2bemVHw4
Finde ich nicht. Die Gemeinschaft der Orthodoxie, von der man einen kleinen Ausschnitt sieht, wirkt sicher exotisch und auch nicht unbedingt einladend, aber so geht es uns doch mit den meisten wirklich anderen Lebenswelten, oder? Und dann sieht man eine Geschichte sehr unterschiedlicher Leute, jüdischer und nichtjüdischer, der ich gern folge. Und es ist eben eine Geschichte und kein ideologisiertes Fallbeispiel.
Mittwoch, 1. April 2020
Das C-Wort XI - Wie es so ist.
Wir alle sind am Lernen. Wir üben, nicht durchzudrehen, und doch vorsichtig genug zu sein. Maske in Läden, Maske im Nahverkehr, Handschuhe immer. Ich rede mit Freunden, es sind gute Gespräche, sehr verschiedene Sichten, ähnliche Sorgen. Wie lange wird diese Krise dauern? Was wird danach geschehen? Wird die Welt, die wir kennen, DANACH eine andere sein? Oder vergessen wir dies alles so schnell wie möglich?
Eduard Fuchs hat einst eine llustrierte Sittengeschichte in sechs Bänden veröffentlicht. Damals bevor die Pest kam, waren die Regeln streng, dann starb ein Drittel der Bevölkerung, die Regeln wurden gelockert, die Einwohnerzahl wuchs auf die Vorpestzahl und flugs wurde die Moral angepasst, die katholischen Umgangsformen griffen wieder.
FACTFULLNESS
Hat sich der Anteil der Weltbevölkerung, der in extremer Armut lebt, in den zurückliegenden 20 Jahren verdoppelt, deutlich mehr als halbiert, oder ist er gleich geblieben? Insgesamt ein Dutzend solcher Fragen hat der 2017 verstorbene Hans Rosling mehreren tausend Menschen in verschiedenen Ländern gestellt. Der Professor für Internationale Gesundheit am schwedischen Karolinska-Institut arbeitete als Berater für die Weltgesundheitsorganisation und das Kinderhilfswerk UNICEF und gründete gemeinsam mit seinem Sohn Ola Rosling sowie seiner Schwiegertochter Anna Rosling Rönnlund die Gapminder-Stiftung zur verständlichen Aufbereitung von Statistiken.
Anhand statistischer Daten zeigt der Forscher in diesem Buch, dass es den Menschen insgesamt besser geht. Der Anteil der in extremer Armut Lebenden hat sich weltweit mehr als halbiert, und 80 Prozent der einjährigen Kinder sind geimpft. In Ländern mit niedrigem Einkommen besuchen inzwischen 60 Prozent der Mädchen die Grundschule. Auch zu diesen Themen hatte der Autor zahlreiche Probanden von verschiedenen Kontinenten um ihre Einschätzung gebeten.
Rosling überraschte, dass die Menschen die Lage oft viel düsterer sehen, als mithilfe der Daten belegbar ist. Zum Beispiel beantworteten in Schweden und Norwegen nur 25 Prozent der Teilnehmer die Frage nach dem in Armut lebenden Anteil der Weltbevölkerung richtig, in Großbritannien nur neun und in Deutschland sogar nur sechs Prozent. Selbst Fachleute wie Universitätsprofessoren, Investmentbanker oder Journalisten lagen daneben.
Rosling fragte sich, worauf diese Fehleinschätzungen zurückzuführen seien. Dazu identifizierte er zehn verschiedene menschliche "Instinkte": etwa den der "Kluft", der "Negativität", der "Angst", des "Schicksals" und der "Schuldzuweisung". Sie alle seien in einem Millionen Jahre währenden Evolutionsprozess entstanden und hätten dazu beigetragen, dass sich der Mensch in einer feindlichen Umwelt zurechtfinden, Gefahren rechtzeitig erkennen und sich gegen sie behaupten könne. Zwar seien diese Instinkte heute noch wichtig, sie führten aber immer wieder zu einer verzerrten Weltsicht.
Jeden neuen Buchabschnitt widmet der schwedische Mediziner einer andereninstinktiven Denkweise, deren wichtigsten Eigenschaften er am Kapitelende zusammenfasst. Zugleich gibt er Tipps, wie man mögliche Denkfallen umgehen kann. So verleite der "Instinkt der Kluft" dazu, die Welt in Extreme zu unterteilen, etwa in Arm und Reich, Entwicklungs- und entwickelte Länder. Die Situation aus einer Vogelperspektive zu betrachten, helfe dagegen, die vielen dazwischenliegenden Schattierungen zu erkennen und die eigene Sichtweise zu relativieren.
https://www.spektrum.de/rezension/buchkritik-zu-factfulness/1570136
Eduard Fuchs hat einst eine llustrierte Sittengeschichte in sechs Bänden veröffentlicht. Damals bevor die Pest kam, waren die Regeln streng, dann starb ein Drittel der Bevölkerung, die Regeln wurden gelockert, die Einwohnerzahl wuchs auf die Vorpestzahl und flugs wurde die Moral angepasst, die katholischen Umgangsformen griffen wieder.
