Sonntag, 10. Juni 2012

Einstein On The Beach - Godot kommt eh nicht, oder doch?



Einstein On The Beach, eine Oper in vier Akten und fünf Gelenkstücken von Philipp Glass, Robert Wilson und Lucinda Childs.
Erstaufführung 1976 in New York, gesehen in Toronto vorgestern.

Vier und eine halbe Stunde lang ohne Pause. Man kann zwischendurch ruhig mal rausgehen, rauchen, etwas trinken, kurz keine Musik hören. Aber oft wollte ich das gar nicht.
Man sieht: Bob Wilson, bevor er wußte, dass er einmal DER Bob Wilson werden würde, Philipp Glass bevor er der Hohepriester der modernen Musik geworden war.
Wunderbar. Fast altmodisch schon. Wo man Technologie vermuten könnte, sind es ganz einfache Theatermittel, nur phantasievoll und hochpräzise eingesetzt. Teilweise wunderbare Musik und Bilder, Bilder.
Bilder, die man aus dem dritten oder vierten Aufguss kennt, hier in ihrer Urform, noch unschuldig. Hätte ich es damals bei der Premiere gesehen, hätte ich das Theater wahrscheinlich im Schockzustand verlassen. Heute ist es ein glorioses Relikt, die Rückschau auf den Beginn von etwas.

 Der wirkliche Einstein an einem wirklichen Strand


 Ein Stein on the beach

Samstag, 9. Juni 2012

Kannibalen - Nachtrag zu Fronleichnam


Küsse, Bisse,
das reimt sich, und wer recht von Herzen liebt,
kann schon das eine für das andre greifen. 

Heinrich von Kleist; Penthesilea

Als Kannibalismus oder Antropophagie wird das Verzehren von Artgenossen oder Teilen derselben bezeichnet. Insbesondere versteht man darunter den Verzehr von Menschenfleisch durch Menschen,
sagt Wiki.

 Kannibalismus in Brasilien, eine Gravur von Théodore de Bry 1562

"Im Jahre 1554 sei er im Urwald von Brasilien Zeuge eines grauenhaften Geschehens geworden, berichtet der deutsche Landsknecht und Kanonier Hans Staden. Ein gefangener Indianer vom Stamm der Cario sei erkrankt, die Tupinambá-Indianer hätten ihn daraufhin massakriert: »Sofort nehmen die Frauen den Toten, ziehen ihn über das Feuer, kratzen ihm die ganze Haut ab [...]. Wenn die Haut abgeputzt ist, nimmt ein Mann ihn und schneidet ihm die Beine über den Knien und die Arme am Leibe ab. [...] Danach trennen sie den Rücken mit dem Hintern vom Vorderteil ab. Das teilen sie unter sich.
Die Eingeweide behalten die Frauen. Sie sieden sie, und mit der Brühe machen sie einen dünnen Brei, Mingáu genannt, den sie und die Kinder schlürfen [...]. Das alles habe ich gesehen, und ich bin dabei gewesen."
Hans Staden Wahrhafftige Historia und Beschreibung eyner Landtschafft der Wilden Nackten, Grimmigen Menschenfresser-Leuthen, in der Newenwelt America gelegen von 1557.


Silvester bei den Kannibalen
Am Silvesterabend setzen
Sich die nackten Menschenfresser
Um ein Feuer, und sie wetzen
Zähneklappernd lange Messer.
Trinken dabei - das schmeckt sehr gut -
Bambus-Soda mit Menschenblut.
Dann werden aus einem tiefen Schacht
Die eingefangenen Kinder gebracht
Und kaltgemacht.
Das Rückgrat geknickt,
Die Knochen zerknackt,
Die Schenkel gespickt,
Die Lebern zerhackt,
Die Bäuchlein gewalzt,
Die Bäckchen paniert,
Die Zehen gefalzt
Und die Äuglein garniert.
Man trinkt eine Runde und noch eine Runde.
Und allen läuft das Wasser im Munde
Zusammen, ausnander und wieder zusammen.
Bis über den feierlichen Flammen
Die kleinen Kinder mit Zutaten
Kochen, rösten, schmoren und braten.
Nur dem Häuptling wird eine steinalte Frau
Zubereitet als Karpfen blau.
Riecht beinah wie Borchardt-Küche, Berlin,
Nur mehr nach Kokosfett und Palmin.
Dann Höhepunkt: Zeiger der Monduhr weist
Auf Zwölf. Es entschwindet das alte Jahr.
Die Kinder und der Karpfen sind gar.
Es wird gespeist.
Und wenn die Kannibalen dann satt sind,
Besoffen und überfressen, ganz matt sind,
Dann denken sie der geschlachteten Kleinen
Mit Wehmut und fangen dann an zu weinen.

