Montag, 28. Mai 2018

Nellys warmer Kartoffel-Spargel-Salat

Ein warmer Sommersalat, dem meine Lieblingsnichte erfunden hat, und der überaus einfach zuzubereiten ist und noch überaußer lecker schmeckt. Nelly ist ein unangestrengter Koch, da bin ich noch lange nicht. Und sie experimentiert gern. Wenn wir auf dem Lande zusammen kochen, verschwindet sie gelegentlich im Garten und bringt Kräuter und Blumen zum Würzen mit. Und sie ist eine großzügige Lehrerin. Gut für mich.

DIE ZUTATEN
Kartoffeln
Grüner Spargel
Tomaten
Hühner- oder Gemüsebrühe nach Gusto
Sahne oder 'Creme Fine zum Kochen'
Zitrone
Knoblauch, Salz, Pfeffer, Zucker, Curry und andere Gewürze nach Belieben

Die Mengen der Gemüse sollten etwa gleichgroß sein.

DIE ZUBEREITUNG
dauert etwa 25 Minuten.
Kartoffeln in kleinere Würfel schneiden und kochen wie üblich. Wenn das Wasser sprudelt Brühe, Salz, Knoblauchsalz, Pfeffer und was immer ihr mögt dazu, auf mittlerer Hitze weiterkochen lassen, bis sie fertig, aber noch bißfest sind.
Grünen Spargel in 1 cm Stücke schneiden und in einer Pfanne mit wenig Fett anbraten, salzen und einen Löffel Zucker zum karamelisieren dazu. Die Spitzen erst etwas später dazugeben.
Die Tomaten würfeln, den gebratenen Spargel drüber und zwei kleine Kellen des Kartoffelwassers dazu. Das restliche Kartoffekochwasser abgießen und die Kartoffeln in die Schüssel mit den anderen Zutaten kippen.
Creme Fine und Zitronensaft in "kreisförmiger Bewegung" in die Schüssel, das ganze vermischen und sogleich, noch lauwarm essen. Einen Löffel für die Sauce nicht vergessen!

Sonntag, 27. Mai 2018

Eine Glänzende, Glitzernde Demonstration

Wegen euch Arschmaden habe ich keinen freien Sonntag

Lange nicht mehr auf einer Demo gewesen. Die heute war gut. Die Kundgebung hab ich mir gespart, aber drei Stunden durch Berlin zu laufen, um die Anwesenheit von Widerspruch deutlich zu machen, ist nützlich verbrachte Zeit.

Wenn die Zahlen, die die Polizei geschätzt hat, stimmen, waren 5000 (fünftausend) Mitglieder und Unterstützer der AfD gekommen, um ihre politische Haltung zu vertreten, und im Gegenzug liefen, latschten, tanzten 25 000 (fünfundzwanzigtausend) Leute verschiedenster Couleur und Color, um deutlich zu machen, dass sie gänzlich anderer Meinung sind.

Ich war in der Menschenmenge mit den güldenen Fahnen. Viele Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, zu wenige aus meiner Altersgruppe. Warum? Zu faul? Zu träge? Zu müde? Bei der anderen Gruppe?

Manche meiner Mitläufer (hihihi) kamen direkt vom Feiern, andere hatten sich großartigst verkleidet. Es gab dekorierte Kinderwagen die Menge, kleine Engel, Einhörner, goldene Turbane, Pailtetten, Strass und viele glitzernde Schutzdecken als Hut, Rock, Schleife, Sonnenschirm, Augenbinde und Büstenhalter. Es wurde wenig geschrien und viel in der Sonne gelacht. Klar waren auch einige Menschen auf der Suche nach Randale dabei, aber nicht wirklich viele.

Seitlich liefen die Sammler von Pfandflaschen, auch die zufällig an der Strecke liegenden Kioske und Eisdielen haben gut Geschäft gemacht.

WIR SIND VIELE - JEDE*R EINZELNE VON UNS

Laufen ist gesund, nette Gesellschaft hatte ich, die Sonne hat geschienen. Und zumindest heute waren wir, so verschieden wir über Vieles denken mögen, doch weit mehr, als die anderen mit ihren einfachen, bösen Lösungen.

