Freitag, 13. Januar 2012

Zoophilie - Leda und der Schwan


 Eine sternenklare Nacht, die Gassen Spartas: Leda auf einem Spaziergang nach einer  Liebesnacht mit König Tyndareos, ihrem Gatten - ein Schwan in wilder Flucht vor einem ihn verfolgenden Adler, flüchtet in ihre Arme. Neun Monate später wird sie zwei Eier legen aus denen vier Kinder schlüpfen. 

Oder Nemesis, die "die das Gebührende zuteilt", verfolgt von Zeus, verwandelt sich in einen Fisch, dann in eine Ente oder Gans, um seinen Nachstellungen zu entgehen und der sich widerum in einen Schwan. Die Eier werden später Leda untergeschoben, die sie unkommentiert in ein Kästchen legt und wartet, bis sie ausgebrütet sind.

In beiden Fällen enthält eines der Eier die schöne Helena, bei deren Anblick Marlows Faust fragte: "War dies das Antlitz, das tausend Schiffe trieb, das turmgekrönte Ilium zu verbrennen?" Castor und Pollux sind ihre Brüder und manche sagen, das vierte Kind war Klytaimnestra. Nahezu die ganze Illias in zwei Eiern.

Gans und Schwan, leicht vorstellbar, der Schwan ist immerhin ein Gänsevogel; Pferd und Frau, Katharina die Grosse und der Hengst, auch wenn es schmerzhaft klingt; bei Woody Allen, der verliebte Schafhirte, war wochenlang allein mit freundlichen Schafen, aber Schwan und Frau?  

 Leda und der Schwan (vielleicht) François Boucher 1742

Zoophilie , "Neigung zum Tier" nennen wir, seit Krafft-Ebing das sexuelle Hingezogensein zu einem Tier. Das Diagnostische und Statistische Handbuch Psychischer Störungen Nummer III führt Zoophilie unter den Paraphilien, sexuellen Abweichungen von der gesellschaftlichen Norm. Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD) nennt es eine gestörte Sexualpräferenz. 

Da die begehrten Tiere nicht zustimmen oder ablehnen können, gilt es vielen als Vergewaltigung. Andere sagen anderes. Man findet Darstellungen von Mensch-Tier Geschlechtsakten aus der Bronzezeit und allen Zeiten seither. Das Thema ist auf jeden Fall mit einem starken Tabu belegt. Und die verbreitetste Geschichte, eben dieser Mythos von Leda und dem Gott, dreht das Machtverhältnis um, hier beschläft oder vergewaltigt das Tier die Frau.

Die Vereinigung aus der Sicht des Zeus:

LEDA
Rainer Maria Rilke

Als ihn der Gott in seiner Not betrat,
erschrak er fast, den Schwan so schön zufinden;
er ließ sich ganz verwirrt in ihm verschwinden.
Schon aber trug ihn sein Betrug zur Tat,

bevor er noch des unerprobten Seins
Gefühle prüfte. Und die Aufgetane
erkannte schon den Kommenden im Schwane
und wusste schon: er bat um Eins,

das sie, verwirrt in ihrem Widerstand,
nicht mehr verbergen konnte. Er kam nieder
und halsend durch die immer schwächere Hand

ließ sich der Gott in die Geliebte los.
Dann erst empfand er glücklich sein Gefieder
und wurde wirklich Schwan in ihrem Schoß.

Rainer Maria Rilke, Herbst 1907, Paris, oder Frühling 1908, Capri


Und aus der Sicht der Vergewaltigten:

LEDA UND DER SCHWAN
William Butler Yeats

wörtliche Übersetzung

Ein plötzlicher Hieb: die riesigen Flügel noch schlagend
Über dem taumelnden Mädchen, ihre Schenkel liebkost
Von den dunklen Schwimmhäuten, ihr Nacken gefangen in seinem Schnabel,
Hält er sie hilflos, Brust auf seiner Brust.

Wie können die panisch unsicheren Finger
Die gefiederte Glorie von den nachgebenden Schenkeln stoßen?
Und wie kann Körper, gelegt in dies weisse Anschwellen
Anders, als das fremde Herz schlagen fühlen wo es liegt?

Ein Schauder in den Lenden erzeugt hier
Die zerbrochene Mauer, das brennende Dach, den Turm
Und Agamemnon tot.

So gefangen,
So beherrscht vom brutalen Blut der Luft,
Hat sie sein Wissen mit seiner Macht gefühlt
Bevor der gleichgültige Schnabel sie fallen lassen konnte?


LEDA AND THE SWAN
William Butler Yeats

A sudden blow: the great wings beating still 
Above the staggering girl, her thighs caressed 
By the dark webs, her nape caught in his bill, 
He holds her helpless breast upon his breast. 

