Donnerstag, 13. Februar 2014

Zwischendurch


Dies ist eine Eule. 
Sie scheint eine Frage stellen zu wollen.
Welche?



Picasso mit Eule

Picasso Eule

Picasso Eule 1952

 Oder so

Ernst Jandl: Eulen

 
bist eulen?
ja
bin eulen
ja ja
sehr eulen
-
bist auch eulen?
ja
bin auch eulen
sehr eulen
ja ja
-
will aber nicht mehr eulen sein
bin schon zu lang eulen gewesen
will auch nicht mehr eulen sein
bin schon zu lang eulen gewesen
ja
mit dir da
mit dir da auch
bin nicht mehr eulen ja
bin nicht mehr eulen auch
ja ja
ja ja auch
doch wer einmal eulen war
der wird eulen bleiben immer
ja
ja ja

Dienstag, 11. Februar 2014

Robert Lepage - Triptyque - Berlinale 2014


Robert Lepage ist, natürlich nur meiner begrenzten Kenntnis nach, das Feinste, was Kanada an innovativem Theater zu bieten hat. Er ist Autor, Schauspieler & Regisseur und, wie es scheint, auch Filmregisseur. Und ein ganz zauberhafter Mensch.

Der Film beginnt mit einem langsamen Schwenk über die Decke der Sixtinischen Kapelle, Gott reicht Adam die Hand oder nur den Finger, und ist umgeben von Engeln und Frauen. Ihn umreißt eine merkwürdige wellenförmige Einrahmung, geformt durch die ihn begleitenden Figuren, von der einige Forscher meinen, sie stelle den Umriß des menschlichen Gehirnes dar.



Am Anfang war das Hirn? Ich kann denken, Wörter finden, also benenne ich die Welt? Ist das Ding sein Name? Bin ich Gott? Bin ich die Welt? Meine Welt?

Triptyque oder verdeutscht Triptychon hat Lepage zusammen mit Pedro Pires aus seinem neunstündigen Theaterabend Lip Sync (Trailer) entwickelt, den ich leider nicht gesehen habe, von dem aber meine sehr ungeduldige kanadisch-bayrische Freundin sagt, dass er sie keine Minute gelangweilt hat. Sie hat den Abend übrigens fünf Mal angeschaut.

Der Film hat diese magische Faszination nur streckenweise, zwischendurch wird er behäbig, vorhersehbar, öde, und spielerisch, besonders in einem Fall, nahezu dilettantisch. 

Der eine Fall ist ein deutscher Schauspieler und ich kann nicht sagen, ob er einfach eher bühnentauglich ist und nur die invasive Kamera ihn hölzern und simpel wirken läßt, oder ob es die Rolle ist, oder ob sich Lepage für Männerfiguren nicht so interessiert, oder ob der Schauspieler einfach ...

Verrückt, auf der Bühne ist Lepage ein Zauberer. Wenn er Strawinskys Der Kaiser und die Nachtigall im zum See gefluteten Orchestergraben der Torontoer Oper von wunderbar singenden Sängern, die gleichzeitig auch noch leichthändig hochkomplizierte Puppen führen, vor die staunenden Augen der überraschten Operngänger bringt. Oder wenn im Blauen Drachen alle alten und neuen Tricks der guten Tante Theater ausbeutet, um uns sinnlich, die Komplikationen des vielbeschworenen Multikulturalismus (was für ein Biest von Wort) erfahren zu lassen. 
Im Film aber verwandelt er sich in einen konservativen braven Bildererzähler, der uns jede neue Stadt mit den üblichen, oftgesehenen, unwahren, stimmungsvollen Bildern anpreist und dafür sorgt, dass wir nie im Unklaren bleiben dürfen. 
Nur manchmal bricht das Theatertier durch und eine Frau, die nach einer Gehirnoperation ihre Sprache nahezu verloren hat, singt verzeifelt und wunderschön in ein Krankenhaus-Mikrophon, beklatscht von einer einsamen übermüdeten Krankenschwester. 