FACTFULLNESS
Hans Rosling, Anna Rosling Rönnlund, Ola Rosling
Hat sich der Anteil der Weltbevölkerung, der in extremer Armut lebt, in den zurückliegenden 20 Jahren verdoppelt, deutlich mehr als halbiert, oder ist er gleich geblieben? Insgesamt ein Dutzend solcher Fragen hat der 2017 verstorbene Hans Rosling mehreren tausend Menschen in verschiedenen Ländern gestellt. Der Professor für Internationale Gesundheit am schwedischen Karolinska-Institut arbeitete als Berater für die Weltgesundheitsorganisation und das Kinderhilfswerk UNICEF und gründete gemeinsam mit seinem Sohn Ola Rosling sowie seiner Schwiegertochter Anna Rosling Rönnlund die Gapminder-Stiftung zur verständlichen Aufbereitung von Statistiken.
Anhand statistischer Daten zeigt der Forscher in diesem Buch, dass es den Menschen insgesamt besser geht. Der Anteil der in extremer Armut Lebenden hat sich weltweit mehr als halbiert, und 80 Prozent der einjährigen Kinder sind geimpft. In Ländern mit niedrigem Einkommen besuchen inzwischen 60 Prozent der Mädchen die Grundschule. Auch zu diesen Themen hatte der Autor zahlreiche Probanden von verschiedenen Kontinenten um ihre Einschätzung gebeten.
Rosling überraschte, dass die Menschen die Lage oft viel düsterer sehen, als mithilfe der Daten belegbar ist. Zum Beispiel beantworteten in Schweden und Norwegen nur 25 Prozent der Teilnehmer die Frage nach dem in Armut lebenden Anteil der Weltbevölkerung richtig, in Großbritannien nur neun und in Deutschland sogar nur sechs Prozent. Selbst Fachleute wie Universitätsprofessoren, Investmentbanker oder Journalisten lagen daneben.
Rosling fragte sich, worauf diese Fehleinschätzungen zurückzuführen seien. Dazu identifizierte er zehn verschiedene menschliche "Instinkte": etwa den der "Kluft", der "Negativität", der "Angst", des "Schicksals" und der "Schuldzuweisung". Sie alle seien in einem Millionen Jahre währenden Evolutionsprozess entstanden und hätten dazu beigetragen, dass sich der Mensch in einer feindlichen Umwelt zurechtfinden, Gefahren rechtzeitig erkennen und sich gegen sie behaupten könne. Zwar seien diese Instinkte heute noch wichtig, sie führten aber immer wieder zu einer verzerrten Weltsicht.
Jeden neuen Buchabschnitt widmet der schwedische Mediziner einer andereninstinktiven Denkweise, deren wichtigsten Eigenschaften er am Kapitelende zusammenfasst. Zugleich gibt er Tipps, wie man mögliche Denkfallen umgehen kann. So verleite der "Instinkt der Kluft" dazu, die Welt in Extreme zu unterteilen, etwa in Arm und Reich, Entwicklungs- und entwickelte Länder. Die Situation aus einer Vogelperspektive zu betrachten, helfe dagegen, die vielen dazwischenliegenden Schattierungen zu erkennen und die eigene Sichtweise zu relativieren.
https://www.spektrum.de/rezension/buchkritik-zu-factfulness/1570136
Dienstag, 31. März 2020
Das C-Wort X - Unorthodox und Sufjan Stevens
Guckt ihr Online-Theater? Ich halte es nicht aus. 10 Minuten und ich bin raus. Die, den Gerüchten nach, grandiosesten Inszenierungen, sehen auf dem Bildschirm aus wie "Unser Kleines Fernsehspiel". Die Schauspieler schlittern irgendwie erschüttert zwischen zu viel spielen, denn es ist ja für den Zuschauerraum gedacht und der hilflosen Bemühung um Understatement. Keiner hustet neben mir, keiner kichert, keiner riecht nach etwas zu viel süßem Parfum. Also bleibt das Fernsehen, die Streamingdienste und die guten, alten Bücher.
