Samstag, 25. Dezember 2010

Das Theater riecht.


Theater riechen. Sie riechen wie nur Theater riechen. Ich meine den Teil hinter der Bühne, die Bühne selbst, die Spielergarderoben, die Räume der Maske, Requisite, Fundus usw., der Geruch variiert, die Balance der Zusammensetzung variiert, mehr Fettschminke oder Schmieröl, noch eine Prise Anti-Mottenmittel oder ein kräftiger Schuß staubiger Samt, aber der Grundgeruch bleibt konstant. Merkwürdigerweise riechen Zuschauerräume anders, als wäre da eine unsichtbare Duftbarriere, die den Zauberduft nicht durchläßt, das Publikum von ihm ausschließt. Ich habe mal ein Jahr an der Uni gearbeitet, nach circa einem halben Jahr gab mir ein Mann eine Führung durch ein wunderschönes Theatergebäude aus dem 19. Jahrhundert, ein Zuschauerraum mit riesigem herunterfahrbaren Kronenleuchter, jeder Menge Stukkatur und weichgepolsterten Klappsitzen bezogen mit rotem Samt. Sehr schön. Dann hinter die Bühne, Putz bröckelt, lange nicht frisch gestrichen, eng und leicht schmuddelig - und da war er wieder der Duft, das "Parfum" von Schweiß, Staub, Schminke, Aufregung, Hektik, Liebe und ???, und ich merkte, wie sehr ich ihn vermißt hatte. Prima noch eine Abhängigkeit mehr! Sogar Freilichtbühnen haben diesen Geruch, nur verdünnt durch frische Luft, ganz was theaterfremdem. 
Ich habe vor Jahren mit einem zauberhaften, sehr alten Regisseur gearbeitet, der gelegentlich während der Proben einschlief, nur um bei Probenschluß hellwach genaue und strenge Kritik zu geben - ein Kollege meinte, man müßte ihm 10 Zwerge schenken, so dass er zu Hause als Pensionär weiterinszenieren könne - ich hätte dann gern ein Flakon Theaterduft, am allerliebsten den von der Hinterbühne des Deutschen Theaters in Berlin.

Freitag, 24. Dezember 2010

In The Bleak Midwinter - Mitten im bleichen Winter


Christina Rossetti 1830 in London geboren, 1894 ebendort gestorben. 
Ihr Bruder, Dante Gabriel Rossetti, war der führende Kopf der präraphaelitischen Bruderschaft, einer Gemeinschaft von Künstlern, der auch William Holman Hunt und John Everett Millais angehörten.

Tiefgläubig, blieb sie, trotz zweier intensiver platonischer Liebesbeziehungen, unverheiratet, den einen Geliebten verließ sie, als er zum Katholizismus übertrat, die Verlobung mit dem zweiten löste sie aus 'religiösen Gründen'. Sie kränkelte nahezu ihr ganzes Leben lang und starb dann, nach langer schrecklicher Leidenszeit, an Krebs. Ihr Bruder nutzte sie als Modell, unter anderem für die Jungfrau Maria.



Mitten im bleichen Winter


In the bleak midwinter, frosty wind made moan,
Earth stood hard as iron, water like a stone;
Snow had fallen, snow on snow, snow on snow,
In the bleak midwinter, long ago.

Mitten im bleichen Winter, kalter Wind wie Schrei'n, 
Erde hart wie Eisen, Wasser wie ein Stein.
Schnee auf Schnee und Schnee auf Schnee, es hat sehr geschneit,
Mitten im bleichen Winter, vor sehr langer Zeit.


Our God, Heaven cannot hold Him, nor earth sustain;
Heaven and earth shall flee away when He comes to reign.
In the bleak midwinter a stable place sufficed
The Lord God Almighty, Jesus Christ.

Unser Gott, die Erd' kann ihn nicht halten, der Himmel nicht nähren Ihn, 
Der Himmel und die Erde werden, wenn Er dann herrscht, entfliehn.
Doch mitten im bleichen Winter ein Stall ausreichend ist, 
Für unseren allmächtigen Herren, Jesus Christ.

Enough for Him, whom cherubim, worship night and day,
Breastful of milk, and a mangerful of hay;
Enough for Him, whom angels fall before,
The ox and ass and camel which adore.

Genug für ihn, dem Cherubim huldigen, bei Tag und Nacht, 
Eine Brust voll Milch und ein Lager von Heu gemacht.
Genug Für Ihn, vor dem selbst Engel niederknien,
Ochs' und Esel und Kamel, denn die lieben ihn.