P.S. Könnten wir aufhören "Nazis raus!" zu skandieren, bitte? Wo raus, wo rein? Quatsch, leere Hülse, Dummzeug. 

P.P.S. Ich werde gerade von Bekannten darauf hingewiesen, dass meine Freude fehl am Platz ist, da eine solche Demo nur von den wirklichen Problemen, die unser Land hat, ablenkt. Tja.


Nur von hinten wegen der neuen Datenschutzbestimmungen

Mittwoch, 23. Mai 2018

Luchino Visconti - Die Verdammten oder Die Götterdämmerung

https://www.tagesspiegel.de/kultur/retrospektive-der-grosse-melancholiker-luchino-visconti-in-einer-berliner-retrospektive-/8392106.html

Ich sehe grauenhaftes, morbides, dekadentes, doch erschütternd schönes Verlöschen, während unbemerkt, ohne eines Momentes des Interesses wert zu sein, Millionen Menschen unbetrauert verrecken.
Schauspieler in ihrer ersten atemraubenden Blüte. Buchholz, Griem, Berger.
Visconti, der Sohn einer adligen italienischen Familie mit hunderten Jahren von Reichtum, Macht und Geschichte auf dem Buckel, versuchte, den Untergang seiner Art zu verfilmen. Das schaut sich an wie ein tragisches biologisches Experiment. Entschlossen kalt und verzweifelt zugleich.
Alle Akteure sind dem Untergang verfallen und reißen dabei Völker mit in den Abgrund, und es spielt keine Rolle für sie.

 ©dpa
http://www.news.de/promis/855534670/helmut-berger-helmut-berger-der-skandal-schauspieler-feiert-seinen-70-geburtstag/1/ 

Nur Aschenbach/Griem, ein Mann ohne Bindungen, ist agil, lebendig, ohne Skrupel, lebensfähig.
"Auf die Knie!"
Edgar Allen Poes "Der Untergang des Hauses Usher" bietet sich an zur begleitenden 
Lektüre.

http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-untergang-des-hauses-usher-7205/2

Dienstag, 22. Mai 2018

Facebook ist ein eigen Ding

Facebook, bzw. mein persönliches Facebook. 
Ohne wirkliches Zutun meinerseits habe ich momentan 1600 Facebookfreunde. Die meisten kenne ich nicht im entferntesten persönlich. Ich poste meinen Blog, interessante Artikel, auch mal nur Quatsch, manchmal Fragen, sehr gelegentlich Meinungen, selten Provokationen.

Beginnen wir mit den guten Dingen: Ein Bekannter veröffentlicht interessante Bücher, Bilder, die ihn packen und Auszüge aus gutgeschriebenen SZ-Kritiken. Ein anderer wichtige aktuelle politische Artikel. Ich erfahre wo gerade interessante Inszenierungen laufen, Ausstellungen öffnen. Wenn ich verreise, wissen andere, wo es das beste Eis gibt, die schönste Kirche, das beste Hotel. Wenn ich neu auf ein Thema stoße, kann ich Anstöße bekommen, wo ich am besten beginne, mich zu informieren. bei 1600 Leuten ist fast jeder Beruf, jede Spezialisierung, jedes Hobby vertreten. Und sehr viele Menschen sind hilfsbereit und auskunftsfreudig.

Meine "Blase", die kleine Facebook-Gemeinde, deren Postings ich regelmäßig verfolge, ist dabei keineswegs heterogen. Ich lese Vieles, was mich erstaunt, erschrickt, aufregt. Gut so. Nicht gemütlich werden mit den eigenen Meinungen, zu begreifen, dass Widerspruch, andere, konträre Gedanken und Sichten Berechtigung haben, ist gut für mich.


