Sonntag, 18. August 2013

Das Internet, ein Buddelkasten, eine Schatztruhe, eine Schlangengrube!


Da ich mich augenblicklich durch eine große Menge Shakespeare grabe, durch einen halben Meter bedruckten Papiers in etwa, und auch gerne verstehen will, was ich da lese, fürs Erste nur erstmal die historischen Fakten, dann natürlich auch noch Vieles mehr und Anderes und Tieferes, benötige ich Hilfsmittel, Dokumente, Bilder, anderer Menschen Meinungen - und ich finde sie, zu Hauf, im Internet, wobei ich immer wieder bemerke, dass die Genauigkeit meiner Fragen die Qualität der Antworten bestimmt, die mir besagtes Internet zur Verfügung stellt. 
Wie die meisten digitalfixierten Menschen, höre ich mich gelegentlich auf das Internet schimpfen. Es lenkt ab, saugt Zeit und Aufmerksamkeit, verführt zu einem schnellen, oberflächlichen Gefühl von Bescheidwissen. Stimmt, und ist doch nicht Schuld des Internets, sondern wohl doch die meines, leicht ablenkbaren Hirns und meines Hangs zum Trödeln. 
Aber gerade jetzt, wo ich leidenschaftlich und überpenibel (Ich bin jüdischer Preusse, was soll ich machen?) und äußerst neugierig nach mittelalterlichen Originaldokumenten, obskuren Dramen des 16. Jahrhunderts und Blogs von Menschen, die sich damit amüsieren, alle Shakespeare-Stücke zu lesen und darüber öffentlich nachzudenken, suche, begreife ich wiedereinmal, welch ein Wunderwerk das weltweite Netz ist. Da setzen sich Leute irgendwo, oft an geographisch benachteiligten Orten, hin und schreiben mittelalterliche Stücke ab, Bibliotheken digitalisieren ihre Bestände, das Google Books Library Project scannt unermüdlich Bücher zu unserer Verwendung, Museen gewähren digitale Rundgänge durch ihre Räume, Chatrooms streiten um die Ethymologie seltener Worte. Wenn man lange und gründlich genug sucht, findet man für fast jede noch so seltsame Frage, jemanden, der sich intensiv genau damit beschäftigt und willig und befähigt ist, sie zu beantworten.
Shakespeare mag jetzt etwas speziell sein, aber eben dasselbe gilt auch für Liebhaber von Motorrad-Sondermodellen, Sammler von Nippesfiguren der 60er Jahre, Fans von kurzlebigen Boybands, Migräneopfer, Freunde der Musik des Rokkoko und Menschen mit nicht weitverbreiteten sexuellen Vorlieben (Stell dir vor, du lebst in einer Kleinstadt in Oklahoma oder Franken und stehst darauf, Dich als Kuscheltier zu verkleiden, ja, das gibt es, habe ich bei CSI gesehen, wie einsam mußt du dich fühlen - aber im Netz kannst du Gleichgesinnte finden.) 

Als ich beschlossen hatte für ein Jahr nach Kanada zu gehen, um dort zu unterrichten, wollte ich mein Englisch verbessern, indem ich Geschichten schrieb, in Englisch, und eine zauberhafte Frau aus Pensacola, Florida hat sie für mich korrigiert, einfach so, aus Freundlichkeit.
Und deshalb hier, von mir, ein kleines JUCHUH, dass es das www gibt.



Anthrocon 2010 Pittsburg

Die Anthrocon ist die weltweit größte Convention der Furry-Bewegung und findet jährlich im Juni oder Juli in Pittsburgh, Pennsylvania statt.
Wiki sagt: Furry (engl. pelzartig, mit Pelz besetzt oder mit Pelz bekleidet) ist der Sammelbegriff für eine internationale Interessen-Gruppierung, die an anthropomorphen Tieren in Schrift, Bild und Ton interessiert ist. Dies reicht vom typischen Werwolf bis hin zu tierischen Cartoon- und Comicfiguren.

