Als Nachtrag zu Teil 1: links sieht man den Kieferknochen eines Esels - mit einem solchen erschlug Samson 1000 Philister.
Die nun folgenden Ereignisse haben sich wahrscheinlich während Simsons zwanzigjährigen "Richtertätigkeit" zugetragen. Wobei die Richter des Tanach nicht nur juristische, sondern auch politisch-militärische Führer waren, einer Stadt oder eines der zwölf Stämme Israels.
St. Gereons Kirche Köln Samson trägt das Tor der Stadt |
Simson ging hin gen Gaza und sah daselbst eine Hure und kam zu ihr. Da sagten die Philister: Harre; morgen, wenn's licht wird, wollen wir ihn erwürgen. Simson aber lag bis Mitternacht. Da stand er auf zu Mitternacht und ergriff beide Türen an der Stadt Tor samt den Pfosten und hob sie aus mit den Riegeln und legte sie auf seine Schultern und trug sie hinauf auf die Höhe des Berges vor Hebron. Heute Sexskandal, damals weiterer Beweis des Auserwähltseins durch den HERREN - haben sich die Zeiten etwa geändert? Die Hure aus Gaza wird die einzige seiner drei Frauen sein, die ihn nicht verrät. Nachdem er das Stadttor abgeladen hat, geht er, vermutlich um sich abzukühlen an einen Bach, und verliebt sich dort in eine Frau namens Delilah. Wiederum eine Philisterin (!) und schon ihr Name hätte ihn warnen sollen, er bedeutet nämlich, je nachdem wo man nachschaut: charakterschwach, arm, vom hebräischen Stamm „dal“: Andere Erklärungsversuche bringen den Namen in Verbindung mit „dala“ oder „dalal“ was so viel bedeutet wie „Flirt“ bzw. „Verwöhnung“ oder sogar "(eine die) schwächte oder entwurzelte". Über diese Delila erfahren wir nichts als die detaillierten Schritte ihres Verrates und die Summe für die sie zur Verräterin wird: von jedem der fünf Führer der Philister (fünf Städte Gaza, Ashkelon, Ashdod, Ekron und Gath - fünf Führer) erhält sie 1100 Silberlinge, macht 5500 Silberlinge. Keine kleine Summe, wenn man in Richter 17 liest: Micha aber sprach zu ihm: Bleibe bei mir, du sollst mein Vater und mein Priester sein; ich will dir jährlich zehn Silberlinge und deine Kleidung und Nahrung geben. Und der Levit ging hin.
Und von nun an wird die Geschichte immer sonderbarer, Delila soll für die Philister von Samson das Geheimnis seiner Stärke liegt und man kann ihre Vorgehensweise schwerlich unauffällig nennen. Und Delila sprach zu Simson: Sage mir doch, worin deine große Kraft sei und womit man dich binden möge, daß man dich zwinge?
Er lügt, sie bindet ihn nachts, er zerreisst am Morgen womit sie ihn gebunden hat, sie beklagt sich ob seiner Lügen. Dreimal dieser Tanz. Seine Lügen werden zunehmend offensichtlicher, Wenn du mir die sieben Locken meines Hauptes zusammenflöchtest mit einem Gewebe und heftetest sie mit dem Nagel ein. Er muss also wissen, was sie vorhat und spielt trotzdem mit.
Jacob Matham 1613 |
Und dann: Da sie ihn aber drängte mit ihren Worten alle Tage und ihn zerplagte, ward seine Seele matt bis an den Tod, und er sagte ihr sein ganzes Herz und sprach zu ihr: Es ist nie ein Schermesser auf mein Haupt gekommen; denn ich bin ein Geweihter Gottes von Mutterleibe an. Wenn man mich schöre, so wiche meine Kraft von mir, daß ich schwach würde und wie alle anderen Menschen. Erträgt er den Verrat nicht mehr und gibt auf? Hofft er darauf, dass sie nun, da er sich völlig in ihre Hände begeben hat, das Geld zurückgeben und den Verrat verweigern wird?
