Donnerstag, 28. März 2013

Theater hat auch einen Welttheatertag


Computer kaputt, Festplatte gerettet und, huch! - es ist Welttheatertag!
1961 in Wien auf einem Kongress des Internationalen Theater Instituts wurde 
der Vorschlag einiger skandinavischer Institute für einen solchen Tag angenommen, und seitdem ist jeder 27. März der weltweite Tag des Theaters, mit jeweilig einer Grußbotschaft eines Welttheatermenschen. Und das war's. 

Ich habe diesen Tag noch nie gefeiert, vergesse ihn jedes Mal aufs Neue und kenne auch niemanden, der ihn je gefeiert hätte. 
Wie müßte wohl ein Theaterfesttag aussehen, den ich mit Spaß und Lust begrüßen und begehen würde? 
Einen ganzen Tag tun alle nur 'als ob'.
Als ob sie Banker wären, oder Generäle oder Minister, Putzfrauen, Kellner oder BWL-Studenten.
Als ob sie 40 Jahre verheiratet wären, endlos einsam oder im höchsten Rausch der Pubertät.
Als ob sie dick, dünn, schön, bucklig oder grau wären. 
Als ob sie schlechtgelaunte Beamte oder überfreundliche Friseusen wären. 
Wenn wir einen Tag lang das eigene gewohnte Leben mal durchspielten, wenn wir das, was wir immer tun, nachspielten - wären wir erschrocken? Erstaunt? Gelangweilt?
Frau Merkel spielte Frau Merkel, ich spielte ich inszeniere in Detmold, jeder spielte, was er ist oder denkt zu sein. Da würde die gewöhnliche Kleidung zum Kostüm und das übliche Laufen zum Gang. Wir schauten mit spielerischer Distanz auf uns selbst und auch neu, fremd auf die Anderen.

Die ganze Welt ist eine Bühne und alle Frauen und Männer bloße Spieler. Sie treten auf und gehen ab.
William Shakespeare

Alfred Eisenstädt Junge bindet seine Krawatte vor dem Spiegel

Welttheatertag am 27. März 2013 mit Botschaft von Dario Fo

Am 27. März begehen Künstlerinnen und Künstler weltweit den Welttheatertag. Jedes Jahr wird eine bekannte Persönlichkeit vom Internationalen Theaterinstitut gebeten, eine Botschaft zu formulieren.


Früher haben die Mächtigen das Problem mit den unliebsamen Komödianten dadurch gelöst, dass sie sie aus dem Lande jagten. Heute haben Schauspieler und Theatergruppen Schwierigkeiten, Aufführungsorte, Theater und Publikum zu finden, alles aufgrund der Krise. Die Regierenden haben also nicht mehr das Problem, diejenigen, die sich durch Ironie und Sarkasmus ausdrücken, kontrollieren zu müssen, weil die Schauspieler keinen Ort und auch kein Publikum haben, an das sie sich wenden können.


Im Gegensatz dazu hatten die Machthaber in der Renaissance einige Mühe, die Komödianten in Schach zu halten, denn diese erfreuten sich eines enormen Zuspruchs beim Publikum. Bekanntlich fand der große Exodus der Commedia dell ’Arte-Schauspieler im Jahrhundert der Gegenreformation statt. Diese ordnete die die Schließung sämtlicher Theater an, insbesondere in Rom, wo sie wegen Schmähung der Heiligen Stadt angeklagt waren. Unter dem hartnäckigen Druck des reaktionärsten Teils der Bourgeoisie und der höchsten Vertreter des Klerus hatte Papst Innozenz XII. 1697 die Schließung des Teatro di Tordinona befohlen, auf dessen Bühne es nach Ansicht der Moralisten die höchste Anzahl obszöner Aufführungen gegeben hatte.