Glück - Raymond Carver


Happiness                                                                 Glück

So early it's still almost dark out.                 So früh, dass es fast noch dunkel ist draussen.
I'm near the window with coffee,                    Ich bin in der Nähe des Fensters mit Kaffee,
and the usual early morning stuff                       und dem üblichen frühmorgendliche Kram
that passes for thought.                                                            der als Denken durchgeht.
When I see the boy and his friend                     Als ich den Jungen sehe und seinen Freund
walking up the road                                                                      die Straße hochlaufend,
to deliver the newspaper.                                                      um die Zeitung auszuliefern.
They wear caps and sweaters,                                           Sie tragen Mützen und Pullover.

and one boy has a bag over his shoulder.  
und ein Junge hat eine Tasche über der Schulter.

They are so happy                                                                              Sie sind so glücklich
they aren't saying anything, these boys.                          sie sagen gar nichts, diese Jungs.


I think if they could, they would take                 Ich denke, wenn sie könnten, würden sie 
each other's arm.                                                                                einander umarmen.
It's early in the morning,                                                                 Es ist früh am Morgen,
and they are doing this thing together.                       und sie tun diese Sache gemeinsam.
They come on, slowly.                                                                Sie nähern, sich langsam.
The sky is taking on light,                                                               Der Himmel wird licht,
               though the moon still hangs pale over the water.        
                                  obwohl der Mond noch blass über dem Wasser hängt.

Such beauty that for a minute                                 Solche Schönheit, dass für eine Minute
death and ambition, even love,                                             Tod und Ehrgeiz, sogar Liebe
doesn't enter into this.                                                                     nicht Teil davon sind.
Happiness. It comes on                                                                            Glück. es kommt
unexpectedly. And goes beyond, really,                    unerwartet. Und übersteigt, wirklich,
any early morning talk about it.                                jedes morgendliche Gerede darüber.

Raymond Carver 

Bild: Buddhas Manifestation der Freude - Zhang Daqian - 1946

Samstag, 17. August 2013

GEORGE HERBERT - LIEBE III



Liebe. Das Mysterium. 
Ein merkwürdiges Gedicht.
Geschrieben von einem Priester der Church of England,
veröffentlicht in dem Gedichtband "Temple", 1633, kurz nach seinem Tod.

Ich, der ich Atheist bin, habe das Gefühl, hier wird etwas Wahres gesagt 
über die Liebe. 

Love

Love bade me welcome; yet my soul drew back,
Guilty of dust and sin.
But quick-eyed Love, observing me grow slack
From my first entrance in,
Drew nearer to me, sweetly questioning
If I lack'd anything.

'A guest,' I answer'd, 'worthy to be here:'
Love said, 'You shall be he.'
'I, the unkind, ungrateful? Ah, my dear,
I cannot look on Thee.'
Love took my hand and smiling did reply,
'Who made the eyes but I?'

'Truth, Lord; but I have marr'd them: let my shame
Go where it doth deserve.'
'And know you not,' says Love, 'Who bore the blame?'
'My dear, then I will serve.'
'You must sit down,' says Love, 'and taste my meat.'

So I did sit and eat.


LIEBE
Versuch einer wörtlichen Übersetzung
Reimschema: ABABCC

Liebe bot mir Willkommen; doch meine Seele schreckte zurück,
Schuldig an Staub und Sünde.
Doch die aufmerksame Liebe, sah wie ich zusammensackte
Bei meinem ersten Einreten,
Trat näher und fragte zart,
Ob ich etwas bräuchte. (Ob mir etwas fehlte.)

 'Ein Gast', antwortete ich, 'wert hier zu sein:'
Die Liebe sagte, 'Der wirst du sein.' ('Du wirst er sein.')
'Ich, der Unfreundliche, Undankbare? Ah, mein Lieb,
Ich kann Dich nicht ansehen.'
Die Liebe nahm meine Hand und entgegnete lächelnd,
'Wer hat die Augen gemacht, wenn nicht ich?'

 Richtig, Herr, aber ich habe sie ruiniert: laß meine Schande
Gehen wohin sie gehört.'
'Und weisst du nicht', sagt die Liebe,'Wer die Schuld auf sich genommen hat?'
'Mein Lieb, dann will ich dienen.'
'Du mußt dich setzen', sagt die Liebe, 'und mein Fleisch kosten.'

Da habe ich mich hingesetzt und gegessen. 


Abendmahl 
Jacopo Bassano 1542

Liebe

Die Liebe empfing mich; doch meine Seele hielt sich zurück,
Schuldig des Staubes und der Sünde.
Doch die geistesgegenwärtige Liebe sah mich zögern.
Als sie mich erblickte,
Trat sie auf mich zu und fragte mich,
Ob mir etwas fehle.

