Arte füllt ein "Fashion Wochenende" mit hochinteressanten Dokumentationen über Designer und Mode. Das ist spannend, ist Theater.
Karl Lagerfeld, durchinszeniert bis in die Zehenspitzen, unablässig tätig, scheinbar ohne Pause schwatzend und mittendrin sein überraschend ordinärer deutscher Humor. Vivienne Westwood, die ich verehre, auf dem Fahrrad in London auf dem Weg zum Gesangsunterricht, wo sie wie ein kleines Mädchen mit ihrer dünnen süßen Kinderstimme von dem lehrenden Tenor niedergesungen wird. Dann zeigt sie an einer Kleiderpuppe, wie man "ganz leicht" Stoff zu einem Kleid drapieren kann. Die Frau hat mit Malcolm McLaren als Punk begonnen, die Sex Pisols kostümiert, ist Spezialistin für historische Schnitttechniken und ging zur Royal Garden Party ohne Höschen, jetzt ist sie 70 und nimmt Operngesangs-Unterricht . Die muss man doch lieben, oder?
Das sind hochprofessionelle Verrückte. Lagerfeld hatte nahezu immer ein Buch in der Hand und unter dem Gequatsche, spürt man, dass er enorm viel weiss und sehr harte, aber keineswegs dumme Meinungen hat.
Dann - Schuhe. die wenigsten Frauen sind frei von Schuhträumen. Wenn ich nicht so sagenhaft faul wäre, würde ich nur Stöckelschuhe tragen. Man läuft anders, das Selbstwertgefühl steigt und die faulen deutschen Hüften müssen schwingen.
Schade, ich habe immer noch das Gefühl, dass Modelust hierzulande etwas leicht Peinliches, Belächeltes ist. Warum eigentlich? Wieder unsere Verachtung für Entertainment/Unterhaltung. Mangel an Ernsthaftgkeit durch Interesse für Äußerlichkeit? Schwachsinn. Kein Mensch kann mein Innerstes sehen, die meisten interessiert es auch gar nicht, aber das Äußere kann ich nicht dauerhaft verbergen. Also, will ich kommunizieren, muss ich mit dem Draußen beginnen, oder? Ist Mode der Feind der Seele, der Intelligenz oder nur ein anderer Spielplatz für beide? Wie schon der kleine Maulwurf aus der Zeichentrickserie immer sagte: "Ich will blaue Hosen mit großen Tasche für mein Spielzeug!" Ich meine mit Mode nicht die Widerspiegelung irgendwelcher gerade ausgerufener Trends und auch nicht die externe Sichtbarmachung der jeweiligen finanziellen Situation, sondern etwas höchst individuelles, basierend auf dem eigenen wirklichen Körper (nicht auf dem der uns eingeredet und vorgeworben wird) und mit Lust und Humor das Selbst hebend oder dekorierend und, wenn man sich mal nicht so fühlt, auch verbergend. Ein Spaß! Das gilt übrigens auch für Männer, ihr Armen, so viel eingeschränkter als wir. Aber es gibt Möglichkeiten außerhalb von Jeans und ollen T-Shirts, wirklich. Männer-Hintern können etwas hinreißendes sein, aber man muß sie sehen können, hm?