How can those terrified vague fingers push 
The feathered glory from her loosening thighs? 
And how can body, laid in that white rush, 
But feel the strange heart beating where it lies?

A shudder in the loins engenders there 
The broken wall, the burning roof and tower
And Agamemnon dead. 

Being so caught up, 
So mastered by the brute blood of the air, 
Did she put on his knowledge with his power 
Before the indifferent beak could let her drop?

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Der Schwan ist übrigens auch das Symbol für Martin Luther!

Strümpfelbach im Remstal - Kirche - Lutherbild
Gemalt von J.A. List, gestiftet vom Schultheiß Chirurgus Knauß und entworfen von dem gelehrten Pfarrer M(agister) G(eorg) L(udwig) Sch(midlin)
  
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Wie wäre es denn mit einem Kraken?

Der Traum der Fischersfrau,  japanischer Künstler um 1820 


Donnerstag, 12. Januar 2012

Vögeln

Klingelt ein junger Mann an der Tür. Die Mutter öffnet: "Bitte?". Er sagt: " Guten Tag, Frau Fischer, ich würde gern mit ihrer Tochter fischen gehn.". Die Frau entgegnet: "Aber wir heißen doch Vogel!". Darauf er: "Ja, aber ich wollte nicht so direkt sein."


Vögeln, ein ganz merkwürdiges Wort für etwas, dass sich zwar in schönem Falle, wie Fliegen anfühlen kann, aber doch eigentlich eines stabilen Untergrundes bedarf.

Wiki sagt: Das Wort entstammt dem Mittelhochdeutschen und bezeichnete auch dort den Vorgang des Begattens, wobei er tatsächlich auf die Begattung bei Vögeln angewendet und erst später auf den Menschen übertragen wurde. Laut dem Duden. Deutsches Universalwörterbuch entstammt das Wort der mittelhochdeutschen Form vogelen „begatten (vom Vogel); Vögel fangen“, die ihrerseits dem Althochdeutschen fogalōn „Vögel fangen“ entspringt. Hier entwickelte es sich zu einer Anspielung auf eine phallische Bedeutung der Vögel, die sich beispielsweise in der Redensart „einen Vogel halten“ für „einen Penis halten“ ausdrückte. Im Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm wurde „vögeln“ ebenfalls in der Bedeutung für „Vogel fangen“ wie auch für „begatten“ erst bei Vögeln (Hühnern) und später bei Menschen verwendet. Laut Friedrich Kluge ist das Wort seit dem 15. Jahrhundert in den frühneuhochdeutschen Formen vogelen und voglen bezeugt. Vermutlich gehört es zur gleichen Grundlage wie ficken – aus den (nicht belegbaren aber rekonstruierten) germanischen Wurzeln *fug- beziehungsweise *fukk- = „(immer wieder) stoßen“

Irgendwie gibt es im Deutschen, meinem Gefühl nach, kein wirklich "schönes" Wort für, tja, für vögeln. Sicher manche Wörter passen zu bestimmten Gelegenheiten, aber ein Verb, dass diese doch so grundsätzliche menschliche Tätigkeit ihrer enormen Wichtigkeit nach umfasst, kenne ich nicht. Vorschläge?


Gottfried August Bürger in einem Bilett an G.C. Lichtenberg

1.
Wenn außer \Vohlgestalt, vollkommen wie die deine
Dein Herz nicht eine rührt, so rührt dein Herz nicht eine.

2.
Wenn außer einer Braut, der deine Reize fehlen, Du keine wählen darfst, so darfst du keine wählen.
3.
Wenn außer der, die dir an Schönheit gleicht, auf Erden Dein keine werden kann, so kann dein keine werden.
4.
Wenn, außerm Ideal der höchsten Wollustregeln,
Du keine vögeln kannst, so kannst du keine vögeln.

5.
Doch fürs erste ist es wohl an diesen genug. Das erste und das letzte sind wohl die besten.

G. A. B.

Und

Johann Wolfgang von Goethe schrieb für den Hanswurst vor seiner Hochzeit folgende Worte:

Mir ist das liebe Wertherische Blut
Immer zu einem Probirhengst gut
Den lass ich mit meinem Weib spazieren
Vor ihren Augen sich abbranliren *
Und hinten drein komm ich bey Nacht
Und vögle sie dass alles kracht
Sie schwaumelt oben in höhern Sphären
Lässt sich unten mit Marcks der Erde nähren
Das giebt Jungs Leibseelig brav
Allein macht ich wohl ein Schweinisch Schaf.
(branliren: masturbieren)


Eine umfangreiche scheinbar leicht unvollständige Ethymologie, habe ich auf einer Seite, die seltsamerweise "Schimpfwörter erklärt" heißt, gefunden.