„Ein Gast“, antwortete ich, „ würdig hier zu sein.“
Die Liebe sagte, „ Du sollst dieser Gast sein.“
„ Ich, der Unfreundliche, der Undankbare? Ah, meine Teure,
ich kann Ihnen nicht in die Augen schauen.“
Die Liebe nahm meine Hand und antwortete lächelnd,
„ Wer hat diese Augen denn gemacht, wenn nicht ich?“

„ Das ist wahr, meine Herrin; doch ich habe sie sie befleckt:
lass meine Schande zuschanden gehen.“
„ Und weißt du nicht,“ sagt die Liebe, „wer die Schuld auf sich nimmt?“
„Meine Teure, dann will ich von nun an dienen.“
„ Setz Dich,“ sagt die Liebe,“ und koste von meinem Fleisch.“

Da setzte ich mich und begann zu essen.
Aus dem Englischen  übertragen von Stefanie Golisch

 
Mathias Gruenewald
Abendmahl, um 1500

LIEBE

Die Liebe grüßt’mich, doch mein Herz wich weg
voll Schuld und Sünd und Schmutz.
Doch flinke Liebe, die mein Zögern sah,
als ich am Eingang stand,
trat näher, stellte zart die Frage,
ob irgend etwas fehlt. 
Ein Gast, erwidert’ ich, der wert ist, hierzu sein.
Sie sprach: Du sollst es sein.
Bin ich nicht lieblos, undankbar? Geliebter, ach, 
wie könnt’ ich dich anschaun!
Die Hand nahm Liebe, lächelnd wand sie ein:
Wer schuf das Aug’ als ich? 
Wahr, Herr! Doch ich verdarb es; meine Schmach
sei, wo sie hingehört.
Weißt du denn nicht, sprach Liebe, wer die Schande trug?
Lass dienen, Liebster, dir.
Du setz’ dich hin, sprach Liebe, kost’ mein Mahl!
So setzt’ ich mich und aß.
Übertragung aus G. Stachel,
Simone Weil - Christus - die katholische Kirche, in:
Religionspädagogische Beiträge 37/ 1996, S. 78 f


Abendmahl
Unbekannter Maler, um 1500

LIEBE

Liebe bot mir Willkomm; doch meine Seele schrak zurück,
In Schuld des Staubes, Schuld der Sünde.
Sie aber, Liebe, flinken Auges merksam, wie ich träg
Den Fuß kaum von der Schwelle setzte,
Drang näher an mich, zärtlich fragend,
Ob etwas mir zu mangeln schien.

Ein Gast, gab ich zur Antwort, würdig dieses Orts.
Und Liebe sprach: Du sollst es sein.
Ich, der des Undanks, der Ungüte voll? ach, lieber Freund,
Der nicht dich anzuschauen vermag.
Liebe ergriff mich bei der Hand und sagte lächelnd:
Wer schuf die Augen, wenn nicht ich?

Zu wahr, Herr, aber ich verdarb sie nur; lass meine Schande
Dort hingehn, wo sie es verdient.
Und weisst du nicht, spricht Liebe, wer den Tadel auf sich nahm?
Dann will ich, lieber Freund, dir dienen.
Du musst, spricht Liebe, niedersitzen und mein Mahl genießen.

So setzte ich mich denn und aß.
Ins Deutsch nachgebildet von Wolfgang Kaussen


Simone Weill über die Erfahrung dieses Gedichts:

There was a young English Catholic there from whom I gained my first 

idea of the supernatural power of the sacraments because of the 
truly angelic radiance with which he seemed to be clothed after 
going to communion. Chance -- for I always prefer saying chance 
rather than Providence -- made of him a messenger to me. For he 
told me of the existence of those English poets of the seventeenth 
 century who are named metaphysical. In reading them later on, 
I discovered the poem of which I read you what is unfortunately
 a very inadequate translation. It is called "Love". I learned it by heart. 
 Often, at the culminating point of a violent headache, I make myself 
say it over, concentrating all my attention upon it and clinging with 
all my soul to the tenderness it enshrines. I used to think I was merely 
reciting it as a beautiful poem, but without my knowing it the recitation 
had the virtue of a prayer. It was during one of these recitations that, 
as I told you, Christ himself came down and took possession of me...
Moreover, in this sudden possession of me by Christ, neither my senses 
nor my imagination had any part; I only felt in the midst of my suffering 
the presence of a love, like that which one can read in the smile 
on a beloved face.

