Samstag, 7. Dezember 2013

Zum 2. Advent - Die Weihnachtsfestplatte von Terry Pratchett


Weihnachten naht und in mir erwacht die Kitschjule. Ich kann mir dagegen nicht helfen, und, um bei der Wahrheit zu bleiben, ich will es auch gar nicht. 
Einen schönen Zweiten Advent!


Die Weihnachtsfestplatte ... 
von Terry Pratchett 

 
 
Im stillen Büro fiel die Metallplatte von der Wand und klapperte auf den Boden. Zwei schwarze Stiefel erschienen. Der Mann im roten Mantel kroch vorsichtig durch die Öffnung und zog den Sack hinter sich her. Computer schliefen unter den Abdeckungen. Telefone ruhten. Leere füllte den Raum von einer Seite zu anderen. Ein kleines rotes Licht glühte am Bürocomputer. Der Weihnachtsmann blickte auf das zerknitterte Papier in seiner Hand. "Hm", sagte er. "Jemand hat sich einen Scherz erlaubt."
Das Licht blinkte, und ein Bildschirm - es gab dutzende im Halbdunkeln - erhellte sich. Buchstaben erschienen und bildeten folgende Worte: Damit ist alles vermasselt. Es folgte Entschuldigung, und dann: Nützt es etwas, wenn ich mich hochfahre? 
Der Weihnachtsmann sah erneut auf den Brief hinab. Es war zweifellos der ordentlichste, den er jemals erhalten hatte. Er bekam nur wenige am Computer geschriebene Briefe, die fünfzigtausendmal ausgedruckt waren, und fast nie wurden Artikelnummern und Preise bis auf sechs Dezimalstellen hinzugefügt.
"Um das gleich klarzustellen...", sagte er. "Du bist Tom?"
T.O.M. Trade & Office Machines.
"Du hast nicht erwähnt, dass du ein Computer bist", sagte der Weihnachtsmann. Entschuldigung. Ich habe es nicht für wichtig gehalten.

Der Weihnachtsmann nahm auf einem Stuhl Platz, der sich unter ihm drehte. Es war drei Uhr morgens, und er musste noch vierzig Millionen Häuser besuchen. "Hör mal", sagte er so freundlich wie möglich, "es gehört sich nicht, dass Computer an mich glauben. Das ist allein Kindern vorbehalten. Ich meine kleine Menschen. Mit Armen und Beinen."
Und?
"Und was?"
Glauben Sie an dich?
Der Weihnachtsmann seufzte. "Natürlich nicht", erwiderte er. "Meiner Ansicht nach ist das elektrische Licht schuld."
Bei mir sieht die Sache anders aus.
"Wie bitte?"
Ich glaube an dich. Ich glaube alles, was man mir sagt. Es ist meine Aufgabe. Wenn man zu vermuten beginnt, dass zwei und zwei nicht mehr vier ergibt, dann kommt ein Mann, schraubt einen auf und zieht an den Kabeln. Ich versichere dir: So etwas möchte man nicht zweimal erleben.
"Wie schrecklich!" entfuhr es dem Weihnachtsmann.
Ja. Ich sitze hier den ganzen Tag und berechne den Lohn. Weißt du, heute fand hier eine Weihnachtsfeier statt, aber ich wurde nicht eingeladen. Ich bekam nicht einmal einen Luftballon.
"Na so was."
Nun, jemand verstreute Erdnüsse auf meiner Tastatur. Das war immerhin etwas. Und dann gingen die Leute nach Hause und ließen mich hier allein zurück. Sogar über Weihnachten muss ich arbeiten.
"Ja, das erschien mir auch immer ungerecht", erwiderte der Weihnachtsmann. "Wie dem auch sei... Computer können keine Gefühle haben. Das ist doch töricht."
Ebenso töricht wie ein dicker Mann, der in einer einzigen Nacht durch Millionen von Schornsteinen klettert?
Der Weihnachtsmann wirkte ein wenig verlegen. "Guter Hinweis", sagte er und blickte auf seine Liste. "Aber diese Dinge kann ich dir nicht geben. Ich weiß nicht einmal, was eine Multifunktions-Festplatte mit einer Kapazität von einer Milliarde Megabyte ist."
Welche Dinge erwarten die meisten deiner Kunden von dir?
Der Weihnachtsmann sah traurig zum Sack. "Computer", antwortete er. "Und Captain Superhyperultratotalaction-Raumschiffe. Robotdinosaurier. Megakill-Lasergewehre. Und andere robotische Dinge, die aussehen wie durch Volkswagen gehämmerte amerikanische Footballspieler. Dinge, die piepen und Batterien benötigen", fügte er niedergeschlagen hinzu. "Nicht mehr die Spielsachen, die ich früher brachte. Heutzutage interessiert sich niemand für Puppen und Modelleisenbahnen."
Modelleisenbahnen?
"Die kennst du nicht? Ich dachte, Computer wüssten alles."
Nur über Lohnabrechnungen.