von mittelhochdeutsch: ficken „reiben, hinbewegen“ und „herbewegen“, niederrheinisch: im 16. Jahrhundert als vycken – mit Ruten schlagen bezeugt, ist wohl – wie norwegisch fikle „sich heftig bewegen, pusseln“ eine lautmalende Bildung.
"Diese alte Bedeutung zeigen noch der umgangssprachliche Ausdruck fickerig im Sinne von ‚unruhig, widerspenstig’ und die landschaftlich gebräuchliche Bildung Fickmühle für ‚Zwickmühle’. Heute gebräuchlich im norddeutschen Raum ist das Wort fickerig für „nervös“ oder „aufgeregt“, bzw. sächsisch fickenfaul „geizig“, d. h. „zu faul, in die Tasche zu greifen“. Das -ck- verweist auf eine Verstärkungs- oder Verkleinerungsform von einem Stamm *fug-/fig-, der sich an idg. *peuk-/peug- „stechen, stecken“ anschließen lässt (vgl. hierzu auch Fuge, Fichte, Faust, Punkt). Im mittelhochdeutschen findet sich dieser Stamm in fucken, fuchsen, was soviel wie „reiben“ und „hin und her laufen“ oder auch „ärgern“ und „reizen“ bedeutet. Eine weitere semantische Verschiebung ergab die Bedeutung „necken“, etwa in den Worten foppen, fuchsen und Faxen. Der Begriff gilt seit dem 16. Jahrhundert als obszön. Auf den gleichen Wortstamm gehen vermutlich auch die Vulgärausdrücke vögeln und Fotze, bzw. Fut zurück. Martin Luther veränderte den vorbelasteten Begriff Fickmühle, der eigentlich nur die Situation beim Mühlespiel bezeichnet, bei der ein Spieler aus einer Mühle in eine weitere zieht, in das heute gebräuchliche „Zwickmühle„. Im Schweizerdeutschen ist immer noch der Begriff Figgimühli in Gebrauch."

Vögeln:
den Geschlechtsakt vollziehen
stark veraltet beziehungsweise untergegangen: Vögel fangen
stark veraltet beziehungsweise untergegangen: aus dem Vogelflug weissagen
stark veraltet beziehungsweise untergegangen; in Bezug auf Menschen: hin- und herschweifen, ein unstetes Leben führen
(Wiktionary)



Mittwoch, 11. Januar 2012

Noch ein Vogel - Der Phoenix


Alles auf Los, wie der Phoenix aus der Asche, nochmal von vorn, diesmal ganz anders, durchs Feuer gegangen und  rundum erneuert wiedergeboren werden  - aber erst muß gestorben werden.


DER PHÖNIX

Bist du selber, o Mensch, der Phönix, von welchem du träumtest,

Daß ihn die Flamme verjüngt? Innig beklagt’ ich dich dann,
Daß man aus feuchtem Holz den Scheiterhaufen dir türmte
Und in regnichter Nacht gar in den Brand ihn gesteckt.
Anfangs zwar schürt Amor das Feuer, er hat es entzündet,
Lustig prasselt es auf, doch er versäumt es zu bald,
Nun erlischt es, du liegst auf toten Kohlen, die Winde
Sausen, der Regen tropft, und du erstarrst und erfrierst.

Friedrich Hebbel 

 Aberdeen Bestiary um 1200

Herodot Historien
2.73.

Es gibt noch einen anderen heiligen Vogel mit Namen Phoinix.
Ich habe ihn nicht selbst gesehen, nur einen solchen im Bild,
und er kommt auch selten zu Besuch,wie die Sonnenstädter sagen, nur alle fünfhundert Jahre.
Er kommt nur dann, wie man sagt, wenn sein Vater gestorben ist.
Er ist, wenn er seinem Bild ähnlich ist, so groß und so beschaffen wie folgt:
Teils goldgefiedert sind seine Schwingen, teils rot.
Zumeist wird er nach Gleichartigkeit und Größe wie ein Adler gezeichnet.
Daß er folgendes in Gang setze, behaupten Leute,
die mir nicht gerade Glaubhaftes zu sagen scheinen:
Nämlich daß er aus Arabien herbeifliegend in den Sonnentempel
seinen Vater bringe, in Myrrhe gehüllt,
und ihn im Sonnentempel begrabe.
Er bringe ihn folgendermaßen:
Zuerst forme er von der Myrrhe ein Ei, so groß, wie er tragen kann,
dann versuche er, es aufzuheben;
wenn er dies erfolgreich versucht habe, höhle er auf folgende Weise das Ei aus und lege seinen Vater in es hinein;mit der restlichen Myrrhe verhülle er dieses an der Stelle, wo er das Ei ausgehöhlt und seinen Vater hineingelegt habe.