 Frédérike Bédard

Welt - Leben - Bilder - Klang - Gehirn - Worte - Wörter
Die Frau, Frédérike Bédard (Das wunderbare Zentrum dieses Films!), wird sich von dem chirurgischen Eingriff erholen, spricht wieder. Aber ihr Gedächtnis hat Lücken. Wie klang die Stimme ihres Vaters? Unzählige Versuche alte tonlose Super-Acht-Familien-Filme, die eine gehörlose Lippenleserin "übersetzt" hat, mit Synchronsprechern aller Art zum Klingen zu bringen, mißlingen. Schließlich spricht sie selbst den Text, ein Toningeneur verändert die Stimmlage, sie erinnert sich wieder. "Die Stimme Deines Vaters ist in Deiner Stimme."

Lip Sync ist die Abkürzung für Lip Synchronisation und bezeichnet lippensynchronen Ton bei Filmen. Früher wurden Dialoge zum Teil in der Nachbearbeitungsphase von Filmen im Studio erneut aufgenommen, um sie den Bildern anzupassen. Auch bei Animationsfilmen muss darauf geachtet werden, dass sich die Lippen realistisch und synchron zu den gesprochenen Wörtern bewegen.
http://www.bluray-disc.de/lexikon/lip-sync 




Montag, 10. Februar 2014

Eine 67 jährige singt Lieder - Patti Smith 2014


"Jesus ist für irgendjemandes Sünden gestorben, aber nicht für meine"

Jesus died for somebody's sins, but not mine"  
Cover version of Them's "Gloria"

Patricia Lee "Patti" Smith geboren am 30. Dezember 1946 hat heute in Augsburg, der schwäbischen Enklave Bayerns, ein Konzert gegeben. 

20.00 Uhr: Eine ältere Frau betritt die Bühne begleitet von drei Musikern, einem Gitarristen mittleren Alters mit Anglermütze, kariertem Hemd und grauer Stoffhose und nahezu bewegungslosen Beinen, einem jungen Schlagzeuger mit Barockfrisur, die wie eine abstruse Mütze auf seinem kindlichen Körper thront und einem Gitarristen  & Pianisten & Background-Sänger, der wirkt wie jeder Rockmusiker, der jemals in einer Band der Mann für alles war, also ganz in schwarz gekleidet. Es gibt keine Lichteffekte, kein Bühnenbild, die Kostümierung reicht von bizarr (Frisur des Trommlers) bis erwartungsgemäß (Patti trägt Jeans, weißes Hemd und schwarzes Jacket, wie scheinbar schon immer).


Damals © Robert Mapplethorpe

Nichts Aufregendes, nichts Schickes wird geboten. Man befürchtet einem lahmen Retro - wir waren einmal Punk-Avantgarde, aber das ist lange her - Abend beiwohnen zu müssen und es beginnt auch wie befürchtet, vorsichtig, abgezirkelt, unendlich oft wiederholt. Aber dann! Aber dann!
Welch Spaß, welch entspannter Genuß, wie cool.

Wiki sagt: Cool - Der Begriff wird ... zur saloppen Bezeichnung einer besonders gelassenen oder lässigen, nonchalanten, kühlen, souveränen, kontrollierten und nicht nervösen Geisteshaltung oder Stimmung genutzt (vergleiche: Kühl bleiben, kühler Kopf im Sinne von „ruhig bleiben“).

Da steht eine Frau, die dies schon lange macht und immer noch gern, aber ohne Druck, ohne etwas beweisen zu müssen, eine erwachsene Frau, die ein langes Leben gelebt hat und immer noch gern singt. Sie singt über Dinge, die sie kennt und die ihr wichtig sind und, die sie meint. Ihre Stimme klingt voller, runder, musikalischer als früher. Manchmal versingt sie sich. So what. Ich singe jetzt, in diesem Moment, da kann auch mal was daneben gehen. Ich singe jetzt für euch. Sie singt über frisch verstorbene Freunde und frisch geborene Enkelkinder. Beides mit Klarheit, Wärme und Sorge.

Michael Stipe (REM) hat als Abiturient eines von Patti Smiths Alben gekauft und gesagt: " Es hat meine Glieder abgerissen und sie wieder zusammengesetzt, aber in einer völlig neuen Anordnung."


Und jetzt © Kai Juennermann


Gegen Ende des Abends stand ganz nah bei mir der Oberbürgermeister von Augsburg und wiegte sich rhythmisch und sang beseelt: " Power to the people!", übersetzt: Alle Macht dem Volk!" und vielleicht hat er es für diesen einen Moment gar geglaubt.