Der Weihnachtsmann griff in den Sack. "Ich habe immer ein oder zwei dabei", sagte er. "Nur für den Fall." 

Vier Uhr morgens. Gleise wanden sich durch das Büro. Fünfzehn Lokomotiven fuhren unter den Schreibtischen. Der Weihnachtsmann kniete auf dem Boden und baute ein Haus aus Bauklötzen. Seit 1894 hatte er sich nicht mehr so sehr vergnügt. Echtes Spielzeug umgab den Computer. All jene Dinge, die immer ganz oben im Sack des Weihnachtsmannes zu sehen sind, und nach denen nie jemand fragt. Nicht eins davon benötigt Batterien.
"Und du bist ganz sicher, dass du keinen Superhyper-Krimskrams mit Megatod-Strahlen willst?"
Nein, so etwas möchte ich nicht.
"Gut."
Der Computer piepte. Die Leute werden mir nicht erlauben, etwas davon zu behalten, schrieb er. Bestimmt nehmen sie mir alles weg (schnief).
Der Weihnachtsmann klopft behutsam aufs Computergehäuse. "Es muss doch etwas geben, das du behalten darfst", sagte er. "Bestimmt habe ich etwas. Weißt du, es freut mich jemanden begegnet zu sein, der nicht an mir zweifelt." Er überlegte. "Wie alt bist du?"
Man hat mich am 05. Januar 2001 um 9.25 Uhr und 16 Sekunden eingeschaltet.
Die Lippen des Weihnachtsmannes bewegten sich, als er rechnete. "Dann bist du noch nicht einmal zwei Jahre alt! Oh, ich habe etwas in meinem Sack für einen Zweijährigen, der an den Weihnachtsmann glaubt."


Einen Monat nach Weihnachten. Die Dekorationen waren längst entfernt. Ein Computertechniker saß vor dem durcheinander aus Kabeln und kratzte sich am Kopf. "Ich verstehe das nicht", sagte er. "Es liegt kein Defekt vor. Was genau ist passiert?" Der Büroleiter seufzte. "Als wir nach Weihnachten zurückkehrten, stellten wir fest, dass jemand ein Spielzeug auf den Monitor gelegt hatte. Wir konnten es dort doch nicht liegen lassen, oder? Aber wenn wir es wegnehmen, piept der Computer und fährt herunter." Der Techniker zuckte mit den Achseln. "Nun, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen", sagte er. "Sie müssen den Teddybär wieder auf den Monitor setzen." 

Bethlehem im tiefen Winter


PIETER BREUGHEL DER ÄLTERE
oder Bauernbruegel; Pieter, der Drollige; Pieter, der Lustige
1566 

VOLKSZÄHLUNG IN BETLEHEM ODER IGENDWO IN BRABANT

„Es geschah aber in jenen Tagen, dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben. Diese Einschreibung geschah als erste, als Cyrenius Statthalter von Syrien war. Und alle gingen hin, um sich einschreiben zu lassen, ein jeder in seine Stadt. Es ging aber auch Josef von Galiläa, aus der Stadt Nazareth, hinauf nach Judäa, in Davids Stadt, die Bethlehem heißt, weil er aus dem Haus und Geschlecht Davids war, um sich einschreiben zu lassen mit Maria, seiner Verlobten, die schwanger war.“
Lukas 1, 2-5

Ein Dorf,

in einem hohlen Baum werden wärmende Getränke verkauft,

 Josef hat sein Tischlerwerkzeug dabei, Maria friert,

Manche Meteorologen nennen die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts den Beginn der sogenannten Kleinen Eiszeit, die bis ca. 1850 andauerte.  
Pieter Bruegel der Ältere malte seine ersten Winterlandschaften in Folge des sehr harten Winters von 1565.