Angels and archangels may have gathered there,
Cherubim and seraphim thronged the air;
But His mother only, in her maiden bliss,
Worshipped the beloved with a kiss.

Engel und Erzengel sind vielleicht dorthin gezogen, 
Cherubim und Seraphim haben ihn dicht an dicht umflogen;
Doch nur seine Mutter, jungfräulich und rein, 
Huldigte dem Geliebten mit einem Kuss allein. 

What can I give Him, poor as I am?
If I were a shepherd, I would bring a lamb;
If I were a Wise Man, I would do my part;
Yet what I can I give Him: give my heart.

Was kann ich Ihm geben, ich armer Mann?
Wäre ich ein Hirte, brächt' ich Ihm ein Lamm.
Wäre ich ein weiser Mann, würde ich ihn begrüßen.
Doch was kann ich geben: mein Herz zu seinen Füßen.  


Christina Rossetti

Die Übersetzung ist ein erster Versuch, keineswegs ausreichend. Es gibt auch eine wunderbare Vertonung von Gustav Holst!

http://www.youtube.com/watch?v=xRobryliBLQ 

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Eine Liste


Nahezu jeder von uns hat schon einmal die Idee von der einsamen Insel durchgespielt: Wenn ich auf einer einsamen Insel gestrandet wäre, welche Bücher, Filme, Platten (aka CD's) würde ich mitnehmen? Nun ist es unwahrscheinlich, dass, kurz bevor das Schiff untergeht, das Flugzeug abstürzt oder die Piraten einen aussetzen, die Möglichkeit besteht, noch schnell eine solche Wunschliste abzugeben, außerdem stellt sich natürlich die Frage, ob die besagte Insel auch DVD Spieler oder Hifi - Anlagen bereitstellt und Strom, aber nichtsdestotrotz habe ich dieses Gedankenspiel allein und mit anderen schon gelegentlich gespielt. 
(Eine andere Variante basiert auf der letzten Szene der Verfilmung von  "Die Zeitmaschine" von H.G. Wells , der 1960er Verfilmung; der beste Freund und die Haushälterin des Zeitreisenden betreten sein Labor, nur um festzustellen, dass er zurück in die Zukunft 'gefahren' ist und es fehlen Bücher! Welche? Da beginnt das Gedankenexperiment. Nur hier stellt sich die Frage, welch Bücher würde man mitnehmen, um eine neue Zivilisation aufzubauen? Da wird es wirklich kompliziert, deshalb heute hier die harmlosere Variante: welche Bücher, Lieder, Filme würde man so sehr vermissen, dass es schmerzt, welche könnte man immer wieder lesen, hören, anschauen?

Deshalb hier, im Gefühl des nahenden Jahresendes, meine Lieblingslisten für den Fall der Fälle. Sollte ich mal verschwinden, wißt ihr, was ich mitgenommen habe! (Diese Listen gelten so lange, bis ich meine Meinung ändere, was gelegentlich geschieht.) Also, bis auf weiteres:

Bücher:
Die Bibel in der Luther oder King James Übersetzung: tausende Geschichten, unterschiedlichste Genres und wunderbare Sprache, auch wenn ich selbst auf einer einsamen Insel wahrscheinlich nicht zum Christen werde.
Das Oxford Compendium der Englischen Poesie und etwas equivalentes für deutsche Gedichte
Der Herr der Ringe 1 - 3 und das Simarillion, mit Anhang und Karten!
Krieg und Frieden (habe ich immer noch nicht gelesen und auf der Insel hätte ich doch viel Zeit, ich bräuchte allerdings auch Papier und Stift, um mir die ganzen russischen Namen, aufzuschreiben.)
Shakespeare's gesammelte Werke
Kleist's auch
Andersen's Märchen
Isaac Asimov Die Foundation Romane

Filme:
Bladerunner den Director's Cut / Ridley Scott
Ed Wood / Tim Burton
Pretty Woman (Ja, lacht ruhig!)
Buster Keaton, alles, außer "Something Happened On My Way To The Forum"
His Girl Friday (schrecklicher deutscher Titel: Sein Mädchen für besondere Fälle) / Howard Hawks
Der Aufstieg von Larissa Schepitko, nicht das andere deutsche Machwerk
The Producers von Mel Brooks, das Original bitte sehr

Musik:
Jelly Roll Morton "The Complete Library of Congress Recordings"
Blind Willie McTell "Statesboro Blues"
Bo Didley "Jungle Music"
Dave Van Ronk "Dave Van Ronk Sings"
The Beatles alles
Nina Simone alles
Dylan alles vor 1980
The Very Best Of Marvin Gaye
Its a Wonderful World Louis Armstrong
Das Requiem von Mozart
Und eine gute Siebziger Jahre Compilation

Das sind die Listen für heute. 

