Donnerstag, 6. Februar 2014
DiCaprio - The Wolf of Wall Street - eine sehr lange Szene
Der Film beginnt mit Zwergewerfen und es wird nur schlimmer.
Man stelle sich in einem deutschen Film eine zwanzig Minuten währende Szene vor, in der der "Held" durch Drogen in einen Zustand spastischer Lähmung versetzt, versucht nach Hause zu kommen, um einen Freund davon abzuhalten, kriminelle Geldgeschäfte über ein abgehörtes Telephon auszuplappern. Auf der Tonspur viel Ächzen, Krächzen und Stöhnen und eine, wie sich später herausstellt, total verlogene Kommentartorenstimme.
Zwanzig Minuten habe ich in einer Mischung von Faszination, Ekel, hysterischem Blubberkichern und tiefer Verehrung Leonardo DiCaprio dabei zugesehen, wie er, das Arsenal der großen Stummfilmkomiker höchst graziös benutzend, sabbernd, schielend und schiefverkrampft über den Boden kriecht, eine Treppe herunterrollt, sich bemüht eine Autotür zu öffnen, dann Auto fährt, versucht besagtem Freund das Telefon zu entreissen, sich in der Telephonschnur verheddert und schlußendlich eben diesen Freund vorm Ersticken rettet.
Kino, großes Kino und ebenso große Schauspielkunst.
DiCaprio hat ein Gesicht, wie ein gealtertes Baby oder wie eines dieser bleichen Teigröllchen, die man zu Brötchen aufbacken kann. Dieses Gesicht ist fähig sich zu verknittern, zu ballen, zu reißen und es kann bis zur Unerträglichkeit ausdruckslos sein.
Er nutzt, benutzt, gebraucht es wie ein Hochleistungsinstrument. Manchmal spielen sich in diesem Gesicht Umbrüche statt, wie in imaginierten Zeitrafferaufnahmen von der Entstehung der Erde. Kontinente entstehen, werden abgetragen, Vulkane brechen aus, schaffen neues Land, das zerstörende Meer bricht ein....
Ich mag ihn nicht mögen, aber ich muß.
Er ist furchtlos in der Absolutheit seines Spiels. Wenn es menschlich ist, muß es darstellbar sein.
Meinen grundsätzlichen Zweifeln an der Menschlichkeit des Menschen als Gruppenzugehörigem hat der Film zu gut getan.
Dienstag, 4. Februar 2014
Totenbildnisse der Familie von Sachsen-Zeitz
Wikipedia sagt über Moritz von Sachsen-Zeitz:
Geboren am 28. März 1619 in Dresden; gestorben am 4. Dezember 1681 in Zeitz.
Er war ein der albertinischen Linie des Hauses Wettin entstammender Herzog des
Sekundogeniturfürstentums Sachsen-Zeitz.
Geboren am 28. März 1619 in Dresden; gestorben am 4. Dezember 1681 in Zeitz.
Er war ein der albertinischen Linie des Hauses Wettin entstammender Herzog des
Sekundogeniturfürstentums Sachsen-Zeitz.
Seine erste Ehe schloss er am 19. November 1650 in Dresden mit Sophia Hedwig von
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Aus der Verbindung gingen folgende
Kinder hervor:
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Aus der Verbindung gingen folgende
Kinder hervor:
Johann Philipp * 12. November 1651 in Dresden; † 24. März 1652 ebd.,
Erbprinz von Sachsen-Zeitz
Moritz * 26. September 1652 in Dresden; † 10. Mai 1653 ebd., Erbprinz von
Sachsen-Zeitz
Vier Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau schloss er am 3. Juli 1656 in Weimar seine
zweite Ehe mit Dorothea Maria von Sachsen-Weimar.
zweite Ehe mit Dorothea Maria von Sachsen-Weimar.
Eleonore Magdalene * 30. Oktober 1658 in Weimar; † 26. Februar 1661 in
Dresden, Prinzessin von Sachsen-Zeitz
Erdmuthe Dorothea 1661–1720, Prinzessin von Sachsen-Zeitz
Moritz Wilhelm 1664–1718, Herzog von Sachsen-Zeitz ∞ Maria Amalia von
Brandenburg-Schwedt
Johann Georg * 27. April 1665 auf Schloss Moritzburg in Zeitz; † 5.