Samstag, 8. Februar 2014

Olympia für Idioten?


IDIOTEN

Die Olympischen Spiele sind eine gigantische Wirtschaftsunternehmung und sie werden von jedem Land, das sie ausrichtet sommers wie winters als Werbeveranstaltung gebraucht, oft mißbraucht. Das ist klar, bedauerlich, aber ein Fakt. Wenn man an die Spiele 1936, an den Ausschluß von Tommie Smith und John Carlos von den Olympischen Spielen 1968 oder an den Teil-Boykott der Moskauer Spiele 1980 denkt, wird überdeutlich, wie komplex und widersprüchlich der Umgang mit dem politischen Aspekt dieser, als völkerverbindend angepriesenen Veranstaltung, schon seit ihrer Gründung war. 
 
Seit Monaten bedienen sich in den Diskussionen über das Für und Wider der diesjährigen olympischen Winterspiele in Sotschi nun Vertreter aller Seiten einer dermaßen pseudo-naiven und Platitüden-gefüllten Sprache, dass ich schreien könnte. 
Die dreisten Äußerungen der russischen Politiker sind erwartungsgemäß ebenso verharmlosend wie arrogant-aggressiv, das IOC spielt runter und faselt von Neutralität, die Sponsoren schweigen und verdienen, aber was mich ebenso irritiert, sind die hysterisch-kindlichen oder schlicht politisch ahnungslosen Argumente vieler derer, die sich kritisch zu den Spielen äußern. 
"Putins Reich des Bösen", was für ein dummer unhistorischer Unsinn.
Oder ich lese, man soll nicht fernsehgucken, um es den Sponsoren zu zeigen. Super Idee! Ich sehe vor meinem inneren Auge die Chefetage von Coca Cola sich schluchzend in den Armen liegend und einander die Haare raufen.  Da wir über Staaten und Nationen geredet, als wären sie unartige Kinder, die man nun mit strengem Blick und fester Hand zur Räson bringen müsse.
Ein Boykott der Spiele wird gefordert. In einer globalisierten Welt ist aber doch, der nicht mehr verhinderbare Kontakt zwischen ihren Bewohnern, der größte Vorzug, oder? Nicht einmal die mörderische Clique der Herrscher über Nord-Korea kann unbeobachtet ihre Untaten begehen. Und das ist doch gut? 
Ich weiß es nicht, aber wird Putins erhoffter Prestige-Gewinn größer sein, als die kritische Aufmerksamkeit, die viele Bereiche des heutigen Russlands durch die Angereisten und die Berichterstattung der Medien bekommen? 
In meiner Erinnerung bleiben die in der DDR stattgefundenen Weltfestspiele 1973 ein Moment des Aufatmens, der Ahnung von freierem Miteinander. Wird das nicht auch in Sotschi so sein?
Diese Spiele sind Teil der Welt in der wir leben und wo gibt es kritischen Diskurs, ernsthafte Auseinandersetzung darüber, wie wir uns politisch nützlich in ihr verhalten könnten? Wie könnte ein solcher Diskurs aussehen? Täglich schwimmen Massen von Petitionen, Protestaufrufe, Spendenaufrufe durch das Netz an mir vorbei, für oder gegen fast alles. Vieles gut gemeint, weniges wirksam. Nichts tun geht auch nicht. Also was? Werden wir mehr und mehr zu Idioten, die sich entweder ins scheinbar Private zurückziehen oder in kleinen, heftigen, hauptsächlich das eigene Ego polsternden Protestaktionen Dampf ablassen?

Das Wort leitet sich vom griechischen ἰδιώτης (idiotes) her, das wertfrei bis heute in etwa „Privatperson“ bedeutet. Es bezeichnete in der Polis Personen, die sich aus öffentlichen-politischen Angelegenheiten heraushielten und keine Ämter wahrnahmen, auch wenn ihnen das möglich war. (Wiki)

Auf die Wortherkunft bin ich in einem Artikel über die Olympischen Spiele 2014 in der "Welt" gestossen, der "Dimension der Maßlosigkeit ist atemberaubend" hieß! Danke an Ian Buruma!