Sonntag, 19. Dezember 2010

Familie Flöz

Eine liebenswürdige Masken-Pantomime über das harte Schicksal der Männer. Fein, dass 4 Männer sich auch mal gestatten öffentlich selbstmitleidig zu sein. Ein Männer-Wein-Abend. Ein Spass!

Früchte Des Zorns

Dies ist keine Kritik, sondern der Versuch meine Eindrücke zu ordnen.

Gestern abend Premiere im Maxim Gorki Theater, für mich augenblicklich das spannendste, weil akuteste (Ist das ein Wort?) Theater Berlins: Armin Petras hat Steinbeck's Roman von 1939 für die Bühne adaptiert und ein Ensemble von neun Spielern, d.h. die um den Nicht-mehr-Prediger Casy und den Schwiegersohn Connie erweiterte Familie Joad, spielt auch alle die, die ihnen unterwegs, auf dem Treck in das gelobte Kalifornien, begegnen. Ein im besten Sinne karger Abend, der sich kurz vor Schluss plötzlich verüppigt und dann wieder zusammenzieht. Blues, der eher deutsch und gerade deshalb nicht lächerlich klingt, braust gelegentlich auf, Personen versuchen sich über Musik zu formulieren, aber immer werden sie unterbrochen, zurück gezerrt ins gesprochene Wort. Tolle Dialoge, kein Wort zu viel und man kann doch immer den komplizierten Handlungssträngen folgen. Ganz private Gespräche kippen unmerklich in utopische Visionen oder sozialkritische Analysen, ohne je den engen Raum des Schicksals dieser speziellen Familie zu zerstören. 
Irre Bilder: 
Die schwangere Rosasharn träumt den Erwerb eines Külschranks, gerät mit ihrem Ehemann in einen Holywoodfilmtanz (auf der Hinterwand Andeutungen aus schwarz-weiss Filmen der 30er Jahre), dazu, ganz passend Lichteffekt und der beliebte Theater-Nebel, der sich nach Kurzem aber als Sandsturm herausstellt, gegen den die anderen Familienmitglieder ankämpfen.
Eine Apfelernte mit Michael Klammer als Apfelbaum in zartestem Ausdruckstanz an den Händen Stoffäste, die an Eduard mit den Scherenhänden erinnern. Hinreißend.
Uschi Werner! Überhaupt, in jeder Sekunde wunderbar. Man ist die toll! Als Großmutter, die die 40 Dollar für das Begräbnis des toten Mannes sparen muß, als Frau, die fast einmal Sängerin geworden wäre, aber sie wollte nicht, das "etwas" zwischen sie und die Zuschauer gerät, als Bulle und als Leiter eines Versuchs einer proto-kommunistischen Kooperative, die mit einer Marxbüste verzweifelt Ordnung ins drohende Chaos stempelt, immer genau, immer witzig und sie erwischt mich dann doch in der Magengrube. WOW!
Hier liegt auch mein einziges echtes Problem mit dem Abend, in dieser Familie von drei Generationen fehlt die mittlere Generation. Das liegt nicht an den Spielern, aber wenn Gleichaltrige sich ständig als Mutter, bzw. Sohn ansprechen müssen, um die Familienverhältnisse klar zu halten, gibt es eine Störung. Und da ich ja Mitglied der vernachlässigten Gruppe der 40-60 jährigen Schauspielerinnen bin, frage ich mich, warum? Sind wir zu anstrengend, nicht mehr hübsch genug? Zu nah am Alter der Regisseure? Keine Ahnung, aber warum?
Ein Abend über Migration, Verlust von Heimat, drohende Verelendung und Verrohung, der an keiner Stelle wehleidig oder dümmlich wird. 
Ganz am Schluss, findet die Familie, nun völlig mittellos, einen fast verhungerten Mann in einer Scheune, in der sie übernachten wollen, Rosasharn, die gerade ein Kind verloren hat, schickt die anderen hinaus - einen Moment denkt man: tötet sie ihn jetzt, um ihn zu essen? - nein, sie läßt ihn an ihrer Brust trinken.