September 1666 ebd., Prinz von Sachsen-Zeitz
Christian August (1666–1725), Prinz von Sachsen-Zeitz, Kardinal-Erzbischof von
Gran, Bischof von Raab, Primas von Ungarn und kaiserlicher Prinzipalkommissar beim
Immerwährenden Reichstag
Friedrich Heinrich (1668–1713), Herzog von Sachsen-Zeitz-Pegau-Neustadt
Maria Sophia * 3. November 1670 auf Schloss Moritzburg in Zeitz; † 31. Mai
1671 ebd., Prinzessin von Sachsen-Zeitz
Magdalena Sibylla * 7. April 1672 auf Schloss Moritzburg in Zeitz; † 20.
August 1672 ebd., Prinzessin von Sachsen-Zeitz
1671 ebd., Prinzessin von Sachsen-Zeitz
Magdalena Sibylla * 7. April 1672 auf Schloss Moritzburg in Zeitz; † 20.
August 1672 ebd., Prinzessin von Sachsen-Zeitz
Nachdem auch seine zweite Gemahlin gestorben war, heiratete er zum
dritten Mal und
zwar am 14. Juni 1676 in Wiesenburg bei Hartmannsdorf Sophie Elisabeth von
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Wiesenburg. Diese Ehe blieb allerdings kinderlos.
zwar am 14. Juni 1676 in Wiesenburg bei Hartmannsdorf Sophie Elisabeth von
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Wiesenburg. Diese Ehe blieb allerdings kinderlos.
10 Kinder, nur vier sind älter als 3 Jahre geworden.
Totenbildnis des Prinzen Moritz von Sachsen-Zeitz (1652-1653)
Totenbildnis des Prinzen Johann Georg von Sachsen-Zeitz (1665-1666)
Mein Leben das war gleich dem Wasserblasen Geist,
der eh er kaum aufgischt baldt wiederumb zerfleist.
Im Frühling blüht Ich auß als die Viole kam.
Und mit deSonnenblum im Herbst ich abschied nam.
Nun bin ich eine blum in Sarous Seelen aw.
Und Gottes schönen Glantz im frohen Sion schau.
Und Gottes schönen Glantz im frohen Sion schau.
O sollt Ihr Meinigen hier von sehneinen blick
Ihr list ein größer Haus als ich bey euch zurück.
Ich schlies in des dich zu Mein werthes Rauten haus.
Undt wündsch daß keines ach vor satten Jahren raus.
Signatur: Christian Schäffer/1666
Signatur: Christian Schäffer/1666
So war diß Fürsten Kind gestohlen seinem Leben,
So hat es nun der Todt wie schlaffend vorgestellt!
So wird die fünstre Grufft Ihm die Verwesung geben
Gleicht Es der Blumen nicht? Sie blüht! Verblast! und fällt!
O Zarter Fürsten Geist! Du unbefleckte Seele
Wie sanffte ruhest Du in Deines JESU Schooß
O Schöner Himmels Tausch! vor diese Jammer Höle,
Die Freude so du hast, ist unaussprechlich groß!
Freäulein MAGDALENA SIBYLLA
Hertzogin zu Sachßen, Jülich, Cleve und Bergk
ward geboren zur Moritzburg
an der Elster Anno 1672 den 7 Aprilis abents ein virtel auff 7 Uhr,
an der Elster Anno 1672 den 7 Aprilis abents ein virtel auff 7 Uhr,
starb daselbst solches Jahr den 20 Augusty Nachmittage stracks nach 2 Uhr
Ihres Alters 19 wochen, 1 Tag, 19 ¾ Stunden."
Montag, 3. Februar 2014
SAPPHO nochmals - Anne Carson - Fragment 58
THE BEAT GOES ON[“fragment 58”]
You, children, be zealous for the beautiful gifts of the violetlapped Muses
and for the clear songloving lyre.
But my skin once soft is now taken by old age,
my hair turns white from black.
And my heart is weighed down and my knees do not lift,
that once were light to dance as fawns.
I groan for this. But what can I do?
A human being without old age is not a possibility.
There is the story of Tithonos, loved by Dawn with her arms of roses
and she carried him off to the ends of the earth
when he was beautiful and young. Even so was he gripped
by white old age. He still has his deathless wife.
