Dienstag, 9. Juni 2015

Wolfgang Herrndorf - tötete sich selbst am 26. August 2013 in Berlin am Hohenzollernkanal

Wie wär's, wenn wir uns einfach in fünfzig Jahren wiedertreffen?
Wolfgang Herrndorf



Ein Totengedenktag, fast zwei Monate zu früh.

Arbeit und Struktur, Wolfgang Herrndorfs Blog über seine Arbeit und sein Leben, geschrieben in Ungewissheit in den Jahren seines Sterbens. Die Texte habe ich gelesen an dem Abend als die Nachricht seines Todes öffentlich wurde, gelesen und beweint bis zum nächsten Morgen. So schön, so traurig, so klug, so bar aller Sentimentalität, dass es mich fast zerrissen hat. Es geschieht selten, dass ich weine während ich lese.
  HERBSTTAG

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. 


Rainer Maria Rilke

http://www.zeit.de/2014/39/wolfgang-herrndorf-roman

http://www.sueddeutsche.de/kultur/arbeit-und-struktur-von-wolfgang-herrndorf-abschliessen-wollte-er-nicht-aufhoeren-1.1837839-2

http://www.wolfgang-herrndorf.de/archiv/ 

"Im Projekt Regression noch mal Wackenroder gelesen: “Was soll ich aber von jenen sagen, die mir immer am verdrießlichsten gefallen sind und die meiste Langeweile erregt haben? – Die als Knaben mit unnützer Hitze und wilder Eitelkeit über Kunst und Wissen fielen und alles wie Blumen pflückten und rissen, um sich damit zu putzen; die als Jünglinge noch Knaben blieben, und sich bald mutlos dem Eigennutze, der Sorge für ihre dürftige Wohlfahrt überließen, die sie ihr Schicksal, ihr Verhängnis nannten? – Immer tiefer in das Leben hineingelebt, fällt es wie Mauern hinter jedem ihrer Schritte, den sie zurückgelegt haben; sie sehn auch nur vorwärts, ihrem Gewinne, ihren Titeln, ihrer Ehrerbietung entgegen, die ihnen andre bezeigen, immer enger wird ihr Weg zu beiden Seiten, immer mehr schrumpft ihr Herz zusammen, und das, woran sie leiden, ist ihr Stolz, ihre Krankheit ist ihr Glück, die sie Erfahrung und Weisheit nennen. Sie billigen mit einschränkendem Bedauern die Begeisterung, weil sie sie für das Jünglingsfeuer halten, an dem sie sich als Kinder auch verbrannten, um sich nachher desto mehr davor zu hüten: sie behandeln den Enthusiasten gern wie einen jüngern unmündigen Bruder, und sagen ihm, wie mit den Jahren alles, alles schwindet, und wie er dann das eigentliche Leben, die eigentliche Wahrheit kennenlernt. So unterweist der Schmetterling den Adler, und will, daß er sich doch auch einmal, wie er getan, einspinnen soll, und dem Fluge und der tändelnden Jugend ein Ende machen. So wahr ist es, daß viele in der Unerfahrenheit der Jugend noch am besten sind, daß die Klugheit der Jahre sie erst mit dem dichtesten Nebel überhängt, und daß sie dann den Glanz der Sonne leugnen.”

https://www.freitag.de/autoren/magda/berlin-hohenzollernkanal 

Montag, 1. Juni 2015

MAD MAX: FURY ROAD


Australische Filme aus den Achtzigern, vor Jane Campion, vor Baz Luhrman, vor der wundervollen "Priscilla, Queen of the Desert" und auch vor Peter Jackson - viel fällt mir da nicht ein. Eigentlich nur Peter Weir und George Miller. 
Peter Weir: "The Last Wave", "Gallipoli" (mit Mel Gibson), The Year of Living Dangerously (mit Mel Gibson) und natürlich, obwohl nicht mehr sehr australisch, die Dead Poet's Society.

O Kapitän, mein Kapitän! Die grause Fahrt ist aus,
Dein Schiff hielt jedes Wetter aus und trägt den Preis nach Haus,
Die Glocken dort im nahen Port, sie läuten dir vom Turm,
Die Menge jauchzt und folgt dem Kiel, der grimmig fest im Sturm.