Obwohl sein Vater darin liegt, werde es genauso schwer wie vorher.
Eingehüllt bringe er ihn nach Ägypten in den Sonnentempel.
Daß dieser Vogel ebendies tue, behaupten sie.

 Detail des Mosaiks Rosen und der Phönix 3.Jh. Antiocha

Tacitus 
Annalen 6.28

Wenn er nämlich die Zahl seiner Lebensjahre vollendet hat und der Tod naht,
baue er in seiner Heimat ein Nest
und ergieße seine Zeugungskraft da hinein, aus der dann ein Junges hervorgehe.
Und der Heranwachsende habe als erstes die Pflicht, seinen Vater zu bestatten,
und dies nicht unbedacht, sondern,
nachdem er sich einen Ballen von Myrrhe aufgeladen und einen langen Weg versucht habe,
sobald er der Last gewachsen sei, sobald er der Wanderung gewachsen sei,
nehme er den väterlichen Leichnam auf sich
und trage ihn hinüber auf den Sonnenaltar und verbrenne ihn da.

  PHÖNIX - altägyptisch, banu, benu
Der Wiedergeborene - Der neugeborene Sohn

Isidor von Sevilla
Etymologiae 12,7,22:

Phoenix heißt eine Vogelgestalt in Arabien,
so genannt, weil sie Purpurfarbe hat,
oder weil sie im gesamten Erdenrund einzigartig und einmalig ist.
Denn die Araber sagen für "einzigartig" "phoenix".
Diese nun, über 500 Jahre lebend, wenn sie bemerkt, daß sie alt geworden ist,
baut sich aus den gesammelten frischen Trieben von Duftkräutern einen Scheiterhaufen,
und zu den Strahlen der Sonne gewandt, unter Klatschen der Flügel,
nährt sie freiwillig das für sich selbst entzündete Feuer
und ersteht auf diese Weise aus ihrer Asche wieder auf.
   

Dienstag, 10. Januar 2012

Vögel töten



  Hoffnung ist das Ding mit Federn
  Das in der Seele sitzt,
  Und singt das Lied--ohne den Text,
  Und hört damit nie auf.

  Emily Dickinson

Stillleben mit toten Vögeln und Maus, Jean Baptiste Oudry


Vogel und Vogelfänger

Knabenhaft aus Tannensprossen
Baut' ich eine Vogelfalle.
Eins, zwei, drei, – im engen Stalle
Saß der Vogel eingeschlossen.

Und mit grausamem Vergnügen

Trug ich ihn ins Kinderzimmer,
Schreckt' ihn mit erzürnten Zügen,
Kam ihm grimm und immer grimmer.

Bis mir meine spielerische

Folter keinen Spaß mehr machte.
Drauf entfernt' ich mich vom Tische,
öffnete das Türchen sachte.

Ei, wie braucht er seine Schwingen!

Nun fahrt wohl, ihr Angstgespenster!
Freiheit lockt zu neuem Singen;
Doch da prallt er – widers Fenster! –

Armes Tier, du bist gerochen!

Selbst nun sitzt der Bursch gefangen;
Seine Schwinge, fast gebrochen,
Schlägt umsonst des Gitters Stangen.

Auch vor ihm die Fratze lauert

Eines feindlichen Geschickes;
Und er zittert und erschauert
Vor den Tücken dieses Blickes.

Und vermeint er, endlich schiebe

Sich zurück des Fensters Bügel,
Büßt er, mit geknicktem Flügel,
Bums, des Lichts verbotne Liebe.

Henrik IbsenAus: Sämtliche Werke Volksausgabe in fünf Bänden 1907


Es sitzt ein Vogel auf dem Leim

Pablo Picasso, Chat saisissant un oiseau 1939
Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
Er flattert sehr und kann nicht heim.
Ein schwarzer Kater schleicht herzu,
Die Krallen scharf, die Augen gluh.
Am Baum hinauf und immer höher
Kommt der dem armen Vogel näher.
Der Vogel denkt: Weil das so ist
Und weil mich doch der Kater frißt,
So will ich keine Zeit verlieren,
Will noch ein wenig quinquilieren
Und lustig pfeifen wie zuvor.
Der Vogel scheint mir, hat Humor.

