Samstag, 14. Mai 2011

Nachtcafé von Gottfried Benn


824: Der Frauen Liebe und Leben.

Das Cello trinkt rasch mal. Die Flöte
rülpst tief drei Takte lang: das schöne Abendbrot.
Die Trommel liest den Kriminalroman zu Ende.

Grüne Zähne, Pickel im Gesicht

winkt einer Lidrandentzündung.

Fett im Haar

spricht zu offenem Mund mit Rachenmandel
Glaube Liebe Hoffnung um den Hals.

Junger Kropf ist Sattelnase gut.

Er bezahlt für sie drei Biere.

Bartflechte kauft Nelken,

Doppelkinn zu erweichen.

B-moll: die 35. Sonate

Zwei Augen brüllen auf:
Spritzt nicht das Blut von Chopin in den Saal,
damit das Pack drauf rumlatscht!
Schluß! He, Gigi! -

Die Tür fließt hin: Ein Weib.

Wüste ausgedörrt. Kanaanitisch braun.
Keusch. Höhlenreich. Ein Duft kommt mit.
Kaum Duft.
Es ist nur eine süße Verwölbung der Luft
gegen mein Gehirn.

Eine Fettleibigkeit trippelt hinterher.
1912

George Grosz Nachtcafé

1 Kommentar:

  1. Gerichtetheit des Denkens durch berufliche Prägung. Immer noch und wieder faszinierend, wie seine Art der Fokussierung die Sicht erweitern kann. Ganz schön verkehrt.

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