Amerika, Amerika!

Überschrift: U.S. Senate repeals 'don’t ask, don’t tell' policy.

Zitat Barry Goldwater: You don't have to be straight to shoot straight.

Wenn man sich gerade über einen politischen Erfolg des Rechts freuen möchte,  kommt so ein Zitat daher und man denkt:" Ups! Wie gut ist gleich.

Samstag, 18. Dezember 2010

When the wind blows


Ein gezeichneter Film zum Atomkrieg, 1986 gedreht von Jimmy T. Murakami, die Musik hat Roger Waters geschrieben, den Titelsong singt David Bowie. Die Geschichte basiert auf dem Comic Strahlende Zeiten von Raymond Briggs und thematisiert die Folgen einer Atomexplosion auf die Bevölkerung.

Ein älteres englisches Ehepaar liest in der Zeitung, sieht im Fernsehen, dass es zu einem präventiven Atomschlag kommen wird und baut sich einen Schutzraum. Sie leben auf dem Land, sind kleinbürgerlich und wirklich nett. Ihre Vorstellungen vom Krieg speisen sich aus ihren Kindererlebnissen im Zweiten Weltkrieg und sind eigentlich recht romantisch und wärmend. Die Leute damals halfen sich gegenseitig, es gab ein Gefühl von Gemeinschaft, sie haben überlebt. 
Der Bau des sicheren Kellers wird mit allem Ernst des Heimwerkers betrieben, die Fenster weiss streichen, Türen sichern, Essbares für 14 (vierzehn!) Tage lagern, etc.
(Können die DDR-geprägten unter euch, sich noch an den Wehrkundeunterricht erinnern. Was zu tun sei im Falle eines Atomschlags? Der FDJ-Leiter lag mit durch Regen feucht gewordene Platzpatronen im Gebüsch und deutete durch pfft! pfft! die Atombombenexplosion an, wir mussten uns in die Richtung der Bombe auf den Boden werfen, manche der Mädchen in Rock und Hackenschuhen, weil wir dann in den Schirm des Atompilzes hineinfallen würden und der Strahlung nicht ausgesetzt wären. "Der Atomschlag kann dich zu Hause, in der Schule oder in der Freizeit treffen." So ungefähr lautete der erste Satz im Wehrkundebuch. Es folgten sehr präzise Anweisungen für das Verhalten im Ernstfall: Die Kleidung durch Eintauchen in Wasser mit Obermangansaurem Kali strahlenabweisend machen, sich eine Schutzmaske mit Hilfe der Personalausweishülle bauen, einen Eimer mit Deckel (Da gab es eine Zeichnung!) beschaffen, als Notklo für den Keller und ähnlicher Irrsinn. Billy Joel beschreibt ähnliche Dinge in den USA in "Leningrad". In den 70ern stand an einer Hauswand in Ostberlin mannshoch in weisser Schrift: "Wir fordern eine Welt ohne Atome!" Solche Dinge auf der Bühne, ganz lustig, aber ein bischen fett, oder?)
Zurück zum Film, der FEIND schägt zu, die beiden gehen in ihren Keller und wundern sich, als sie beginnen sich 'unpäßlich' zu fühlen. Sie sterben an Strahlenkrankheit, ganz langsam, ohne wirklich zu verstehen warum. Ich habe selten so herznah das Ausgeliefertsein von einfachen Menschen (Ich weiss, dass dies eine mißtrauenerweckender Begriff ist, aber hier trifft er zu.) den politischen Ereignissen gegenüber realisiert. Ein Zeichentrickfilm über die Apokalypse, ohne Reiter und Heuschrecken und er reisst einem am Herzen.




Die Originalversion gibt es in 8 Kapiteln auf youtube, die deutsche als DVD unter dem Titel "Wenn der Wind weht".

Freitag, 17. Dezember 2010

Blake Edwards ist tot.

1958 war ein gutes Jahr für mich. Ich wurde geboren und Blake Edwards drehte "Frühstück bei Tiffany" nach dem Roman von Truman Capote.  Callgirl mit Katze trifft Callboy - Happy End.
Klingt nach Kitsch und ist es auch, ABER. Und das ABER ändert alles. 
Der Film wurde 1961 gedreht und der Motion Picture Produktion Code, auch Hayes Code genannt, war noch in Kraft, also kann man die Profession der beiden Helden nur aus Dialog - Halbsätzen  herausahnen. Aber eben diese Dialoge sind ganz wunderbar, präzise und immer nur in der Andeutung der wirklichen Emotionalität, das was wir heute als cool bezeichnen. 

