Montag, 6. Dezember 2010

Erich Fried

Was es ist
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe


Quelle: Erich Fried "Es ist was es ist. Liebesgedichte, Angstgedichte, Zorngedichte", Berlin 1996.


Höre auch das Lied von Mia. "Was es ist" auf dem Album "Stille Post".

Sonntag, 5. Dezember 2010

Hans Magnus Enzensberger

verteidigung der wölfe gegen die lämmer (1962)


soll der geier vergißmeinnicht fressen?
was verlangt ihr vom schakal,
daß er sich häute; vom wolf? soll
er sich selber ziehen die zähne?
was gefällt euch nicht
an politruks und an päpsten,
was guckt ihr blöd aus der wäsche
auf den verlogenen bildschirm?

wer näht denn dem general
den blutstreif an seine hosen? wer
zerlegt vor dem wucherer den kapaun?
wer hängt sich stolz das blechkreuz
vor den knurrenden nabel? wer
nimmt das trinkgeld, den silberling,
den schweigepfennig? es gibt
viel bestohlene, wenig diebe; wer
applaudiert ihnen denn, wer
lechzt denn nach lüge?

seht in den spiegel: feig,
scheuend die mühsal der wahrheit,
dem lernen abgeneigt, das denken
überantwortend den wölfen,
der nasenring euer teuerster schmuck,
keine täuschung zu dumm, kein trost
zu billig, jede erpressung
ist für euch noch zu milde.

ihr lämmer, schwestern sind,
mit euch verglichen, die krähen:
ihr blendet einer den andern.
brüderlichkeit herrscht
unter den wölfen:
sie gehen in rudeln.

gelobt sei'n die räuber; ihr,
einladend zur vergewaltigung,
werft euch aufs faule bett
des gehorsams, winselnd noch
lügt ihr, zerrissen
wollt ihr werden, ihr
ändert die welt nicht mehr.


 
sekundäres gerede.

ein poetischer text ist nicht mehr als das, was er enthält. deshalb kann er immer nur aus sich selber verständlich sein oder gar nicht. jede erläuterung, die von aussen kommt, und wäre es vom poeten selber, ist unnütz, ja ärgerlich. der verfasser, der sein produkt selber kommentiert, spricht sich sein eigenes urteil, wenn er das gedicht aus der poetischen in eine andere sprache rückübersetzt. er gibt damit nämlich zu, dass er das, was er mit den worten seines gedichtes sagte, auch anders, nämlich mit den worten seiner erläuterung hätte sagen können, also, wie das wort erläuterung zu verstehen gibt, lauterer, durchsichtiger, klarer. der satz, mit dem er seinen kommentar begänne, wäre bereits ein geständnis: «ich wollte mit meinem gedicht sagen...» – «warum haben sie es dann nicht gesagt?» die gegenfrage ist nur allzu berechtigt. mithin wäre das einzig richtige verfahren, über ein gedicht zu sprechen, die interpretation von fremder hand; mithin wäre alles andere sekundäres gerede oder indiskretion...

hans magnus enzensberger
[in: die entstehung eines gedichts]