Wilhelm Busch



Montag, 9. Januar 2012

Birds of Amerika - Die Vögel Amerikas - James Audubon

 
"Aber Hoffnungen sind scheue Vögel weit entfernt, sogar von den besten Gewehren selten erreicht." Was für ein seltsames Bild, denn wären sie, die Hoffnungen, nur in Reichweite, könnte man sie leichter erschießen?
"But hopes are shy Birds flying at a great distance seldom reached by the best of Guns." James Audubon

John James La Forest Audubon, Ornithologe, geboren am 17.4.1785 in Les Cayes, Haiti; gestorben am 27.1.1851 in New York - in den dazwischen liegenden Jahren hat er Vögel gezeichnet, hunderte, angeblich alle Vögelarten (Nord-)Amerikas.

Wiki schreibt: Beim Malen der Vögel ging Audubon immer nach dem gleichen Schema vor: Zunächst schoss er die Tiere, wobei er sehr feines Schrot verwendete, um die Beschädigung der Körper möglichst gering zu halten, oder er verwendete Qualm, der die Tiere ersticken lassen sollte. Dann verwendete er Drähte, um die Kadaver in natürlich wirkenden Positionen zu fixieren und sie zu zeichnen. Mit dieser Anlehnung an die Natur hob Audubon sich von den übrigen naturwissenschaftlichen Zeichnern seiner Zeit ab. Aus einem Bericht, den der Forscher selbst über seine Arbeit verfasst hat, geht hervor, dass er am Tag mehr als 100 Vögel schoss.

"Birds of America" ist sein Meisterwerk, erschienen zwischen 1827 and 1838, in vier großen (98,5 mal 66,0 Zentimeter) Bänden mit
435 handkolorierte Tafeln, die Vögel lebensgroß, so dass kleinere Arten bequem herumzuflattern scheinen, die größeren aber ihre Hälse und Flügel sorgsam beugen, um auf die Buchseiten zu passen. Von den 200 gedruckten Büchern, existieren offiziell noch 120; 107 in öffentlichen Institutionen und 13 in Privatbesitz.

2010 erreichte eines der erhaltenen Exemplare bei einer Versteigerung den Rekordpreis von 11,5 Millionen $. Jetzt soll ein weiteres der "teuersten Bücher der Welt" von Sotheby's versteigert werden.









 Die Universität von Pittsburgh hat das gesamte Buch digitalisiert:


Samstag, 7. Januar 2012

Jeanne d'Arc geboren um den 6.1.1412 in Domrémy, Lothringen - Ein Männertraum

»Euch Männern von England, die ihr kein Recht auf das Königreich Frankreich habt, befiehlt der König des Himmels durch mich, Johanna die Jungfrau, Eure Bastionen zu verlassen und in euer Land zurückzukehren. Wenn ihr das nicht tut, werde ich solch ein haihai erheben, dass man ewig daran denken wird« 

Jeanne d’Arc am 5. Mai 1428 in einem Brief an die Belagerer von Orleans.

Jeanne d'Arc Miniatur zw. 1450 und 1500

JEANNE d'ARC

Rohübersetzung
Jetzt waren es Flammen, die Jeanne d'Arc folgten
Als sie durch das Dunkel ritt
Kein Mondlicht glänzte auf ihrer Rüstung
Kein Mann begleitete sie durch diese sehr rauchigen Nacht
Sie sprach: "Ich bin des Krieges müde
Ich will meine Arbeit von früher
Und ein Hochzeitskleid oder sonst was Weißes
Um es auf meinen geschwollenen Appetit zu tragen."

"Es freut mich, was du da sagst.
Weißt du, ich schaute dir jeden Tag beim Reiten zu
Und etwas in mir will eine solch
Kühle und einsame Heldin gewinnen"
"Und wer bist du", fragte sie ernst
Das, was da im Rauche war
"Nun, ich bin Feuer" antwortete er
"Und ich liebe deine Einsamkeit, liebe deinen Stolz"

"Also, Feuer, dann erkalte deinen Leib
Ich will dir meinen zum Halten geben"
Während sie das sprach, kletterte sie hinein
Um die seine zu werden, seine alleinige Braut
Und tief in sein feuriges Herz
Sog er Jeanne d'Arc's Staub
Und hoch in der Luft über den Hochzeitsgästen
Hing er die Asche ihres Hochzeitskleides

Und tief in sein feuriges Herz
Sog er Jeanne d'Arc's Staub
Und sie sah ihr klar:
Wenn er Feuer war, oh, dann musste sie Holz sein
Ich sah sie zucken, ich sah sie schreien
Sah heiligen Glanz in ihren Augen
Ich selbst, ich sehne mich nach Liebe und Licht
Doch geht das nur so grausam und so grell?