Joachim Ringelnatz 

Leonhard Kern Menschenfresserin ca. 1650

Donnerstag, 7. Juni 2012

Fronleichnam - Damit Sie wissen, was Sie feiern.


Heute ist FRONLEICHNAM
FRONLEICHNAM ist heute!

Was für ein Name für einen weiteren mittlerweile nahezu unbegriffenen Feiertag!

fron = was den Herren betrifft, dabei scheint es egal, ob es der Feudalherr oder der Herr-Gott ist, das Wort kennen wir ja vom Frondienst und lîcham, bedeutet so viel wie Leib, Körper, Leichnam. Betreffend den Körper/Leichnam des Herren also?

Früher habe ich gedacht der Tag hieße so etwas wie Froher Leichnam, wie in: Ich wünsch' Dir 'nen Fro'n Leichnam. Das schien mir, ein guter Festanlaß zu sein. Aber nix da. 
Es ist ein Hochfest des Leibes und Blutes Christi, sagt die Liturgie, und er wird auch Blutstag genannt und mit großem Gottesdienst und grandiosen Prozessionen gefeiert. Natürlich nur von Katholiken, Protestanten sehen das anders, deshalb heißen sie, unter anderem, ja Protestanten.

Wegen des stillen Charakters der Karwoche erlaubt der Gründonnerstag keine prunkvolle Entfaltung der Festlichkeit. Aus diesem Grund wurde das Fest Fronleichnam bei seiner Einführung auf den Donnerstag der zweiten Woche nach Pfingsten gelegt. (Wiki) 
In etwa so wie beim Geburtstag der englischen Königin, geboren wurde sie im April, gefeiert wird im Juni, da ist das Wetter besser. 
Einer Heiligen, Juliana von Lüttich, erschien 1209 ein fleckiger Mond im Traum und es wurde ihr klar, dass ein Extrafest für das Abendmahl im Kirchenfestkalender noch fehlte, deshalb der Fleck auf dem Mond. 1215 wurde es Dogma, dass heißt, unter keinen Umständen zu bezweifeln, dass Brot und Wein, oder Oblate und Saft beim Heiligen Abendmahl wahrhaft zum Leib und Blut Christi werden.

Ein Hochfest der katholischen Kirche, mit dem die leibliche Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie gefeiert wird. Als Sakrament bezeichnet man in der christlichen Theorie einen Ritus, der als sichtbare Handlung eine unsichtbare Wirklichkeit Gottes bewirkt, sie vergegenwärtigt und an ihr Anteil gibt. Die Eucharistie wiederum, auch Abendmahl, heilige Kommunion, allerheiligstes Sakrament genannt, ist ein christliches Sakrament. 
Dank an Wiki! 
Gebrauchsanweisungen, bürokratische Formulare, Kirchensprache - es spiegeln sich die verknoteten Gedanken in den Wörtern, die sie zum Ausdruck bringen wieder und es entstehen Sätze die klingen, wie Ostkaugummi geschmeckt hat: weichlich, plasten, leicht mehlig und Blasen konnte man damit auch nicht machen.

Kommunionsoblaten in der praktischen Großpackung

„Und er nahm das Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (Lukas 22,19)

„... mein Fleisch ist wirklich eine Speise und mein Blut ist wirklich ein Trank. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich ißt, durch mich leben.“ (Johannes 6,55-57).

 Jesus als Ausschank für Rotwein?

Scheinbar bleibt das Brot Brot und der Wein Wein. Aber das Wesen dieser Dinge verändert sich, sie werden gottgefüllt. Die Kirche nennt das Transsubstantiation. Verwandlung von einer Sache in eine andere. Vorher Oblate - dann Leib Christie, vorher Wein - dann Blut.