Samstag, 4. Dezember 2010

Kinderoper und acapella Gesang

Morgens mit meiner Nichte in der Komischen Oper zur "Schneekönigin" und abends im Cafe Schallote bei "Muttis Kindern", Theaterüberdosis!
Am Morgen viel Bühnenbild, zauberhafte Kinderchöre, teils schlecht verständlicher Gesang und KEINE SCHNEEKÖNIGIN! Um meine Nichte zu zitieren: "Du, weißt Du, ich war schon ein bißchen enttäuscht, das die gar keine Schneekönigin hatten." Ich kann dem nur zustimmen. Symbolträchtiges gleißendes Licht und sphärische Klänge ersetzen nicht die grandiose Bösewichtin des Abends. Wenn es keinen wirklich faszinierenden Feind gibt, sind doch die Heldentaten Gerdas' nur halb so bewundernswert, oder?
Auch wurde irgendeiner Form die Erkaltung Kais' durch die Spiegelscherbe mit plötzlichem fanatischen Interesse für Mathematik und möglicherweise, weil nicht gut hörbar, Astronomie gleichgesetzt, während die warme, gefühlvolle Phase durch ein Lied über eine blaue Rose (blaue Blume der Romantik, wink, wink) konstatiert wurde. Kai und Gerda sind übrigens in dieser Variante Freund und nicht Geschwister, versteht ihr?
Beide Kinder trugen, wohl damit sie als Kinder erkennbar waren, Kniestrümpfe im tiefsten Winter. (Es gibt genau zu diesem Punkt einen tollen Aufsatz von Roland Barthes in den "Mythen des Alltags" über 'Römer im Film'.) 
Schöne Bilder hier und da, Musik, die manchmal an veroperte West Side Story Melodien erinnerte und, außer von der Sängerin der Gerda und den oben schon erwähnten Chören, wenig Kommunikation mit den zuschauenden Kindern.
Die Vorstellung ist immer ausverkauft (! Es wird offensichtlich zuwenig Theater für Kinder produziert!) und ist ein Erfolg. Trotzdem waren wir, meine Nicht und ich, anschließend leicht betrübt.
Abends dann, ein Konzert einer dreiköpfigen acapella Kapelle "Muttis Kinder", bestehend aus Claudia Graue, Markus Melzwig und Christoph Nell. Die drei haben sich vor Jahren an der Rostocker Schauspielschule zusammengefunden und singen seitdem, und wie sie singen! Ich kenne die Gruppe schon einige Jahre und sie wird immer besser. In diesem Jahr haben sie den 1. Platz, das Goldene Diplom und den Publikumspreis für Comedy, sowie ein Goldenes Diplom und den "Award for outstanding Performance (Pop) bei Vokal.Total in Graz gewonnen. So eine Lust ihnen zuzuhören und zu schauen. Drei Schauspieler die es lieben, zu singen UND zu spielen. Nicht nur schöner Gesang, nicht nur Spaß, nicht nur, sondern, sowohl als auch. Kleine Meckerei am Rande, eine gewisse anarchische Gefährdung des Vortrages, schien mir früher, stärker zu sein. Das ist nur so ein Eindruck, und vielleicht ist das der Preis, den sie für die gewachsene Perfektion zahlen müssen. 
http://www.muttis-kinder.de/index.html

Freitag, 3. Dezember 2010

Benjamin Franklin

They that can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety. – Benjamin Franklin

Die ihre grundlegende Freiheit aufgeben können , um ein wenig befristete Sicherheit zu gewinnen, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit. -– Benjamin Franklin

Tja, schön gesagt, schwer gelebt. 
Wie würde es sich anfühlen, wenn ich den mit den üblichen Kompromissen vollgepackten Sack, Handgepäck der meisten von uns, eines Tages öffnete, ausschüttete, genau betrachtete und mich entschliessen würde das Zeug einfach nicht mehr mit mir rumzuschleppen. Wie würde ich mich dann fühlen? Befreit? Panisch? Arbeitslos? 
SICHERHEIT, über das Wort / das Ding / den Begriff muss ich nachdenken. 
Wann fühle ich mich sicher? Sicherlich nicht, wenn ich Angst habe. Wann habe ich Angst? Ständig. Wovor? 



Mit Sicherheit ist das keine Pfeife. Das kann ich Ihnen versichern. Sie werden mir doch sicher glauben. Sicherlich hatten Sie es selbst schon bemerkt. Aber sicher ist sicher, schauen Sie nochmals genau hin.

Anglizismen

Der oder das Link?
Duden: Link, der, auch: das; -s, -s [engl. link = Verbindung, verw. mit →Gelenk]: Kurzf. von →Hyperlink
Der oder das Blog?
Duden: Blọg, das, auch: der; -s, -s [engl. blog, gek. aus: weblog (EDV Jargon): Weblog.