Leonard Cohen (Original am Seitenende)

Kathleen Kendel: "Ich hörte eine leidenschaftliches Behauptung einer Frau, sie behauptete, 'Joan Of Arc' sei ein sexistischer Song."
Leonard Cohen: "Mag sein, doch ich denke eher, das ist die Sichtweise dieser Frau. Bei genauerer Betrachtung ist es ein Song über völlige Hingabe, über das totale Sich-Schenken und über die vollständige Vereinigung des Geistes bei dieser Art von Erfahrung. Das beinhaltet auch diese ganze Sache, Mann und Frau zu sein."
Pacifica Radio Interview mit Kathleen Kendel, WBAI Radio, NYC, December 4, 1974

"harnois blanc" - "alles in einem" Rüstung Johannas - ein Geschenk an sie von Charles VII. im Wert von 2 500 sols or 125 Karlspfunden oder tournois pounds.

JEANNE d'ARC

Ludwig Thoma

»Nu is se selig,« sprach Herr Meier,
Als er in seiner Zeitung fand,
Daß man mit einer großen Feier
Johanna an den Himmel band.

»Nu ja! Ich habe nischt dagegen,
Sie soll nun endlich selig sein,
Und dreimal heilig meinetwegen,
Und Wunder wirken mits Jebein!

Wozu das in die Zeitung drucken?
Wir sind doch viel zu uffgeklärt,
Um so was Altes noch zu schlucken,
Das Ding hat lang genug gewährt!«

Sie sollten nicht darüber lachen – –
Es ist ein bißchen mehr daran;
Bloß um 'ne Heilige zu machen,
Strengt sich die Kirche nicht mehr an.

Sie hat hier einen Trick gefunden,
Weil 's ihr schon lang am Herzen liegt,
Wie sie den Besten ihrer Kunden
In ihren Laden wieder kriegt.

Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 6, München 1968

 La Passion de Jeanne d’Arc Frankreich 1928 Regie: Carl Theodor Dreyer, Schwarz/weiss, Stummfilm Alle Darsteller waren ungeschminkt, zu diesem Zeitpunkt etwas Ungesehenes!
Lohnt sich sehr! Wohingegen der Luc Besson Film mit Milla Jovovich ein Graus ist, bis auf die Szene gegen Schluss mit John Malkovich, aber der ist halt immer sensationell.

Aus: "Die Heilige Johanna" von Friedrich Schiller, letzter Akt, letzter Aufzug:

JOHANNA. 
Seht ihr den Regenbogen in der Luft,
Der Himmel öffnet seine goldnen Tore,
Im Chor der Engel steht sie glänzend da,
Sie hält den ewgen Sohn an ihrer Brust,
Die Arme streckt sie lächelnd mir entgegen.
Wie wird mir—Leichte Wolken heben mich—
der schwere Panzer wird zum Flügelkleide.
Hinauf—hinauf—Die Erde flieht zurück—
Kurz ist der Schmerz und ewig ist die Freude!

Die Fahne entfällt ihr, sie sinkt tot darauf nieder— Alle stehen lange in loser Rührung—Auf einen leisen Wink des Königs werden alle Fahnen sanft auf sie niedergelassen, daß sie ganz davon bedeckt wird

Aus: "Die Heilige Johanna der Schlachthöfe" von Bertolt Brecht:

JOHANNA:
Darum wer unten sagt, daß es einen Gott gibt
Und ist keiner sichtbar
Und kann sein unsichtbar und hülfe ihnen doch
Den soll man mit dem Kopf auf das Pflaster schlagen
Bis er verreckt ist.
Und auch die, welche ihnen sagen, sie könnten sich erheben im Geiste
Und stecken bleiben im Schlamm, die soll man auch mit den Köpfen auf das
Pflaster schlagen. Sondern
Es hilft nur Gewalt, wo Gewalt herrscht und
Es helfen nur Menschen, wo Menschen sind.
PAULUS SNYDER:
Johanna Dark, fünfundzwanzig Jahre alt, gestorben an Lungenentzündung auf den Schlachthöfen, im Dienste Gottes, Streiterin und Opfer!
 
 Statue auf dem Place des Pyramides in Paris

Ballade von den Frauen
vergangener Zeiten


Sagt, wo die schöne Flora ist,
Die Römerin, in welchem Land,
Und Archipiada und Thais,
Die als Cousinen sich gekannt;
Und wo ist Echo, die so gern,
Was wir ihr rufen, nochmals singt.
Die Schönste war sie nah und fern.
Wo ist der Schnee von gestern hin?

Wo ist die schöne Heloise,
Für die man Abälard entmannt,
Der dann als Abt von Sankt Denis
Sein Liebesleid nicht mehr empfand.
Wo ist die Königin, die fies
Den eingesackten Buridan ins
Seinewasser werfen ließ.
Wo ist der Schnee von gestern hin?