Andererseits: Unser Umgangston bei Uneinigkeit ist schnell rau, oft hitzig, rasch unverhältnismässig abfällig und manchesmal geradezu verächtlich. Die Fähigkeit zu streiten ohne den Streitgegner, den, der eine von der unseren abweichende Meinung hat, ernst zu nehmen, mit ihm kommunizieren zu wollen, scheint mir auf Erbsengröße verkümmert. Selbst Freunde, die ich in der realen Welt liebe, hacken auf Facebook ohne erkennbaren Eigenzweifel auf Andersmeinende ein, als gälte es, die Welt zu retten, indem man eine harmlose, unsichere Gegenäußerungen auf Facebook in den Boden stampft. Die Wortwahl wird maßlos, die Vergleiche hinken übelst und Unterstellung ist die beliebteste Angriffswaffe. Das Dritte Reich ist dabei ein williger Bereitsteller von Vergleichsbildern oder, dass der andere Ossi ist oder Wessi, oder blind & blöd.

Wer von uns weiß die letzte, unumstößliche Wahrheit über den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern? Wer kennt alle Ambivalenzen der #metoo Debatte? Merkel wird zum ultimaten Monster, Palästinenser zu aggressiven Halbmenschen. Keiner. Aber dennoch wissen wir uns im Besitz der einzigen wahren unbestreitbaren Wahrheit. 

Ich habe sie nicht, leider. Diese Gewißheit. Je älter ich werde und je mehr ich erfahre, desto unsicherer werde ich. Die Weltpolitik droht, mich zu überwältigen. 

Ich weiß, Trump ist ein egomanisches Arschloch, aber mehr als Halb-Amerika wählt ihn? Merkel ist CDU und sitzt alles aus, aber wer sollte es anstatt ihrer sein? Die Hamas ist ein übler Haufen, aber ist Israel deshalb schuldfrei? 

Gib mir die Fähigkeit und die Geduld andere Meinungen auszuhalten und doch zu wissen, wann ich mich ausklinken muß, grob werden sollte oder die Sperrung der Facebook-Seite verlange.

Montag, 21. Mai 2018

Pfingsten - Shavuot

Pfingsten - Ausgießung des Heiligen Geistes: eine irgendwie ungenaue Angelegenheit, wer ist dieser "Heilige Geist" genau?  Im Namen Gottes und seines Sohnes und im Namen von eben diesem. Maria ist raus, der H. G. ist drin. Man nennt ihn die dritte Person der göttlichen Trinität. 
Geist steht auch für Haltung, Stimmung, Wind, Hauch, Atem. 
Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch. (Kohelet oder Prediger)
H.G. war der Mittelsmann bei Mariä Empfängnis, im Lukasevangelium wird beschrieben, dass nach Jesu Abschied der Heilige Geist auf die Jünger herabkam und sie begannen, zu predigen, schwanger oder redselig.   
Ursprünglich hieß das Fest Shavuot - Gott übergab die Zehn Gebote zum zweiten Mal, beim ersten Mal hatte es Schwierigkeiten mit Goldenen Kälbern etc. gegeben, oder es hieß einfach Erntedankfest, weil jetzt im Nahen Osten der Weizen geerntet wurde und wird.
Mein Pfingsten: Familie, Freunde, Lieblingsnichte, herrliches Wetter, Spaziergänge, Schwimmen, ungewöhnlich viele Kinder, wo sind die alle im Winter, Krimi, Grillen. Perfektion.

Gegenbeispiel: Szene in der S-Bahn. Sehr niedliches etwa vierjähriges Kind wirft absichtlich Dinge weg. 
"Mama!"
Mama streichelt Kind und sagt "Heb es auf."
So weit so gut.
Kind spielt, sehr dilettantisch, große Verzweiflung. 
Mama streichelt heftiger und sagt bittend, "Nein Du". 
"Nein Du."
"Nein Du."
"Nein Du."
"Nein Du."
"Nein Du."
Unterlegt mit heftigerem Streicheln seitend der Mutter und noch mieseren Laienschauspieldarbietungen des Kindes.
Mehr als eine eine halbe Stunde ging das so.
So werden künftige Soziopathen erschaffen.
Das Kind ein Manipulator, die Mama ein Lappen. Wo war da der Heilige Geist?
    