 Steuereintreiber treiben Geld ein,

 Diese Volkszählung ist eigentlich eine Steuereintreibung. 
Die  Niederlande älitten im 17. Jahrhundert unter der Habsburger Okkupation,
der habsburgische Doppeladler hängt als Wappenschild am Wirtshaus. 

Wiki schreibt:
5. April 1566: Petition des niederländischen Adels an Margarethe von Parma um Milderung der Religionsedikte und Aufhebung der Inquisition
10. August 1566: Als Auftakt zum niederländischen Unabhängigkeitskrieg zerstören Protestanten religiöse Bilder in einer Kapelle in Steenvoorde. Dem Beispiel folgen bis zum Oktober anhaltende weitere Aktionen in katholischen Kirchen in Flandern.

 Männer schleppen Lasten,

ein Schwein wird geschlachtet, die Pfanne steht bereit, um das Fett aufzufangen,

und Kinder spielen auf dem Eis. Sie schlittern auf den Wangenknochen von Rindern. Und da läuft noch ein Paar.

Donnerstag, 5. Dezember 2013

Wer Wind sät wird Sturm ernten!


"Im Sturm tut es jeder Hafen."

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WOW! Da wünsche ich mir ein bisschen Winter und dann kommt gleich ein Orkan! 

HOSEA 8
Sie machen Könige, aber ohne mich; sie setzen Fürsten, und ich darf es nicht wissen. Aus ihrem Silber und Gold machen sie Götzen, daß sie ja bald ausgerottet werden. Dein Kalb, Samaria, verwirft er; mein Zorn ist über sie ergrimmt. Es kann nicht lange anstehen, sie müssen gestraft werden. Denn das Kalb ist aus Israel hergekommen, und ein Werkmann hat's gemacht, und es kann ja kein Gott sein; darum soll das Kalb Samarias zerpulvert werden. Denn sie säen Wind und werden Ungewitter einernten; ihre Saat soll nicht aufkommen und ihr Gewächs kein Mehl geben; und ob's geben würde, sollen's doch Fremde fressen. Israel wird aufgefressen;...

Luther 1912

Amtliche 
UNWETTERWARNUNG vor ORKANBÖEN

für die Hansestadt Rostock
gültig von: Donnerstag, 05.12.2013 10:00 Uhr
bis: Freitag, 06.12.2013 10:00 Uhr
ausgegeben vom Deutschen Wetterdienst
am: Mittwoch, 04.12.2013 19:36 Uhr
Es treten Orkanböen mit Geschwindigkeiten bis 120 km/h (33m/s, 64kn, Bft 12) anfangs aus südwestlicher, später aus nordwestlicher Richtung auf. In exponierten Lagen muss mit Orkanböen um 130 km/h (36m/s, 70kn, Bft 12) gerechnet werden.
ACHTUNG! Hinweis auf mögliche Gefahren: Es sind unter anderem verbreitet schwere Schäden an Gebäuden möglich. Bäume können zum Beispiel entwurzelt werden und Dachziegel, Äste oder Gegenstände herabstürzen. Schließen Sie alle Fenster und Türen! Sichern Sie Gegenstände im Freien! Halten Sie insbesondere Abstand von Gebäuden, Bäumen, Gerüsten und Hochspannungsleitungen. Vermeiden Sie möglichst den Aufenthalt im Freien!
DWD / RZ Potsdam 

Wiki sagt: Als Orkan (Entlehnung aus span. huracán „Wirbelsturm”) werden im engeren Sinn Winde mit Geschwindigkeiten von mindestens 64 kn (117,7 km/h = 32,7 m/s) bezeichnet. Auf der Beaufort-Skala werden Orkane mit der Stärke 12 klassifiziert.
 

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Winter bei Pissarro und in Rostock



DEZEMBER IN ROSTOCK


DIE REALITÄT


Mittwoch 00:00
Bedeckt bei 3 ºC
Niederschlag 0 %
Luftfeuchte 85 %
Wind 18 km/h

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DER TRAUM


Camille Pissaro Winter 1872

Jacob Abraham Camille Pissarro 
* 10. Juli 1830 in Charlotte Amalie, Dänisch-Westindien; † 12. November 1903 in Paris, war einer der bedeutendsten und produktivsten Maler des Impressionismus. (Wiki)

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DEZEMBER

Das Jahr ward alt. Hat dünne Haar.
Ist gar nicht sehr gesund.
Kennt seinen letzten Tag, das Jahr.
Kennt gar die letzte Stund.