SAPPHO - ÜBER DAS ALTERN
2004 wurde ein Manuskript, das drei Gedichte der griechischen Dichterin Sappho, darunter ein bis dahin unbekanntes, enthielt, an der Universität Köln entdeckt. Martin West wies im folgenden Jahr in einem TSL Artikel, der das "neue" griechische Original und Wests englische Übersetzung beinhaltete, darauf hin, dass nur 63 ihrer 264 überlebt habenden Gedichte vollständige Zeilen enthalten, nur 21 vollständige Strophen und nur 3 waren vollständig genug, um als literarische Strukturen untersucht zu werden. Die neue Entdeckung erhöhte diese Zahl auf 4.
In 2004 a manuscript containing fragments of three poems by the Greek poet Sappho, one previously unknown, was discovered at the University of Cologne. As Martin West pointed out the following year in a TLS article that included the “new” Greek original and West’s own English translation, only sixty-three of her 264 surviving poems contain any complete lines, only twenty-one any complete stanzas and only three had been complete enough to appreciate as literary structures. The new discovery brought that number to four.
Andrew McCulloch in The Times Literary Supplement 3.12.2013
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1
Versuch einer Übersetzung der englischen Interlinear-Übersetzung von
Dirk Obbink
(..........) der veilchen-reichen musen feine geschenke, kinder, (.........) die klar-stimmige lyra: (............) haut einst weich ist jetzt verwelkt, (.........) haar ist weiß geworden das einst schwarz war, mein herz ist schwer geworden, meine knie, welche einst flink waren, um wie junge rehe zu tanzen, versagen mir. wie oft ich diese dinge beklage. aber was kann ich tun? kein wesen, das menschlich ist, kann dem alter entgehen. denn leute dachten, dass die morgendämmerung mit rosigen armen (........*) Tithonus schön und jung an die enden der erde; und trotzdem hat graues alter mit der zeit ihn gepackt, obwohl er eine totlose frau hat.
(...........) = einige Wörter fehlen
(.........*) = einige Wörter unklar
(...........) = einige Wörter fehlen
(.........*) = einige Wörter unklar
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2
Versuch einer Übersetzung ins Deutsche nach der Übersetzung ins Englische aus dem Griechischen von Martin West
seid (gierig) Mädchen
(nach) den lieblichen geschenken
der zart-duftenden (musen), (der) klaren, melodischen lyra:
(aber meinen einst zarten) körper hat das alter
(an sich gerissen;) mein haar weiß anstatt dunkel;
mein herz ist schwer geworden, meine knie stützen mich nicht,
die einstmals leichtfüssig waren im tanz wie rehe.
diesen zustand beklage ich oft, aber was kann man tun?
diesen zustand beklage ich oft, aber was kann man tun?
nicht alt zu werden, ist, mensch seiend, nicht möglich.
Tithonus, erzählt man, trug die rosenarmige dämmerung,
in liebe entbrannt, einst ans ende der welt,
erst schön und jung, doch mit der zeit hat graues alter
ihn eingeholt, den gatten der unsterblichen gattin.
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3
Versuch einer Übersetzung einer Nachdichtung von Lachlan Mackinnon
Sappho an ihre Schülerinnen
Lebt für die Gaben welche die Musen mit den duftenden Brüsten
senden, für die klare, die singende Lyra, meine Kinder.
Alter läßt meinen Körper gefrieren, einst so biegsam,
wäscht die Dunkelheit aus meinem Haar, jetzt weiß.
Mein Herz ist schwer, meine Knie halten mich nicht mehr
aufrecht im Tanz in dem sie wie Rehe tänzelten.
Oh, ich grolle dagegen, aber was hilft's?
Nichts kann verhindern, dass man alt wird.
Sie sagen, dass Tithonus fortgetragen wurde
in den leidenschaftlichen, rosenfarbigen Armen der Dämmerung,
um ewig zu leben, aber er verlor seine Schönheit, seine Jugend,
scheiternder Gatte einer unsterblichen Braut.
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Das Griechische Original
Das Tithonus Gedicht
Dirk Obbink, "Sappho Fragments 58–59: Text, Apparatus Criticus, and Translation," Classics@
Volume 4: Ellen Greene and Marilyn Skinner, eds. The Center for
Hellenic Studies of Harvard University, online edition of March 11,
2011.
http://chs.harvard.edu/wa/pageR?tn=ArticleWrapper&bdc=12&mn=3534.