Mein erster Kommentar - Von Hatto Fischer

Athen den 3.12.2010
Liebe Johanna,
einmal erzählte uns der italienische Maler Ferruccio Marchetti eine Geschichte die tatsächlich in seinem Dorf stattfand. Da gab es einen Mann der ein großes Karusell besitzte. Er war stolz darauf. Die Kinder und Erwachsene kletterten gerne in die von Ketten hängenden Sitze um dann beim immer schneller Drehen weit hinaus getragen zu werden. Rund und Rung ging es. Eines Tages befand sich der Mann in der Dorfkneipe. Es war eine fröhliche Runde die spät in die Nacht andauerte. Als die Zeit nahte zum Aufbruch kam plötzlich die Idee auf doch noch eine Runde mit dem Karusell zu drehen. Schnell gesagt, schnell realisiert. Also kletterten alle in ihre Sitze, auch der Karusellbesitzer und drückte den Kopf um die Drehung zu starten. Als das Karusell bereits im vollen Schwung war, dämmerte es ihm und den anderen keiner war zurück geblieben, um den Knopf zum Stop zu drücken. Für Stunden mußten die unfreiwilligen Fahrgäste die schwindligen Drehungen ertragen. Erst am frühen Morgen kam der Sohn des Besitzers zufällig vorbei und befreite sie von dieser endlosen Fahrt.
Ich weiß nicht warum mir plötzlich diese Geschichte in den Kopf kam. Nachdem Ferruccio diese Geschichte erzählt hatte, lachten wir alle. Aber als Metaphor kann sie fürs ganze Leben geltend gemacht werden. Wir steigen ein ins Leben insofern wir hineingeboren werden und dann drehen sich manchmal die Dinge weiter und viel schneller als was wir jemals vorgehabt hatten, und keiner kann uns retten weil alle sich mit uns im gleichen Drehkreis befinden.
Was Du also vorhast mit dem Schreiben zur alltäglichen Liebe, und ich hoffe Dich richtig verstanden zu haben, dann kann ich mit einem weiteren Beispiel ansetzen. Momentan arbeite ich teilweise in Dänemark da die Stadt Sonderborg sich um den Titel Kulturhauptstadt von Europa im Jahre 2017 sein zu wollen. Es muß ein Program für ein Jahr aufgestellt werden. Wir haben damit begonnen die Stadt und die ganze Region, die ja die Deutsch-Dänische Grenze miteinbezieht und deshalb Flensburg und Schleswig Holstein meint, zu verstehen, und zwar als Potential für eine neue Definition von Nachbarschaft die über Grenzen hinweg das Miteinanderleben praktiziert. Das dies nicht selbstverständlich ist, wissen wir alle. Heutzutage leben wir oftmals zusammen aber nur in einem abstrakten Sinne weil wir den echten Sinn der Nachbarschaft verloren haben. Und ein guter oder schlechter Nachbar kann auch die Geliebte oder der Geliebte sein. Irgendwo ist also die Liebe auf der Strecke geblieben oder wir erfahren sie nur noch selten, sporadisch sozusagen, quasi als Ausnahme doch wir befinden uns nicht im Ausnahmezustand wo härtere Gesetze gelten sondern im konventionellen Sinne in einer Realität des Schweigens und des oftmals hinfälligen Bemühens irgendwie doch noch einen Sinn an Leben aufrecht zu erhalten. Das kommt gleich dem armseligen Blumentopf der vermutlich mit seiner Pflanze nicht den harten Winter überstehen werden. Vermutlich ist das dann das Problem: wie werden wir gerecht gegenüber uns selbst denn das Erforderlich, nämlich die Liebe, kann nicht wie Gewerkschaften das tun wenn sie einen höheren Lohn für getane Arbeit wollen, nicht gefordert werden. Liebe entzieht sich jeglicher Logik und doch ist ihr das was wir auf Englisch mit 'Reasoning' nicht fremd. Aber wenn Du mit dem Begriff der Liebe klar kommen möchtest, um so besser wenn wir daran teilnehmen können, denn Deine Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit ist bewunderswert. Also bitte sage Bescheid wo wir diese alltäglichen Beschreibungen lesen können.
Mit einem lieben Gruß aus Athen
hatto

In eigener Sache



Seit einem Monat schreibe ich einen Blog. Er heißt "Theaterliebe" und das ist sein Thema. Wobei alle verwandten Lieben auch ihren Platz finden.
Es ist mein erster Versuch, außerhalb von Programmheften Gedanken schriftlich zu formulieren. Und vielleicht in ein Gespräch zu geraten. Ich bin mir keineswegs sicher, daß das was ich schreibe wirklich interessant für jemanden außer mich selbst ist, aber ich will euch einladen euer eigenes Urteil zu fällen. Nicht lesen ist ok, abfällige Meinungen zu äußern ist auch ok, streiten, auffüllen, widersprechen, sogar zustimmen wäre phantastisch.
Ein Angebot, daß nicht angenommen werden muß. Aber ein Angebot. Vor lauter Finanzangst und Bürokratiehass kommen wir so selten dazu, uns über die eigentliche Lust dieses hochkomplizierten und existentiellen Liebesverhältnisses, dass wir täglich leben, zu verständigen, und das ist bedauerlich. Oder "fucked", wie der Ami sagen würde. Ein Angebot!
Johanna

P.S.