Nichts dergleichen, er schläft in ihrem Schoße ein, das ist, wenn er um das Risiko weiß, ein ungeheurer Akt des wider alle Vernunft hoffenden Vertrauens. Sie kassiert zuerst das Geld und ruft dann jemanden, dass er ihm die sieben Locken seines Hauptes abschöre und fing an ihn zu zwingen; da war seine Kraft von ihm gewichen.
Lovis Corinth 1912 Der geblendete Samson |
Jetzt geht es Schlag auf Schlag: ihm werden die Augen ausgestochen, er wird angekettet und muss Zwangsarbeit leisten.
Aber die Haare wachsen nach! Die Kraft kommt wieder! Die Philister feiern ein Dankfest, 3000 sind es wieder, Samson soll spielen (Leier?), ein Knabe führt den Blinden herbei, er spielt, steht dabei zwischen zwei Säulen, spricht ein letztes Gebet und: er faßte die zwei Mittelsäulen, auf welche das Haus gesetzt war und darauf es sich hielt, eine in seine rechte und die andere in seine linke Hand, und sprach: Meine Seele sterbe mit den Philistern! und neigte sich kräftig. Da fiel das Haus auf die Fürsten und auf alles Volk, das darin war, daß der Toten mehr waren, die in seinem Tod starben, denn die bei seinem Leben starben.
Er zertrümmert sich mitsamt den Philistern.
Wir nennen so etwas Selbstmordattentat, andere nennen es den Märtyrertod.
PHILISTER ÜBER DIR, SAMSON! Die Samson Option: Der Begriff entstand in den 60er Jahren. Er bezog sich auf die Drohung eines atomaren Gegenschlages von Seiten Israels, sollte die Existenz des Staates in Gefahr sein, und schloß die mögliche Vernichtung des eigenen Landes mit ein.
Die israelische Atom-Bombe gilt im Lande als letzte Option, sollte die vollständige Vernichtung Israels drohen. Allerdings gibt die Regierung nicht offiziell zu, dass Israel Atomwaffen besitzt. Umfassender wird der Begriff auch gebraucht für Israels Atom-Programm.
dazu: The Samson Option: Israel's Nuclear Arsenal and American Foreign Policy von Seymour Hersh
John Milton "Samson Agonistes" ein dramatisches Gedicht 1671
Hier "findet man eine frühneuzeitliche Aktualisierung im Geiste des Puritanismus... Samson stilisiert sich hier gleichsam zu einem Sprengkörper: Jeder gegnerische Angriff ist für Samson begrüßenswert, denn er wird ihn zur Explosion bringen und den Angreifer mit in die Luft jagen; für den Gegner hingegen ist jeder Angriff auf Samson kontraproduktiv, denn er wird Samson nützen und dem Angreifer schaden....
Der Schluss des Dramas ist in diesem Sinne pure diskursive Beschönigung von
Samsons selbstmörderischem Massenmord. Sie gibt sich im dramatischen Diskurs
als allgemein und ethisch, ist aber in der Textwirklichkeit einseitig und politisch.
Man darf von einer Ironie der Geschichte sprechen: Milton produziert zur glei-
chen Zeit, als Blaise Pascal auf dem Kontinent vor dem Missbrauch der Religion
für barbarische Untaten warnt, ein politisch-philosophisches Drama, das einen
religiös motivierten Selbst- und Massenmörder verherrlicht."
Aus: Arata Takeda Skizze einer ›anderen‹ Kulturgeschichte des Selbstmordattentats
Max Liebermann |
Peter Paul Rubens 1609-10 |
Lucas Cranach der Jüngere 1537 |
Lucas Cranach der Ältere |
Guercino 1654 |
Gerrit van-Honthorst 1615 |
Alexandre Cabanel 1878 |