Ein Idiot, wer denkt, er könnte sich raushalten, aber auch der, der glaubt allgemeines Moralisieren sei schon politisches Denken. Wie kann ich kein Idiot sein?



Zitate zu Olympia 2014:

Head and Shoulders offizielles Shampoo der deutschen Olympiamannschaft!

"Das sind völlig verschiedene Dinge: das Verbot von bestimmten Beziehungen oder von Propaganda dieser Beziehungen."
"Wir verbieten nichts, und wir sperren niemanden ein. Deshalb können Sie ruhig und entspannt sein, aber lassen Sie bitte die Kinder in Ruhe." 
Putin vor circa drei Wochen in einem Gespräch mit Olympia-Helfern

„Die Spiele sind für die Athleten da und den Sport. Die Athleten sollten von den Politikern unterstützt werden.“ IOC-Präsident Bach in der FAZ
Und nach dem Ende der 125. IOC-Vollversammlung in Buenos Aires."Wir müssen uns klar machen, was das IOC tun kann, wofür wir da sind und was wir nicht machen können. Das IOC kann nicht unpolitisch sein"...  "Wir müssen erkennen, dass Olympische Spiele politische Auswirkungen haben, aber um unsere Rolle zu erfüllen, müssen wir politisch neutral sein."

Bei der Eröffnungsveranstaltung, Boykott bei Ring fünf. © REUTERS
Das, finde ich, ist eine klar & unhysterisch formulierte Protestschrift!
http://www.open-your-mouth.eu/petition.html 

Und dies ist ein hochinteressanter Film über die drei Jahre seitdem Sotschi den Zuschlag für die Spiele bekam:
http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/br/2014/sotschi-projekt-olympische-spiele-100.html 

Donnerstag, 6. Februar 2014

DiCaprio - The Wolf of Wall Street - eine sehr lange Szene


Der Film beginnt mit Zwergewerfen und es wird nur schlimmer.

Man stelle sich in einem deutschen Film eine zwanzig Minuten währende Szene vor, in der der "Held" durch Drogen in einen Zustand spastischer Lähmung versetzt, versucht nach Hause zu kommen, um einen Freund davon abzuhalten, kriminelle Geldgeschäfte über ein abgehörtes Telephon auszuplappern. Auf der Tonspur viel Ächzen, Krächzen und Stöhnen und eine, wie sich später herausstellt, total verlogene Kommentartorenstimme.

Zwanzig Minuten habe ich in einer Mischung von Faszination, Ekel, hysterischem Blubberkichern und tiefer Verehrung Leonardo DiCaprio dabei zugesehen, wie er, das Arsenal der großen Stummfilmkomiker höchst graziös benutzend, sabbernd, schielend und schiefverkrampft über den Boden kriecht, eine Treppe herunterrollt, sich bemüht eine Autotür zu öffnen, dann Auto fährt, versucht besagtem Freund das Telefon zu entreissen, sich in der Telephonschnur verheddert und schlußendlich eben diesen Freund vorm Ersticken rettet.

Kino, großes Kino und ebenso große Schauspielkunst. 

DiCaprio hat ein Gesicht, wie ein gealtertes Baby oder wie eines dieser bleichen Teigröllchen, die man zu Brötchen aufbacken kann. Dieses Gesicht ist fähig sich zu verknittern, zu ballen, zu reißen und es kann bis zur Unerträglichkeit ausdruckslos sein. 
Er nutzt, benutzt, gebraucht es wie ein Hochleistungsinstrument. Manchmal spielen sich in diesem Gesicht Umbrüche statt, wie in imaginierten Zeitrafferaufnahmen von der Entstehung der Erde. Kontinente entstehen, werden abgetragen, Vulkane brechen aus, schaffen neues Land, das zerstörende Meer bricht ein....

Ich mag ihn nicht mögen, aber ich muß.

 
Er ist furchtlos in der Absolutheit seines Spiels. Wenn es menschlich ist, muß es darstellbar sein.

Meinen grundsätzlichen Zweifeln an der Menschlichkeit des Menschen als Gruppenzugehörigem hat der Film zu gut getan.