Also habe ich mir "Unorthodox" angesehen, ich mochte das Buch von Deborah Feldmann und war also neugierig. Maria Schrader mag ich als Schauspielerin nicht sehr, zu angestrengt, zu eitel, aber diese vierteilige Serie, für die sie Regie geführt hat, ist wirklich ok. Shari Haas, die Hauptdarstellerin - eine androgyne angsterfüllte Elfe - gelingt es, die drohende Sentimentalität dieser Selbstbefreiungsgeschichte, weitestgehend zu umschiffen. Ihre äußerliche Zartheit kontert sie mit einem Überlebenswillen aus Stahl.
Aber was ich vermisst habe, war mein tiefer Schockmoment im Buch. Die Strenge ihrer Lebensregulation begründen diese speziellen orthodoxen Juden damit, dass der Holocaust Gottes Strafe für ihren Mangel an Glaubensdemut war. Das hat mir die Tränen in die Augen getrieben. Da werden sie industriell gemeuchelt und laden sich die Schuld dafür auf. Wie traurig ist das.
Ein Gegenentwurf: "Untergetaucht", die Geschichte einer Jüdin, die in Berlin den Faschismus überlebt hat. Sie mußte dafür sich in unfassbarer Art demütigen und hat es geschafft. Im Mai 1945, nach der Befreiung, bekommt sie eine Wohnung zugewiesen, transportiert sie ihre verbliebene Habe in einer Schubkarre durch das zerbombte Berlin und schläft auf dem Boden ihrer "eigenen" Küche ein, in unvorstellbarer Erleichterung, endlich nicht in Angst, sicher.
Sufjan Stevens, ein Sänger mit verführerisch zärtlicher Stimme und ohrfreundlichen Melodien, in denen er seine bösen, traurigen, wahren Texte versteckt.
Also habe ich mir "Unorthodox" angesehen, ich mochte das Buch von Deborah Feldmann und war also neugierig. Maria Schrader mag ich als Schauspielerin nicht sehr, zu angestrengt, zu eitel, aber diese vierteilige Serie, für die sie Regie geführt hat, ist wirklich ok. Shari Haas, die Hauptdarstellerin - eine androgyne angsterfüllte Elfe - gelingt es, die drohende Sentimentalität dieser Selbstbefreiungsgeschichte, weitestgehend zu umschiffen. Ihre äußerliche Zartheit kontert sie mit einem Überlebenswillen aus Stahl.
Aber was ich vermisst habe, war mein tiefer Schockmoment im Buch. Die Strenge ihrer Lebensregulation begründen diese speziellen orthodoxen Juden damit, dass der Holocaust Gottes Strafe für ihren Mangel an Glaubensdemut war. Das hat mir die Tränen in die Augen getrieben. Da werden sie industriell gemeuchelt und laden sich die Schuld dafür auf. Wie traurig ist das.
Ein Gegenentwurf: "Untergetaucht", die Geschichte einer Jüdin, die in Berlin den Faschismus überlebt hat. Sie mußte dafür sich in unfassbarer Art demütigen und hat es geschafft. Im Mai 1945, nach der Befreiung, bekommt sie eine Wohnung zugewiesen, transportiert sie ihre verbliebene Habe in einer Schubkarre durch das zerbombte Berlin und schläft auf dem Boden ihrer "eigenen" Küche ein, in unvorstellbarer Erleichterung, endlich nicht in Angst, sicher.
Sufjan Stevens, ein Sänger mit verführerisch zärtlicher Stimme und ohrfreundlichen Melodien, in denen er seine bösen, traurigen, wahren Texte versteckt.
Montag, 30. März 2020
Das C-Wort VIII
Was für eine erhellende Zeit. Ich hatte gerade zwei dunklere Tage und habe sie zugelassen. Meistens reite ich über solche Wellen hinweg, aber dieses Mal ...
Jeden Morgen rufe ich zuerst die Zahlen der Neuinfizierten, der Gestorbenen auf. Welch Irrwitz.
Rausgehen. Händewaschen. Gummihandschuhe. Heute schwarz oder eher weiß? Maske anlegen - ein fast zu offensichtliches Doppelwort. Mein Schlüssel ist voller Viren? Klinken? Was ist mit meinen Schuhen, dem Mantel? Geldstücke sind ganz gefährlich, höre ich. In meinen jüngeren Jahren hatte ich eine Tendenz zu zwanghaftem Kontrollieren abgeschlossener Türen und ausgeschalteter Gasherde, die verging glücklicherweise und ich möchte sie wirklich nicht wieder wecken.
Und all diese meine "Sorgen" unter den luxuriösten, denkbaren Bedingungen.
