Eine herrliche Bereitschaft zum Tod
ANDREA MANTEGNA
DER HEILIGE SEBASTIAN
1480
Der Heilige Sebastian:
Schutzpatron der Soldaten, Kriegsinvaliden, Sterbenden, Eisenhändler
(sic Castorf!), Töpfer, Gärtner, Bürstenbinder, Büchsenmacher,
Homosexuellen und Schutzheiliger gegen Pest und Kirchenfeinde, wenn
das keine bunte Mischung ist!
Offizier
der Prätorianer Garde des römischen Kaisers Diokletian, wurde er von
diesem auf Grund seiner christlichen Missions- und Hilfsarbeit zum Tode
verurteilt, auf ein Feld geführt, an einen Baum gebunden und von numidischen Bogenschützen mit Pfeilen beschossen. "Und die Bogenschützen schoßen auf ihn, bis er so voll Pfeilen war wie ein Seeigel" sagt die Legenda aurea.
Eine
mitfühlende Witwe namens Irene will den Armen begraben, bemerkt gerade noch rechtzeitig, dass
er noch lebt und pflegt ihn zurück ins Leben. Er gesundet und tut was?
Je nach Quellenlage, geht er schnurstracks zum Kaiser oder wartet auf
einer Treppe bis dieser vorbeikommt, und bekennt sich erneut zum
Christentum. Diokletian reagiert erwartungsgemäß, verurteilt ihn erneut
zum Tode, nur soll er dieses Mal mit Knüppeln tot geprügelt und sein
Leichnam dann in die städtische Kloake geschmissen werden. Von diesem zweiten Märtyrertod gibt es, verständlicherweise, nur sehr wenige Bilder.
Susan Sontag hat sehr schön beschrieben, wie in den Gemälden Sebastians Gesicht nie die Leiden seines Körpers registriert. Seine Schönheit und sein Schmerz sind in Ewigkeit voneinander geschieden.
Ein Mann mittleren Alters, untersetzt und mit der kräftigen Statur eines ausgebildeten Soldaten, hier an eine Säule gebunden an Stelle des vorgeschriebenen Baumes. Anstatt schmerzverzerrtem Leiden, sehen wir etwas wie irritierte strapazierte Geduld.
Kein schönes Bild, finde ich. Bis man auf die Details schaut.
(Das Bild ist heute im Louvre zu finden.)
"Was habe ich gerade getan?" scheinen die Augen zu sagen, oder?
Sein Kollege hat da kein Problem.
SANKT SEBASTIAN
Wie ein Liegender so steht er; ganz
hingehalten von dem großen Willen.
Weitentrückt wie Mütter, wenn sie stillen,
und in sich gebunden wie ein Kranz.
Und die Pfeile kommen: jetzt und jetzt
und als sprängen sie aus seinen Lenden,
eisern bebend mit den freien Enden.
Doch er lächelt dunkel, unverletzt.
Einmal nur wird seine Trauer groß,
und die Augen liegen schmerzlich bloß,
bis sie etwas leugnen, wie Geringes,
und als ließen sie verächtlich los
die Vernichter eines schönen Dinges.
Rainer Maria Rilke 1907
Wie ein Liegender so steht er; ganz
hingehalten von dem großen Willen.
Weitentrückt wie Mütter, wenn sie stillen,
und in sich gebunden wie ein Kranz.
Und die Pfeile kommen: jetzt und jetzt
und als sprängen sie aus seinen Lenden,
eisern bebend mit den freien Enden.
Doch er lächelt dunkel, unverletzt.
Einmal nur wird seine Trauer groß,
und die Augen liegen schmerzlich bloß,
bis sie etwas leugnen, wie Geringes,
und als ließen sie verächtlich los
die Vernichter eines schönen Dinges.
Rainer Maria Rilke 1907
Der Heilige Sebastian wird in Roms Cloaca Maxima geworfen
Lodovico Carracci 1612
heute im J. Paul Getty Museum
Für mich, der schönste der Sebastiane. Und er weiß es!
