Montag, 21. Oktober 2013

Die Bremer Stadtmusikanten



Oskar Herrfurth um 1930

Die Bremer Stadtmusikanten


  Es hatte ein Mann einen Esel, der schon lange Jahre die Säcke unverdrossen zur Mühle 
  getragen hatte, dessen Kräfte aber nun zu Ende gingen, sodass er zur Arbeit immer 
  untauglicher ward. Da dachte der Herr daran, ihn aus dem Futter zu schaffen, aber der 
  Esel merkte, dass kein guter Wind wehte, lief fort und machte sich auf den Weg nach 
  Bremen. Dort, meinte er, könnte er ja Stadtmusikant werden. Als er ein Weilchen 
  fortgegangen war, fand er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der japste wie einer, 
  der sich müde gelaufen hat. Nun, was japst du so?", fragte der Esel. Ach", sagte der 
  Hund, weil ich alt bin und jeden Tag schwächer werde, auch auf der Jagd nicht mehr 
  fort kann, hat mich mein Herr wollen totschlagen, da hab ich Reißaus genommen. Aber 
  womit soll ich nun mein Brot verdienen?" Weißt du was", sprach der Esel, ich gehe nach 
  Bremen und werde dort Stadtmusikant, geh mit und lass dich auch bei der Musik 
  annehmen. Ich spiele die Laute, und du schlägst die Pauken." Der Hund war zufrieden 
  und sie gingen weiter. Es dauerte nicht lange, so saß da eine Katze an dem Weg und 
  machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. Nun, was ist dir in die Quere 
  gekommen, alter Bartputzer?", sprach der Esel. Wer kann da lustig sein, wenn's einem 
  an den Kragen geht", antwortete die Katze, weil ich nun zu Jahren komme, meine
  Zähne stumpf werden und ich lieber hinter dem Ofen sitze als nach Mäusen herumjage, 
  hat mich meine Frau ersäufen wollen. Ich habe mich zwar noch fortgemacht, aber nun 
  ist guter Rat teuer. Wo soll ich hin?" Geh mit uns nach Bremen, du verstehst dich doch 
  auf die Nachtmusik, da kannst du ein Stadtmusikant werden!" 

 Aus dem Bremer Ratskeller. Fresko von Max Slevogt 
Datiert u. Poststempel 1930

                                                                                           Die Katze hielt das für gut 
  und ging mit. Darauf kamen die drei Landesflüchtigen an einem Hof vorbei, da saß auf 
  dem Tor der Haushahn und schrie aus Leibeskräften. Du schreist einem durch Mark und 
  Bein", sprach der Esel, was hast du vor?" Da hab ich gut Wetter prophezeit", sprach der 
  Hahn, weil unserer lieben Frauen Tag ist, wo sie dem Christkindlein die Hemdchen 
  gewaschen hat und sie trocknen will. Aber weil am Sonntag Gäste kommen, so hat die 
  Hausfrau doch kein Erbarmen und hat der Köchin gesagt, sie wollte mich in der Suppe 
  essen und da soll ich mir heute Abend den Kopf abschneiden lassen. Nun schrei ich aus 
  vollem Hals, solang ich noch kann." Ei was, du Rotkopf", sagte der Esel, zieh lieber mit 
  uns fort, wir gehen nach Bremen, etwas besseres als den Tod findest du überall. Du hast 
  eine gute Stimme und wenn wir zusammen musizieren, so wäre dies wohl fantastisch." 
  Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen und sie gingen alle zusammen fort.

George Cruikshank 1823

  Sie konnten aber die Stadt Bremen in einem Tag nicht erreichen und kamen abends in 
  einen Wald, wo sie übernachten wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einen 
  großen Baum, die Katze und der Hahn machten sich in die Äste, der Hahn aber flog bis 
  in die Spitze, wo er sich sicher fühlte. Ehe er einschlief, sah er sich noch einmal nach 
  allen vier Winden um, da dachte er, er sähe in der Ferne ein Fünkchen brennen und rief 
  seinen Gesellen zu, es müßte nicht gar weit ein Haus sein, denn es scheine ein Licht. 