Ich darf spazieren gehen und einkaufen.
Die Kinder einer Freundin beschimpfen sie wild, für die Nutzung ihrer noch immer gesetzlich erlaubten Freiheiten. Sie tuen es aus liebender Sorge um sie. Aber ...
Einige Freunde rufen laut nach dem hart durchgreifenden Staat, andere bezweifeln jede seiner Maßnahmen. Uns fehlt es an Realitätssicherheit. An allem ist zu zweifeln. Zweifel ist gut, wichtig, kostbar, aber automatisierter Unglauben, der Zwang immer das Schlimmste vom Staat, den Wissenschaftlern, den Mitmenschen anzunehmen, ist eine Last, die viele nicht allein tragen möchten und sie deshalb sofort an uns andere weitergeben.
Paranoia ist Trend.
Ich bin 61 und Raucher, also innerhalb irgendeiner der vielen Risikogruppe. Und deshalb rufe ich hier mal in die Runde: Bleibt hoffnungsvoll und vorsichtig, aber sterblich bleibt ihr auf jeden Fall. Ja, wir werden sterben, heute, morgen oder in zehn / Zwanzig Jahren.
Werden wir dann noch wir sein? Unsere Freiheit, unsere Rechte sind ein wertvolles Gut, unser Leben ist es auch. Wo ist die Grenze? Wann übergeben wir unsere ererbte, erkämpfte Freiheit unseren unerfüllbaren Hoffnungen auf Unsterblichkeit?
https://www.timeslive.co.za/sunday-times/lifestyle/food/2020-03-25-watch--this-child-crying-cause-all-the-takeaways-are-closed-is-all-of-us-right-now/
Ich gehe einkaufen und habe Angst. Ich spaziere mit meiner Freundin durch den Tiergarten und habe Angst. Ich mag die Angst nicht. Sie macht mich zu klein.
Heute, Wäsche gewaschen, eingekauft und am Abend eine Gesprächsparty mit meinen Bremer Kollegen - zweieinhalb Stunden digitaler Nähe. Wie sehr schön.
Hey, wir werden von uns sagen können, wir haben es erlebt - sollten wir es überleben. Sorry. Der Nebensatz ist meinem dunkelschwarzem, jüdischen Humor geschuldet.
Everybody wants to go to heaven, but nobody wants to die.
https://experience.arcgis.com/experience/685d0ace521648f8a5beeeee1b9125cd
Jeden Morgen rufe ich zuerst die Zahlen der Neuinfizierten, der Gestorbenen auf. Welch Irrwitz.
Rausgehen. Händewaschen. Gummihandschuhe. Heute schwarz oder eher weiß? Maske anlegen - ein fast zu offensichtliches Doppelwort. Mein Schlüssel ist voller Viren? Klinken? Was ist mit meinen Schuhen, dem Mantel? Geldstücke sind ganz gefährlich, höre ich. In meinen jüngeren Jahren hatte ich eine Tendenz zu zwanghaftem Kontrollieren abgeschlossener Türen und ausgeschalteter Gasherde, die verging glücklicherweise und ich möchte sie wirklich nicht wieder wecken.
Und all diese meine "Sorgen" unter den luxuriösten, denkbaren Bedingungen.
Ich darf spazieren gehen und einkaufen.
Die Kinder einer Freundin beschimpfen sie wild, für die Nutzung ihrer noch immer gesetzlich erlaubten Freiheiten. Sie tuen es aus liebender Sorge um sie. Aber ...
Einige Freunde rufen laut nach dem hart durchgreifenden Staat, andere bezweifeln jede seiner Maßnahmen. Uns fehlt es an Realitätssicherheit. An allem ist zu zweifeln. Zweifel ist gut, wichtig, kostbar, aber automatisierter Unglauben, der Zwang immer das Schlimmste vom Staat, den Wissenschaftlern, den Mitmenschen anzunehmen, ist eine Last, die viele nicht allein tragen möchten und sie deshalb sofort an uns andere weitergeben.
Paranoia ist Trend.
Ich bin 61 und Raucher, also innerhalb irgendeiner der vielen Risikogruppe. Und deshalb rufe ich hier mal in die Runde: Bleibt hoffnungsvoll und vorsichtig, aber sterblich bleibt ihr auf jeden Fall. Ja, wir werden sterben, heute, morgen oder in zehn / Zwanzig Jahren.