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A New Sappho Poem
[You for] the fragrant-bosomed [Muses’] lovely gifts
[be zealous] girls, [and the] clear melodious lyre:
[but my once tender] body old age now
[has seized;] my hair’s turned [white] instead of dark;
my heart’s grown heavy, my knees will not support me,
that once on a time were fleet for the dance as fawns.
This state I oft bemoan; but what’s to do?
Not to grow old, being human, there’s no way.
Tithonus once, the tale was, rose-armed Dawn,
love-smitten, carried off to the world’s end,
handsome and young then, yet in time grey age
o’ertook him, husband of immortal wife.
Translated by Martin West 2005
[You for] the fragrant-bosomed [Muses’] lovely gifts
[be zealous] girls, [and the] clear melodious lyre:
[but my once tender] body old age now
[has seized;] my hair’s turned [white] instead of dark;
my heart’s grown heavy, my knees will not support me,
that once on a time were fleet for the dance as fawns.
This state I oft bemoan; but what’s to do?
Not to grow old, being human, there’s no way.
Tithonus once, the tale was, rose-armed Dawn,
love-smitten, carried off to the world’s end,
handsome and young then, yet in time grey age
o’ertook him, husband of immortal wife.
Translated by Martin West 2005
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Sappho to Her Pupils
Live for the gifts the fragrant-breasted Muses
send, for the clear, the singing, lyre, my children.
Old age freezes my body, once so lithe,
rinses the darkness from my hair, now white.
My heart’s heavy, my knees no longer keep me
up through the dance they used to prance like fawns in.
Oh, I grumble about it, but for what?
Nothing can stop a person’s growing old.
They say that Tithonus was swept away
in Dawn’s passionate, rose-flushed arms to live
forever, but he lost his looks, his youth,
failing husband of an immortal bride.
Translated by Lachlan Mackinnon (2005)
Live for the gifts the fragrant-breasted Muses
send, for the clear, the singing, lyre, my children.
Old age freezes my body, once so lithe,
rinses the darkness from my hair, now white.
My heart’s heavy, my knees no longer keep me
up through the dance they used to prance like fawns in.
Oh, I grumble about it, but for what?
Nothing can stop a person’s growing old.
They say that Tithonus was swept away
in Dawn’s passionate, rose-flushed arms to live
forever, but he lost his looks, his youth,
failing husband of an immortal bride.
Translated by Lachlan Mackinnon (2005)
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Sappho and the Weight of Years
Girls, be good to these spirits of music and poetry
that breast your threshold with their scented gifts.
Lift the lyre, clear and sweet, they leave with you.
As for me, this body is now so arthritic
I cannot play, hardly even hold the instrument.
Can you believe my white hair was once black?
And oh, the soul grows heavy with the body.
Complaining knee-joints creak at every move.
To think I danced as delicate as a deer!
Some gloomy poems came from these thoughts:
useless: we are all born to lose life,
And what is worse, girls, to lose youth.
The legend of the goddess of the dawn
I’m sure you know: how rosy Eos
madly in love with gorgeous young Tithonus
swept him like booty to her hiding-place
but then forgot he would grow old and grey
while she in despair pursued her immortal way.
Translated by Edwin Morgan 2005
Girls, be good to these spirits of music and poetry
that breast your threshold with their scented gifts.
Lift the lyre, clear and sweet, they leave with you.
As for me, this body is now so arthritic
I cannot play, hardly even hold the instrument.
Can you believe my white hair was once black?
And oh, the soul grows heavy with the body.
Complaining knee-joints creak at every move.
To think I danced as delicate as a deer!
Some gloomy poems came from these thoughts:
useless: we are all born to lose life,
And what is worse, girls, to lose youth.
The legend of the goddess of the dawn
I’m sure you know: how rosy Eos
madly in love with gorgeous young Tithonus
swept him like booty to her hiding-place
but then forgot he would grow old and grey
while she in despair pursued her immortal way.
Translated by Edwin Morgan 2005
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“(several words missing) the violet-rich Muses’ fine gifts,
children, (several words missing) the clear-voiced song-loving lyre:
(several words missing) skin once was soft is withered now,
(several words missing) hair has turned white which once was
black, my heart has been weighed down, my knees, which once were
swift to dance like young fawns, fail me. How often I lament these
things. But what can you do? No being that is human can
escape old age. For people used to think that Dawn with rosy
arms (several words uncertain) Tithonus fine and young to the edges of
the earth; yet still grey old age in time did seize him,
though he has a deathless wife.”