Excerpts from a letter written by Simone Weill in Marseilles, France about May 15, 1942 to her close friend Father Perrin

Während dieses Aufenthaltes in Solesmes lernte Simone Weill ein Gedicht 

von George Herbert auswendig: „Liebe“. Eines Tages nahm die Rezitation 
die Gestalt eines Gebetes an, Christus ist herabgekommen und hat mich ergriffen...In diesem Augenblick intensiver physischer Schmerzen, als ich 
mich bemühte zu lieben, da habe ich eine Präsenz gespürt, die persönlicher, sicherer, wirklicher war als die eines menschlichen Wesens, unerreichbar für 
die Sinne und die Einbildungskraft, analog der Liebe die unter dem 
zärtlichsten Lächeln eines geliebten Wesens hervor scheint. 

Wiki schreibt: Simone Weil (* 3. Februar 1909 in Paris; † 24. August 1943 in Ashford, England) 
war eine französische Philosophin jüdischer Abstammung.

 

Freitag, 16. August 2013

Zwei Dumme Hühner - Two Stupid Chicken


 "Wie komme ich auf die andere Seite?"
"Du bist auf der anderen Seite!"
©1996 UFS, Inc.

Hans Asper - Maler grimmiger Menschen



Hans Asper 

wurde 1499 in Zürich geboren und ist am 21. März 1571 in Zürich gestorben.


 Cleophea Holzhalb
Hans Asper, 1538 

    Ein bösblickende Frau mit zwei Raubtieren auf dem Schoß. Der Hund hat die
    Hauer eines Ebers, die Katze lächelt in Vorfreude auf den blutigen Kampf. 
    Und das Frauchen? Ich, für meinen Teil, wäre ihr nicht gern nachts auf einer
    Zürcher Strasse begegnet.



katze am abend

ich vermute du hast
mäuse im kopf
und einen mächtigen nachtschwarzen kater,

katze am abend.
was aber tust du wenn dein
mächtiger nachtschwarzer kater
mäuse vor deinen augen
auffrisst, katze am abend?
 
ernst jandl


Der Zürcher Reformator Huldreych Zwingli 
Hans Asper, 1549 
    
    Er soll gesagt haben: 
    "Wisset, daß dieses Leben ein Elend ist und keine Seligkeit!" 
    und so sieht er hier leider auch aus. Aber vielleicht liegt es auch am Maler, denn 
    auf Dürers Porträt ist der Eindruck ein ganz anderer.

Der Reformator Ulrich Zwingli
 Albrecht Dürer, 1516


Mittwoch, 14. August 2013

Gary Larson - Die Andere Seite - The Far Side


GARY LARSON geboren am 14. August 1950, litt als Kind unter einer schweren Monsterphobie, was seinen älteren Bruder dazu verführte, sich im Kleiderschrank zu verstecken und wenn Gary im Bett lag und das Licht ausgemacht worden war, unter Ächzen und Grunzen daraus hervorzubrechen. Die Spätfolgen sehen wir hier.
 
"Ein Katzenmörder? Ist das das Gesicht eines Katzenmörders?
Katzenerschrecker vielleicht. Aber hey - wer ist das nicht?"

Der blaue Vogel des Glücks schon lange nicht mehr Teil seines Lebens,
bekam Ted Besuch vom Huhn der Depression.

Katzenfuter


Nach vielen Jahren ehelichen Glücks, begann die Stimmung 
im Haushalt der Kents angespannt zu werden.

Die Evolution des Strichmännchens

Von den Anderson-Brüdern hat niemand jemals wieder etwas gehört.
 
"Anthropologen! Anthropologen!"

Alle Zeichnungen © Gary Larson

Dienstag, 13. August 2013

PROTEST UND DIE OLYMPISCHE CHARTA - PROTEST AND THE OLYMPIC CHARTA


Wiki schreibt:
Am 30. Juni 2013 unterzeichnete Präsident Wladimir Putin ein Gesetz auf föderaler Ebene, das jegliche positiven Äußerungen über Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen oder über Medien wie das Internet unter Strafe stellt. Der Staat erkennt keine gleichgeschlechtliche Partnerschaften an und verbietet seit dem 3. Juni 2013 auch die Adoption durch gleichgeschlechtliche Ehepaare im Ausland.