Ist viel geschehn. Ward viel versäumt.
Ruht beides unterm Schnee.
Weiß liegt die Welt, wie hingeträumt.
Und Wehmut tut halt weh.

Noch wächst der Mond. Noch schmilzt er hin.
Nichts bleibt. Und nichts vergeht.
Ist alles Wahn. Hat alles Sinn.
Nützt nichts, daß man's versteht.

Und wieder stapft der Nikolaus
durch jeden Kindertraum.
Und wieder blüht in jedem Haus
der goldengrüne Baum.

Warst auch ein Kind. Hast selbst gefühlt,
wie hold Christbäume blühn.
Hast nun den Weihnachtsmann gespielt
und glaubst nicht mehr an ihn.

Bald trifft das Jahr der zwölfte Schlag.
Dann dröhnt das Erz und spricht:
"Das Jahr kennt seinen letzten Tag,
und du kennst deinen nicht." 

 
Erich Kästner

Montag, 2. Dezember 2013

Dulce et Decorum est



Süß und ehrenvoll ist's, für’s Vaterland zu sterben.


Gasangriff

Dulce et Decorum est

Zusammengekrümmt wie alte Bettler unter Säcken,
X-beinig, hustend wie alte Weiber, fluchten wir durch Schlamm,
Bis wir uns von den geisternden Flammen abwandten
Und begannen unserer fernen Ruhe entgegen zu trotten.
Männer marschierten schlafend. Viele hatten ihre Stiefel verloren
Doch hinkten weiter, blutbeschuht. Alle lahmten, alle blind,
Trunken an Erschöpfung, taub selbst für das Gejohle
Der enttäuschten Granaten, die hinten fielen.


GAS! Gas! Schnell, Jungs! - ein ekstatisches Gefummel,
Die plumpen Helme noch rechtzeitig aufsetzen.
Aber irgendjemand schrie noch auf und taumelte
  Und zappelte wie ein Mensch in Feuer oder Ätzkalk.
Undeutlich, durch die beschlagene Scheibe und dickes grünes Licht
Wie in einem grünen Meer, sah ich ihn ertrinken.

In all meinen Träumen, vor meinem hilflosen Blick,
Stürzt er auf mich ein, flackernd, würgend, ertrinkend.

Wenn auch du in erstickenden Träumen liefest
Hinter dem Wagen her, in den wir ihn warfen,
Und die weißen Augen sich in seinem Gesicht winden sähest,
In seinem hängenden Gesicht, wie das eines Teufels, müde der Sünde;
Wenn du hören könntest, bei jedem Stoß, das Blut,
Gurgelnd aus seinen schaum-verdorbenen Lungen,
Ekelerregend wie Krebs, bitter wie das Wiederkäuen
Von Auswurf, unheilbare Wunden auf unschuldigen Zungen,--
Mein Freund, du erzähltest
nicht mit solch hoher Lust
Kindern, dürstend nach verzweifeltem Ruhmesglanz,
Die alte Lüge: Dulce et decorum est
Pro patria mori.

Wilfried Owen
Wilfred Owen fiel mit 25 Jahren am 4. November 1918, genau eine Woche vor Kriegsende, bei Kämpfen am Canal de la Sambre à l’Oise, nahe der französischen Ortschaft Joncourt im Département Aisne. 
Postum wurde ihm das Military Cross für Tapferkeit vor dem Feind verliehen.

Kenneth Branagh spricht das Gedicht:


Gasmasken-Drill während des Ersten Weltkrieges

Dulce et Decorum est


Bent double, like old beggars under sacks,
Knock-kneed, coughing like hags, we cursed through sludge,
Till on the haunting flares we turned our backs
And towards our distant rest began to trudge.
Men marched asleep. Many had lost their boots
But limped on, blood-shod. All went lame; all blind;
Drunk with fatigue; deaf even to the hoots
Of disappointed shells that dropped behind.


GAS! Gas! Quick, boys!-- An ecstasy of fumbling,
Fitting the clumsy helmets just in time;
But someone still was yelling out and stumbling
And floundering like a man in fire or lime.--
Dim, through the misty panes and thick green light
As under a green sea, I saw him drowning.