Werden wir dann noch wir sein? Unsere Freiheit, unsere Rechte sind ein wertvolles Gut, unser Leben ist es auch. Wo ist die Grenze? Wann übergeben wir unsere ererbte, erkämpfte Freiheit unseren unerfüllbaren Hoffnungen auf Unsterblichkeit?
https://www.timeslive.co.za/sunday-times/lifestyle/food/2020-03-25-watch--this-child-crying-cause-all-the-takeaways-are-closed-is-all-of-us-right-now/
Ich gehe einkaufen und habe Angst. Ich spaziere mit meiner Freundin durch den Tiergarten und habe Angst. Ich mag die Angst nicht. Sie macht mich zu klein.
Heute, Wäsche gewaschen, eingekauft und am Abend eine Gesprächsparty mit meinen Bremer Kollegen - zweieinhalb Stunden digitaler Nähe. Wie sehr schön.
Hey, wir werden von uns sagen können, wir haben es erlebt - sollten wir es überleben. Sorry. Der Nebensatz ist meinem dunkelschwarzem, jüdischen Humor geschuldet.
Everybody wants to go to heaven, but nobody wants to die.
https://experience.arcgis.com/experience/685d0ace521648f8a5beeeee1b9125cd
Freitag, 27. März 2020
Das C-Wort IX - Körpernähe
Ich habe seit 12 Tagen keinen Menschen angefasst. Außer mich selbst. Wie sehr eigenartig.
Ich bin nicht so der typische Küsschenverteiler und jederman Umarmer, aber als heute eine besonders liebe Freundin mir impulsiv den Arm um die Schulter legen wollte, wie sie es oft tut, eine Berührung, die ich normalerweise sehr gern spüre, bin ich zurückgeschreckt. Irrwitz.
Wir waren beide bestürzt.
Gummihandschuhe lassen meine Hände massiv schwitzen, die Gesichtsmaske von nomimikri läßt meine Brille beschlagen und kühler wird es durch sie auch nicht. Hitzewallungen. Oh Gott, ich habe Fieber, ich werde krank. Handschuhe weg, Maske ab und ich kühle runter. Entwarnung.
Nach Hause kommen, Hände waschen, die Einkäufe auspacken, Hände waschen, ein wirklich steriles Leben ist nicht möglich. Und war, bis jetzt, auch nicht erwünscht.
Ich mag Lippenstift. Knallrot. Oder dunkles Pink. Aber mit so einer Maske ist er nicht zu sehen. Mein kleiner Protest gegen die üble Zeit, versteckt hinter buntem Stoff.
Bitte, bitte, keine Ausgangssperre.
Ja, ja ich weiß, dass ich einer Risikogruppe angehöre. Über 60 und Raucher seitdem ich 17 war. Ich will niemanden infizieren und auch selbst nicht infiziert werden. Aber ich will auch nicht aufhören, zu leben. Was kann, soll ich tun?
Meschugge. So nennen das meine Leute, die auch irgendwie nicht meine Leute sind.
Aber. Immer dieses aber. Morgen lerne ich Brotbacken via Skype.
Ich bin nicht so der typische Küsschenverteiler und jederman Umarmer, aber als heute eine besonders liebe Freundin mir impulsiv den Arm um die Schulter legen wollte, wie sie es oft tut, eine Berührung, die ich normalerweise sehr gern spüre, bin ich zurückgeschreckt. Irrwitz.
Wir waren beide bestürzt.
Gummihandschuhe lassen meine Hände massiv schwitzen, die Gesichtsmaske von nomimikri läßt meine Brille beschlagen und kühler wird es durch sie auch nicht. Hitzewallungen. Oh Gott, ich habe Fieber, ich werde krank. Handschuhe weg, Maske ab und ich kühle runter. Entwarnung.
Nach Hause kommen, Hände waschen, die Einkäufe auspacken, Hände waschen, ein wirklich steriles Leben ist nicht möglich. Und war, bis jetzt, auch nicht erwünscht.
Ich mag Lippenstift. Knallrot. Oder dunkles Pink. Aber mit so einer Maske ist er nicht zu sehen. Mein kleiner Protest gegen die üble Zeit, versteckt hinter buntem Stoff.
Bitte, bitte, keine Ausgangssperre.
Ja, ja ich weiß, dass ich einer Risikogruppe angehöre. Über 60 und Raucher seitdem ich 17 war. Ich will niemanden infizieren und auch selbst nicht infiziert werden. Aber ich will auch nicht aufhören, zu leben. Was kann, soll ich tun?
Meschugge. So nennen das meine Leute, die auch irgendwie nicht meine Leute sind.
Aber. Immer dieses aber. Morgen lerne ich Brotbacken via Skype.
https://www.smarticular.net/hefe-vermehren-backhefe-haltbar-machen/ |
Mittwoch, 25. März 2020
Das C-Wort VII - Einfache, leckere Pilzpfanne
Geht gerade die Welt unter?