Zitat aus der Süddeutschen Zeitung vom 11. Juli 2013:

Wer Informationen verbreitet, die bei Kindern und Jugendlichen "auf eine nicht traditionelle sexuelle Einstellung abzielen", muss künftig bis zu eine Million Rubel (etwa 25 000 Euro) Strafe zahlen. Betroffen ist auch die entsprechende "Propaganda" durch Ausländer. Sie können festgenommen und des Landes verwiesen werden.

Ich hatte gestern auf Facebook vorgeschlagen, dass die deutschen Sportler doch regenbogenfarbene Sportkleidung zu den Olympischen Spielen in Sotschi tragen könnten, um ihre Haltung zu dem, mit großer Mehrheit, von der Duma verabschiedeten "Gesetz zum Schutz Minderjähriger vor homosexueller Propaganda", zu demonstrieren.

Aber heute las ich dies, was die offiziellen Möglichkeiten des Protestes innerhalb der Olympischen Spiele betrifft:

OLYMPISCHE CHARTA

Regel 51 Werbung, Demonstrationen und Propaganda


51.3. Jede Demonstration oder politische, religiöse oder rassische Propaganda ist an den olympischen Stätten, Austragungsorten oder in anderen olympischen
Bereichen untersagt.
Durchführungsbestimmung zu Regel 51
1. Auf der Person, auf Kleidung, Zubehör oder – allgemeiner – auf jedwedem Kleidungsstück oderAusrüstungsgegenstand, die von Athleten oder anderen
Teilnehmern an den Olympischen Spielen getragen oder benutzt werden, darf keinerlei Form von Werbung oder gewerblicher oder anderer Propaganda erscheinen mit Ausnahme – wie in Absatz 8 definiert – der Angabe des Herstellers des betreffenden Artikels oder Ausrüstungsgegenstandes,
sofern diese Herstellerbezeichnung nicht auf eine ostentative Weise zu Werbezwecken angebracht ist.
...
Jeder Verstoß gegen die Vorschriften dieser Klausel kann die Disqualifikation und den Entzug der Akkreditierung der betroffenen Person nach sich ziehen.
Die diesbezüglichen Entscheidungen der IOC- Exekutivkommission sind endgültig. 

Russische Föderation, Reise - und Sicherheitshinweise:
Homosexualität ist in Russland nicht strafbar. Jedoch ist die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in der russischen Gesellschaft gering.
Das föderale Gesetz gegen "Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen" ist am 30. Juni 2013 in Kraft getreten. Durch das Gesetz drohen auch Ausländern bei Weitergabe von Informationen, öffentlicher Demonstration und Unterstützung von Homosexualität Geldstrafen in Höhe von bis zu 100.000 Rubel (rund 2.300 Euro), bis zu 15 Tage Haft und die Ausweisung aus der Russischen Föderation.
Es wird auf jüngste Vorfälle von Gewalt von nicht-staatlicher Seite hingewiesen, in denen es zu Übergriffen auf Homosexuelle und gleichgeschlechtliche Paare gekommen ist. Weitere gewalttätige Übergriffe, insbesondere bei öffentlichem Zeigen gegenseitiger Zuneigung, sind nicht auszuschließen.
In den russischen Regionen St. Petersburg, Leningrader Gebiet, Kostroma, Archangelsk, Rjasan Magadan, Nowosibirsk, Krasnodar, Samara, Baschkortostan und Kaliningrad bestehen bereits Gesetze, wonach die öffentliche Demonstration und Unterstützung von Homosexualität, sogenannte "Propaganda für Homosexualität", mit Geldstrafen geahndet werden kann.

OLYMPIC CHARTER

Chapter 51 Advertising, Demonstrations.Propaganda

51.3.
No kind of demonstration or political, religious or racial propaganda is permitted in any Olympic sites, venues or other areas.