Samstag, 19. Mai 2018

Simon McBurney - The Encounter

The Encounter

von Complicité /Simon McBurney
nach dem Roman »Amazon Beaming« von Petru Popescu
Regie: Simon McBurney
Mit:
Simon McBurney

Simon McBurney ist nicht sehr groß, dafür ist es seine Nase, er ist 60, athletisch, beweglich, ein Körper-Clown mit schnellem, trockenem Wort-Humor. 

Ein Mann, ein binaurales Mikrophon (Kunstkopf), zwei andere Mikrophone, zwei Loop Maschinen, ein kleiner mobiler Lautsprecher, ein Handy, Tontechnik, Licht und wenig Video, sehr viele Wasserflaschen aus Plastik und Kopfhörer für jeden Zuschauer. Das binaurale Mikrophon sieht aus wie ein grauer Roboterkopf und nimmt den Raumton mit genauer Ortung der Richtung auf. Da spricht jemand plötzlich links hinter dir, nein, rechts, direkt in dein linkes Ohr und als McBurney dem Kunstkopf ins Ohr blies, habe ich es in meinem Ohr gefühlt. 
Wirkt zwar Vereinsamend im vollen Saal, aber auch ganz intim. Ganz anders, als wenn die Spieler in Kopfmikros sprechen, was mir sie eher entfernt.

Simon McBurney in "The Encounter" © Robbie Jack

Worum ging es? Darum, dass Zeit nicht linear verläuft, dass Realität und Fiktion schwer zu unterscheiden sind. Gutes Beispiel: Wir alle glauben heute ist Samstag, aber es gibt keinen Samstag, er ist nur eine Verabredung, die wir alle eingegangen sind.
Worum ging es? Um unsere ignorante Fremdheit gegenüber anderen Arten gesellschaftlichen Lebens, um unsere nachlässige Vergewaltigung der Natur, um ein Kind, dass nicht schlafen kann und unbedingt ein Geschichte braucht.

Zwei Stunden war der Spieler über meine Ohren in meinem Kopf und es war ein guter Besuch. Manchmal habe ich ihm zugeschaut, manchmal mit geschlossenen Augen nur gelauscht. 

Geschichten erzählen. Mein Lebensberuf.


Münchhausen:
Ich habe Geschichten erzählt. Geschichten, die die Welt am Leben erhalten. Ohne diese Geschichten gäbe es nichts, die Welt würde ohne sie, aufhören zu 


Cagliostro:
Und, wenn du schweigst? Ewige Stille? Weltuntergang? Apokalypse?
Münchhausen:
Wenn ich schweige, wird irgendwo ein anderer seine Geschichte erzählen, eine andere Geschichte! Ein Märchen, eine Romanze, eine Geschichte über einen plötzlichen Tod. Egal! Die Geschichten müssen erzählt werden. Nur deshalb gibt es uns noch!
Cagliostro:
Haben diese Geschichten ein Happy End?
Münchhausen:
Das weiß ich nicht. Ist auch egal, aber sie müssen erzählt werden.


Freie Variation auf "Das Kabinett des Doktor Parnassus" von Terry Gilliam

Woyzeck von Ulrich Rasche beim Theatertreffen

Es is viel möglich. Der Mensch! Es is viel möglich. – Wir haben schön Wetter, hh. Sehn Sie, so ein schöner, fester, grauer Himmel; man könnte Lust bekommen, ein' Kloben hineinzuschlagen und sich daran zu hängen, nur wegen des Gedankenstriches zwischen Ja und wieder Ja – und Nein. hh, Ja und Nein? Ist das Nein am Ja oder das Ja am Nein schuld? Ich will darüber nachdenken.