In all my dreams, before my helpless sight,
He plunges at me, guttering, choking, drowning.


If in some smothering dreams you too could pace
Behind the wagon that we flung him in,
And watch the white eyes writhing in his face,
His hanging face, like a devil's sick of sin;
If you could hear, at every jolt, the blood
Come gargling from the froth-corrupted lungs,
Obscene as cancer, bitter as the cud
Of vile, incurable sores on innocent tongues,--
My friend, you would not tell with such high zest
To children ardent for some desperate glory,
The old Lie: Dulce et decorum est
Pro patria mori.




Sonntag, 1. Dezember 2013

1. Advent: Das fluktuierende Selbstbewusstsein des Freischaffenden


  Wie fast jeder mir bekannte Freischaffende gleite, stolpere 

  und tanze ich mit übermütigem, nichtzugenauhinschauenwollendem 
  Selbstbewusstsein auf dem dünnen Eis der Angst vor der 
  Arbeitslosigkeit, gelegentliche Schlitterattacken inbegriffen.
  Jetzt geht es gut, sehr gut, aber weiß ich, wie lange es noch  

  so gehen wird?
  Die mythische Gegenwart des nichtklingelnden Telephons oder des 
  nicht das erhoffte Angebot enthaltenden, spamgeplagten 
  Emailordners ist schnöder Alltag. Heute bin ich König der
  Stadttheaterwelt, und morgen nurmehr Narr oder Hofschranze im 
  häßlichen grünen Satinsnzug mit bunter Schärpe, verschämt auf 
  fremden Premierenfeiern lungernd mit besorgten suchenden Augen 
  und zu raschem munterem Lächeln. 
  Wenn ich also sagen kann, dass ich bis Sommer 2015 nahezu
  ausgebucht bin, dann ist dies das geschriebene Äquivalent eines 

  gejubelten und gehüpften Juchuhs!
  Ich liebe meine Arbeit und ich meine das oft mißbrauchte Wort 

  lieben hier in seinem vollen, umfassenden, herztiefen Sinn.
  Wiki schreibt lakonisch: "Liebe ist im Allgemeinen die 

  Bezeichnung für die stärkste Zuneigung und Wertschätzung,die      
  ein Mensch einem anderen entgegen zu bringen in der Lage ist. Der 
  Erwiederung bedarf sie nicht." Aber ohne Erwiderung ist das Leben
  eine Qual. Ich liebe meine Arbeit, aber liebt sie mich, oder 

  lieben mich wenigstens die "Arbeitgeber"? All you need is ...!
  Ich bin glücklicher Besitzer eines Privatlebens, aber meine 
  Arbeit ist wichtiger Teil von mir, und auf verflixte und   
  ganz und gar unästhetische Weise auch bestimmender Faktor meines 
  Kontostandes. Normale Absurdität: man tut etwas über Jahrzehnte   
  immer auf Anfrage, immer in direkter Verwicklung mit dem Angebot-
  und-Nachfrage Axiom. Der Markt ist konkret und eindeutig stets 
  gegenwärtig. Die Lorbeeren auf denen man sich ausruhen könnte,
  sind nur geleast. It keeps you on your toes! Aber es ist auch
  anstrengend, Teil des mittleren Marktes zu dein - nicht wirklich 
  gefährdet, aber auch nie auf längere Zeit gebettet. Andererseits:
  In nächster Zeit: Shakespeares Könige, Lear, Hamlet, eine Oper,
  Virginia Woolf - keiner weiß was folgt, und es nicht zu wissen, 
  ist auch wunderbar, weil es könnte ja etwas völlig  Neues,
  Überrraschendes sein.
    
 © Benjamin Thompson

  Ein lyrisch verbrämtes Danke an die, die mir geholfen haben, 

  eine recht lange Liste von hilfreichen Menschen, die nicht 
  veröffentlicht werden wird und ein Gruß zum Ersten Advent!

Vom Glück 

Wer entkommen will, braucht Glück
Ohne Glück
Rettet sich keiner vor der Kälte 
Vor dem Hunger oder gar vor Menschen. 

Glück ist Hilfe

Ich habe viel Glück gehabt. Deshalb
Bin ich noch da. 
Aber in die Zukunft schauend, erkenne ich schaudernd
Wieviel Glück ich noch brauche. 