Das habe ich als Mail an einige Freunde verschickt, und wahrscheinlich weil ich mir dann doch zu wagemutig vorkam, dann vergessen den Link hinzuzufügen. Aber wenn ich das hier ernsthaft betreiben will, benötige ich Kritik, Zuspruch, 'Feedback'. Also link nachgeliefert, Risiko! Mich zum Narren zu machen, habe ich doch gelernt.

I Sing The Body Electric by Walt Whitman

I Sing the Body Electric
By Walt Whitman
1819-1892

Leider ohne entsprechende deutsche Übersetzung 


1


I sing the body electric,

The armies of those I love engirth me and I engirth them,
They will not let me off till I go with them, respond to them,
And discorrupt them, and charge them full with the charge of the soul.

Was it doubted that those who corrupt their own bodies conceal themselves?

And if those who defile the living are as bad as they who defile the dead?
And if the body does not do fully as much as the soul?
And if the body were not the soul, what is the soul?

2


The love of the body of man or woman balks account, the body itself

balks account,
That of the male is perfect, and that of the female is perfect.

The expression of the face balks account,

But the expression of a well-made man appears not only in his face,
It is in his limbs and joints also, it is curiously in the joints of
his hips and wrists,
It is in his walk, the carriage of his neck, the flex of his waist
and knees, dress does not hide him,
The strong sweet quality he has strikes through the cotton and broadcloth,
To see him pass conveys as much as the best poem, perhaps more,
You linger to see his back, and the back of his neck and shoulder-side.

The sprawl and fulness of babes, the bosoms and heads of women, the

folds of their dress, their style as we pass in the street, the
contour of their shape downwards,
The swimmer naked in the swimming-bath, seen as he swims through
the transparent green-shine, or lies with his face up and rolls
silently to and from the heave of the water,
The bending forward and backward of rowers in row-boats, the
horse-man in his saddle,
Girls, mothers, house-keepers, in all their performances,
The group of laborers seated at noon-time with their open
dinner-kettles, and their wives waiting,
The female soothing a child, the farmer's daughter in the garden or
cow-yard,
The young fellow hosing corn, the sleigh-driver driving his six
horses through the crowd,
The wrestle of wrestlers, two apprentice-boys, quite grown, lusty,
good-natured, native-born, out on the vacant lot at sundown after work,
The coats and caps thrown down, the embrace of love and resistance,
The upper-hold and under-hold, the hair rumpled over and blinding the eyes;
The march of firemen in their own costumes, the play of masculine
muscle through clean-setting trowsers and waist-straps,
The slow return from the fire, the pause when the bell strikes
suddenly again, and the listening on the alert,
The natural, perfect, varied attitudes, the bent head, the curv'd
neck and the counting;
Such-like I love--I loosen myself, pass freely, am at the mother's
breast with the little child,
Swim with the swimmers, wrestle with wrestlers, march in line with
the firemen, and pause, listen, count.

3


I knew a man, a common farmer, the father of five sons,

And in them the fathers of sons, and in them the fathers of sons.

This man was a wonderful vigor, calmness, beauty of person,

The shape of his head, the pale yellow and white of his hair and
beard, the immeasurable meaning of his black eyes, the richness
and breadth of his manners,
These I used to go and visit him to see, he was wise also,
He was six feet tall, he was over eighty years old, his sons were
massive, clean, bearded, tan-faced, handsome,
They and his daughters loved him, all who saw him loved him,
They did not love him by allowance, they loved him with personal love,
He drank water only, the blood show'd like scarlet through the
clear-brown skin of his face,
He was a frequent gunner and fisher, he sail'd his boat himself, he
had a fine one presented to him by a ship-joiner, he had
fowling-pieces presented to him by men that loved him,
When he went with his five sons and many grand-sons to hunt or fish,
you would pick him out as the most beautiful and vigorous of the gang,
You would wish long and long to be with him, you would wish to sit
by him in the boat that you and he might touch each other.