Zu Zeiten der Gegenreform hatte sich Kardinal Carlo Borromeo, dessen Wirkungsbereich im Norden lag, durch eine klare Unterscheidung zwischen der Kunst als höchster Form spiritueller Erziehung und dem Theater als Manifestation des Profanen und der Eitelkeit sehr erfolgreich für die Erlösung der „Mailänder Kinder“ eingesetzt. In einem Brief an seine Mitarbeiter, den ich aus dem Gedächtnis zitiere, drückt er sich in etwa so aus:


„Im Bemühen, das Unkraut auszurotten, haben wir das Erdenkliche getan, um alle infamen Schriften auf den Scheiterhaufen zu bringen, sie aus dem Gedächtnis der Menschen zu löschen und gleichzeitig diejenigen zu verfolgen, die diese Texte in gedruckter Form verbreitet haben. Offensichtlich aber hat sich, während wir schliefen, der Dämon neue Schliche ausgedacht. So viel tiefer dringt in die Seele, was die Augen sehen als was sie in Büchern lesen! So viel tiefer verwundet das von der Stimme und der dazugehörigen Geste diktierte Wort den Geist der jungen Männer und Frauen als das tote Wort in den Büchern. Es ist also dringend notwendig, die Komödianten aus unseren Städten zu vertreiben, wie man das mit unerwünschten Seelen zu tun pflegt.“



Die einzige Lösung für die Krise ist deshalb die Hoffnung, dass auf uns, vor allem aber auf die Jungen, die die Kunst des Theaters erst noch erlernen wollen, eine große Jagd eröffnet wird: eine neue Diaspora der Komödianten, die aus dieser Zwangslage ganz sicher unvorstellbaren Nutzen für ein neues Theater ziehen wird.



Aus dem Italienischen von Sabine Heymann 

Bernardo Strozzi 1615 Alte Frau im Spiegel

Mittwoch, 20. März 2013

Kaffee im Computer


Ich mache immer Backups oder schicke mir Dokumente nochmal als Mail, aber diesmal natürlich nicht. Zwei Wochen Arbeit an der Strichfassung von Cyrano schwimmen jetzt in Kaffee! Selber Schuld.

Remedios Varo - Fenomeno 1962

FRÜHLINGSANFANG


FRÜHLINGSANFANG ???!

Der neue Papst spricht über eine arme Kirche.

©AFP/Reuters

Frau Holle ist in der manischen Phase.



Ich hatte gestern, zum ersten Mal in 14 Tagen, alle Schauspieler auf der Probe.



Montag, 18. März 2013

Wie wir uns Menschen basteln und uns selbst belügen


Und Gott sprach: Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei...
...Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn...
1 Moses 1

Ein Gegrübel

Nur sehr selten erfahren wir, wie uns andere sehen. 

Wenn wir überhaupt darüber sprechen, verhindern vorauseilende Höflichkeit, anerzogener Takt, die weitverbreitete Unwilligkeit sich unbeliebt zu machen, und, natürlich, gewöhnliche Verlogenheit, meist wirklichen Erkenntnisgewinn. 
Und dass Kinder und Betrunkene die Wahrheit sagen, halte ich in Erinnerung an die von mir geäußerten kindlichen Grundsatzurteile und selbstverteidigenden Gemeinheiten, für eine ungenaue Platitüde.
Der liebende Blick ist ein Spezialfall, im besten Fall sieht der andere uns in unserer schönsten Möglichkeit, im schlimmsten sieht er, nur das was er selbst braucht und wird, bei dem Versuch uns dafür nutzbar zu machen, niedermetzeln, was dem im Wege steht. Und das "zu unserem Besten". Ob das Letztere Liebe zu nennen sei, ist zu bezweifeln.

Die Verwendung der Wörter "immer" und "nie" scheint mir ein deutliches Warnzeichen für versuchte 'Selbst'-Verletzung durch einen Anderen.
Ich habe über die Jahre gehört, dass ich, wenn ich bei den mittelschweren Vorwürfen bleibe, zu kühl, zu selbstbewusst, sogar arrogant, besserwisserisch, verschlossen und überhaupt rechthaberisch bin. Was alles irgendwie stimmt und andererseits auch nicht.
Manchmal bin ich so und manchesmal auch das genaue Gegenteil. 
Unser Selbstbild wankelig, idealisiert beschönigend oder selbstzerfleischend, je nach Zustand, begnügt sich deshalb meist mit dem imaginierten Fremdbild. "Zu fett" ist gleichzeitig eigentlich eines der harmlosesten, aber auch weitverbreitetsten Urteile, das wir anderen unterstellen. Oder warum vergesse ich gute Kritiken in Windeseile, während Verrisse oft jahrelang wortwörtlich in den Tiefen meines Gehirns herumwabern?  