Ich vermute, das tut sie nicht.
(Auch wenn ich schon mal kurze paranoide Attacken spüre.)
Deshalb heute was zum Essen.
Pilze, simple braune Champignons tun es auch.
Knoblauch & Zwiebeln
Salz & Pfeffer
Thymian
1 Klecks Butter
Sahne, Creme Fraiche oder Creme Fin nach Gefallen.
Parmesan
Zwiebeln in Öl anschmelzen, etwas später Pilze & Knofi dazu, salzen, pfeffern, Thymian ran, kurz vor fertig den Klecks Butter, wenn man es cremig mag Sahne o.ä. dazu, auf den Teller, Parmesan drüber, voila!
Bin ganz verblüfft, wie gut das schmeckt. Habe soeben den Teller abgeleckt. Sieht ja keiner, jetzt, wo wir uns eh physikalisch distanzieren sollen. Da riecht auch keiner die zwei großen Zehen Knoblauch.
Am Wochenende lerne ich Brotbacken via Skype! DieHefe wirft mir die zauberhafte Frau von ihrem Balkon runter. Hefe und Toilettenpapier? Heute back ich, morgen kack ich und übermorgen ...?
Noch etwas Unwichtiges. Wir alle mit Kurzhaarschnitten und gefärbten Haaren werden, wenn das hier hinter uns liegt, erstmal gräßlich aussehen und beim Friseur unseres Vertrauens Schlange stehen. Vielleicht sogar wieder ohne die 1,50 Meter Abstand?
Und jetzt was Trauriges & doch Schönes zum Abschluß, unser Bühnenbild von hinten und der leere Zuschauerraum der bremer shakespeare company. Hat mir ein Kollege geschickt.
Ich vermute, das tut sie nicht.
(Auch wenn ich schon mal kurze paranoide Attacken spüre.)
Deshalb heute was zum Essen.
Pilze, simple braune Champignons tun es auch.
Knoblauch & Zwiebeln
Salz & Pfeffer
Thymian
1 Klecks Butter
Sahne, Creme Fraiche oder Creme Fin nach Gefallen.
Parmesan
Zwiebeln in Öl anschmelzen, etwas später Pilze & Knofi dazu, salzen, pfeffern, Thymian ran, kurz vor fertig den Klecks Butter, wenn man es cremig mag Sahne o.ä. dazu, auf den Teller, Parmesan drüber, voila!
Bin ganz verblüfft, wie gut das schmeckt. Habe soeben den Teller abgeleckt. Sieht ja keiner, jetzt, wo wir uns eh physikalisch distanzieren sollen. Da riecht auch keiner die zwei großen Zehen Knoblauch.
Am Wochenende lerne ich Brotbacken via Skype! DieHefe wirft mir die zauberhafte Frau von ihrem Balkon runter. Hefe und Toilettenpapier? Heute back ich, morgen kack ich und übermorgen ...?
Noch etwas Unwichtiges. Wir alle mit Kurzhaarschnitten und gefärbten Haaren werden, wenn das hier hinter uns liegt, erstmal gräßlich aussehen und beim Friseur unseres Vertrauens Schlange stehen. Vielleicht sogar wieder ohne die 1,50 Meter Abstand?
Und jetzt was Trauriges & doch Schönes zum Abschluß, unser Bühnenbild von hinten und der leere Zuschauerraum der bremer shakespeare company. Hat mir ein Kollege geschickt.
Sonntag, 22. März 2020
Das C-Wort VI
Kein Lagerkoller. Keine Depression. Keine Panik. Nicht mal Langeweile.
Aber ich bin es nicht gewohnt, keinen Zeitplan zu haben und da wartet ein Lernprozess auf mich und der kann noch ein bisschen warten. Ich will mich nicht zu schnell mit der neuen Situation anfreunden. Ich mache eh nicht so schnell Freunde. So eine Fremdheit, Ungewohntheit ist doch auch spannend. Oder?
Was für aufgeräumte, gut sortierte Wohnungen wir alle haben werden!
Was für Pläne habe ich?
Das Nibelungen-Projekt so weit fertig zu stellen, das wir, wann auch immer, eine tolle restliche Probenphase haben können.
Brot backen zu lernen.
Mit Ötti spazieren zu gehen und vielleicht auch mal mit wem anders. Das ist noch erlaubt. Juchuh!
Mich nicht gehen zu lassen. Lippenstift hilft.
Ein neues Schreib-Unternehmen mit Grit zu starten.