Dienstag, 4. Februar 2014

Totenbildnisse der Familie von Sachsen-Zeitz


      Wikipedia sagt über Moritz von Sachsen-Zeitz:

      Geboren am 28. März 1619 in Dresden; gestorben am 4. Dezember 1681 in Zeitz.

      Er war ein der albertinischen Linie des Hauses Wettin entstammender Herzog des 
      Sekundogeniturfürstentums Sachsen-Zeitz.

      Seine erste Ehe schloss er am 19. November 1650 in Dresden mit Sophia Hedwig von 
      Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg.  Aus der Verbindung gingen folgende 
      Kinder hervor:

      Johann Philipp * 12. November 1651 in Dresden; † 24. März 1652 ebd., 
      Erbprinz von Sachsen-Zeitz
      
      Moritz * 26. September 1652 in Dresden; † 10. Mai 1653 ebd., Erbprinz von 
      Sachsen-Zeitz

      Vier Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau schloss er am 3. Juli 1656 in Weimar seine 
      zweite Ehe mit Dorothea Maria von Sachsen-Weimar.

      Eleonore Magdalene * 30. Oktober 1658 in Weimar; † 26. Februar 1661 in 
      Dresden, Prinzessin von Sachsen-Zeitz
 
      Erdmuthe Dorothea 1661–1720, Prinzessin von Sachsen-Zeitz


      Moritz Wilhelm 1664–1718, Herzog von Sachsen-Zeitz ∞ Maria Amalia von 

      Brandenburg-Schwedt 

      Johann Georg * 27. April 1665 auf Schloss Moritzburg in Zeitz; † 5. 
      September 1666 ebd., Prinz von Sachsen-Zeitz
 
      Christian August (1666–1725), Prinz von Sachsen-Zeitz, Kardinal-Erzbischof von 

      Gran, Bischof von Raab, Primas von Ungarn und kaiserlicher Prinzipalkommissar beim 
      Immerwährenden Reichstag
 
      Friedrich Heinrich (1668–1713), Herzog von Sachsen-Zeitz-Pegau-Neustadt

      Maria Sophia * 3. November 1670 auf Schloss Moritzburg in Zeitz; † 31. Mai 
      1671 ebd., Prinzessin von Sachsen-Zeitz
 
      Magdalena Sibylla * 7. April 1672 auf Schloss Moritzburg in Zeitz; † 20. 

      August 1672 ebd., Prinzessin von Sachsen-Zeitz

      Nachdem auch seine zweite Gemahlin gestorben war, heiratete er zum dritten Mal und 
      zwar am 14. Juni 1676 in Wiesenburg bei Hartmannsdorf Sophie Elisabeth von 
      Schleswig-Holstein-Sonderburg-Wiesenburg. Diese Ehe blieb allerdings kinderlos.  

      10 Kinder, nur vier sind älter als 3 Jahre geworden.


Totenbildnis des Prinzen Johann Philipp von Sachsen-Zeitz (1651-1652)
Totenbildnis des Prinzen Moritz von Sachsen-Zeitz (1652-1653)

 Totenbildnis des Prinzen Johann Georg von Sachsen-Zeitz (1665-1666)

Mein Leben das war gleich dem Wasserblasen Geist,
der eh er kaum aufgischt baldt wiederumb zerfleist.
Im Frühling blüht Ich auß als die Viole kam.
Und mit deSonnenblum im Herbst ich abschied nam.
Nun bin ich eine blum in Sarous Seelen aw.
Und Gottes schönen Glantz im frohen Sion schau.
O sollt Ihr Meinigen hier von sehneinen blick
Ihr list ein größer Haus als ich bey euch zurück.
Ich schlies in des dich zu Mein werthes Rauten haus.
Undt wündsch daß keines ach vor satten Jahren raus.
Signatur: Christian Schäffer/1666

Totenbildnis der Prinzessin Magdalena Sybilla von Sachsen-Zeitz (1672-1672)
 
So war diß Fürsten Kind gestohlen seinem Leben,
So hat es nun der Todt wie schlaffend vorgestellt!
So wird die fünstre Grufft Ihm die Verwesung geben
Gleicht Es der Blumen nicht? Sie blüht! Verblast! und fällt!
O Zarter Fürsten Geist! Du unbefleckte Seele
Wie sanffte ruhest Du in Deines JESU Schooß
O Schöner Himmels Tausch! vor diese Jammer Höle,
Die Freude so du hast, ist unaussprechlich groß!
Freäulein MAGDALENA SIBYLLA
Hertzogin zu Sachßen, Jülich, Cleve und Bergk
ward geboren zur Moritzburg
an der Elster Anno 1672 den 7 Aprilis abents ein virtel auff 7 Uhr,
starb daselbst solches Jahr den 20 Augusty Nachmittage stracks nach 2 Uhr
Ihres Alters 19 wochen, 1 Tag, 19 ¾ Stunden."