Und da leben wir, kennen uns eigentlich, wollen, können aber vieles von dem was wir da sehen, ahnen, nicht ertragen, denn ungeschminkt und ungewaschen blickt uns ein unerwartetes, anderes Gesicht entgegen. Anders als erhofft, anders als genehm, anders als was gemeinhin hübsch genannt wird. Aber es ist halt unseres.

Manchmal erblicken wir in den verletztenden Worten, die uns jemand über uns entgegenschleudert, für Sekunden nur die verzweifelte Fratze unseres Gegenüber, der selbst im heftigen Kampf mit sich gefangen, uns einen Teil seiner Not überhelfen möchte.

Und manchmal sagt jemand einen scheinbar lapidaren Halbsatz, und auch wenn es eine schmerzhafte Wahrheit seien mag, die da ausgesprochen wurde, geht es uns doch besser, denn wir sind gesehen worden, erkannt.


Ich bin und weiß nicht wer.
Ich komm' und weiß nicht woher.
Ich geh', ich weiß nicht wohin.
Mich wundert, dass ich fröhlich bin!

Wenn ich wüsste, wer ich bin.
Wenn ich ging und wüsste wohin.
Wenn ich käm und wüsste woher.
Ob ich dann wohl traurig wär? 

Ich leb und weiß nicht wie lang / ich sterb und weiß nicht wan / ich fahr und weiß nicht wahin / mich nimmt wunder daß ich so frelich bin / wan ich bedenk den dot und di ewige pein / so mecht ich nicht so frelich sein.
15. Jh., Autor unbekannt 


Egon Schiele Doppel-Selbstportrait 1915

Da sprach Gott zu Mose: "Ich bin, der ich bin." Dann sprach er: So sollst du zu den Söhnen Israel sagen: Der "Ich bin" hat mich zu euch gesandt.
oder
Gott sprach zu Mose: ICH WERDE SEIN, DER ICH SEIN WERDE. Und sprach: Also sollst du den Kindern Israel sagen: ICH WERDE SEIN hat mich zu euch gesandt. 
Numeri 3.14

I AM WHAT I AM - ICH BIN WAS ICH BIN


Ich bin, was ich bin
Ich bin meine eigene spezielle Kreation
Also komm, schau mich an
geh weg oder gib mir Applaus
Es ist meine Welt
auf die ich stolz sein möchte
Meine Welt
und es ist nicht ein Platz an dem ich mich verstecken muss
das Leben ist nichts wert
Bis du sagen kannst
Ich bin, was ich bin

Ich bin, was ich bin
ich möchte kein Lob, ich möchte kein Mitleid
Ich schlage meine eigene Trommel
Einige denken es ist Krach, ich denke es ist schön
also was, wenn ich jedes Funkeln und jedes Armband liebe
warum nicht versuchen das Leben von einem anderen Standpunkt zu sehn?
dein Leben ist nur ein schwindel
bis du schreien kannst
Ich bin, was ich bin

Ich bin, was ich bin
und dafür brauch ich mich nicht zu entschuldigen
ich teile mein eigenes Spiel aus
Manchmal die Asse manchmal die Zweien
es ist ein Leben und es gibt es kein Zurück und kein Pfand
ein Leben, also ist es Zeit die Tür zu öffnen
das Leben ist nichts wert
bis du schreien kannst
Ich bin, was ich bin

Ich bin, was ich bin
Ich bin, was ich bin
Ich bin, ich bin, ich bin gut
Ich bin, ich bin, ich bin stark
Ich bin, ich bin, ich bin würdig
Ich bin, ich bin, ich gehöre hierher