Ein toller Abend, den ich nach der Pause nicht mehr weitersehen wollte.
War es ein Oratorium? Eine Oper? Tanztheater? Post-Futuristisches Maschinentheater? Eine poetische Reanimation von "Stomp"? Ein bisschen von alledem.
Irrwitziger Widerspruch: Im Programmheft beschreibt Rasche die Ausgangsposition Woyzecks als hell, er sei zufrieden in seiner üblen Lebenssituation, bis ihm sein Ankerpunkt, seine Liebe und sein Kind genommen werden. Aber auf der Bühne sehe ich ab Minute eins eine panische Kreatur. 
Monika Roschers Musik ist durchkomponiert, rhytmisch und bestimmt letztendlich im Pas de deux mit der gewaltigen schrägen Drehbühne das Bühnengeschehen. Die Sprechweise ist für alle Spieler vorgegeben, sicher auch um neben/auf der Musik zu bestehen. Die Worte, Sätze werden gedehnt, synkopiert. Den Partner anzusehen, scheint verboten. Und, um die Position für eine Szene zu erreichen und zu halten und wieder zu verlassen, muß gelaufen werden, ohne Unterlaß. Manche nutzen das für eine spezifische Körperlichkeit ihrer Figur, manche kämpfen damit, den Takt zu halten.




Quelle: Sandra Then

Jeder Mensch ist ein Abgrund; es schwindelt einem, wenn man hinabsieht.  

Die erste Stunde überwältigten die Bilder mich im besten Sinn, dann war mir das Prinzip klar und ich sehnte mich nach einer Minute ohne Musik oder ohne Drehung oder danach, dass mal jemand einfach nur einen Satz direkt zu jemand anderem sagt. Die Chöre sind beeindruckend. 
Es ist einfach von allem zu viel. Immer auf Wirkung gedacht, ohne Leerstelle, ohne Haspler, Zufälligkeit. Mit wahnsinniger Disziplin läuft der Abend wie eine Riesenuhr.

Schwierig. Solche Energie, aber auch Krampf, Dampf. Machogeprotze. Die Bühnenmaschinerie, das Stampfen, das ständige laute Rufen der Worte, die schwarzen martialischen Kostüme mit den sichtbaren Sicherheitsgurten, die Anspannung in den Körpern auf der Schräge ergibt eine irritierende Wirkung von Militanz, exerzierende Soldaten, in Reih und Glied. Masse. Schleef kommt mir in den Kopf, aber er hat seine Chöre mit Spielszenen abgewechselt. 

Ich bin ein Mann! – Ein Mann, sag' ich. Wer will was? Wer kein besoffner Herrgott ist, der laß sich von mir. Ich will ihn die Nas ins Arschloch prügeln! Du Kerl, sauf! Ich wollt' die Welt wär' Schnaps, Schnaps – der Mann muß saufen! – Kerl, soll ich dir die Zung aus dem Hals ziehn und sie um den Leib herumwickeln? Soll ich dir noch so viel Atem lassen als 'en Altweiberfurz, soll ich? Der Kerl soll dunkelblau pfeifen.
Branndewein, das ist mein Leben;
Branndwein gibt Courage!

Die schönste Szene: Marie und der Tambourmajor, erotisch und verspielt. Die beiden haben es geschafft im Artifiziellen Figuren zu erschaffen mit eigener Beweglichkeit und Denkhaltung. Sehr schön. 

Freitag, 18. Mai 2018

Unser Abgrund

"Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein." 
Friedrich Nietzsche in Jenseits von Gut und Böse

Was mich erschreckt.
Eine eigentlich harmlose Diskussion auf Facebook über die grauenhaften Geschehnisse der letzten Tage an der Grenze zum Gazastreifen - viele richtige und kluge Argumente - viel unbefragbare Gewißheiten - ein rascher Wille zur verbalen Grobheit - und letztendlich, dass, wenn die eigene richtige Position gefunden wurde, die Trauer über den Tod von Menschen, wie verblendet sie auch seien mögen, zweitrangig wird, wenn wir sie denn überhaupt noch zulassen.
Was passiert mit uns?
Ist es so überlebensnotwendig, eindeutig, überzeugt und hart Stellung zu beziehen in dieser irrwitzig verwirrenden Welt, dass wir den Toten, die doch Täter und Opfer gleichzeitig sind, keine Träne mehr nachweinen wollen? Mitgefühl wird verächtlich abgeurteilt als sentimentale Realitätsverweigerung, denn die Fakten sind die Fakten sind die Fakten. 