4


I have perceiv'd that to be with those I like is enough,

To stop in company with the rest at evening is enough,
To be surrounded by beautiful, curious, breathing, laughing flesh is enough,
To pass among them or touch any one, or rest my arm ever so lightly
round his or her neck for a moment, what is this then?
I do not ask any more delight, I swim in it as in a sea.

There is something in staying close to men and women and looking

on them, and in the contact and odor of them, that pleases the soul well,
All things please the soul, but these please the soul well.

5


This is the female form,

A divine nimbus exhales from it from head to foot,
It attracts with fierce undeniable attraction,
I am drawn by its breath as if I were no more than a helpless vapor,
all falls aside but myself and it,
Books, art, religion, time, the visible and solid earth, and what
was expected of heaven or fear'd of hell, are now consumed,
Mad filaments, ungovernable shoots play out of it, the response
likewise ungovernable,
Hair, bosom, hips, bend of legs, negligent falling hands all
diffused, mine too diffused,
Ebb stung by the flow and flow stung by the ebb, love-flesh swelling
and deliciously aching,
Limitless limpid jets of love hot and enormous, quivering jelly of
love, white-blow and delirious nice,
Bridegroom night of love working surely and softly into the prostrate dawn,
Undulating into the willing and yielding day,
Lost in the cleave of the clasping and sweet-flesh'd day.

This the nucleus--after the child is born of woman, man is born of woman,

This the bath of birth, this the merge of small and large, and the
outlet again.

Be not ashamed women, your privilege encloses the rest, and is the

exit of the rest,
You are the gates of the body, and you are the gates of the soul.

The female contains all qualities and tempers them,

She is in her place and moves with perfect balance,
She is all things duly veil'd, she is both passive and active,
She is to conceive daughters as well as sons, and sons as well as daughters.

As I see my soul reflected in Nature,

As I see through a mist, One with inexpressible completeness,
sanity, beauty,
See the bent head and arms folded over the breast, the Female I see.

6


The male is not less the soul nor more, he too is in his place,

He too is all qualities, he is action and power,
The flush of the known universe is in him,
Scorn becomes him well, and appetite and defiance become him well,
The wildest largest passions, bliss that is utmost, sorrow that is
utmost become him well, pride is for him,
The full-spread pride of man is calming and excellent to the soul,
Knowledge becomes him, he likes it always, he brings every thing to
the test of himself,
Whatever the survey, whatever the sea and the sail he strikes
soundings at last only here,
(Where else does he strike soundings except here?)

The man's body is sacred and the woman's body is sacred,

No matter who it is, it is sacred--is it the meanest one in the
laborers' gang?
Is it one of the dull-faced immigrants just landed on the wharf?
Each belongs here or anywhere just as much as the well-off, just as
much as you,
Each has his or her place in the procession.

(All is a procession,

The universe is a procession with measured and perfect motion.)

Do you know so much yourself that you call the meanest ignorant?

Do you suppose you have a right to a good sight, and he or she has
no right to a sight?
Do you think matter has cohered together from its diffuse float, and
the soil is on the surface, and water runs and vegetation sprouts,
For you only, and not for him and her?

7


A man's body at auction,

(For before the war I often go to the slave-mart and watch the sale,)
I help the auctioneer, the sloven does not half know his business.

Gentlemen look on this wonder,

Whatever the bids of the bidders they cannot be high enough for it,
For it the globe lay preparing quintillions of years without one
animal or plant,
For it the revolving cycles truly and steadily roll'd.

In this head the all-baffling brain,

In it and below it the makings of heroes.

Examine these limbs, red, black, or white, they are cunning in

tendon and nerve,
They shall be stript that you may see them.

Exquisite senses, life-lit eyes, pluck, volition,

Flakes of breast-muscle, pliant backbone and neck, flesh not flabby,
good-sized arms and legs,
And wonders within there yet.

Within there runs blood,

The same old blood! the same red-running blood!
There swells and jets a heart, there all passions, desires,
reachings, aspirations,
(Do you think they are not there because they are not express'd in
parlors and lecture-rooms?)

