Freitag, 18. Mai 2018

Unser Abgrund

"Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein." 
Friedrich Nietzsche in Jenseits von Gut und Böse

Was mich erschreckt.
Eine eigentlich harmlose Diskussion auf Facebook über die grauenhaften Geschehnisse der letzten Tage an der Grenze zum Gazastreifen - viele richtige und kluge Argumente - viel unbefragbare Gewißheiten - ein rascher Wille zur verbalen Grobheit - und letztendlich, dass, wenn die eigene richtige Position gefunden wurde, die Trauer über den Tod von Menschen, wie verblendet sie auch seien mögen, zweitrangig wird, wenn wir sie denn überhaupt noch zulassen.
Was passiert mit uns?
Ist es so überlebensnotwendig, eindeutig, überzeugt und hart Stellung zu beziehen in dieser irrwitzig verwirrenden Welt, dass wir den Toten, die doch Täter und Opfer gleichzeitig sind, keine Träne mehr nachweinen wollen? Mitgefühl wird verächtlich abgeurteilt als sentimentale Realitätsverweigerung, denn die Fakten sind die Fakten sind die Fakten. 

Väter & Mütter, die ihre Kinder absichtlich in Lebensgefahr bringen, um Rache zu üben.
Die Hamas, die mafiös internationale Spendengelder veruntreut und 100 Dollar an die eigenen Leute zahlt, damit sie "demonstrieren" gehen und zu möglichen Märtyrern werden, die dann wiederum Renten erhalten werden.
Der demokratische Staat Israel, der an dem Tag an dem 60 Palästinenser erschossen wurden, die Eröffnung einer Botschaft und den Sieg im Eurovisionscontest feiert, an dem Tag, an dem junge israelische Soldaten Menschen erschossen, erschiessen mußten.
Was macht das mit uns?
Jeder Mensch, der vor seiner Zeit stirbt, ist einer zuviel.
Wenn wir Menschen in Ghettos sperren, auch wenn sie noch gut ausgestattet sind, züchten wir die Monster, die wir dann verurteilen und verachten und gleichzeitig verlieren wir an Menschlichkeit.
Weniger Urteile, weniger Meinungen, weniger sichere Standpunkte, wäre eine gute Sache, denke ich.
Ich habe nie in einem Flüchtlingslager gelebt, nie in einem besetzen Gebiet. Meine Familie wurde durch die deutschen Faschisten auf ein Minimum reduziert, aber nie hat jemand mein Recht als Jüdin in Deutschland zu leben, in Frage gestellt. 



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