Väter & Mütter, die ihre Kinder absichtlich in Lebensgefahr bringen, um Rache zu üben.
Die Hamas, die mafiös internationale Spendengelder veruntreut und 100 Dollar an die eigenen Leute zahlt, damit sie "demonstrieren" gehen und zu möglichen Märtyrern werden, die dann wiederum Renten erhalten werden.
Der demokratische Staat Israel, der an dem Tag an dem 60 Palästinenser erschossen wurden, die Eröffnung einer Botschaft und den Sieg im Eurovisionscontest feiert, an dem Tag, an dem junge israelische Soldaten Menschen erschossen, erschiessen mußten.
Was macht das mit uns?
Jeder Mensch, der vor seiner Zeit stirbt, ist einer zuviel.
Wenn wir Menschen in Ghettos sperren, auch wenn sie noch gut ausgestattet sind, züchten wir die Monster, die wir dann verurteilen und verachten und gleichzeitig verlieren wir an Menschlichkeit.
Weniger Urteile, weniger Meinungen, weniger sichere Standpunkte, wäre eine gute Sache, denke ich.
Ich habe nie in einem Flüchtlingslager gelebt, nie in einem besetzen Gebiet. Meine Familie wurde durch die deutschen Faschisten auf ein Minimum reduziert, aber nie hat jemand mein Recht als Jüdin in Deutschland zu leben, in Frage gestellt. 



Mittwoch, 16. Mai 2018

Israel, meine Liebe, meine Sorge


Ein schrecklicher, unerträglicher Konflikt mit einhundertausend Ursachen und Ausreden, Lügen und Legenden und mehr als einhundertausend Opfern.
Der Staat Israel wird in diesem Jahr 70 Jahre alt. 
Es muß dieses Land geben. Das sei vorrausgeschickt. Weil sonst kein Jude je wieder nirgendwo sicher sein wird.
Aber, welches Terrain ein nicht nachgewiesener Gott dem Abraham aus Ur versprochen hat, ist rechtlich nicht relevant. 
Aber, auch arabische Menschen, die sich heute Palästinenser nennen, haben viele Jahrhunderte in diesem Gebiet gelebt.
Das Britische Empire, "Protektor" dieses Landstriches hat, in den Nachbeben des Holocausts, gemeinsam mit dem Völkerbund, dem Vorläufer der UNO, den Juden, verstreut in alle Winde, gejagt und gemordet in vielen, dieses Gebiet als sichere Heimstatt übergeben. Allerdings ohne die nichtjüdischen Anwohner in ihre Entscheidung einzubeziehen. Viele der arabischen Bewohner flohen in Angst vor einem sicheren Krieg. Die umgebenden, muslimischen Länder beschlossen, das neugegründete Land auszulöschen. Sie verloren diesen Krieg. Recht so.
Seitdem existiert diese Heimat der Juden, demokratisch und liberal, und doch tiefreligiös bestimmt, umgeben von uneinsichtigen Feinden. Reichlich finanziert aus den USA, die ihren militärischen Vorposten aus Eigeninteresse stützen und schützen. Und von den eigenen Orthodoxen und Ultrarechten immer wieder in ungute Extreme getrieben. Denn die Siedlungspolitik Israels beruft sich auf den Tanach, und stiehlt Land unter Berufung auf zweitausendjahre alte Sammelschriften, die ohne jede heutige Beweiskraft sind.
Und die anderen Menschen, die auch dort lebten, in kleinen Dörfern in Häusern mit Gärten und Olivenbäumen, sind geflohen oder wurden vertrieben und leben seitdem als Flüchtlinge in ihrer eigenen Diaspora. Sie leben unter der Herrschaft Israels oder der eines Nachbarlandes und der ihrer eigenen Führer. Mißbraucht, aufgehetzt, verwundet. Sie leben in jahrzehntelang existierenden und doch notdürftigen Lagern und in beengten besetzten Gebieten. Von Generation zu Generation wird unter ihnen der Mythos des goldenen vorisraelischen Zeitalters weitergegeben. Geld- und machtgierige Interessen ihrer eigenen Führer und die aggressive Verformung ihrer Religion tun das ihrige. Das Ergebnis ist Terror, terroristisches Verhalten. Hoffnungslosigkeit führt zu irrationalem Hoffen auf ein Glück in einem Paradies, das es nicht geben wird.
Und jetzt? Jetzt schicken Eltern ihre Kinder in lebensgefährliche Situationen für die "SACHE" und junge Juden schießen auf sie für ihre "Sache". Niemand hat Mitgefühl mit niemandem. Die einen opfern ihre Kinder dem Märtyrertum. Die anderen riskieren ihre demokratischen Prinzipien zu Gunsten der Idee eines größeren Israel.
Der Tempel wurde von David gebaut und Mohamed hat seine Nachtreise dorthin geführt. Jerusalem ist eine Verdichtung von Legenden, Hoffnungen und politischen Absichten. Soviel eingekochte Erwartung ist ein sicherer Quell von Aggression.