Englische Interlinearübersetzung von Dirk Obbink
Sonntag, 2. Februar 2014
Stillleben - Zurbaran
StillLeben
Francisco de Zurbarán
1633
1636
Stilleben
Wenn alles abgeblättert daliegt
Gedanken, Stimmungen, Duette
abgeschilfert – hautlos daliegt,
kein Stanniol- und das Abgehäutete
− alle Felle fortgeschwommen −
blutiger Bindehaut ins Stumme äugt −:
was ist das?
Die Frage der Fragen! Aber kein
Besinnlicher
fragt sie mehr −
Renaissancereminiszenzen,
Barocküberladungen,
Schloßmuseen −
nur keine weiteren Bohrungen,
doch kein Grundwasser,
die Brunnen dunkel,
die Stile erschöpft −
die Zeit hat etwas Stilles bekommen,
die Stunde atmet,
über einem Krug,
es ist spät, die Schläge verteilt
noch ein wenig Clinch und Halten,
Gong – ich verschenke die Welt
wem sie genügt, soll sich erfreun:
der Spieler soll nicht ernst werden
der Trinker nicht in die Gobi gehn,
auch eine Dame mit Augenglas
erhebt Anspruch auf ihr Glück:
sie soll es haben −
still ruht der See,
vergißmeinnichtumsäumt,
und die Ottern lachen.
Gottfried Benn
Stilleben
Wenn alles abgeblättert daliegt
Gedanken, Stimmungen, Duette
abgeschilfert – hautlos daliegt,
kein Stanniol- und das Abgehäutete
− alle Felle fortgeschwommen −
blutiger Bindehaut ins Stumme äugt −:
was ist das?
Die Frage der Fragen! Aber kein
Besinnlicher
fragt sie mehr −
Renaissancereminiszenzen,
Barocküberladungen,
Schloßmuseen −
nur keine weiteren Bohrungen,
doch kein Grundwasser,
die Brunnen dunkel,
die Stile erschöpft −
die Zeit hat etwas Stilles bekommen,
die Stunde atmet,
über einem Krug,
es ist spät, die Schläge verteilt
noch ein wenig Clinch und Halten,
Gong – ich verschenke die Welt
wem sie genügt, soll sich erfreun:
der Spieler soll nicht ernst werden
der Trinker nicht in die Gobi gehn,
auch eine Dame mit Augenglas
erhebt Anspruch auf ihr Glück:
sie soll es haben −
still ruht der See,
vergißmeinnichtumsäumt,
und die Ottern lachen.
Gottfried Benn
1640
Post-Premieren-Rausch
„Wir hatten kein Konzept und wollten nichts beweisen, sondern etwas herausbekommen."
Hanns Eisler
Seit März des letzten Jahres saßen meine leise, unerbittliche Kollaborateurin und ich an unserer Version der Shakespearschen Königsdramen. Jetzt sind sie auf der Bühne. Jucheh!
Macht und Recht, einander unablässig verlangend, bekämpfend, ausschließend und bedingend. Harter Tobak, keine romantische Liebe weit und breit. Man war das spannend.
Vorgestern, Donnerstag, die Premiere in Bremen. Aufregend, schön, kontrovers, bejubelt, die Premierenfeier dementsprechend. Das war eine gute Arbeit mit tollen Leuten! Und alle Spieler haben mir Whisky geschenkt. Da werde ich gute Gedanken haben, wenn ich von fern auf sie anstoße.
Wie schön, dass dieses Mal, weil Bremen so günstig liegt, auch einige meiner Freunde da sein konnten. Wie schade, dass andere wegen Krankheit nicht kommen konnten. Gute Besserung! Gute Besserung!
Am nächsten Tag, Freitag, Post-Premieren-Frühstück und sechs Stundenl Zugfahrt nach Augsburg. Im Zug mir gegenüber ein fülliger Mann mit drei Zähnen und auch die bräunlich und schief. Nach dem Ausstieg finde ich ein Kontaktangebot in meinem Reisebuch. Die Deutsche Bahn bietet ungeahnte Möglichkeiten!