Die königliche Blanche, die süß
Wie mit Sirenenstimme sang,
Auch Bertha, Beatrice, Alice
Sind wie die Eremburg vergangen.
Von Engländern zu Rouen verbrannt,
Wo ist Jeanne d'Arc von Lothringen?
Wohin die Gottesmutter schwand?
Wo ist der Schnee von gestern hin?

Geleit
Fragt, Fürst, in Zukunft jemand an,
Nach Jahren noch, wo jene sind,
Sei ihm der Kehrreim eingebrannt:
Wo ist der Schnee von gestern hin?

François Villon

(Angebliche) Original-Zitate Jeanne d'Arc:

„Von der Liebe oder dem Hass, den Gott für die Engländer empfindet, weiß ich nichts, aber ich weiß, dass sie aus Frankreich geworfen werden, außer denjenigen, die hier sterben." (Jeanne d'Arc bei ihrem Prozess am 17. März 1431)

„Meine Worte und Werke habe ich auf Gottes Geheiß vollbracht. Ich lege sie niemandem zur Last: weder dem König noch einem anderen; und wenn daran ein Falsch ist, so fällt es auf mich und niemand anderen zurück." (Jeanne d'Arc bei ihrem Prozess am 24. Mai 1431) 

„Wer, wenn nicht wir, Wann, wenn nicht jetzt ?"

Das folgende muß man selber übersetzen. Sehr komisch, finde ich.


Did Anybody Sleep With Joan Of Arc?

At seventeen, she became the queen of Orleans
A peasant child guided by a vivid dream
She was cool before they knew what cool became
She cut her hair and cross-dressed in a dangerous age
She set a trend, a natural look was all the rage
Imagine if they had merchandise and poster sales
This bride of God, bigger than Elvis in her day
She had it all until they burned it all away

She swung a sword
She rode a horse
She wore her armor for the Lord
But did she cry by candlelight
Was she lonely after dark
Did she pray for something more
Did anybody sleep with Joan Of Arc?

She was small and more or less of common breed
But saint aside, no stranger to a woman's needs
No handsome knights, no random acts of chivalry
Her bed remained a simple place for her to sleep

They burned her down for her belief
They burned her down for her faith
They gave her up into the flames
Proclaiming she's seen heaven's face

Music by Elton John
Lyrics by Bernie Taupin 



 Jeanne d'Arc - Michael Parkes zeitgenössischer amerikanischer "Maler"
 
Now the flames they followed Joan of Arc
as she came riding through the dark;
no moon to keep her armour bright,
no man to get her through this very smoky night.
She said, "I'm tired of the war,
I want the kind of work I had before,
a wedding dress or something white
to wear upon my swollen appetite."

Well, I'm glad to hear you talk this way,
you know I've watched you riding every day
and something in me yearns to win
such a cold and lonesome heroine.
"And who are you?" she sternly spoke
to the one beneath the smoke.
"Why, I'm fire," he replied,
"And I love your solitude, I love your pride."

"Then fire, make your body cold,
I'm going to give you mine to hold,"
saying this she climbed inside
to be his one, to be his only bride.
And deep into his fiery heart
he took the dust of Joan of Arc,
and high above the wedding guests
he hung the ashes of her wedding dress.

It was deep into his fiery heart
he took the dust of Joan of Arc,
and then she clearly understood
if he was fire, oh then she must be wood.
I saw her wince, I saw her cry,
I saw the glory in her eye.
Myself I long for love and light,
but must it come so cruel, and oh so bright?

Leonard Cohen

Eugen Roth - Humorist


 Eugen Roth - München - 1895 -1976



Der Humorist meist selbst nicht heiter,
gibt Frohsinn nur an andere weiter.
Die Wissenschaft, die kaum je irr
nennt sowas einen Zwischenwirt.


Mitmenschen

Ein Mensch schaut in der Straßenbahn
Der Reihe nach die Leute an:
Jäh ist er zum Verzicht bereit
Auf jede Art Unsterblichkeit.

Ausweg

Wer krank ist, wird zur Not sich fassen.
Gilt's, dies und das zu unterlassen.
Doch meistens zeigt er sich immun,
Heißt es, dagegen was zu tun.
Er wählt den Weg meist, den bequemen,
Was ein- statt was zu unternehmen!

Seltsam genug
 
Ein Mensch erlebt den krassen Fall,
Es menschelt deutlich, überall -
Und trotzdem merkt man, weit und breit
Oft nicht die Spur von Menschlichkeit.