Doch o Herz, Herz, Herz!
O Tropfen blutigrot!
Wo auf dem Deck mein Kapitän
Gefallen, kalt und tot.

Walt Whitman, übersetzt von W. Schölermann

Zu "Gallipoli" die Erinnerung an ein Totenfeld in der Normandie übersät mit weißen Kreuzen in strenger Ordnung, alles Australier, gefallene Soldaten des Ersten Weltkrieges, keiner älter als 19.

Und dann kam da dieser komische Film über einen sehr zornigen Mann in einer Welt in der nur noch das Auto, und die Fähigkeit es zu fahren, den Menschen mit der offenbar durch unsere Nachlässigkeit zerstörten Zivilisation verband. Mel Gibson, mit dem Charme eines unschuldigen Psychopathen, gepeinigt von den Erinnerungen an seine ermordete Familie, raste, schoß, litt in fremdartigen, krassen, unnahbaren Landschaften. Neu und aufregend. Die nächsten zwei Teile waren kostspieliger, aber immer noch wild. Mad Max. 
Mel Gibson hat mir diese frühen Filme und auch ein paar gute, die er später gedreht hat, durch sein Outing als katholisches, antisemitisches, homophobes Arschloch fast versaut. 
Miller hat dann so Zeugs gedreht. Nichts wichtiges. 
Und jetzt, 35 Jahre später: Mad Max Teil 4. 
Der Dialog ist auf das absolute Minimum zusammengekocht, Stöhnen, Grunzen, Atmer, Blicke, eigenartige Gesten erzählen ganze Grundsatzkonversationen. Max ist bei Tom Hardy, nicht photogen psychpathisch, seine Stimmen sind alte Bekannte und für Rachephantasien ist er zu erschöpft und zu beschäftigt damit, zu überleben. Er ist eher Opfer, Beobachter des Geschehens, nicht der Macher, der Protagonist, eher der Narr, der alles weiß, alles erleidet und sich doch nie verändern kann.

 

NARR:

Aus ging die Kerze und um uns wurd’s düster.

William Shakespeare "König Lear" 
Charlize Theron, oder Imperator Furiosa ist die Handlungstreibende, die Rachegöttin. Ich bin nicht ausreichend gewandt in den aktuellen Feminismusdebatten, aber das ahnungslose hübsche Mädchen und schicksalsgeschüttelte Großmütter den Hauptteil des "Endkampfes" bestritten, hat mir gefallen.

Die Großen, oder guten Science Fiction Filme sind einfach, aber nicht einfarbig. Weiß und schwarz gibt es nicht, aber deutlich erkennbare Graustufen. 

Fast ein Ballettfilm, wunderbar choreographiert, rhythmisch immer genau auf dem Punkt. John Seale hat die Bilder erschaffen, stark und überraschend. Er war schon pensioniert und ist zurückgekommen.

Was wünsche ich mir, wenn ich in einen Actionfilm gehe? Atemlosigkeit, Überraschung, Spannung und Hoffnung. Habe ich alles bekommen.

Dieser Mann beschreibt es viel besser und auf den Punkt genau.
http://www.newyorker.com/magazine/2015/05/25/high-gear-current-cinema-anthony-lane 
 

Sonntag, 31. Mai 2015

Maler der zweiten und dritten Reihe


Emile Bernard Die Weizenernte 1888

Die Modernität ist das Vergängliche, das Flüchtige, das Zufällige, die eine Hälfte der Kunst, deren andere Hälfte das Ewige und Unwandelbare ist. Das Schöne besteht aus einem ewigen, unveränderlichen Teil, dessen Quantität außergewöhnlich schwierig zu bestimmen ist, und einem relativen, von Umständen abhängigen Teil, der, wenn man will, einer nach dem anderen oder auch alle zusammen, die Epoche, die Mode, die Moral, die Leidenschaft sein kann.
Baudelaire in seinem Aufsatz "Le Peintre de la vie" - "Maler des modernen Lebens" - 1863 erschienen im Pariser Figaro 


Emile Bernard Eisenbahnbrücke 1887

Gestern in der Bremer Kunsthalle in einer Ausstellung von Zeichnungen und Gemälden von Emile Bernard - einige gute Bilder, aber mir wurde ganz traurig zumute, als ich von Saal zu Saal ging, von Stilwechsel zu Stilwechsel, und sah, wie ein begabter Mann auf der Suche nach "seinem" Stil immer unschärfer, manchmal sogar peinlich wurde. Bernard war mit Lautrec befreundet, mit van Gogh, mit Cezanne, er hat gemalt und verglichen und anders gemalt und sich nie als genügend empfunden. So wirkte es jedenfalls auf mich.  

Claude Monet Railway Bridge at Argenteuil 1873
Das hängt nicht in Bremen!

Später beim Gang durch andere Säle mit den Bildern anderer Maler der gleichen Zeit: immer wieder Einbruch der Technik, metallener Konstruktionen, von Härte, Moderne und Geschwindigkeit in die Welt.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/ausstellung-zu-emile-bernard-der-kuenstler-den-van-gogh-bewunderte-13489247.html 

Gustave Caillebotte "Pont de l'Europe" 1876

http://www.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article110097831/Der-Maler-des-modernen-Lebens.html 

 
Louis Anquetin Der Windstoß auf der Seine-Brücke 1889 
 

Samstag, 30. Mai 2015

DER PATERNOSTER & DAS VATERUNSER


DER PATERNOSTER & DAS VATERUNSER

Unser Vater in dem Himmel!
Dein Name werde geheiliget.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel.
Unser täglich Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schulden,
wie wir unsern Schuldigern vergeben.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Übel.

Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

Der Paternoster, oder unschöner der Personenumlaufaufzug, wurde 1880 als Transportmittel für Pakete erfunden. Erst Jahre später wurde er auch von menschlichen Passagieren genutzt. 
Weil er durchgehend in Bewegung bleibt, verbraucht er weniger Energie als ein gewöhnlicher Aufzug, er gleitet elegant in einer ununterbrochenen Ellipse dahin und, wenn man ihn betritt, vermittelt er einem ein angenehm abenteuerliche Gefühl. Denn was würde passieren, wenn man den letzten Ausstieg verpasst und ganz oben kopfüber umgestülpt würde? Absturz oder ein neues Leben als Gegenfüßler? Als Antipode?

"Was verkünden denn jene, die meinen, es gebe Antipoden, die uns die Füße zukehren? Ja, wer ist denn so töricht wie der, der glaubt, es gebe Menschen, deren Füße über den Köpfen sind? Oder wo das, was bei uns herunter zeigt, nach oben hängt? Wo Pflanzen und Bäume nach unten wachsen? Wo Regen und Schnee und Hagel zur Erde nach oben fallen?" Laktanz

Liste von Paternosteraufzügen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Paternosteraufz%C3%BCgen 
Wie funktioniert ein Paternoster:
http://www.wissen.de/wie-funktioniert-ein-paternoster-aufzug 

Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) zur Verbesserung des Arbeitsschutzes bei der Verwendung von Arbeitsmitteln durch Beschäftigte sowie dem Schutz Dritter beim Betrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen wurde jetzt dahingehend verändert, dass nur noch gründlich eingewiesene Personen, die ihre Informiertheit durch ihre Unterschrift bestätigt haben, Paternoster befahren dürfen.
„Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass Personenumlaufaufzüge nur von Beschäftigen benutzt werden."  Also müssen für Besucher nun Fahrstühle eingebaut werden?



Der Name Paternoster spielt auf seine Bauweise an. Die Personenkabinen sind hintereinander an einer Kette installiert. Das Prinzip ähnelt der Aufreihung der Perlen an einem katholischen Rosenkranz zum Abzählen der Gebete Ave Maria und Vater Unser, auf lateinisch Paternoster. Erfunden wurde der Personenumlaufaufzug im 19. Jahrhundert in England. Das Londoner Postamt kam 1876 in den Genuss des ersten Paternosters der Welt. Dieser wurde zunächst jedoch nur für Pakete verwendet. Der erste Umlaufaufzug zur Personenbeförderung wurde 1884 in Betrieb genommen. Zwei Jahre danach kam der erste deutsche Paternoster im Dovenhof in Hamburg zum Einsatz.
http://www.hundt-consult.de/blog/schlechte-nachrichten-fuer-die-betreiber-von-paternostern/ 
 

Freitag, 29. Mai 2015

Dann sterben wir, im Ernst und nicht im Spaß.