Sandro Botticelli
1447
Rom, der Neujahrsabend im Jahre des Herrn 1499.
Auf einer der kleinen Piazzas überschattet von einer Kathedrale wird den Bewohnern der umliegenden Palazzos, noch halb im Schlaf, die Show ihres Lebens geboten, Michelangelo, Leonardo und Botticcelli prügeln sich. Faustschläge werden ausgeteilt und eingesteckt, Fußtritte verteilt und, natürlich, bedenkend, dass alle Beteiligten Italiener sind, wird viel geflucht und geschrien.
Leonardo mag zwar der Älteste sein, ist aber immer noch ein nicht zu unterschätzender Gegner, Michelangelo hat eine wirklich fiese Rechte, aber letzten Endes ist Botticelli der Kämpfer mit der größten Ausdauer. Verdreckt, angeschlagen und außer Atem anerkennen die anderen beiden seinen Sieg. Die schläfrigen Gaffer jubeln kurz und und gehen wieder zu Bett. Am Morgen werden sie eine tolle Geschichte erzählen können!
Der Stein des Anstoßes? Ein junger Mann, still, mit dunklen Augen, folgt dem Gewinner langsam in sein Atelier. Es ist ein Job wie jeder andere. Er muß essen. Botticelli bezahlt seine Modelle gut.
Der Siegerpreis, gefangen auf einer Leinwand, Sankt Sebastian, unwirklich schöner Märtyrer, blutend aus vielen Wunden, arrogant noch im Sterben und gänzlich einsam, wird Botticelli bis zum Tag seines Todes verfolgen. Er hat ihn gewonnen, er hat ihn gemalt, behalten konnte er ihn nicht.
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Für mich, der schönste der Sebastiane. Und er weiß es!
Sandro Botticelli
1447
Rom, der Neujahrsabend im Jahre des Herrn 1499.
Auf einer der kleinen Piazzas überschattet von einer Kathedrale wird den Bewohnern der umliegenden Palazzos, noch halb im Schlaf, die Show ihres Lebens geboten, Michelangelo, Leonardo und Botticcelli prügeln sich. Faustschläge werden ausgeteilt und eingesteckt, Fußtritte verteilt und, natürlich, bedenkend, dass alle Beteiligten Italiener sind, wird viel geflucht und geschrien.
Leonardo mag zwar der Älteste sein, ist aber immer noch ein nicht zu unterschätzender Gegner, Michelangelo hat eine wirklich fiese Rechte, aber letzten Endes ist Botticelli der Kämpfer mit der größten Ausdauer. Verdreckt, angeschlagen und außer Atem anerkennen die anderen beiden seinen Sieg. Die schläfrigen Gaffer jubeln kurz und und gehen wieder zu Bett. Am Morgen werden sie eine tolle Geschichte erzählen können!
Der Stein des Anstoßes? Ein junger Mann, still, mit dunklen Augen, folgt dem Gewinner langsam in sein Atelier. Es ist ein Job wie jeder andere. Er muß essen. Botticelli bezahlt seine Modelle gut.
Der Siegerpreis, gefangen auf einer Leinwand, Sankt Sebastian, unwirklich schöner Märtyrer, blutend aus vielen Wunden, arrogant noch im Sterben und gänzlich einsam, wird Botticelli bis zum Tag seines Todes verfolgen. Er hat ihn gewonnen, er hat ihn gemalt, behalten konnte er ihn nicht.
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Der Titel ist zitiert nach:
Saint Sebastian: Or a Splendid Readiness for Death
Gerald Matt, Wolfgang Fetz, Kunsthalle Wien
Kerber, 2003 - 143 Seiten
Saint Sebastian: Or a Splendid Readiness for Death
Gerald Matt, Wolfgang Fetz, Kunsthalle Wien
Kerber, 2003 - 143 Seiten