Ich bin
Ich bin
bin ich
Ich bin, ich bin, ich bin nützlich
Ich bin, ich bin, ich bin ehrlich
Ich bin, ich bin jemand
Ich bin so gut wie Du

Ich bin, ich bin, ich bin

Shirley Bassey "I am what I am"
https://www.youtube.com/watch?v=BjcquP0sKjs

Sonntag, 17. März 2013

Die Erfindung der Mode - Josefs bunter Mantel


     Mir ist so nach Farbe heute, denn es ist hier so 

   grau. 
   Bunte Farben sind Farben mit Buntwirkung, also jeglicher vom neutralen
    Grau abweichenden Farbigkeit - sagt Wiki.


     Erstes Buch Moses 
     Kapitel 37

      ...Israel aber hatte Joseph lieber als alle seine Kinder, darum daß er ihn 
      im Alter gezeugt hatte; und machte ihm einen bunten Rock. Da nun seine  
      Brüder sahen, daß ihn ihr Vater lieber hatte als alle seine Brüder, waren 
      sie ihm feind und konnten ihm kein freundlich Wort zusprechen.

       ...Da nahmen sie Josephs Rock und schlachteten einen Ziegenbock und 

       tauchten den Rock ins Blut und schickten den bunten Rock hin und ließen
       ihn ihrem Vater bringen  und sagen: Diesen haben wir gefunden; sieh, 
       ob's deines Sohnes Rock sei oder nicht. Er erkannte ihn aber und sprach:
       Es ist meines Sohnes Rock; ein böses Tier hat ihn gefressen, ein reißendes
       Tier hat Joseph zerrissen. Und Jakob zerriß sein Kleider und legte einen
       Sack um seine Lenden und trug Leid um seinen Sohn lange Zeit.
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    Im Englischen heißt der bunte Mantel: a coat of many colors, dass klingt 
      noch viel farbenfreudiger.


Der gemalte Ammer - the painted bunting
©Wiki Dan Pancamo

Seidentücher auf dem Chatuchak-Markt in Bangok 
©Beezy 

KUNTERBUNT
   Die Geschichte von "kunterbunt" ist selbst auch ein wenig "kunterbunt". 
     Seine Herkunft hat jedenfalls nichts mit Farben zu tun. Es stammt ab 
     von dem musikalischen Begriff "Kontrapunkt", der etwa mit 
     "Vielstimmigkeit" wiedergegeben werden kann (mehrere Stimmen werden 
     gleichberechtigt nebeneinander her geführt). Über das mhd. "contrabund" 
     geht er weiter zurück auf lat. "contrapunctum" bzw. "punctus contra 
     punctum" = "Note gegen Note" (lat. "punctus" = "Note"). Irgendwie 
     machten (wahrscheinlich) musikalische Banausen, die dem 
     "Durcheinander" an Stimmen nichts abgewinnen konnten, daraus die 
     Bezeichnung "kunterbunt" für "durcheinander". Und so wurde aus 
     "kontra" "konter" (vergl. "Kontermutter") und schließlich "kunter" und 
     "bunt" passte ja ganz gut dazu.  


Jemenitische Frauen
©


Joseph.


Die Winde spielten müde mit den Palmen noch

So dunkel war es schon um Mittag in der Wüste,

Und Joseph sah den Engel nicht, der ihn vom Himmel grüßte

Und weinte, da er für des Vaters Liebe büßte

Und suchte nach dem Cocos seines schattigen Herzens doch.


Der bunte Brüderschwarm zog wieder nach Gottosten

Und er bereute seine schwere Untat schon

Und auf den Sandweg fiel der schnöde Silberlohn.

Die fremden Männer aber ketteten des Jakobs Sohn

Bis ihm die Häute drohten mit dem Eisen zu verrosten.


So oft sprach Jakob inbrünstig zu seinem Herrn,

Sie trugen gleiche Bärte, Schaum von einer Eselin gemolken

Und Joseph glaubte jedesmal sein Vater blicke aus den Wolken

Und eilte über heilige Bergeshöhn, ihm nachzufolgen

Bis er dann ratlos einschlief unter einem Stern.