Weltlauf

Ein Mensch, erst zwanzig Jahre alt,
Beurteilt Greise ziemlich kalt
Und hält sie für verkalkte Deppen,
Die zwecklos sich durchs Dasein schleppen.
Der Mensch, der junge, wird nicht jünger:
Nun, was wuchs denn auf seinem Dünger?
Auch er sieht, daß trotz Sturm und Drang,
Was er erstrebt, zumeist mißlang,
Daß, auf der Welt als Mensch und Christ
Zu leben nicht ganz einfach ist,
Hingegen leicht, an Herrn mit Titeln
Und Würden schnöd herumzukritteln.
Der Mensch, nunmehr bedeutend älter,
Beurteilt jetzt die Jugend kälter,
Vergessend frühres Sich-Erdreisten:
"Die Rotzer sollen erst was leisten!"
Die neue Jugend wiedrum hält ...
Genug - das ist der Lauf der Welt!




Freitag, 6. Januar 2012

Schlafende Frauen


  Anlässlich eines interessanten Kommentares:

 Ötti schrieb:
Schlafende Frauen in der bildenden Kunst : Bekleidet und in Naturstudien oder Skizzen
auch nackt, dürfen sie schlafen. Je nackter sie sind (oder modellierend scheinbar bekleidet),
und je naturalistischer die Malweise ist, desto weniger sind es Schlafende.
Die Haltungen sind meist dekorativ und lasziv, die Körper sind selten entspannt,
die Gesichter nie verrutscht. Was Maler am Thema Schlaf zu faszinieren scheint,
ist der Vorwand für die Erotik des heimlichen Blicks auf weibliche Nacktheit.
(Bei Egon Schiele fehlt auch bei diesem Thema jegliche Koketterie.
Seine Schlafenden sind immer ungeschützt.)

Lucian Freud 1995 - Benefits Supervisor Schlafend

ebenfalls Lucian Freud - Schlafende Frau

Egon Schiele 1911 - Die Traumbeschaute

ebenfalls Egon Schiele 1913 - Schlafendes Mädchen

 Pablo Picasso 1936 - Schlafende Frau mit Jalousie

 Rembrandt Harmensz van Rijn 1635/37 Alte Frau schlafend

Jean-Edouard Vuillard - Schlaf 

Nochmal Isaac Asimov - Psychohistorik

Eine Spinnerei für Science-Fiction Freaks.

In der Foundation-Trilogie entwickelt der Wissenschaftler Harry Seldon, eine neue Wissenschaft oder wissenschaftliche Methodik, die Psychohistorik.

Wiki schreibt: 
Psychohistorik (Psychohistory) ist die Bezeichnung für eine fiktive Wissenschaft, die mit Hilfe mathematischer, statistischer und soziologischer Verfahren allgemeine und dennoch präzise Aussagen über das zukünftige Verhalten von großen Gruppen von Menschen ermöglicht und neben der Psychologie auf Konzepten der Gaskinetik beziehungsweise der statistischen Mechanik basiert. 

Die fiktive Psychohistorik basiert auf der Annahme, dass mittels empirischer statistisch auswertbarer Gesetzmäßigkeiten, der allgemeine Verlauf künftiger gesellschaftlicher Entwicklungen berechnet werden kann, dass mit genügend Zeit auch das Verhalten von Bevölkerungsgruppen so beeinflusst und gesteuert werden kann, dass also eine beabsichtigte Entwicklungsrichtung allmählich herbeiführbar ist. Gemäß der Psychohistorik ist die Voraussetzung für die Wirksamkeit der Beeinflussung, dass die einzelnen Individuen einer gegebenen Population nicht wissen, welcherart der Einfluss ist, der auf sie ausgeübt wird, und dass die Menge der vorhandenen Daten groß genug ist.

Da in jeder guten Fiktion, die Möglichkeit ihrer Verwandlung in Realität eingeschlossen ist,  kommt einem da der Gedanke, dass mit der Datenmenge, die das Internet mittlerweile über uns alle und überhaupt alles zusammensammelt, die Vorraussetzungen für die Realisierung einer solchen Methodik irgendwann gegeben seien könnten. Nur wer würde sie anwenden und für oder gegen wen, da ja die Unwissenheit der Gesteuerten Vorraussetzung ist? Es hat solche Versuche schon gegeben, aber sie sind, so las ich, am Mangel von Daten gescheitert.

Makro-Ökonomie, Quantitative Psychologie, Mathematisvhe Soziologie und ganz neu: Cliodynamik arbeiten im weitesten Sinne an Teilgebieten der noch fiktiven Psychohistorik.

Artikel zum Verhalten von Schwärmen:
http://www.3sat.de/page/?source=%2Fscobel%2F154572%2Findex.html

Artikel zur Anwendungen von physikalischen Gesetzen für die Prognose gesellschaftlicher Entwicklungen:
http://www.sueddeutsche.de/wissen/physik-der-menschlichen-gesellschaft-formeln-der-freiheit-1.1061313

Das Institut für Psychohistory: