DER FROHE TOTE
Schwer soll der Grund und reich an Schnecken sein,
Wo meine Gruft zu schaufeln ich begehre,
Dass dort zum Schlaf sich streckt mein alterndes Gebein
Und im Vergessenen ruht gleich wie der Hai im Meere.
Ich hasse Testamente, Grab und Stein,
Und von der Welt erbettle ich keine Zähre;
Nein, lieber lüde ich den Schwarm der Raben ein,
Damit er stückweis mein verwensend Aas verzehre.
O Würmer! Schwarz Geleit ohn Aug, ohne Ohr!
Ein Abgeschiedner kommt, der froh den Tod erkohr.
Ihr Söhne des Zerfalls, die dem Genuss leben,
Durch meine Trümmer kriecht mir reuelosem Mut
Und sagt mir: kann es wohl noch eine Folter geben
Für den entseelten Leib, der tot bei Toten ruht?
Charles Baudelaire
aus dem Französischen von Wolf von Kalckreuth
aus dem Französischen von Wolf von Kalckreuth
DIE VERSTORBENEN LIEBENDEN
Maler unbekannt um 1470
Strasbourg, Musee de l'Oeuvre de Notre Dame
DER TOD DER LEBENDEN
So tief und weich, als ob es Gräber wären,
Laß unsre duftumhüllten Lager sein,
Und ringsum Blumen, die in schönren Sphären
Für uns erblüht in einem fremden Hain.
Laß unsre duftumhüllten Lager sein,
Und ringsum Blumen, die in schönren Sphären
Für uns erblüht in einem fremden Hain.
Laß unser letztes Glühen und Begehren
Gleich düsterroten Fackeln lodern drein,
Zwiefache Flammen, die sich spiegelnd mehren
In unsrer Doppelseele Widerschein.
Gleich düsterroten Fackeln lodern drein,
Zwiefache Flammen, die sich spiegelnd mehren
In unsrer Doppelseele Widerschein.
Der Abend brennt in rosig-blauem Flimmer,
Ein letztes Glühen noch, dann schweigt für immer
Der lange Seufzer, schwer von Abschiedsqual.
Ein letztes Glühen noch, dann schweigt für immer
Der lange Seufzer, schwer von Abschiedsqual.
Und lächelnd tritt ein Engel in das Zimmer
Und weckt zu neuem Leben, neuem Schimmer
Erloschne Spiegel, toter Kerzen Strahl.
Und weckt zu neuem Leben, neuem Schimmer
Erloschne Spiegel, toter Kerzen Strahl.
Charles Baudelaire
Frida Kahlo Mädchen mit Totenmaske (Sie spielt allein)
1938
O je. Du lässt ja nichts aus. Gut so!!...
AntwortenLöschenUnd
Danke für den Anstoß, wieder einmal Baudelaire zu lesen. Schade, schade, dass ich ihn nicht im Original zu lesen verstehe. Diese Übertragungen hier hinterlassen auch ein leises Mißtrauen.
Und
Ich wüsste zu gern, ob der Strasbourger Meister
erschrockenen reinen Herzens gemalt hat oder ob er von finsterem Katholizismus angefressen war oder ob er schon mal den Surrealisten zugewinkt hat.