Montag, 3. Februar 2014

SAPPHO nochmals - Anne Carson - Fragment 58


THE BEAT GOES ON[“fragment 58”]
You, children, be zealous for the beautiful gifts of the violetlapped Muses

and for the clear songloving lyre.
But my skin once soft is now taken by old age,
my hair turns white from black.
And my heart is weighed down and my knees do not lift,
that once were light to dance as fawns.
I groan for this. But what can I do?
A human being without old age is not a possibility.
There is the story of Tithonos, loved by Dawn with her arms of roses
and she carried him off to the ends of the earth
when he was beautiful and young. Even so was he gripped
by white old age. He still has his deathless wife. 



SAPPHO - ÜBER DAS ALTERN



2004 wurde ein Manuskript, das drei Gedichte der griechischen Dichterin Sappho, darunter ein bis dahin unbekanntes, enthielt, an der Universität Köln entdeckt. Martin West wies im folgenden Jahr in einem TSL Artikel, der das "neue" griechische Original und Wests englische Übersetzung beinhaltete, darauf hin, dass nur 63 ihrer 264 überlebt habenden Gedichte vollständige Zeilen enthalten, nur 21 vollständige Strophen und nur 3 waren vollständig genug, um als literarische Strukturen untersucht zu werden. Die neue Entdeckung erhöhte diese Zahl auf 4.

In 2004 a manuscript containing fragments of three poems by the Greek poet Sappho, one previously unknown, was discovered at the University of Cologne. As Martin West pointed out the following year in a TLS article that included the “new” Greek original and West’s own English translation, only sixty-three of her 264 surviving poems contain any complete lines, only twenty-one any complete stanzas and only three had been complete enough to appreciate as literary structures. The new discovery brought that number to four.
Andrew McCulloch in The Times Literary Supplement 3.12.2013
 
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1
Versuch einer Übersetzung der englischen Interlinear-Übersetzung von 
Dirk Obbink 

(..........) der veilchen-reichen musen feine geschenke, kinder, (.........) die klar-stimmige lyra: (............) haut einst weich ist jetzt verwelkt, (.........) haar ist weiß geworden das einst schwarz war, mein herz ist schwer geworden, meine knie, welche einst flink waren, um wie junge rehe zu tanzen, versagen mir. wie oft ich diese dinge beklage. aber was kann ich tun? kein wesen, das menschlich ist, kann dem alter entgehen. denn leute dachten, dass die morgendämmerung mit rosigen armen (........*) Tithonus schön und jung an die enden der erde; und trotzdem hat graues alter mit der zeit ihn gepackt, obwohl er eine totlose frau hat.

(...........) = einige Wörter fehlen
(.........*) = einige Wörter unklar
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Versuch einer Übersetzung ins Deutsche nach der Übersetzung ins Englische aus dem Griechischen von Martin West
seid (gierig) Mädchen 
(nach) den lieblichen geschenken 
der zart-duftenden (musen), (der) klaren, melodischen lyra:
 
(aber meinen einst zarten) körper hat das alter
(an sich gerissen;) mein haar weiß anstatt dunkel;
 
mein herz ist schwer geworden, meine knie stützen mich nicht,
die einstmals leichtfüssig waren im tanz wie rehe.
diesen zustand beklage ich oft, aber was kann man tun?
nicht alt zu werden, ist, mensch seiend, nicht möglich.

Tithonus, erzählt man, trug die rosenarmige dämmerung,
in liebe entbrannt, einst ans ende der welt,
 
erst schön und jung, doch mit der zeit hat graues alter
ihn eingeholt, den gatten der unsterblichen gattin. 
 