                                 Was ist unser Leben? Das Drama der Passion.
                                 Unsre Freude? Ein verwehter Ton.
                                 Im Mutterleib noch hinter den Kulissen,
                                 Bis wir im Schwank des Lebens spielen müssen.
                                 Die Welt ist Bühne. Der Himmel sieht sich an,
                                 Wie keiner seine Rolle spielen kann.
                                 Das Grab, das uns die Sonn vom Leibe hält,
                                 Das ist der Vorhang, der am Stückschluss fällt.
                                 So spieln wir bis zur letzten Ruh ohn Unterlass,
                                 Dann sterben wir, im Ernst und nicht im Spaß.

1588


                                What is our life? The play of passion.
                                Our mirth? The music of division:
                                Our mothers’ wombs the tiring-houses be,
                                Where we are dressed for life’s short comedy.
                                The earth the stage; Heaven the spectator is,
                                Who sits and views whosoe’er doth act amiss.
                                The graves which hide us from the scorching sun
                                Are like drawn curtains when the play is done.
                                Thus playing post we to our latest rest,
                                And then we die in earnest, not in jest. 


                                Walter Raleigh 
                                   Übersetzt von Rainer Iwersen

Am 29. Oktober 1618 wurde Sir Walter Raleigh wegen Verrates an James I. im einem Hof des Westminster Palastes hingerichtet. Seine letzten Worte waren, wird erzählt, an den Henker gerichtet: "Schlag zu, Mensch, schlag zu!" 

http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Raleigh

Dienstag, 26. Mai 2015

Theaterwohnung 8 - Bremen - Neues Glück, neues Spiel



Meine neue Theaterwohnung gewährt den Blick auf eine Fabrik für Wolken



Morgendlicher Beweis 1:


Morgendlicher Beweis 2:


Sonntag, 24. Mai 2015

GEHORSAM - Peter Greenaway im Jüdischen Museum


WO IST DIE WELT?

I am Isaac. 
Ich bin Isaak. 
I am Ismael. 
Ich bin Ishmael.

Unvorstellbarer Vorgang. 

Eine Stimme, die Stimme Gottes, verlangt die Tötung des Sohnes durch den Vater, der Sohn, Isaak oder Ishmael, je nachdem welcher Religion man anhängt, soll sein Brandopfer sein. Der Vater, Abraham, antwortet nicht mit dem erwarteten, erhofften, als sicher angenommenen "Nein.", sondern fragt, was er seiner Frau als Ausrede für den plötzlichen Ausflug geben solle. "Sage ihr, du gehst, mit ihm die Schrift zu studieren."
Vater und Sohn. 
Holz wird geschlagen, auf den Bildern, trägt es der ahnungslose Sohn. Der Vater hält Messer und Feuer.
Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater! Abraham antwortete: Hier bin ich mein Sohn. Und er sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer? Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und gingen beide miteinander.
Das Holz wird aufgeschichtet. Der Sohn wird gebunden und auf  den Holzstapel gelegt. Der Vater holt mit dem Messer aus.
Da rief ihm der Engel des Herrn vom Himmel her zu: Abraham, Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Jener sprach: Streck deine Hand nicht gegen den Knaben aus und tu ihm nichts zuleide! Denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest; du hast mir deinen einzigen Sohn nicht vorenthalten.


Unvorstellbarer Vorgang. 

 Caravaggio Die Opferung Isaaks


Gehorsam


Eine Installation von Saskia Boddeke & Peter Greenaway im Jüdischen Museum Berlin


In 15 Räumen wird über diesen unvorstellaren Vorgang gedacht. Drei große Religionen tragen diese Geschichte in ihren heiligen Büchern mit sich, mit kleinen Varianten und sich stark unterscheidenden Auslegungen. Aber in Torah, Bibel und Koran finden wir die Erzählung vom Vater, der seinen Sohn töten würde, um Gott seine Furcht, seinen Gehorsam zu beweisen.
Mir bleibt da nur Schrecken.