Am Abend, als Eröffnung des hiesigen Brecht-Festivals, liest Burghart Klaußner im Augsburger Theater aus den Gesprächen von Hanns Eisler mit Hans Bunge, ganz klug und leicht und witzig. Zwischendurch, elegant gesetzt, singt er Lieder Eislers mit einem zartem Herrentenor. Wunderbar.
Wolf Biermann über Eisler: „Seltene Gelegenheit eines runden Menschen! / Gespalten nicht seine Zunge, noch sein Gehirn. / Auch geht kein Riß zwischen Oben und Unten ihm. / Da, wo bei andern die furchtbar berüchtigte Stelle / Da, wo den andern so leicht das Kreuz brach / Wölbet sich mächtig sein fröhlicher Bauch / Schwingt auf und ab in wildem Gelächter / Über die Dummheit in der Musik nicht allein."
Heute, am Samstag, dann acht Stunden Probe für das "Badener Lehrstück vom Einverständnis" mit Chor und Orchester und Sängern und Schauspielern. Anstrengend, intensiv und zu guter Letzt produktiv. Dann zum Konzert von Bonaparte, laut und trashig und lustig.
Habe ich es gut, oder was? Sicher, manchmal träume ich von meinem Bett in Berlin, einem Leben mit konstanten Orten, nah wohnenden Freunden und zeitweiliger Regelmäßigkeit. Aber, wie heißt es in dem Stück, dass wir hier, in Augsburg, zeigen werden: "Alles können Sie nicht haben, Herr Schmidt."
http://www.musicsection.de/pages/content/PortraitSpecialBonaparte
http://www.zeit.de/kultur/musik/2012-08/bonaparte-interview-tobias-jundt
Freitag, 31. Januar 2014
Agnus Dei - Das Lamm Gottes
DAS LAMM GOTTES
Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.
Johannes-Evangelium
Die Kreuzigung Jesu fand nach dem Johannesevangelium zu der Zeit statt, als die Pessach-Lämmer geschlachtet wurden. Nach dem Bericht der drei synoptischen Evangelien fand das Abendmahl Jesu Christi in der Nacht des Pessachfestes statt, woher die enge Verbindung zwischen der Eucharistie und der Symbolik des Lammes herrührt.
Wiki
Laßt uns freuen und fröhlich sein und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Braut hat sich bereitet. Und es wurde ihr gegeben, sich anzutun mit schönem reinem Leinen. Das Leinen aber ist die Gerechtigkeit der Heiligen. Und er sprach zu mir: Schreibe: Selig sind, die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind. Und er sprach zu mir: Dies sind wahrhaftige Worte Gottes.
Offenbarung 19,7-9
Unter Papst Sergius I. (687-701) ist laut Papstbuch das Agnus Dei als gemeinsamer Begleitgesang von Klerus und Laien zur Brechung in die römische Liturgie eingeführt worden
www.uni-muenster.de
Der Ursprung des „Agnus Dei“ findet sich im 7. Jahrhundert. Das
langwierige Brechen des eucharistischen Brotes wurde mit litaneiartigen
Rufen musikalisch ausgedeutet, die solange fortgesetzt wurden, bis das
Brechen der Brote abgeschlossen war.
Im Mittelalter wurde die Messe weniger als gemeinsame Feier der versammelten Gläubigen verstanden. ... Eingeführt wurden anstelle des Brotes kleine Hostien, zeichenhaft gebrochen wurde nur noch die Priesterhostie. Die Agnus Dei-Anrufungen wurden mit der abschließenden Bitte um den Frieden auf drei reduziert.
www.kirchen.net/kirchenmusik
Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser.
Im Mittelalter wurde die Messe weniger als gemeinsame Feier der versammelten Gläubigen verstanden. ... Eingeführt wurden anstelle des Brotes kleine Hostien, zeichenhaft gebrochen wurde nur noch die Priesterhostie. Die Agnus Dei-Anrufungen wurden mit der abschließenden Bitte um den Frieden auf drei reduziert.
www.kirchen.net/kirchenmusik
Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser.
Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser.
Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, gib uns deinen Frieden.
Deutscher Text in der Heiligen Messe
1636-1640 Francisco de Zurbaran |
DAS LAMM
Kleines Lamm, wer schuf dich,
Kennst du den, der schuf dich?