Wiki schreibt: Das Völkerbundsmandat für Palästina war ein Klasse-A-Mandat des Völkerbundes, das nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg auf der Konferenz von Sanremo 1920 an Großbritannien übertragen wurde. Auf dem Mandatsgebiet entstanden später das heutige Israel und Jordanien, der Gazastreifen und das Westjordanland. 1923 wurde das Emirat Transjordanien abgetrennt, welches 1946 ein unabhängiges Königreich wurde. De facto erstreckte sich das Mandatsgebiet bis 1948 daher nur noch zwischen Jordan und Mittelmeer (das heutige Israel und die palästinensischen Gebiete). 
Auftrag des Mandats, das am 24. Juli 1922 ratifiziert wurde, war die Hilfe zur „Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“. Dies unter der Bedingung, „dass nichts getan werden soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nichtjüdischer Gemeinschaften in Palästina […] beeinträchtigen würde“.  
Das 1922 erteilte Mandat stellte in der Zusammenschau die völkerrechtliche Grundlage für die auf dem Mandatsgebiet entstandenen Staaten Israel und Jordanien dar, wenngleich eine vorgesehene Volksabstimmung nach Beendigung der Mandatszeit von Großbritannien nicht durchgeführt wurde, beziehungsweise ohne eine (nach Völkerbundsatzung Art. 22) Selbstregierung herzustellen. Auch ein Staat Palästina würde das Recht zur Nachfolge des Völkerbundsmandats beanspruchen.  
nnn

Irving Penn im C/O

Ausstellung 24/03/18 bis 01/07/18

Irving Penn . Centennial
Der Jahrhundertfotograf
C/O Berlin im Amerika-Haus Hardenbergstrasse

I can get obsessed by anything if I look at it long enough, that's the curse of being a photographer.
Ich kann kann von allem besessen werden, wenn ich es lang genug anschaue, dass ist der Fluch des Photographen.
I.P. https://www.nytimes.com/1991/11/24/arts/art-irving-penn-is-difficult-can-t-you-tell.html

Es ist ein großartiges Vergnügen, Sachen von jemandem zu sehen, der sein Handwerk wirklich beherrscht. Irving Penn (1917-2009) baut Bilder wie ein Architekt oder ein Bildhauer, geplant, gesetzt, gebaut, bearbeitet, streng, graphisch, beinah harsch. Linien, Wellen, Auswüchse, Flächen gegeneinander strebend. Bei vielen Bilder ist die Schärfe, sind die Kontraste ungewöhnlich hoch. Das kann man auf meinen handgefertigten Aufnahmen natürlich leider nicht erkennen. Portraits, Frauen in Haute Couture, Stillleben, also Portraits in Abwesenheit von Personen. Und Blumen, vergehende.
Ein großer Raum mit Zigarettenstummeln. Paare und Dreier, Abbilder verrauchter Zeit. 




Bitte, unbedingt higehen. Ein Wort, dass ich selten verwende, die Ausstellung hat mich beglückt.



Und noch ein Bild, dass mich überrascht hat, Marlene Dietrich scheinbar ohne Pose.

 
Alle Photographien © Irving Penn Foundation