 Arthur Rackham
Constable & Company Ltd, 1909

  Sprach der Esel: So müssen wir uns aufmachen und noch hingehen, denn hier ist die 
  Herberge schlecht." Der Hund meinte, ein paar Knochen und etwas Fleisch dran täten 
  ihm auch gut. Also machten sie sich auf den Weg nach der Gegend, wo das Licht war 
  und sahen es bald heller schimmern. Es wurde immer größer, bis sie vor ein hell 
  erleuchtetes Räuberhaus kamen. Der Esel näherte sich dem Fenster und schaute hinein. 
  Was siehst du, Grauschimmel?", fragte der Hahn. Was ich sehe?", antwortete der Esel. 
  Einen gedeckten Tisch mit schönem Essen und Trinken und Räuber sitzen daran und 
  lassen es sich wohl sein." Das wäre was für uns", sprach der Hahn. Ja, ja, ach, wären wir 
  da!", sagte der Esel. Da ratschlagten die Tiere, wie sie es anfangen könnten, um die 
  Räuber hinauszujagen, und fanden endlich ein Mittel. Der Esel musste sich mit den 
  Vorderfüßen auf das Fenster stellen, der Hund auf den Rücken des Esels springen, die 
  Katze auf den Hund klettern und endlich flog der Hahn hinauf und setzte sich der Katze 
  auf den Kopf. Wie das geschehen war, fingen sie auf ein Zeichen an, ihre Musik zu 
  machen.Der Esel schrie, der Hund bellte, die Katze miaute und der Hahn krähte. Dann 
  stürzten sie durch das Fenster in die Stube hinein, dass die Scheiben klirrten. Die
  Räuber fuhren bei dem entsetzlichen Geschrei in die Höhe, meinten, ein Gespenst käme 
  herein und flohen in größter Furcht in den Wald hinaus. Nun setzten sich die vier 
  Gesellen an den Tisch, nahmen mit dem vorlieb, was übriggeblieben war und aßen, als 
  wenn sie vier Wochen hungern sollten. Wie die vier Spielleute fertig waren, löschten sie 
  das Licht aus und suchten sich eine Schlafstätte, jeder nach seiner Natur und 
  Bequemlichkeit. Der Esel legte sich auf den Mist, der Hund hinter die Türe, die Katze 
  auf den Herd bei die warme Asche und der Hahn setzte sich auf den Hahnenbalken. Und 
  weil sie müde waren von ihrem langen Weg, schliefen sie auch bald ein. Als Mitternacht 
  vorbei war und die Räuber sahen, dass kein Licht mehr im Haus brannte, auch alles 
  ruhig schien, sprach der Hauptmann: Wir hätten uns doch nicht sollen ins Bockshorn 
  jagen lassen!" Er hieß einen hingehen und das Haus untersuchen. Der Abgeschickte fand 
  alles still, ging in die Küche, ein Licht anzuzünden und weil er die glühenden, feurigen 
  Augen der Katze für lebendige Kohlen ansah, hielt er ein Schwefelhölzchen daran, dass 
  es Feuer fangen sollte. Aber die Katze ver stand keinen Spaß, sprang ihm ins Gesicht, 
  spie und kratzte. Da erschrak er gewaltig, lief und wollte zur Hintertüre hinaus, aber 
  der Hund, der da lag, sprang auf und biss ihn ins Bein. Als der Räuber über den Hof an 
  dem Mist vorbeirannte, gab ihm der Esel noch einen tüchtigen Schlag mit dem 
  Hinterfuß. Der Hahn aber, der vom Lärmen aus dem Schlaf geweckt und munter 
  geworden war, rief vom Balken herab: Kikeriki!" Da lief der Räuber zu seinem 
  Hauptmann zurück und sprach: Ach, in dem Haus sitzt eine greuliche Hexe, die hat mich 
  angehaucht und mit ihren langen Fingern mir das Gesicht zerkratzt. Vor der Türe steht 
  ein Mann mit einem Messer, der hat mich ins Bein gestochen! Auf dem Hof liegt ein 
  schwarzes Ungeheuer, das hat mit einer Holzkeule auf mich losgeschlagen und oben auf 
  dem Dache, da sitzt der Richter, der rief: 'Bringt mir den Schelm her.' Da machte ich, 
  daß ich fortkam." Von nun an getrauten sich die Räuber nicht weiter in das Haus, den 
  vier Bremer Musikanten gefiel es aber so gut darin, dass sie nicht wieder heraus wollten.

  Aus den Märchen der Gebrüder Grimm

 Bremer Stadtmusikanten in Bremen
 

2 Kommentare:

  1. Nicht vergessen... Hände auf die Eselshufe legen, leicht streicheln und etwas dabei wünschen...

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  2. Wirklich? Klingt gefährlich! Aber wenn Du es sagst.

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