Gab dir Leben, Futter auch
Durch die Au'n an Baches Lauf;
Gab dir Kleidung voller Freud,
Wollig-weich ein helles Kleid;
Gab dir'n Stimmchen zart und klar,
Dass die Täler jubeln gar,
Kleines Lamm, wer schuf dich,
Kennst du den, der schuf dich?
Kleines Lamm, ich sag dir's;
Kleines Lamm, ich sag dir's:
Man ruft Ihn an mit deinem Nam',
Denn Er nennt selber sich ein Lamm;
Er ist so sanft, Er ist so lind,
Er wurde selbst ein kleines Kind.
Mich als Kind und dich als Lamm
Ruft man an in Seinem Nam',
Kleines Lamm, Gott schütz dich!
Kleines Lamm, Gott schütz dich!
Kennst du den, der schuf dich?
Gab dir Leben, Futter auch
Durch die Au'n an Baches Lauf;
Gab dir Kleidung voller Freud,
Wollig-weich ein helles Kleid;
Gab dir'n Stimmchen zart und klar,
Dass die Täler jubeln gar,
Kleines Lamm, wer schuf dich,
Kennst du den, der schuf dich?
Kleines Lamm, ich sag dir's;
Kleines Lamm, ich sag dir's:
Man ruft Ihn an mit deinem Nam',
Denn Er nennt selber sich ein Lamm;
Er ist so sanft, Er ist so lind,
Er wurde selbst ein kleines Kind.
Mich als Kind und dich als Lamm
Ruft man an in Seinem Nam',
Kleines Lamm, Gott schütz dich!
Kleines Lamm, Gott schütz dich!
William Blake
Gedenke nicht unsrer vorigen Missetaten; erbarme dich unser bald, denn wir sind sehr dünn geworden.
Psalm 79 Martin Luther
REDE HEINRICH VI.
Wollt, ich wär tot, wenn’s Gottes Wille wär!
Denn was nur bringt die Welt als Leiden und Beschwer?
O Gott! Mir ist, als wär es ein beglücktes Leben,
Nichts bessres als ein biedrer Hirt zu sein;
Auf Hügeln hinzusitzen wie jetzt ich,
Mir Sonnenuhrn zu schnitzen, Span um Span,
Dran die Minuten sehn, wie sie verrinnen -
Wieviel davon die Stunde voll wohl machen,
Wie viele Stunden einen Tag vollenden,
Wie viele Tage wohl ein Jahr beschließen,
Wie viele Jahr ein Mensch wohl leben mag.
Wenn das geklärt ist, dann die Zeit sich ordnen -
So viele Stunden muss ich Herden hüten;
So viele Tage warn die Schafe trächtig;
So viele Wochen, bis die Närrchen lammen;
So viele Jahre, bis ich Wolle schere:
Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Jahre.
Ach, welch ein Leben wär’s! Wie süß! Wie lieblich!
Wollt, ich wär tot, wenn’s Gottes Wille wär!
Denn was nur bringt die Welt als Leiden und Beschwer?
O Gott! Mir ist, als wär es ein beglücktes Leben,
Nichts bessres als ein biedrer Hirt zu sein;
Auf Hügeln hinzusitzen wie jetzt ich,
Mir Sonnenuhrn zu schnitzen, Span um Span,
Dran die Minuten sehn, wie sie verrinnen -
Wieviel davon die Stunde voll wohl machen,
Wie viele Stunden einen Tag vollenden,
Wie viele Tage wohl ein Jahr beschließen,
Wie viele Jahr ein Mensch wohl leben mag.
Wenn das geklärt ist, dann die Zeit sich ordnen -
So viele Stunden muss ich Herden hüten;
So viele Tage warn die Schafe trächtig;
So viele Wochen, bis die Närrchen lammen;
So viele Jahre, bis ich Wolle schere:
Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Jahre.
Ach, welch ein Leben wär’s! Wie süß! Wie lieblich!
William Shakespeare
Donnerstag, 30. Januar 2014
Die Könige des Herrn Shakespeare morgen an der bremer shakespeare company
Morgen ist Premiere & ich kann eh nicht schlafen, deshalb hier das:
RICHARD II. bis RICHARD III.
Mit Umwegen über HEINRICH IV. & HEINRICH V. & HEINRICH VI. & EDWARD IV.