Im letzten Raum zwischen Messern und Opferlämmern aus Pappmaché an einer Wand drei Videoschirme auf denen in unendlicher Folge, zwischen Aufnahmen eines strengen Tanzes, Kinder im Krieg, Kinder in Angst, Kinder als Soldaten, verletzte, getötete, verängstigte Kinder zu sehen sind. 
Ein Junge von vielleicht fünf, Bewohner eines der Krisengebiete unserer Welt, fragt: "Wo ist die Welt?"

https://www.youtube.com/watch?v=sYq5qBPIoeE 

https://www.youtube.com/watch?v=g2H9s5Cylb0

http://www.berliner-zeitung.de/kultur/interview-zum-alten-testament-kein-abraham--kein-moses--kein-exodus-und-keine-zehn-gebote,10809150,30646868.html

Freitag, 22. Mai 2015

Die Gärtnerin von Versailles - A Little Chaos - Ein öder Film



Galaxy Quest

Alan Rickman spricht das Sonett 130 von W. Shakespeare
https://www.youtube.com/watch?v=uAc_YuI9cLE

Alan Rickman in "Truly Madly Deeply" mit Juliet Stevenson
https://www.youtube.com/watch?v=AZ52td1GMT0

Alan Rickman in "Dogma"
https://www.youtube.com/watch?v=vnyo5T32LKk

Alan Rickman als Hans Gruber, Bösewicht in "Die Hard"
https://www.youtube.com/watch?v=TSdpRP_bVOM 

Alan Rickman, Alan Rickman, Alan Rickman...
Die Stimme, die Augen, das Timing...

 Sinn und Sinnlichkeit

All dies vorangestellt, muß ich zu meinem großen Bedauern sagen, dass sein zweiter Film als Drehbuchschreiber, Regisseur und Hauptdarsteller ein prätentiöses, unrhytmisches, langweiliges, ungelenkes Ding geworden ist. Schöne Bilder, schöne Kostüme, schöne Menschen, schöne Pflanzen können nichts gegen die überwältigende Humorlosigkeit und die Angestrengtheit schwitzenden Dialoge ausrichten. 
Ein großartiger Schauspieler nach dem anderen, kommt ins Bild, intoniert hölzern banale Sentenzen, chargiert tiefe Blicke und noch tiefere Pausen, man könnte sie auch Löcher nennen, und verkümmert. Da es ein Film über Gärtner ist, wäre, er geht ein wie eine Primel wohl genauer. Erstaunlich! 
Kate Winslet ist durchgehend bekümmert, Matthias Schoenaerts pausenlos melancholisch, Jennifer Ehle unentwegt spitzmündig und Alan, ja Alan ist wie ein blasser matter Schatten seiner selbst. 
Der Hof Ludwig des XIV. als eine Art Vorabendserienfamilie. Alle eigentlich lieb, nur sehr traurig. Wenn ich da an "Der König tanzt" denke. 
Und ich weiß nicht einmal wo der Film ursprünglich hinwollte, mit seinen irgendwie vagen, aber Bedeutung behauptenden Dialogen - "Wie hat du ihn angelegt? - Hintergründig!"
Echofetzen aus skandinavischen Beziehungsdramen oder Jasmin Reza, wenn sie schlecht übersetzt wird, schwer beschreibbar, aber erschöpfend und manchmal sogar (unfreiwillig) komisch. Wenn Kate Winslet eine sabotierte Schleuse zu schließen versucht, ins Wasser fällt und beinah ertrinkt, erwartet man unwillkürlich, dass Leonardo vorbeigeschwommen kommt. Wäre er doch.

Ach, Alan.



Robin Hood

Die Eisheiligen, die gar nicht eisig sind.


DIE EISHEILIGEN - DIE GESTRENGEN HERREN


  
Pankraz, Servaz, Bonifaz 
machen erst dem Sommer Platz.

Meine Freundin weiß, von ihren Eltern, dass erst nach der Kalten Sophie, Mitte Mai, Gurken, Erbsen, Bohnen gesät werden dürfen und vorher Geranien draußen erfrieren könnten.

 
Pankraz und Servaz sind zwei böse Brüder, 
was der Frühling gebracht, zerstören sie wieder.

Die Eisheiligen finden vom 11. Mai bis zum 15. Mai statt. Aber liegen eigentlich
zwischen dem 20. und 24. Mai!!! So ein Schlamassel!

Mamertus – Montag, 11. Mai 2015
Pankratius – Dienstag, 12. Mai 2015
Servatius – Mittwoch, 13. Mai 2015
Bonifatius – Donnerstag, 14. Mai 2015
Sophia von Rom - Kalte Sophie – Freitag, 15. Mai 2015

Vor Nachtfrost du nie sicher bist, 
bis Sophie vorüber ist.

