MAX HERRMANN NEISSE
1886-1941
Mir bleibt mein Lied, was auch geschieht,
mein Reich ist nicht von dieser Welt,
ich bin kein Märtyrer und Held,
ich lausche allem, was da klingt
und sich in mir sein Echo singt.
Ob jedes andre Glück mich flieht
Mir bleibt mein Lied, was auch geschieht,
mein Reich ist nicht von dieser Welt,
ich bin kein Märtyrer und Held,
ich lausche allem, was da klingt
und sich in mir sein Echo singt.
Ob jedes andre Glück mich flieht
Dein Haar hat Lieder
Dein Haar hat Lieder, die ich liebe,
und sanfte Abende am Meer -
O glückte mir die Welt! O bliebe
mein Tag nicht stets unselig leer!
So kann ich nichts, als mattverlegen
vertrösten oder wehe tun,
und von den wundersamsten Wegen
bleibt mir der Staub nur auf den Schuhn.
Und meine Träume sind wie Diebe,
und meine Freuden frieren sehr -
Dein Haar hat Lieder, die ich liebe,
und sanfte Abende am Meer.
Dein Haar hat Lieder, die ich liebe,
und sanfte Abende am Meer -
O glückte mir die Welt! O bliebe
mein Tag nicht stets unselig leer!
So kann ich nichts, als mattverlegen
vertrösten oder wehe tun,
und von den wundersamsten Wegen
bleibt mir der Staub nur auf den Schuhn.
Und meine Träume sind wie Diebe,
und meine Freuden frieren sehr -
Dein Haar hat Lieder, die ich liebe,
und sanfte Abende am Meer.
George Grosz 1925 Portrait Max Hermann-Neisse
Nacht im Stadtpark
Ein schmales Mädchen ist sehr liebevoll
zu einem Leutnant, der verloren stöhnt.
Ein Korpsstudent mokiert sich, frech, verwöhnt,
und eine schiefe Schnepfe kreischt wie toll.
Ein Refrendar bemüht sich ohne Glück
um eine Kellnerin, die Geld begehrt.
Ein Abgeblitzter macht im Dunkel kehrt,
und eine Nutte schwebt zerzaust zurück.
Zwei Unbestimmte prügeln einen Herrn.
Mit Uniformen zankt ein Zivilist.
Ein Jüngling merkt, dass er betrogen ist
und zwei Verschmolzne haben schnell sich gern.
Ein starker Bolzen und ein Musketier
sind ganz in eine graue Bank verwebt.
Ein Gent an einem Ladenfräulein klebt,
ein greiser Onkel schnuppert geil und stier.
Ein Weib mit bloßem Kopf wird sehr gemein,
ein Louis lauert steif und rührt sich nicht.
Ein Frechdachs leuchtet jeder ins Gesicht,
und ein Kommis umfasst ein weiches Bein.
Es raschelt in den Sträuchern ungewiss
und etwas tappt auf einen steifen Hut.
Die Bäche liegen still wie schwarzes Blut,
und die Bäume fallen aus der Finsternis.
Ein Johlen rollt die Straße hin und stirbt,
ein Wurf ins Wasser, irgendwo, ganz dumpf,
ein Mauerwerk wächst wie ein Riesenrumpf,
ein unbekanntes Tier erwacht und zirpt.
Zwei Männer flüstern einen finstern Plan,
ein welkes Wesen wehrt sich hoffnungslos,
ein Schüler hat ein Bahnerweib im Schoß,
im Teich zieht schwer ein ruheloser Schwan.
Und Sterne stolpern in die tiefe Nacht,
und Obdachlose liegen wie erstarrt,
und bleiern hängt der Mond, und hohl und hart
glotzt breit ein Turm, verstockt und ungeschlacht.
zu einem Leutnant, der verloren stöhnt.
Ein Korpsstudent mokiert sich, frech, verwöhnt,
und eine schiefe Schnepfe kreischt wie toll.
Ein Refrendar bemüht sich ohne Glück
um eine Kellnerin, die Geld begehrt.
Ein Abgeblitzter macht im Dunkel kehrt,
und eine Nutte schwebt zerzaust zurück.
Zwei Unbestimmte prügeln einen Herrn.
Mit Uniformen zankt ein Zivilist.
Ein Jüngling merkt, dass er betrogen ist
und zwei Verschmolzne haben schnell sich gern.
Ein starker Bolzen und ein Musketier
sind ganz in eine graue Bank verwebt.
Ein Gent an einem Ladenfräulein klebt,
ein greiser Onkel schnuppert geil und stier.