König Eduard III. von England
hat sieben Söhne. sein Erstgeborener, der schwarze Prinz, auch ein Eduard,
fällt in der Schlacht und so wird dessen Sohn, Richard, sein Nachfolger auf dem
Thron. Dieser Richard Nº II. will Irland unterwerfen. Dafür braucht er dringend
Geld, also enteignet er kurzerhand einen Cousin, mit Namen Heinrich, der
darüber nicht erfreut, erst nur sein Eigentum zurück verlangt, aber damit nicht
genug, dann den König verhaften, absetzten und sich selber zum König krönen lässt
und endlich, sicherheitshalber, den Befehl gibt, dass, der nun ehemalige, König
umgebracht werden soll.
Nunmehr ist er, als Heinrich IV.
König und will einen Kreuzzug nach Jerusalem unternehmen, aber kommt irgendwie
nicht dazu. sein schlechtes Gewissen macht ihn misstrauisch und böse, Geld ist,
wie immer, ein Problem und er hat auch noch einen wilden Sohn, der ebenfalls
Heinrich heißt. Als dieser Heinrich IV. endlich eines nicht glücklichen, aber
immerhin natürlichen Todes stirbt, trägt sein Sohn schon ‚probehalber’ die
Krone.
Heinrich V. wird der genannt und
führt erfolgreich Krieg mit Frankreich. Endlich einer, der weiß, wie man einen
König darstellt. Er stirbt erschöpft vom vielen Kämpfen in einem Wald an
Durchfall und sein Sohn Heinrich, der VI. dieses Namens, ist eine Enttäuschung.
Er spielt und betet lieber, als zu regieren, da tun es halt andere für ihn.
Der Krieg mit
Frankreich dauert einhundert Jahre und in England töten sich Familien um die
Farbe einer Rose. Eduard IV. erobert den Thron für die weiße Rose, doch er wird
von seinem Bruder Richard, dem mit Buckel und lahmem Bein, überlebt.
Dieser Richard III., liefert das Satyrspiel, dem sich die lange Geschichte der
Tudors anschließt, deren Dichter Shakespeare ist.
Shakespeare gilt mit diesen Stücken als einer der Begründer von Geschichtsschreibung, wie wir sie heute verstehen. seine historischen Ungenauigkeiten interessieren nicht so sehr, wohl aber seine Art der Auswahl, Parteinahme und seine Eingebundenheit in die Regierungszeit der Tudor-Königin Elisabeth. Er zeichnet eine faszinierende, furchteinflößende und immer poetische Landschaft von Machtkampf, Machtmissbrauch und der geradezu erotischen Verführung, die von Macht ausgeht.
Von der Selbstgewissheit des Richard II, König von Gottes Gnaden, dessen durch Infragestellung ausgelöste Krise wie ein Herbstgewitter alle bis dahin bestehende Sicherheit über den Haufen wirft, über Heinrich IV, der noch im alten Denken verhaftet, seinen eigenen wagemutigen Umsturz nicht verkraftet und in zunehmender Paranoia, allen Umstehenden die eigenen Selbstzweifel unterstellt, bis zu Heinrich V., dem Mann, der sein Ich abstreifen kann, wie einen Mantel und ein anderes anlegt und den perfekten König spielt. Ja, und dann folgt, wie immer, die Dekadenz von Heinrich VI, mit Bürgerkrieg und Familienhass, wieder in Ordnung gezwungen von Edward IV, bis dann Richard III uns zum Komplizen macht im ultimativen Zynikerspektakel.
I'm A King Bee
Slim Harpo
Slim Harpo
(James Isaac Moore)
Well, I'm a king bee
Buzzin' around yo' hive
Well, I'm a king bee
Buzzin' around yo' hive
Well, I can make honey, baby
Let me come inside
I'm young and able
To buzz all night long
I'm young and able
To buzz all night long
Well, when you hear me buzzin', baby
Some stingin' is going on
Well, I'm a king bee
Want you to be my queen
Well, I'm a king bee
Want you to be my queen
Together we can make honey
The world ever, never, seen.
Well, I'm a king bee
Can buzz all night long
Well, I'm a king bee
Can buzz all night long
Well, I can buzz better, baby
When yo' man is gone.
Can buzz all night long
Well, I'm a king bee
Can buzz all night long
Well, I can buzz better, baby
When yo' man is gone.
Alle Photos © Marianne Menke
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