This is not only one man, this the father of those who shall be

fathers in their turns,
In him the start of populous states and rich republics,
Of him countless immortal lives with countless embodiments and enjoyments.

How do you know who shall come from the offspring of his offspring

through the centuries?
(Who might you find you have come from yourself, if you could trace
back through the centuries?)

8


A woman's body at auction,

She too is not only herself, she is the teeming mother of mothers,
She is the bearer of them that shall grow and be mates to the mothers.

Have you ever loved the body of a woman?

Have you ever loved the body of a man?
Do you not see that these are exactly the same to all in all nations
and times all over the earth?

If any thing is sacred the human body is sacred,

And the glory and sweet of a man is the token of manhood untainted,
And in man or woman a clean, strong, firm-fibred body, is more
beautiful than the most beautiful face.

Have you seen the fool that corrupted his own live body? or the fool

that corrupted her own live body?
For they do not conceal themselves, and cannot conceal themselves.

9


O my body! I dare not desert the likes of you in other men and

women, nor the likes of the parts of you,
I believe the likes of you are to stand or fall with the likes of
the soul, (and that they are the soul,)
I believe the likes of you shall stand or fall with my poems, and
that they are my poems,
Man's, woman's, child, youth's, wife's, husband's, mother's,
father's, young man's, young woman's poems,
Head, neck, hair, ears, drop and tympan of the ears,
Eyes, eye-fringes, iris of the eye, eyebrows, and the waking or
sleeping of the lids,
Mouth, tongue, lips, teeth, roof of the mouth, jaws, and the jaw-hinges,
Nose, nostrils of the nose, and the partition,
Cheeks, temples, forehead, chin, throat, back of the neck, neck-slue,
Strong shoulders, manly beard, scapula, hind-shoulders, and the
ample side-round of the chest,
Upper-arm, armpit, elbow-socket, lower-arm, arm-sinews, arm-bones,
Wrist and wrist-joints, hand, palm, knuckles, thumb, forefinger,
finger-joints, finger-nails,
Broad breast-front, curling hair of the breast, breast-bone, breast-side,
Ribs, belly, backbone, joints of the backbone,
Hips, hip-sockets, hip-strength, inward and outward round,
man-balls, man-root,
Strong set of thighs, well carrying the trunk above,
Leg-fibres, knee, knee-pan, upper-leg, under-leg,
Ankles, instep, foot-ball, toes, toe-joints, the heel;
All attitudes, all the shapeliness, all the belongings of my or your
body or of any one's body, male or female,
The lung-sponges, the stomach-sac, the bowels sweet and clean,
The brain in its folds inside the skull-frame,
Sympathies, heart-valves, palate-valves, sexuality, maternity,
Womanhood, and all that is a woman, and the man that comes from woman,
The womb, the teats, nipples, breast-milk, tears, laughter, weeping,
love-looks, love-perturbations and risings,
The voice, articulation, language, whispering, shouting aloud,
Food, drink, pulse, digestion, sweat, sleep, walking, swimming,
Poise on the hips, leaping, reclining, embracing, arm-curving and tightening,
The continual changes of the flex of the mouth, and around the eyes,
The skin, the sunburnt shade, freckles, hair,
The curious sympathy one feels when feeling with the hand the naked
meat of the body,
The circling rivers the breath, and breathing it in and out,
The beauty of the waist, and thence of the hips, and thence downward
toward the knees,
The thin red jellies within you or within me, the bones and the
marrow in the bones,
The exquisite realization of health;
O I say these are not the parts and poems of the body only, but of the soul,
O I say now these are the soul!