In Spanien habe ich Madonnenfiguren mit Echthaarperücken und sorgsam genähten, wenn auch leicht angestaubten Kleidchen gesehen, bei denen mich das Gefühl beschlich, hier könnte es auch zu einer Transubstantiation kommen und das kleine Wesen liefe dann verstört durch das moderne Spanien und suchte nach ihrem Sohn.


Basílica de la Macarena in Sevilla - Die weinende Jungfrau (Virgen de la Macarena, a.k.a. La Esperanza

Mittwoch, 6. Juni 2012

Musik ist eine Himmelsmacht?




Ein kleines Lied

Ein kleines Lied! Wie geht's nur an,

Dass man so lieb es haben kann,
Was liegt darin? erzähle!

Es liegt darin ein wenig Klang,
Ein wenig Wohllaut und Gesang
Und eine ganze Seele.

Marie von Ebner-Eschenbach

Ich bin nicht in der Lage kenntnisreich über die innige Verbindung von Musik, oder im speziellen, Gesang, und Gefühl zu schreiben, aber seit dem Opern-Erlebnis von gestern Abend versuche ich, zumindest meine vage Ahnung genauer zu formulieren. Aber wie ich es auch beginne, es klingt schwampfig, schwülstig, ungenau.
Ich reagiere stark auf Stimmen, Alan Rickman spricht - und ich schmelze, manchmal höre ich nicht einmal mehr was er sagt. Bestimmte Tonfolgen vermögen es, alle Haare auf meinen Armen senkrecht stehen zu machen, nicht, dass ich übermäßig behaart wäre, aber es ist ein intensives Gefühl, nichtsdestotrotz.
Billy Joel singt "Leningrad", sicher keines der unsterblichen Lieder der Menschheit, aber, habe gerade eben wieder das Experiment gemacht, die letzte Strophe erklingt und - es weint aus meinen Augen, nicht Ströme, aber doch Tränen. Warum?
Das trifft auch für "Little Boy Blue" gesungen von Nina Simone zu, oder Barbra und "The way we were", Mozarts Requiem, "Der Mond ist aufgegangen", "Wonderful world" in der Version von Louis Armstrong, "Für Alina" von Arvo Pärt, Eddie Vedder "Stuff and Nonsense", die Stimme von Joni Mitchell, manche Barockarien, vieles von Leadbelly, Dylans "Frankie Lee and Judas Priest und und.
Manches davon ist großartig, anderes trifft irgendwie, ich weiß nicht wie, einen Nerv in meinem Körper, der mich reagieren läßt. Kurz gesagt, die richtige Musikliste und ich werde zum tränensprudelnden Springbrunnen.
http://www.youtube.com/watch?v=pMeO6CRVq7Y
1970, meine sehr geliebte Großmutter war gestorben, ich, zwölf, war traurig, aber unbegreiflich gefaßt. Drei Monate später habe ich ihre Stimme gehört, unerwartet im Musikunterricht von einer Platte, man habe ich geweint.

Camille. Was sagst du, Lucile?
Lucile. Nichts, ich seh dich so gern sprechen.
Camille. Hörst mich auch?
Lucile. Ei freilich!
Camille. Hab ich recht? Weißt du auch, was ich gesagt habe?
Lucile. Nein, wahrhaftig nicht.

Georg Büchner "Dantons Tod"

Was ist das, was in uns mitschwingt, uns rupft, reißt, wehrlos macht? Welche archaischen Teile unseres Hirns werden durch Musik, spezielle Musik aktiviert? Genauso womöglich, wie durch kitzeln oder streicheln.
Die gegenteilige Reaktion, Abwehr, Ohrenherzschmerz gibt es natürlich auch. Nahezu jede Art von Blasmusik ertönt und meine Ohren bemühen sich vergeblich, sich zu kräuseln, bei dem Versuch nicht zuhören zu müssen.

"Everybody wants to go to heaven, but nobody wants to die."
"Alle wollen in den Himmel kommen, aber niemand will sterben."
Vielleicht ist das eine mögliche Erklärung. Musik, die richtige Musik bringt uns dem Himmel nahe, ohne dass wir deshalb nun gleich sterben müßten.