------------------
 
3
Versuch einer Übersetzung einer Nachdichtung von Lachlan Mackinnon
Sappho an ihre Schülerinnen
Lebt für die Gaben welche die Musen mit den duftenden Brüsten
senden, für die klare, die singende Lyra, meine Kinder.
Alter läßt meinen Körper gefrieren, einst so biegsam,
wäscht die Dunkelheit aus meinem Haar, jetzt weiß.
Mein Herz ist schwer, meine Knie halten mich nicht mehr
aufrecht im Tanz in dem sie wie Rehe tänzelten. 
Oh, ich grolle dagegen, aber was hilft's?
Nichts kann verhindern, dass man alt wird.
 Sie sagen, dass Tithonus fortgetragen wurde
in den leidenschaftlichen, rosenfarbigen Armen der Dämmerung,
um ewig zu leben, aber er verlor seine Schönheit, seine Jugend,
scheiternder Gatte einer unsterblichen Braut.

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Das Griechische Original
Das Tithonus Gedicht 
Dirk Obbink, "Sappho Fragments 58–59: Text, Apparatus Criticus, and Translation," Classics@ Volume 4: Ellen Greene and Marilyn Skinner, eds. The Center for Hellenic Studies of Harvard University, online edition of March 11, 2011. http://chs.harvard.edu/wa/pageR?tn=ArticleWrapper&bdc=12&mn=3534.
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A New Sappho Poem

[You for] the fragrant-bosomed [Muses’] lovely gifts

[be zealous] girls, [and the] clear melodious lyre:

[but my once tender] body old age now

[has seized;] my hair’s turned [white] instead of dark;

my heart’s grown heavy, my knees will not support me,

that once on a time were fleet for the dance as fawns.

This state I oft bemoan; but what’s to do?

Not to grow old, being human, there’s no way.

Tithonus once, the tale was, rose-armed Dawn,

love-smitten, carried off to the world’s end,

handsome and young then, yet in time grey age

o’ertook him, husband of immortal wife.



Translated by Martin West 2005
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Sappho to Her Pupils


Live for the gifts the fragrant-breasted Muses

send, for the clear, the singing, lyre, my children.

Old age freezes my body, once so lithe,

rinses the darkness from my hair, now white.

My heart’s heavy, my knees no longer keep me

up through the dance they used to prance like fawns in.

Oh, I grumble about it, but for what?

Nothing can stop a person’s growing old.

They say that Tithonus was swept away

in Dawn’s passionate, rose-flushed arms to live

forever, but he lost his looks, his youth,

failing husband of an immortal bride.


Translated by Lachlan Mackinnon (2005)

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 Sappho and the Weight of Years


Girls, be good to these spirits of music and poetry

that breast your threshold with their scented gifts.

Lift the lyre, clear and sweet, they leave with you.

As for me, this body is now so arthritic

I cannot play, hardly even hold the instrument.

Can you believe my white hair was once black?

And oh, the soul grows heavy with the body.

Complaining knee-joints creak at every move.

To think I danced as delicate as a deer!

Some gloomy poems came from these thoughts:

useless: we are all born to lose life,

And what is worse, girls, to lose youth.

The legend of the goddess of the dawn

I’m sure you know: how rosy Eos

madly in love with gorgeous young Tithonus

swept him like booty to her hiding-place

but then forgot he would grow old and grey

while she in despair pursued her immortal way.


Translated by Edwin Morgan 2005

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“(several words missing) the violet-rich Muses’ fine gifts, children, (several words missing) the clear-voiced song-loving lyre: (several words missing) skin once was soft is withered now, (several words missing) hair has turned white which once was black, my heart has been weighed down, my knees, which once were swift to dance like young fawns, fail me. How often I lament these things. But what can you do? No being that is human can escape old age. For people used to think that Dawn with rosy arms (several words uncertain) Tithonus fine and young to the edges of the earth; yet still grey old age in time did seize him, though he has a deathless wife.”

Englische Interlinearübersetzung von Dirk Obbink


Sonntag, 2. Februar 2014

Stillleben - Zurbaran



StillLeben

Francisco de Zurbarán

1633

1636

Stilleben

Wenn alles abgeblättert daliegt
Gedanken, Stimmungen, Duette
abgeschilfert – hautlos daliegt,
kein Stanniol- und das Abgehäutete
− alle Felle fortgeschwommen −
blutiger Bindehaut ins Stumme äugt −:
was ist das?