Don Carlos in Dresden

Gestern habe ich "Don Carlos" inszeniert von Roger Vontobel am Staatsschauspiel Dresden gesehen. (Das Staatschauspiel, lang nicht mehr da gewesen, es hat ein anderes Publikum als andere Theater, bürgerlicher, treuer, geduldiger und ein wenig, wie eine Erinnerung an eine vergangene Zeit.) 
Aber zum Thema: es war ein unerhört genau durchdachter, zu seinem logischen Ende gedachter Abend in einem präzis und dann plötzlich überraschend mitspielendem Bühnenbild von Magda Willi. 
Kein hohles Pathos, weder inhaltsloser Historizismus, noch wahlloses "Heutigmachen". Herr R. Vontobel hat sich mit Herrn F. Schiller auseinandergesetzt und das Stück auf seine politischen Gedanken hin ernst genommen. Mein Gehirn hatte Spaß, aber/und nicht nur mein Gehirn.
Ein Satz aus dem Programmheft (er ist von Hans Mayer) "Es ist nur die halbe Wahrheit, wenn man behauptet, Schiller habe immer wieder politische Dramen geschrieben. Er hat in Wirklichkeit immer wieder das Drama der Politik zu schreiben versucht". Genau! (Schönes Wort, aber ich muß immer an die Sesamstrasse denken, wenn ich es gebrauche.)
Christian Friedel spielt Don Carlos, falls er noch keinen Fanclub haben sollte, wäre ich bereit einen zu gründen.  Sein Carlos ist eine Falle in die wir alle tappen würden, berauschend enthusiastisch und glaubhaft, gnadenlos egoistisch ohne es selbst wahr zu nehmen und ein Wortverführer, er verführt uns und die Figur selbst immer wieder dazu, "zu glauben". Immer wieder, bis die Katastrophe uns milde lächelnd anstarrt. Christine Hoppe risikofreudig und bedauernswert, im besten Sinne des Wortes, als Eboli. Beide atemberaubend. 
Ein großes Problem: der Inquisitor; da wirkt das Stück plötzlich altbacken. Wer kommt da? Wer hat Macht über die Macht? Der Abend war bis hier in keinster Weise katholisch, also nochmals die Frage, wer ist es? Mein Wunsch: Am Anfang des Theaterabends redet sich Don Carlos selbst in die Position des mißachteten Sohnes, ein Geniestreich ( Der Szenenpartner wird in den verflixten Widerpart im eigenen Gehirn verwandelt). Könnte sich Phillip nicht am Ende auch selbst in die Notwendigkeit der Tötung des eigenen Sohnes und der Ehefrau reden. Er ist gestrauchelt, schwach geworden, hat "gefühlt", einen Freund gewollt und nun da Posa tot ist, muß er sich von der Notwendigkeit, dem Sinn des eigenen Lebens, all der schrecklichen Entscheidungen, die er treffen "mußte" überzeugen?
Ist es nicht herrlich, wenn man sich nach einem Schillerabend unbedingt streiten will?

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Englische Aussprache - herrlicher Wahnsinn

Ist Sprache nicht wunderbar? Da sie ständig gebraucht wird und sich dadurch ständig verändert, stetig und auch sprunghaft, ist sie wie ein nur scheinbar bekanntes Wunderland. Man denkt man kennt sich aus und "Peng!" ist man in einer niegesehenen Gegend gelandet! Wenn ich meiner sechsjährigen Nichte zuhöre, wie sie sich die Sprache erobert und dabei, die verblüffendsten Entdeckungen und Erfindungen macht, verliebe ich mich dauernd neu, in meine Nichte und in die deutsche Sprache. "Dann liefte sie." oder "leuft" sie?
Deutsch auch natürlich, aber das folgende Gedicht habe ich gerade gefunden und jeder von uns hat ja schon mal mit den Mysterien der englischen Aussprache gekämpft, oder? The Beatles did not wear beards.
Dazu noch eine Buchempfehlung:


http://sites.google.com/site/theunfoldingoflanguage/home/Du-Jane 

Guy Deutscher geht von der üblichen Prämisse aus, das unsere Sprache verkommt, an Vielfalt verliert und sicher irgendwann nur noch aus globalen Lauten bestehen wird und dann, macht er sich daran, das Gegenteil zu beweisen! Für Sprachliebhaber ohne philologische Spezialkenntnisse, geschrieben wie ein Krimi. 

Und nun das Gedicht: 


If you can pronounce correctly every word in this poem, you will be speaking English better than 90% of the native English speakers in the world.