Die Käufer lauschten dem entrückten Knaben,

Des Vaters Andacht atmete aus seinem Haare;

Und sie entfesselten die edelblütige Ware

Und drängten sich zu tragen, Canaans Prophet in einer Bahre,

Wie die bebürdeten Kameele durch den Sand zu traben.


Egypten glänzte feierlich in goldenen Mantelfarben

Da dieses Jahr die Ernte auf den Salbtag fiel.

Die kleine Karawane, endlich nahte sie dem Ziel.

Sie trugen Joseph in das Haus des Potiphars am Nil.

An seinem Traume hingen aller Deutung Garben.

Else Lasker-Schüler

Freitag, 15. März 2013

Schwarze Katze


    
    Von links nach rechts macht's schlechts, von rechts 
   nach links Glück bringt's.

    Ich habe 20 Jahre lang mit einer schwarzen Katze zusammengelebt, sie hieß Emma 
    und war sehr intelligent und ist, wenn sie nicht malerisch herumlag und schlief,
    viel von links nach rechts und rechts nach links herumgeschlichen und gerannt und
    auch viel hoch- und runter gesprungen, aber eine Verbindung zu meinen jeweiligen  
    Glücks- oder Unglücksmengen habe ich nicht feststellen können. 
    Doch irgendwie sind in unseren Gegenden diese Mäusefänger und Individualisten im 
    Mittelalter in Verruf geraten. Vielleicht weil sie Teil des alten heidnischen 
    Götterpantheons waren, vielleicht weil sie sich nicht dankbar anhänglich und kritiklos 
    servil wie Hunde verhalten mögen. Dazu noch die dunkleschimmernde Fellfarbe, die 
    mysteriös wirkenden elliptischen Augen und diese erotische Art der Bewegung zwischen
    völliger wohliger Entspanntheit und plötzlicher vibrierender Konzentration. 
    Unabhängig, arrogant, gutaussehend und sich dessen bewusst, gute Kämpfer und gute
    Geniesser - kein Wunder vielleicht, dass man ihnen so viel Schlechtes nachsagt.   
    Erstklassige Hexengefährten halt. 
 
Martin Munkacsi - Black Cat circa 1931

Der König der Katzen

In diesem englischen Märchen kommt ein Mann nach Haus und erzählt seiner
Frau, dass er unterwegs neun schwarze Katzen mit weißen Flecken auf der Brust getroffen habe, die einen kleinen Sarg mit einer Krone drauf trugen. Und eine der Katzen hatte ihm zugerufen:" Sag Tom Tildrum das Tim Toldrum tot ist." Die Katze des Mannes, der alte Tom, hatte vom Ofen aus zugehört und rief daraufhin: "Was?! Der alte Tim ist tot! Dann bin ich der König der Katzen!" Daraufhin kletterte der alte Tom den Schornstein hinauf und ward niemals wieder gesehen.
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Apropos: 1909, am Todestag von A.Charles Swinburne sagte, so wird behauptet, 
W.B. Yeats zu seiner Schwester: "Jetzt bin ich König der Katzen!


Schwarze Katze

Ein Gespenst ist noch wie eine Stelle,
dran dein Blick mit einem Klange stößt;
aber da, an diesem schwarzen Felle
wird dein stärkstes Schauen aufgelöst:

wie ein Tobender, wenn er in vollster
Raserei ins Schwarze stampft,
jählings am benehmenden Gepolster
einer Zelle aufhört und verdampft.

Alle Blicke, die sie jemals trafen,
scheint sie also an sich zu verhehlen,
um darüber drohend und verdrossen
zuzuschauern und damit zu schlafen.
Doch auf einmal kehrt sie, wie geweckt,
ihr Gesicht und mitten in das deine:
und da triffst du deinen Blick im geelen
Amber ihrer runden Augensteine
unerwartet wieder: eingeschlossen
wie ein ausgestorbenes Insekt.


Rainer Maria Rilke