Ein Weib mit bloßem Kopf wird sehr gemein,
ein Louis lauert steif und rührt sich nicht.
Ein Frechdachs leuchtet jeder ins Gesicht,
und ein Kommis umfasst ein weiches Bein.
Es raschelt in den Sträuchern ungewiss
und etwas tappt auf einen steifen Hut.
Die Bäche liegen still wie schwarzes Blut,
und die Bäume fallen aus der Finsternis.
Ein Johlen rollt die Straße hin und stirbt,
ein Wurf ins Wasser, irgendwo, ganz dumpf,
ein Mauerwerk wächst wie ein Riesenrumpf,
ein unbekanntes Tier erwacht und zirpt.
Zwei Männer flüstern einen finstern Plan,
ein welkes Wesen wehrt sich hoffnungslos,
ein Schüler hat ein Bahnerweib im Schoß,
im Teich zieht schwer ein ruheloser Schwan.
Und Sterne stolpern in die tiefe Nacht,
und Obdachlose liegen wie erstarrt,
und bleiern hängt der Mond, und hohl und hart
glotzt breit ein Turm, verstockt und ungeschlacht.
Max Hermann-Neisse
George Grosz Portrait Max Hermann-Neisse
Zwischen dem New Yorker Metropolitan Museum of Art und den Erben von G. Grosz kam es zu einem Streit über die Besitzrechte an obigem Bild, der zu Gunsten des MOMA entschieden wurde:
Aus einem Brief von George Grosz an seinen Schwiegersohn vom Januar 1953:
,"Modern Museum stellte ein mir gestohlenes Bild aus (bin machtlos
dagegen) sie habens von Jemand gekauft, ders gestohlen".
Wenige Wochen
zuvor hatte das MoMA das "Bildnis Max Hermann-Neisse" zum ersten Mal als
Neuerwerbung gezeigt."
http://www.welt.de/welt_print/kultur/article5815421/Grosz-Bilder-im-MoMA-Erben-haben-das-Nachsehen.html
http://www.sueddeutsche.de/kultur/fluchtkunst-von-george-grosz-hehlerware-heuchelei-und-eine-handvoll-dollar-1.894033
http://www.sueddeutsche.de/kultur/fluchtkunst-von-george-grosz-hehlerware-heuchelei-und-eine-handvoll-dollar-1.894033
"Nicht als ob ich mir … einbilde, je wieder nach Deutschland zurückkehren und … mich wieder in die alte Fettlebe setzen zu können", schrieb Max Herrmann-Neiße an George Grosz. "Nee, das will ich 1. gar nicht mehr, ich bin mit die Brieder nu beese, richtig beese, wie wir Schlesier sagen, 2. glaube ich nicht, dass es jemals wieder so wie früher wird, sondern höchstens eine andre Scheiße dort die jetzt herrschende ablöst."
M.H. Neisse in einem Brief an George Grosz aus dem Exil
Ein
deutscher Dichter bin ich einst gewesen
Ein deutscher Dichter bin ich einst gewesen,
die Heimat klang in meiner Melodie,
ihr Leben war in meinem Lied zu lesen,
das mit ihr welkte und mit ihr gedieh.
Die Heimat hat mir Treue nicht gehalten,
sie gab sich ganz den bösen Trieben hin,
so kann ich nur ihr Traumbild noch gestalten,
der ich ihr trotzdem treu geblieben bin.
In ferner Fremde mal ich ihre Züge
zärtlich gedenkend mir mit Worten nah,
die Abendgiebel und die Schwalbenflüge
und alles Glück, das einst mir dort geschah.
Doch hier wird niemand meine Verse lesen,
ist nichts, was meiner Seele Sprache spricht;
ein deutscher Dichter bin ich einst gewesen,
jetzt ist mein Leben Spuk wie mein Gedicht.
die Heimat klang in meiner Melodie,
ihr Leben war in meinem Lied zu lesen,
das mit ihr welkte und mit ihr gedieh.
Die Heimat hat mir Treue nicht gehalten,
sie gab sich ganz den bösen Trieben hin,
so kann ich nur ihr Traumbild noch gestalten,
der ich ihr trotzdem treu geblieben bin.
In ferner Fremde mal ich ihre Züge
zärtlich gedenkend mir mit Worten nah,
die Abendgiebel und die Schwalbenflüge
und alles Glück, das einst mir dort geschah.
Doch hier wird niemand meine Verse lesen,
ist nichts, was meiner Seele Sprache spricht;
ein deutscher Dichter bin ich einst gewesen,
jetzt ist mein Leben Spuk wie mein Gedicht.
Max Herrmann Neisse