Dearest creature in creation,
Study English pronunciation.
I will teach you in my verse
Sounds like corpse, corps, horse, and worse.
I will keep you, Suzy, busy,
Make your head with heat grow dizzy.
Tear in eye, your dress will tear.
So shall I! Oh hear my prayer.
Just compare heart, beard, and heard,
Dies and diet, lord and word,
Sword and sward, retain and Britain.
(Mind the latter, how it’s written.)
Now I surely will not plague you
With such words as plaque and ague.
But be careful how you speak:
Say break and steak, but bleak and streak;
Cloven, oven, how and low,
Script, receipt, show, poem, and toe.
Hear me say, devoid of trickery,
Daughter, laughter, and Terpsichore,
Typhoid, measles, topsails, aisles,
Exiles, similes, and reviles;
Scholar, vicar, and cigar,
Solar, mica, war and far;
One, anemone, Balmoral,
Kitchen, lichen, laundry, laurel;
Gertrude, German, wind and mind,
Scene, Melpomene, mankind.
Billet does not rhyme with ballet,
Bouquet, wallet, mallet, chalet.
Blood and flood are not like food,
Nor is mould like should and would.
Viscous, viscount, load and broad,
Toward, to forward, to reward.
And your pronunciation’s OK
When you correctly say croquet,
Rounded, wounded, grieve and sieve,
Friend and fiend, alive and live.
Ivy, privy, famous; clamour
And enamour rhyme with hammer.
River, rival, tomb, bomb, comb,
Doll and roll and some and home.
Stranger does not rhyme with anger,
Neither does devour with clangour.
Souls but foul, haunt but aunt,
Font, front, wont, want, grand, and grant,
Shoes, goes, does. Now first say finger,
And then singer, ginger, linger,
Real, zeal, mauve, gauze, gouge and gauge,
Marriage, foliage, mirage, and age.
Query does not rhyme with very,
Nor does fury sound like bury.
Dost, lost, post and doth, cloth, loth.
Job, nob, bosom, transom, oath.
Though the differences seem little,
We say actual but victual.
Refer does not rhyme with deafer.
Foeffer does, and zephyr, heifer.
Mint, pint, senate and sedate;
Dull, bull, and George ate late.
Scenic, Arabic, Pacific,
Science, conscience, scientific.
Liberty, library, heave and heaven,
Rachel, ache, moustache, eleven.
We say hallowed, but allowed,
People, leopard, towed, but vowed.
Mark the differences, moreover,
Between mover, cover, clover;
Leeches, breeches, wise, precise,
Chalice, but police and lice;
Camel, constable, unstable,
Principle, disciple, label.
Petal, panel, and canal,
Wait, surprise, plait, promise, pal.
Worm and storm, chaise, chaos, chair,
Senator, spectator, mayor.
Tour, but our and succour, four.
Gas, alas, and Arkansas.
Sea, idea, Korea, area,
Psalm, Maria, but malaria.
Youth, south, southern, cleanse and clean.
Doctrine, turpentine, marine.
Compare alien with Italian,
Dandelion and battalion.
Sally with ally, yea, ye,
Eye, I, ay, aye, whey, and key.
Say aver, but ever, fever,
Neither, leisure, skein, deceiver.
Heron, granary, canary.
Crevice and device and aerie.
Face, but preface, not efface.
Phlegm, phlegmatic, ass, glass, bass.
Large, but target, gin, give, verging,
Ought, out, joust and scour, scourging.
Ear, but earn and wear and tear
Do not rhyme with here but ere.
Seven is right, but so is even,
Hyphen, roughen, nephew Stephen,
Monkey, donkey, Turk and jerk,
Ask, grasp, wasp, and cork and work.
Pronunciation (think of Psyche!)
Is a paling stout and spikey?
Won’t it make you lose your wits,
Writing groats and saying grits?
It’s a dark abyss or tunnel:
Strewn with stones, stowed, solace, gunwale,
Islington and Isle of Wight,
Housewife, verdict and indict.
Finally, which rhymes with enough,
Though, through, plough, or dough, or cough?
Hiccough has the sound of cup.
My advice is to give up!!!

Und als kleine Nachspeise:

MERKUR: Bist du Sosias noch?

SOSIAS:                                      Ach laß mich gehn.
                   Dein Stock kann machen, daß ich nicht mehr bin;
                   Doch nicht, daß ich nicht I c h bin, weil ich bin.
                   Der einzge Unterschied ist, daß ich mich
                   Sosias jetzo der geschlagne, fühle.