Bücher zu lesen.
Filme zu gucken.
Rum zu trödeln.
Mich zu entscheiden, ob ich einen Hund oder eine Katze einladen werde, mit mir zu leben.
Gesund zu bleiben.
Viel mit Freunden zu quatschen.
Euch mit Texten & Gedichten zu zu ballern.
Zu hoffen, das so wenig Leute wie irgend möglich sterben werden.
Weniger zu rauchen und zu trinken. Na ja.
Ich mag es nicht, wenn Menschen jetzt das irgendwie doch Positive der Situation preisen. Das ist mir zu katholisch. Per aspera ad astram? Käse. Aber ich will auch nicht rechthaberisch und hämisch die Apokalypse begrüßen. Dies ist eine Krise, eine unerhört große und neuartige. Wird sie uns verändern auf lange Sicht? Da bin ich mißtrauisch. Nach den großen Pestausbrüchen des Mittelalters, als die Bevölkerungszahl extrem geschrumpft war, gab es eine Zeit, in der die bis dahin geltenden Moralregeln außer Kraft gesetzt waren. Es wurde wild herum gevögelt. Aber kaum war die Einwohnerzahl wieder auf dem notwendigen Maß, bäng (!), wurden die Sitten wieder so streng wie zuvor. Die Menschheit als Ganzes will halt unbedingt überleben. Und wir waren, denke ich, immer gleich schlimm oder gleich großartig. "Früher war alles besser" ist einer der blödesten Sätze, die ich kenne. Wir sind, wie wir sind.
Entschleunigung.
Wiki definiert das so: Die Entschleunigung zeigt Wesensmerkmale der Faulheit und Muße, ohne wie diese negativ besetzt zu sein. Während Entschleunigung als Verzicht weiterer Beschleunigung nicht unbedingt eine Drosselung der gewohnten Geschwindigkeit beinhaltet, enthält das ältere Wort „Verlangsamung“ die Tendenz, das Fortschrittsdenken in Frage zu stellen.
Wir müssen drosseln. Weniger tun, weniger reden, weniger was? Ist weniger besser? Es ist erstmal weniger.
Aber ich bin es nicht gewohnt, keinen Zeitplan zu haben und da wartet ein Lernprozess auf mich und der kann noch ein bisschen warten. Ich will mich nicht zu schnell mit der neuen Situation anfreunden. Ich mache eh nicht so schnell Freunde. So eine Fremdheit, Ungewohntheit ist doch auch spannend. Oder?
Was für aufgeräumte, gut sortierte Wohnungen wir alle haben werden!
Was für Pläne habe ich?
Das Nibelungen-Projekt so weit fertig zu stellen, das wir, wann auch immer, eine tolle restliche Probenphase haben können.
Brot backen zu lernen.
Mit Ötti spazieren zu gehen und vielleicht auch mal mit wem anders. Das ist noch erlaubt. Juchuh!
Mich nicht gehen zu lassen. Lippenstift hilft.
Ein neues Schreib-Unternehmen mit Grit zu starten.
Bücher zu lesen.
Filme zu gucken.
Rum zu trödeln.
Mich zu entscheiden, ob ich einen Hund oder eine Katze einladen werde, mit mir zu leben.
Gesund zu bleiben.
Viel mit Freunden zu quatschen.
Euch mit Texten & Gedichten zu zu ballern.
Zu hoffen, das so wenig Leute wie irgend möglich sterben werden.
Weniger zu rauchen und zu trinken. Na ja.
Ich mag es nicht, wenn Menschen jetzt das irgendwie doch Positive der Situation preisen. Das ist mir zu katholisch. Per aspera ad astram? Käse. Aber ich will auch nicht rechthaberisch und hämisch die Apokalypse begrüßen. Dies ist eine Krise, eine unerhört große und neuartige. Wird sie uns verändern auf lange Sicht? Da bin ich mißtrauisch. Nach den großen Pestausbrüchen des Mittelalters, als die Bevölkerungszahl extrem geschrumpft war, gab es eine Zeit, in der die bis dahin geltenden Moralregeln außer Kraft gesetzt waren. Es wurde wild herum gevögelt. Aber kaum war die Einwohnerzahl wieder auf dem notwendigen Maß, bäng (!), wurden die Sitten wieder so streng wie zuvor. Die Menschheit als Ganzes will halt unbedingt überleben. Und wir waren, denke ich, immer gleich schlimm oder gleich großartig. "Früher war alles besser" ist einer der blödesten Sätze, die ich kenne. Wir sind, wie wir sind.
Entschleunigung.
