Sonntag, 20. März 2011
Theater ist feiern
http://www.theater.ingolstadt.de/frameset.cfm?case=stueck&ID_stueck=953
Meister und Margarita - Wir hatten heute Premiere! Und es lief großartig. Besser als erwartet, bedenkend, dass wir in einer stockkatholisch-erzkonservativen Gegend mit unserer Version dieses Albtraums aus stalinistischer Zeit, voll von heftigsten Auseinandersetzungen mit den gebräuchlichen Mythen des Christentums und weiten Schwüngen ins Magische, eher mit Zurückhaltung und Irritation gerechnet hatten. Das wird sicher auch noch kommen, wenn die Busse aus dem Umland, gefüllt mit den verbliebenen Resten des ländlichen Bürgertums, in die Vorstellung einreiten. Aber heute Abend haben sie sich verführen lassen und sind mitgeflogen.
Danach - Premierenfeier. Was für eine merkwürdige Veranstaltung! Ich finde diese Feier immer eigenartig, entweder versenkt man sein Leid über den Misserfolg oder, man wandert verwirrt und freudetrunken durch Gruppen von wohlmeinenden Beglückwünschern. Da ich morgen nach Berlin fahre, habe ich nicht getrunken und viel geguckt zwischen den Gratulationen, da wird es noch absurder.
Ein Intendant, schon nichtverlängert, der die Produktion noch vor zwei Tagen als Schultheater bezeichnete, hält eine ungelenke und neidvolle Rede, voll Lobes, das keinen ehrt.
Die Schauspieler, erschöpft und stolz wollen den Glücksmoment festhalten und wissen, dass sie in zwei Tagen wieder im nächsten Probenprozess stecken, unvorbereitet, wie anders (?), bei solcher Planung.
Ich habe heute Lob von der Technik bekommen, das ist etwas, dass ich mir als Brosche ans Jackett stecken kann, selten und sehr ehrend! Die sitzen immer extra, immer!
Und dann die Theaterliebhaber.
Enthusiasten, die keine Worte finden, und man steht und grinst hilflos, berührt und peinlich verklemmt zu gleichen Teilen. Aber manchmal stammelt da jemand einen Satz, der einem direkt in die Magengrube fährt und an den man sich noch 10 Jahre später erinnert.
Dann die notgeilen Fans, meist Frauen in meinem Alter, die gibt es an jedem Theater, übrigens meist verkappte Künstlerinnen, immer aufgeputzt und oft als einzige tanzend, hoffen sie darauf irgendeinen Spieler abschleppen zu können, auch mit Hilfe von unverhältnismäßigen Komplimenten oder zur Not, indem sie abwarten bis der Alkoholpegel jede echte Wahl unmöglich macht. Kleinstadteinsamkeit in Bild und Ton.
Und die, die zufällig hereinggelatscht kommen, weil sonst nix los ist und eine eigene Feier starten.
Meine Elfe waren heute toll. Mutig und lustig und wild. Und die schrubben hier, für wenig Geld 150 Vorstellungen im Jahr und probieren dann doch mit guter Laune und Augenringen und bedanken sich, weil man sie ernst nimmt. Hey, Hut ab!
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ja aber so,oder so ähnlich isses doch immer.deshalb fährt man ja morgens nicht nach berlin und bleibt unbedingt nicht nüchtern.
AntwortenLöschenIch bin sehr eng befreundet mit einer ehemaligen Requisiteurin des Ingolstädter Theaters und habe ihr Ihren Beitrag zwecks sonntagmorgendlichem Amüsement vorgelesen. Das führte nicht nur zu einem anhaltenden Schmunzeln während der Lesung, sondern auch zum anschließenden Kommentar: "Wow, ein Kompliment von der Technik, das heißt was in Ingolstadt!"
AntwortenLöschenAuf Nachfrage ergab sich: Im schwer zu bekommenden und hoch zu schätzenden Komplimenteuniversum der technischen Abteilungen darf die Ingolstädter Technik wohl als besonders kritische Instanz zu bewerten sein. Daraus folgt: die Brosche am Jackett ist aus Edelmetall!
Herzlichen Glückwunsch an alle Beteiligten für den gelungenen Flug mit Punktlandung.
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