By-law to rule 51
1. No form of publicity or propaganda, commercial or otherwise, may appear on persons, on sportswear, accessories or, more generally, on any article of clothing or equipment whatsoever worn or used by the athletes or other participants in the Olympic Games,
except for the identification – as defined in paragraph 8  – of the manufacturer of the article or equipment concerned, provided that such identification shall not be marked conspicuously for advertising purposes.
...
Any violation of the provisions of the present clause may result in disqualification or
withdrawal of the accreditation of the person concerned. The decisions of the IOC
Executive Board regarding this matter shall be final.


Sonntag, 11. August 2013

Dylan Thomas - Die Hand Die Unterschrieb - The Hand That Signed The Paper



DIE HAND DIE UNTERSCHRIEB

Die Hand die unterschrieb hat eine Stadt ruiniert;
Fünf herrschende Finger brachten dem Atem Not,
Haben die Toten des Erdballs verdoppelt, ein Land halbiert;
Diese fünf Könige gaben einem König den Tod.

Zu einer fallenden Schulter führt die mächtige Hand,
Ihre Fingergelenke sind krampfig von Gicht;
Ein Gänsekiel machte dem Mord ein End’,
Der hatte dem Gespräch ein End’ gemacht.

Die Hand die unterschrieb brütete Fieber,
Und Hunger wuchs, Heuschrecken kamen;
Groß ist die Hand die Herrschaft ausübt über
Menschen durch einen Krähenfuß von Namen.

Die fünf Könige zählen die Toten, doch ohne die Stirne
Zu streicheln oder die krustige Wunde zu schließen;
Eine Hand regiert Mitleid wie eine Hand die Sterne;
Hände können keine Tränen vergießen.

Übersetzt von Erich Fried

THE HAND THAT SIGNED THE PAPER

The hand that signed the paper felled a city;   
Five sovereign fingers taxed the breath,   
Doubled the globe of dead and halved a country;   
These five kings did a king to death.

The mighty hand leads to a sloping shoulder,   
The finger joints are cramped with chalk;   
A goose’s quill has put an end to murder   
That put an end to talk.

The hand that signed the treaty bred a fever,   
And famine grew, and locusts came;
Great is the hand that holds dominion over   
Man by a scribbled name.

The five kings count the dead but do not soften   
The crusted wound nor stroke the brow;   
A hand rules pity as a hand rules heaven;   
Hands have no tears to flow.
 
Dylan Thomas 1936
 
Hier liest Richard Burton das Gedicht:

In der Dokumentation "Fog of War" über Robert S. McNamara, der, unter anderem, 1961 bis 1968, also während der intensivsten Phase des Vietnamkrieges, Verteidigungsminister der USA war, rezitiert dieser das Gedicht auswendig in die Kamera. Was bedeutet das?

 D.Th.

Aus einem Brief an Pamela Hansford-Johnson:
Meine Verse, all meine Verse haben nur ein Zehntel der Intensität. Dies sind nicht die Worte, die ausdrücken, was ich ausdrücken möchte. Dies sind die einzigen Worte, die ich finden kann, die in etwa die Hälfte ausdrücken. Und das ist nichts. Ich bin ein verrückter Benutzer von Worten, kein Dichter. Das ist wirklich die Wahrheit, kein Selbstmitleid.
 

Samstag, 10. August 2013

Theater hat auch Theaterstücke über Theater


Es gibt Theaterstücke über Theater: Raub der Sabinerinnen, Der Nackte Wahnsinn, Bullets Over Broadway, Othello Darf Nicht Platzen. Ich habe all diese Stücke schon toll gesehen und auch grässlich, da ist immer ein Riesenunterschied zwischen anbiedernder Selbstverachtung und der Fähigkeit sich nicht allzu ernst zu nehmen und sich dem Gelächter der Zuschauenden anzubieten. Bitte anbieten, nicht anbiedern, bitte.  