„Wo man singet, laß dich ruhig nieder; 
Ohne Furcht, was man im Lande glaubt;
Wo man singet, wird kein Mensch beraubt;
Bösewichter haben keine Lieder.“

Johann Gottfried Seume

"Immer wenn ich Wagner höre, habe ich das Gefühl, ich muß in Polen einmarschieren." Woody Allen


Vater bringt Vierlinge zum Lachen. Mir ist es noch nicht gelungen, nicht zu grinsen.

 

Dienstag, 5. Juni 2012

La Traviata - Natalie Dessay - In Hochachtung


Dies sind die Anmerkungen eines Nicht-Opern-Kenners.

Vor langer Zeit habe ich spätnachts einen Mitschnitt von Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt" aus der Oper Lyon gesehen, ganz zufällig und demzufolge unvorbereitet. Eine kleine Frau im kurzen schwarzen Unterrock mit einem flatternden roten Seiden-Dingelchen darüber trat auf und überfüllte die Bühne. Sie sang wunderbar, aber sie keifte auch und lachte und juchzte und schrillte, kurz sie tat lauter Dinge, die Opernsängerinnen eher nicht tun, zumindestens nicht auf der Bühne. Und sie spielte, tanzte und spielte noch ein bisschen mehr. Laurent Naouri (wie ich nachher feststellte ihr Ehemann) war Jupiter und spielte auch, kein Standbein - Spielbein weit und breit. An einem Punkt hing er zum Beispiel kopfüber als Fliege von der Decke und sang, und zwar schön, oder soll ich besser sagen gut. Ein toller Abend. Mark Minkowsky war übrigens der Dirigent, Laurent Pelly der Regisseur.

 Crédits photo : Gérard Amsellem

Heute nun: "La Traviata", Verdi, inszeniert hat Willy Decker, die Bühne ist von Wolfgang Gussmann. 
Der erste Akt war spannend. Anstatt des üblichen Festes mit Scherzen und Flirten, gab es hier einen reinen Männerchor, d.h. auch die Choristinnen waren als Männer verkleidet, Violetta, die Hure, das begehrte Ziel, die potentiellen Kunden um sie herum und sie muß sich bestmöglich verkaufen. Überhaupt waren die Chorszenen ganz stark, sehr streng choreographiert, fast karg und völlig durchsichtig in dem, was erzählt werden sollte. Akt 2 und 3 waren leider nicht so aufregend, und die Frau, stirbt ja stundenlang, und da liefen dann halt alle sehr langsam herum und guckten bedrückt und die Kratzigkeit des ersten Aktes verlief sich in sehr breitgetretenem Leiden. Wie stirbt man interessant über 45 Minuten?
Aber die Dessay. Irrsinn. Man hört und sieht, was sie denkt, immer. 
Und jetzt zum eigentlich Erstaunlichsten des Abends, man stelle sich vor: live aus der Metropolitan Opera (1500 Zuschauer) in ganz, ganz viele Kinos, und mit dem Wissen im Kopf tritt sie auf, offensichtlich (offenhörlich) nicht in stimmlicher Hochform und über den Abend verliert sie ganze Töne und singt doch weiter und nutzt sogar die stimmlichen Aussetzer für ihr Spiel und dadurch wird das Ganze groß, menschlich und greift einen. Was muß das für eine Anstrengung, was für ein Kampf gewesen sein. Hochachtung und Mitgefühl.

Marty Sohl/Metropolitan Opera
 

Interview mit Natalie Dessay:

Sonntag, 3. Juni 2012

Anna Blumes Vogel





An Anna Blume

Oh Du, Geliebte meiner 27 Sinne, ich liebe Dir! 
Du, Deiner, Dich Dir, ich Dir, Du mir, ---- wir? 
Das gehört beiläufig nicht hierher! 

Wer bist Du, ungezähltes Frauenzimmer, Du bist, bist Du? 
Die Leute sagen, Du wärest. 
Laß sie sagen, sie wissen nicht, wie der Kirchturm steht. 

Du trägst den Hut auf Deinen Füßen und wanderst auf die Hände, 
Auf den Händen wanderst Du. 

Halloh, Deine roten Kleider, in weiße Falten zersägt, 
Rot liebe ich Anna Blume, rot liebe ich Dir. 
Du, Deiner, Dich Dir, ich Dir, Du mir, ----- wir? 
Das gehört beiläufig in die kalte Glut! 
Anna Blume, rote Anna Blume, wie sagen die Leute? 