Da sich die alten Bauernregeln auf den Julianischen Kalender beziehen und sich seit der Gregorianischen Kalenderreform 1582 die Daten verschoben haben, finden heutzutage die Kälteeinbrüche um mehr als eine Woche nach hinten verschoben statt, also erst ab ungefähr dem 20. Mai. Die Namenstage der Heiligen sind aber dennoch auf ihren alten Platz im Kalender verblieben.

http://www.eisheilige.info/
 
 Wetterstatistisch sind die Tage mit häufiger Nord-/Nordost-Wetterlage vom 21. Mai bis 23. Mai. Während dieser Wetterlage strömt Kaltluft von Nord oder Nordost. (Wiki)

Servaz muss vorüber sein, willst vor Nachtfrost sicher sein.

DIE EISHEILIGEN

Die Eisheiligen stehen mit steif gefrorenen Bärten,

aus denen der kalte Wind Schneekörner kämmt,

früh plötzlich in den blühenden Frühlingsgärten,

Nachzügler, Tross vom Winter, einsam, fremd.


Eine kurze Weile nur sind sie hilflos, betroffen,

dann stürzt die Meute auf den Blumenpfad.

Sie können nicht, sich lang zu halten, hoffen;

so wüsten sie in sinnlos böser Tat.



Von den Kastanien reißen sie die Kerzen

und trampeln tot der Beete bunten Kranz,

dem zarten, unschuldsvollen Knospenglück

bereiten sie hohnlachend Schmerzen,

zerstampfen junges Grün in geisterhaft verbissenem Kriegestanz.



Plötzlich mitten in all dem Toben und Rasen

ist ihre Kraft vertan,

und die ersten warmen Winde blasen

aus der Welt den kurzen Wahn.

Max Herrmann-Neisse

Mittwoch, 20. Mai 2015

Niemand ist eine Insel


NO MAN IS AN ILAND 
KEIN MENSCH IST EINE INSEL
KEIN MENSCH IST EIN ICHLAND

Donnes Porträt von 1595 gemalt von einem Unbekannten.
Hier lieg ich von der Lieb erschlagen



JOHN DONNE
Aus seiner Meditation über den folgenden Satz:
 
Nun, die Glocke sanft schlagend für einen andren, sagt mir, Du mußt sterben.
Nunc lento sonitu dicunt, morieris

Now, this Bell tolling softly for another, saies to me, Thou must die.  
 
Niemand ist eine Insel ganz für sich allein. Jedermann ist ein Stück des Kontinents, ein Teil des festen Landes. Wäscht das Meer eine Scholle fort, wird ganz Europa ärmer, so, als ob eine Landzunge verschlungen würde oder ein Schloss, das deinen Freunden gehört oder dir selbst. Jedermanns Tod macht mich ärmer, denn ich bin hineinverstrickt in die Menschenwelt. Und deshalb verlange nie zu wissen, wem die Stunde schlägt. Sie schlägt immer für dich.

No man is an island entire of itself; every man is a piece of the continent, a part of the main. If a clod be washed away by the sea, Europe is the less, as well as if a promontory were, as well as in a manor of thy friend’s or of thine own were: any man's death diminishes me, because I am involved in mankind, and therefore never send to know for whom the bell tolls; it tolls for thee.

Übersetzung Johannes Mario Simmel. In Zweiundzwanzig Zentimeter Zärtlichkeit und andere Geschichten. Droemer Knaur 1979
Das "s" in island wurde erst in späterer Zeit dazugefügt.

Martin Droeshout
Einige Jahre vor seinem Tod 1631 gab Donne dieses Portrait in Auftrag,
wie er möglicherweise bei der Wiederauferstehung aussehen würde, im Totenhemd.


 


Kein Mensch ist eine Insel, ganz für sich allein;
jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents, ein Teil des Ganzen.
Wenn eine Scholle ins Meer gespült wird, wird Europa weniger,
genauso als wenn’s eine Landzunge wäre,
oder das Haus deines Freundes oder dein eigenes.
Jedermanns Tod macht mich geringer, denn ich bin verstrickt in das Schicksal aller;
und darum verlange nie zu wissen, wem die Stunde schlägt;
sie schlägt für dich.

Übersetzer unbekannt