Glück ist Hilfe. 

Stark ist, wer Glück hat. 
Ein guter Kämpfer und ein weiser Lehrer 
Ist einer mit Glück. 

Glück ist Hilfe 
 
Bertolt Brecht

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Das moderne Prekariat an deutschen Bühnen

 Arte Journal

"Es gibt Statistiken, dass ein Schauspieler, im Durchschnitt,
10 000 Euro im Jahr verdient."
http://www.arte.tv/de/das-moderne-prekariat-an-deutschen-buehnen/7716928,CmC=7717178.html


Samstag, 30. November 2013

Ältere nackte Frau in der Bibliothek



jeff wall, the giant, 1992, transparency, light box

Morgen ist Erster Advent





ADVENT



Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt
und manche Tanne ahnt wie balde
sie fromm und lichterheilig wird.
Und lauscht hinaus: den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin - bereit
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.

Rainer Maria Rilke

Freitag, 29. November 2013

Chanukka sameach!



Chanukka 2013

Das Channukah-Fest findet vom 25. Kislev bis zum zweiten Tag des Tevet 5774 bei uns, vom 28. November bis zum 5. Dezember 2013 in der anderen Welt statt. 

"Six eons for going in and coming out, for war and peace. The seventh eon is entirely Shabbat and rest for life everlasting"
"Sechs Zeitalter fürs Hineingehen und Herauskommen, für Krieg und Frieden. Das Siebente ist nur für den Shabbat und der Rest für das Ewige Leben."

Das Anus Mundi (Das Jahr der Welt oder das Jahr seit dem die Welt besteht) 5774 begann bei Sonnenuntergang am 4. September 2013 and endet am 24. September 2014.

Übrigens sollte der Messias unbedingt vor dem Jahr 2230 (6000) erscheinen!


Chanukkah, auf deutsch: Weihung, Einweihung; auch: Hanukkah oder Lichterfest ist ein acht Tage dauerndes, jährlich gefeiertes jüdisches Fest zum Gedenken an die Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem im Jahr 164 v. Chr (AM 3597). Es beginnt jeweils am 25. Tag des Monats Kislew (November/Dezember in der Welt).


Am 25. Kislew beginnen wir das achttägige Chanukah oder Weihefest zur Erinnerung an die Siege der Makkabäer über Antiochus Epiphanes, den König von Syrien. Antiochus hatte versucht, die Juden zum Götzendienst zu zwingen und sie zum Abfall von der Verehrung des wahren G-ttes zu nötigen. Die Juden, von den Makkabäern geführt, leisteten Widerstand und ausgerüstet mit dem Glauben an G-tt, errangen sie den Sieg über große feindliche Heer. Der Tempel, der von heidnischen Soldaten verunreinigt war, wurde wieder gesäubert und der G-ttesdienst wiederhergestellt. Für die ewige Lampe (Ner Tamid) fehlte es an reinem von Heiden nicht berührtem Öle. Nur ein kleines Fläschchen wurde vorgefunden, das, wie man glaubte, nur eine Nacht ausreichen würde; aber es genügte acht Tage; inzwischen konnte man sich frisches Öl verschaffen. (Rabbiner Michael Friedländer - Die Jüdische Religion) 

Die Rabbiner Yehuda Teichtal und Shmuel Segal segnen Europas größtem achtarmigen Chanukka-Leuchter am Pariser Platz.
Foto: dpa

Ein Rezept für Latkes

An Chanukka isst man vor allem Speisen, die in Öl gebraten werden.
Zum Beispiel Latkes, das sind Kartoffelpuffer.

Für 6 - 8 Personen

6 mittelgroße Kartoffeln, geschält
1 Zwiebel
2 Eier, verquirlt
60g feines Matzemehl oder Mehl
1 TL Salz
1 Prise gemahlener Pfeffer
Pflanzenöl zum Frittieren
Als Beilage: Apfelmus oder Sauerrahm