Preisfrage: 
1. Anna Blume hat ein Vogel, 
2. Anna Blume ist rot. 
3. Welche Farbe hat der Vogel? 

Blau ist die Farbe Deines gelben Haares, 
Rot ist die Farbe Deines grünen Vogels. 
Du schlichtes Mädchen im Alltagskleid, 
Du liebes grünes Tier, ich liebe Dir! 
Du Deiner Dich Dir, ich Dir, Du mir, ---- wir! 
Das gehört beiläufig in die ---- Glutenkiste. 

Anna Blume, Anna, A----N----N----A! 
Ich träufle Deinen Namen. 
Dein Name tropft wie weiches Rindertalg. 

Weißt Du es Anna, weißt Du es schon, 
Man kann Dich auch von hinten lesen. 
Und Du, Du Herrlichste von allen, 
Du bist von hinten, wie von vorne: 
A------N------N------A. 
Rindertalg träufelt STREICHELN über meinen Rücken. 
Anna Blume, 
Du tropfes Tier, 
Ich-------liebe-------Dir!

Kurt Schwitters um 1919

 Kurt Schwitters. Aq. 21. Anna Blume und ich., 1919



Vilhelm Hammershøi - Maler


Vilhelm Hammershoi 1864-1916
Dänemark

Rainer Maria Rilke schrieb 1905: 
 »Hammershøi ist nicht von denen, über die man rasch sprechen muss. Sein Werk ist lang und langsam und in welchem Augenblick man es auch erfassen mag, es wird immer voller Anlass sein, vom Wichtigen und Wesentlichen in der Kunst zu sprechen.«

"Ich habe Hammershøi gestern zum ersten Mal getroffen...Ich bin sicher, dass man ihn besser versteht, je mehr man ihn kennenlernt und seine natürliche Einfachheit schätzen lernt. Ich werde ihn wiedersehn, aber es wird kein Gespräch geben, da er nur Dänisch spricht und sehr wenig Deutsch versteht. Ich hatte den Eindruck, dass er nur malt und entweder nichts anderes kann oder will."


Innenraum mit Frau am Klavier, 1901

Innenraum mit junger Frau von hinten, 1904

 Innenraum in Strandgade, 1901
 

Die Schöne von hinten

Sieh Freund! sieh da! was geht doch immer
Dort für ein reizend Frauenzimmer?
Der neuen Tracht Vollkommenheit,
Der engen Schritte Nettigkeit,
Die bei der kleinsten Hindrung stocken,
Der weiße Hals voll schwarzer Locken,
Der wohlgewachsne schlanke Leib,
Verrät ein junges artges Weib.

Komm Freund! komm, laß uns schneller gehen,

Damit wir sie von vorne sehen.
Es muß, triegt nicht der hintre Schein,
Die Venus oder Phyllis sein.
Komm, eile doch! – O welches Glücke!
Jetzt sieht sie ungefähr zurücke.
Was wars, das mich entzückt gemacht?
Ein altes Weib in junger Tracht.

Gotthold Ephraim Lessing

Freitag, 1. Juni 2012

Picassos Clowns 1905


Der Zweck der Kunst ist es, Enthusiasmus zu erschaffen.
The purpose of Art is to create enthusiasm.

Pablo Diego José Francisco de Paula Juan Nepomuceno María de los Remedios Cipriano de la Santísima Trinidad Ruiz y Picasso - 1904/05 - Die blaue Periode endet, die Rosa Periode beginnt. Picasso ist 24 Jahre alt und lebt mit Fernande Olivier in Paris.  

Der Clown, wenn er nicht spielt, ist ein Mensch in merkwürdiger Verkleidung. Was macht ihn zum Clown? Dass wir über ihn lachen? Und wenn wir es nicht tun? Und wenn er allein ist oder unter seinesgleichen? 

Clown auf einem Pferd 1905

Die krankhafte Angst vor Clowns wird als Coulrophobie bezeichnet.

Clown und junger Akrobat 1905

Der Serienmörder John Wayne Gacy trat als „Pogo der Clown“ auf. Er vergewaltigte und tötete zwischen 1972 und 1978 dreissig junge Männer.

Sitzender Harlekin 1905

Grock: "Nit mööööglich!"