In diesen Stücken kommt es vor, dass Schauspieler als Schauspieler auftreten. Also sie, die Schauspieler, spielen andere Schauspieler, was leider meist dazu führt, dass sie ungewöhnlich schlechte Schauspieler spielen. 
Zum Beispiel Sein Oder Nichtsein von Ernst Lubitsch nach Noch ist Polen nicht verloren von Melchior Lengyel: Herr Joseph Tura, soll laut Text ein großartiger Darsteller sein, aber meist bekommen wir einen knödelnden, chargierenden, Trottel- Hamlet geboten, der so oft, offensichtlich und unprofessionell aussteigt, dass er nicht mal an einer dörflichen Laienbühne tragbar wäre. Die Ausrede, dass es sich um eine emotionale Notsituation der Figur handelt, zieht nicht, da habe ich schon Kollegen mit massiveren Problemen erlebt, die doch noch in der Lage waren, die Vorstellung halbwegs über die Runden zu bringen. Ich bin wahrlich keine Verfechterin der dezenten Komik, aber warum sollte jemand nur komisch sein können, wenn er auch blöd ist? 
Oder die Schauspieler in Hamlet müssen sich einen langen Monolog lang anhören, in dem ihnen der Prinz von Dänemark ihren Beruf erkärt. Nun gut, er ist Prinz, also müssen sie wohl zuhören, aber wie hören sie zu? Meist wie dankbare Kinder, die nun endlich begreifen, was sie bisher nicht verstanden haben. War Hamlet in Wittenberg im Regieseminar?  
Katharina Thalbach hat mal eine ganz wunderbare, zauberische Inszenierung vom Raub der Sabinerinnen erarbeitet. Da stimmte alles, die Sehnsucht nach ernsthafter Größe und Kunst und das radikale Scheitern aus Geldnot, Talentnot und/oder anderen ungünstigen Umständen.
Unser verflixter Beruf hat oft einen wirklich schlechten Ruf. "Was macht ihr denn tagsüber?" oder "Wie könnt ihr euch nur den ganzen Text merken?", ist jeder von uns schon gefragt worden. Die Idee von einem Haufen versoffener, sexuell überaktiver Faxenmacher, die für ein bisschen Applaus Großmütter töten und Hosen fallen lassen, ist weit verbreitet. Aber dass wir uns selber so unter den Scheffel schubsen, wenn wir einen der unseren auf die Bühne bringen, hat mich immer erstaunt.


Tony Zuvela

Karel Capek: Wie ein Theaterstück entsteht

"Das Theater ist eben eine Stätte der Wunder, das grösste Wunder ist allerdings, dass es überhaupt funktioniert."

"Wir wollen hier keineswegs den fälschlichen Eindruck erwecken, als verstünden wir das Theater, Fakt ist, dass niemand das Theater versteht, weder die auf den Brettern in Ehren Ergrauten noch der älteste Direktor, ja nicht einmal die Kritiker."


Theatermasken der Tragödie und Komödie
 Mosaik Rom 2. Jahrhundert
"Das Schauspielergewerbe ist härter als Kriegführen; und falls jemand von Ihnen Schauspieler werden möchte, dem rate ich an Vaters und Mutters Stelle mit gefalteten Händen und erhobener Stimme davon ab, nun ja, wenn er es aber mit aller Gewalt will, dann prüfe er zuvor seine Widerstandskraft, seine Geduld, erprobe die Blasebälge, Pfeifen und Register, dann erfahre er am eigenen Leibe, wie man unter der Perücke oder unter der Schminke schwitzt, dann überlege er, ob er es aushält, nackt im Frost zu gehen oder, in Wattesachen verpackt, ein Dampfbad zu nehmen, ob er fähig ist, acht Stunden hintereinander zu stehen, zu laufen, zu schreien, zu flüstern, sein Mittag- und Abendessen aus einem Stück Papier einzunehmen, nach Wanzen stinkenden Mastix unter der Nase zu haben, von Scheinwerfern gebraten und von der Windmaschine aus der Versenkung angeblasen zu werden, etwa soviel Tageslicht zu sehen wie ein Bergmann, sich mit allem was man anfasst, zu beschmieren, Pech im Kartenspiel zu haben, eine halbe Stunde lang nicht niesen zu dürfen, ein von zwanzig Vorgängern durchschwitztes Trikot zu tragen, sechsmal die Kleider von der verbrühten und regelrecht dampfenden Blöße zu streifen, mit Knochenhautentzündung, Angina, und meinethalben auch Beulenpest zu spielen und noch viele andere Qualen zu erdulden, die ein Schauspieler, der spielt, zu erleiden hat; wobei ein Schauspieler, der nicht spielt, hundertfach schlimmere Martern aussteht."

Karel Capek: Wie ein Theaterstück entsteht 1925
http://www.exil-archiv.de/grafik/biografien/capek/capek.pdf