Wiki definiert das so: Die Entschleunigung zeigt Wesensmerkmale der Faulheit und Muße, ohne wie diese negativ besetzt zu sein. Während Entschleunigung als Verzicht weiterer Beschleunigung nicht unbedingt eine Drosselung der gewohnten Geschwindigkeit beinhaltet, enthält das ältere Wort „Verlangsamung“ die Tendenz, das Fortschrittsdenken in Frage zu stellen.
Wir müssen drosseln. Weniger tun, weniger reden, weniger was? Ist weniger besser? Es ist erstmal weniger.
Samstag, 21. März 2020
Das C-Wort V
Hühnersuppe. Das Allheilmittel meiner Mutter für jede Lebenslage - Liebeskummer, gebrochenes Bein, Grippe. Das Iboprofen jüdischer Mütter. Heute habe ich selber mal wieder welche gekocht. Mit einigen Tipps von meiner Tochter und meiner Cousine und ein paar eigenen Ideen. Huhn, Wasser, Ingwer, Kurkuma, Zitrone Knoblauch, Lorbeer, schwarzer Pfeffer, Suppengemüse, 1El Ahornsirup und 1 El Maggi, weil ich Berliner bin. Morgen noch ein bisschen das Fett abschöpfen und dann schlürfe ich mich in die totale Immunität.
Im Tiergarten beim Spaziergang mit meiner Freundin auf zwei Meter Abstand. Es war kalt und wunderbar sonnig. Viele Menschen, alle Abstand haltend, außer, Gott sei Dank, wenn Kinder dabei waren. Ich hoffe so sehr, dass es nicht zur AUSGANGSSPERRE kommt. Sowohl weil ich nicht möchte, dass der Staat, die Bundesregierung solche Machtmittel einsetzt, einsetzen darf, muß, aber als auch, weil ich ohne meine täglichen Gänge wohl ziemlich unfroh wäre. Aber, aber was? Aber wenn es hilft? Aber wenn es uns als Bürgern eines demokratischen Staates schadet? Ich weiß es nicht.
Frage: Nehmen wir an, die Isolation erfüllt ihren Zweck, lässt die Kurve flach oder zumindest flacher verlaufen. Dann wird sie irgendwann aufgehoben. Aber das Virus ist ja weiter da. Werden wir dann weiterhin infiziert, nur weniger gleichzeitig, bis die Herdenimmunität greift?
Ich wünschte, ich hätte einen wissenschaftlicheren Kopf. Habe ich aber nicht, und so wabert in meinem Kopf ein Gemansche von "Contagion", Camus' "Die Pest", The Walking Dead herum. Mit ein bisschen "1984" Paranoia zur Würze.
Ich habe Zeit zum Denken, aber alleine zu denken ist nicht so produktiv, wie in einer Gruppe von schlauen Leuten. Ich neige dazu, in Kreisen, in Loops stecken zu bleiben.
Morgen esse ich Hühnersuppe, dann geht es mir besser.
Im Tiergarten beim Spaziergang mit meiner Freundin auf zwei Meter Abstand. Es war kalt und wunderbar sonnig. Viele Menschen, alle Abstand haltend, außer, Gott sei Dank, wenn Kinder dabei waren. Ich hoffe so sehr, dass es nicht zur AUSGANGSSPERRE kommt. Sowohl weil ich nicht möchte, dass der Staat, die Bundesregierung solche Machtmittel einsetzt, einsetzen darf, muß, aber als auch, weil ich ohne meine täglichen Gänge wohl ziemlich unfroh wäre. Aber, aber was? Aber wenn es hilft? Aber wenn es uns als Bürgern eines demokratischen Staates schadet? Ich weiß es nicht.
Frage: Nehmen wir an, die Isolation erfüllt ihren Zweck, lässt die Kurve flach oder zumindest flacher verlaufen. Dann wird sie irgendwann aufgehoben. Aber das Virus ist ja weiter da. Werden wir dann weiterhin infiziert, nur weniger gleichzeitig, bis die Herdenimmunität greift?
Ich wünschte, ich hätte einen wissenschaftlicheren Kopf. Habe ich aber nicht, und so wabert in meinem Kopf ein Gemansche von "Contagion", Camus' "Die Pest", The Walking Dead herum. Mit ein bisschen "1984" Paranoia zur Würze.
Ich habe Zeit zum Denken, aber alleine zu denken ist nicht so produktiv, wie in einer Gruppe von schlauen Leuten. Ich neige dazu, in Kreisen, in Loops stecken zu bleiben.
Morgen esse ich Hühnersuppe, dann geht es mir besser.
DER TIERGARTEN
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