Kartoffeln und Zwiebeln fein raspeln. In einem Sieb abtropfen lassen und so viel Flüssigkeit wie möglich herauspressen. In eine große Schüssel geben und die übrigen Zutaten, außer dem Öl und den Beilagen, unterrühren. (Dabei so schnell wie möglich arbeiten, damit die Kartoffeln nicht braun werden.) In einer großen, schweren Bratpfanne etwa 2,5 cm Öl oder soviel, dass die Pfannkuchen bedeckt sind, bei mittlerer bis starker Hitze erwärmen. Den Teig esslöffelweise in das heiße Öl geben und 2 Minuten frittieren, bis die Unterseite gebräunt ist. Wenden und noch 1 - 2 Minute frittieren, bis auch die andere Seite braun ist. Auf eine Servierplatte legen und bei 150° im Backofen warm halten. Auf diese Weise den gesamten Teig verarbeiten, eventuell etwas Öl nachfüllen. Sofort mit Apfelmus oder Sauerrahm servieren.

(Aus: Elizabeth Wolf Cohen: Jüdische Küche. 100 authentische Rezepte. Könemann Verlag, Köln 1995)

Donnerstag, 28. November 2013

PAUL CADMUS & MASCHA KALEKO in NEW YORK


        Paul Cadmus

        * 17. Dezember 1904 in New York City; † 12. Dezember 1999 in Weston, Connecticut 

        war ein US-amerikanischer Maler.
        Ein Künstler. Ein schwuler Künstler. Ein Künstler.



Greenwich Village Cafeteria
1934. Oil on canvas.
The Museum of Modern Art, New York
 Extended loan from United States Public Works of Art Project.
       
       Man beachte die Hand, bzw. den Handschuh mittig auf dem Boden, den einladenden
       Blick des Herrenmit lackierten Fingernägeln rechts, der gerade auf die Toilette geht,
       den Mann mit grünem Hut und deutlicher Erregung, den unauffälligen Mann, der
       links einer Frau etwas ins Ohr flüstert und so viele wilde Beine und auch viele gelbe
       Kleiderhaken. 



Eine Rent-Party oder House-Rent-Party war eine soziale Veranstaltungsform des Jazz
in den 1920er Jahren im New Yorker Stadtteil Harlem, in Chicago und anderen Städten.
Hintergrund solcher Haus-Partys war die ökonomische Situation vieler afroamerikanischer Familien. Die Mieten waren trotz häufig überbelegter Wohnungen überteuert. Eine Möglichkeit, das Geld für die Miete zu beschaffen, war die rent party, ein Ausdruck der zuerst um 1920 aufkam. Man sparte, um ein Klavier anzuschaffen und stellte dann einen Musiker, meist einen Pianisten oder eine Band ein und lud Freunde, Bekannte und Nachbarn zu sich ein. Wer zu diesen Partys kam, musste Eintritt zahlen – dieses Geld
erhielt dann der Musiker oder diese ließen „den Hut herumgehen“ . (Wiki)

 Bar Italia 1953
Smithsonian American Art Museum

Manikins, 1951
Courtesy DC Moore Gallery, NYC



Momentaufnahmen eines Zeitgenossen

Wenn unsereins „se längvitsch“ spricht,
so geht er wie auf Eiern.
Der Satzbau wackelt, und die „grammar“ hinkt.
Und wenn uns etwa ein „ti-ehtsch“ gelingt,
das ist ein Grund zum Feiern.

Nicht so der Herr, den ich im Auge habe.
Oder besser gesagt: uffm Kieker.
Dem ist alles Emigrantische fremd.
Er ist der geborene Inglisch-Spieker.
Der Forrenlängvitsch-Göttin Auserkorner.
Kommt es drauf an, so spricht der Mann
selbst Esperanto wie ein Eingeborner.

Befreit vom Zwang, gebüldet zu parlieren,
im engen Kreis, wo man einander kennt,
fährt diese Ausgeburt an Sprachtalent
des „Königs Englisch“ hoch zu Roß spazieren,
in seinem Oxford-(second hand) Akzent.

Se pörfekt Lord. Ich kenn ihn noch aus Sachsen.
Da sprach er auch des „Geenigs“ ABC.
Wie war das heimatliche weiche B
in Leibzich ihm zurzeit ans Herz gewachsen!
Den Untertanenstolz aus königstreuen Tagen
hat er auf achtundvierzig Staaten übertragen.
Der kroch in Preußen schon auf allen vieren.
Hier sinds die angelsächsischen Manieren.

Wer mit den Wölfen heult, der heult mit allen Tieren.
 
Mascha Kaléko
1945