Die Frage der Fragen! Aber kein
Besinnlicher
fragt sie mehr −
Renaissancereminiszenzen,
Barocküberladungen,
Schloßmuseen −


nur keine weiteren Bohrungen,
doch kein Grundwasser,
die Brunnen dunkel,
die Stile erschöpft −


die Zeit hat etwas Stilles bekommen,
die Stunde atmet,
über einem Krug,
es ist spät, die Schläge verteilt
noch ein wenig Clinch und Halten,
Gong – ich verschenke die Welt
wem sie genügt, soll sich erfreun:


der Spieler soll nicht ernst werden
der Trinker nicht in die Gobi gehn,
auch eine Dame mit Augenglas
erhebt Anspruch auf ihr Glück:
sie soll es haben −


still ruht der See,
vergißmeinnichtumsäumt,
und die Ottern lachen.


Gottfried Benn

1640
 

Post-Premieren-Rausch


„Wir hatten kein Konzept und wollten nichts beweisen, sondern etwas herausbekommen." 
Hanns Eisler


Seit März des letzten Jahres saßen meine leise, unerbittliche Kollaborateurin und ich an unserer Version der Shakespearschen Königsdramen. Jetzt sind sie auf der Bühne. Jucheh! 
Macht und Recht, einander unablässig verlangend, bekämpfend, ausschließend und bedingend. Harter Tobak, keine romantische Liebe weit und breit. Man war das spannend.

Vorgestern, Donnerstag, die Premiere in Bremen. Aufregend, schön, kontrovers, bejubelt, die Premierenfeier dementsprechend. Das war eine gute Arbeit mit tollen Leuten! Und alle Spieler haben mir Whisky geschenkt. Da werde ich gute Gedanken haben, wenn ich von fern auf sie anstoße.
Wie schön, dass dieses Mal, weil Bremen so günstig liegt, auch einige meiner Freunde da sein konnten. Wie schade, dass andere wegen Krankheit nicht kommen konnten. Gute Besserung! Gute Besserung!

Am nächsten Tag, Freitag, Post-Premieren-Frühstück und sechs Stundenl Zugfahrt nach Augsburg. Im Zug mir gegenüber ein fülliger Mann mit drei Zähnen und auch die bräunlich und schief. Nach dem Ausstieg finde ich ein Kontaktangebot in meinem Reisebuch. Die Deutsche Bahn bietet ungeahnte Möglichkeiten!
Am Abend, als Eröffnung des hiesigen Brecht-Festivals, liest Burghart Klaußner im Augsburger Theater aus den Gesprächen von Hanns Eisler mit Hans Bunge, ganz klug und leicht und witzig. Zwischendurch, elegant gesetzt, singt er Lieder Eislers mit einem zartem Herrentenor. Wunderbar.

Wolf Biermann über Eisler: „Seltene Gelegenheit eines runden Menschen! / Gespalten nicht seine Zunge, noch sein Gehirn. / Auch geht kein Riß zwischen Oben und Unten ihm. / Da, wo bei andern die furchtbar berüchtigte Stelle / Da, wo den andern so leicht das Kreuz brach / Wölbet sich mächtig sein fröhlicher Bauch / Schwingt auf und ab in wildem Gelächter / Über die Dummheit in der Musik nicht allein."

 
Heute, am Samstag, dann acht Stunden Probe für das "Badener Lehrstück vom Einverständnis" mit Chor und Orchester und Sängern und Schauspielern. Anstrengend, intensiv und zu guter Letzt produktiv. Dann zum Konzert von Bonaparte, laut und trashig und lustig.

Habe ich es gut, oder was? Sicher, manchmal träume ich von meinem Bett in Berlin, einem Leben mit konstanten Orten, nah wohnenden Freunden und zeitweiliger Regelmäßigkeit. Aber, wie heißt es in dem Stück, dass wir hier, in Augsburg, zeigen werden: "Alles können Sie nicht haben, Herr Schmidt."

http://www.musicsection.de/pages/content/PortraitSpecialBonaparte
http://www.zeit.de/kultur/musik/2012-08/bonaparte-interview-tobias-jundt