Familie von Gauklern 1905

"Denn nichts unterminiert Autorität so sehr wie wenn man sie der Lächerlichkeit preisgibt." Clandestine Insurgent Rebel Clown Army = Heimliche Aufständische Rebellen-Clownarmee

Harlekins Familie 1905

Wiki sagt: 
Ein Clown ist ein Artist, dessen Kunst es ist, Menschen zum Erstaunen, Nachdenken und auch zum Lachen zu bringen. Der Begriff Clown kommt von englisch„Tölpel“ und damit entweder von dem lateinischen Wort colonus für „Bauerntölpel“ oder von altnordisch klunni in der gleichen Bedeutung.

Onkel Wanja - Uncle Vanya


Uncle Vanya 
A new translation by Emma Burns
Directed by Kathryn Binnersley
Eine Gruppe Mittzwanziger spielt "Onkel Wanja", ein Stück über den Untergang derer, die sich nicht wehren können, über die Angst ungekannt zu sterben, über die Feigheit vor der Liebe. Und eigentlich sind die Spieler viel zu jung, und es ist, als probierten Kinder viel zu große Schuhe an oder zu alte, aber sie wollen es wirklich wissen, wie das ist, keine Hoffnung zu haben. "Wir müssen atmen, wir müssen atmen." 
Und hin und wieder gerät etwas zu gewaltig und manches ist ungelenk, aber sie spielen mit Wagemut und Intelligenz und einigen starken Bildern. Sie riskieren wirklich etwas, zum Beispiel: sich lächerlich zu machen, "über das Ziel hinauszuschießen". Und weil sie das Risiko eingehen, geht man mit. Rührend, manchmal berührend. Hut ab! 




Donnerstag, 31. Mai 2012

Yo-Yo Ma



Heute war ich im Konzert, Yo-Yo Ma mit dem Torontoer Symphonieorchester.
Ein großer, heller, klarer Saal, die Zuschauer sitzen auch hinter dem Orchester. Wieder viel Holz und demokratische Sitze mit leichten Erinnerungen an die feudale Vergangenheit von Konzertsälen, Logen schon, aber offen, einsehbar und groß genug für fast 30 Leute.
Oh, ist das ein Musiker, einer, der Vergnügen hat, zu spielen, er und sein Cello in inniger Einheit, als wären er und es ein Körper und sie sind es gerne. Er lächelt oft beim Spielen, und er schaut die Mitspielenden an.
En kleines Stück zu Beginn, von einem modernen usbekischen Komponisten, Dmitri Yanov-Yanovsky, Nacht Musik: Stimmen im Laub: es klingt, als wollte man sich an eine Melodie erinnern, an den Geschmack eines Essens, an den Geruch von feuchtem Gras, als man, fünfjährig über Wiesen stampfte. Man findet die Erinnerung fast, beinahe, aber nur noch in Fetzen, Stückchen, Resten.
Dann, ohne Yo-Yo Ma, Rachmaninow Symphonische Tänze, lustig, ich denke dauernd in Bildern aus Disneyfilmen. Disney hatte auch vor, Musik von ihm in Phantasia zu verwenden, aber es kam dann doch nicht dazu.
Und zum Dritten: Elgar, Cello Konzert in E-Dur und am Ende Riesenapplaus, alle stehen, das scheint mir neuerdings sehr oft vorzukommen, aber hier ist es berechtigt und  Yo-Yo Ma schenkt uns eine Zugabe: Bach, das Prelude zur Cello Suite N°1. Mannomamnnomannoman, ist das schön, als wäre es ganz einfach, wie ein Gespräch unter Freunden.
Anschließend ein Empfang mit Dinner für die "Freunde" des Orchesters, sicher, sie spenden Millionen, das sollte man ihnen anrechnen, aber 120 Jahre alte Frauen in kurzen rosa Chanel-Kleidchen muß man erstmal verkraften.






Yo-Yo Ma, Edgar Meyer, Chris Thile and Stuart Duncan play Bluegrass:
http://www.youtube.com/watch?v=O7EcT5YzKhQ


Spike Jonze Presents: Lil Buck and Yo-Yo Ma:
http://www.youtube.com/watch?v=C9jghLeYufQ 
Yo-Yo Ma spielt das Prelude von Bach Cello Suite N°1:
http://www.youtube.com/watch?v=dZn_VBgkPNY