Holly: You know those days when you get the mean reds? 
Paul: The mean reds, you mean like the blues?
Holly: No. The blues are because you're getting fat and maybe it's been raining too long, you're just sad that's all. The mean reds are horrible. Suddenly you're afraid and you don't know what you're afraid of. Do you ever get that feeling?
Paul: Sure.
Holly: Well, when I get it the only thing that does any good is to jump in a cab and go to Tiffany's. Calms me down right away. The quietness and the proud look of it; nothing very bad could happen to you there. If I could find a real-life place that'd make me feel like Tiffany's, then - then I'd buy some furniture and give the cat a name! 

New York ist ein weiterer Hauptdarsteller des Films und wenn man genau hinschaut, weiß man wo  "Sex and the City" und unzählige andere NY Filme und Serien ihren Blick auf diese Stadt gefunden haben.
Also , für die Filmfreaks unter euch, wenn ihr Weihnachten nicht zum hundertsten Mal "Little Lord Fountleroy" oder "It's a wonderful life" ansehen wollt, "Frühstück bei Tiffany" und einen oder zwei Drinks eurer Wahl und fröhliche Weihnachten!


Die Darsteller: Audrey Hepburn als Holly Golightly, so schön, dass es fast unwirklich ist, George Peppard, als der blonde All-American Toyboy, die schon erwähnte Katze und Mickey Rooney als japanischer Nachbar Mr. Yunioshi. Henri Mancini hat die Musik geschrieben, vielleicht kennt ihr ja "Moon River", Audrey Hepburn singt übrigens das Original selbst, und sehr wichtig, wenn auch herrlich unrealistisch, die Kostüme der Heldin sind von Givenchy.

Zur Unterhaltung und zum Schrecken noch die Sexabteilung des Hays Codes, galt, wenn auch schon aufgeweicht, immerhin bis 1968! 
Sex
The sanctity of the institution of marriage and the home shall be upheld. Pictures shall not infer that low forms of sex relationship are the accepted or common thing.
1. Adultery, sometimes necessary plot material, must not be explicitly treated, or justified, or presented attractively.
2. Scenes of Passion
  a. They should not be introduced when not essential to the plot.
  b. Excessive and lustful kissing, lustful embraces, suggestive postures and gestures, are not to be shown.
  c. In general passion should so be treated that these scenes do not stimulate the lower and baser element.
3. Seduction or Rape
  a. They should never be more than suggested, and only when essential for the plot, and even then never shown by explicit method.
  b. They are never the proper subject for comedy.
4. Sex perversion or any inference to it is forbidden.
5. White slavery shall not be treated.
6. Miscegenation (sex relationships between the white and black races) is forbidden.
7. Sex hygiene and venereal diseases are not subjects for motion pictures.
8. Scenes of actual child birth, in fact or in silhouette, are never to be presented.
9. Children's sex organs are never to be exposed.
Out of a regard for the sanctity of marriage and the home, the triangle, that is, the love of a third party for one already married, needs careful handling. The treatment should not throw sympathy against marriage as an institution. Scenes of passion must be treated with an honest acknowledgement of human nature and its normal reactions. Many scenes cannot be presented without arousing dangerous emotions on the part of the immature, the young or the criminal classes.
Even within the limits of pure love, certain facts have been universally regarded by lawmakers as outside the limits of safe presentation.
In the case of impure love, the love which society has always regarded as wrong and which has been banned by divine law, the following are important:
1. Impure love must not be presented as attractive and beautiful.
2. It must not be the subject of comedy or farce, or treated as material for laughter.
3. It must not be presented in such a way to arouse passion or morbid curiosity on the part of the audience.
4. It must not be made to seem right and permissible.
5. It general, it must not be detailed in method and manner. 

Es wird erzählt, dass z.B., wenn zwei Leute (Natürlich Mann und Frau UND sexuelle Beziehungen zwischen Weißen und Schwarzen (deren Formulierung, nicht meine) waren verboten.) miteinander ins Bett gingen, mußten beide mindestens einen Fuß auf dem Boden neben dem Bett behalten und zwar auf den gegenüberliegenden Seiten des Bettes. Rein sportlich gesehen wäre das doch mal ein amüsantes Experiment, oder?



Donnerstag, 16. Dezember 2010

W.H. Auden - In Erinnerung an W.B. Yeats

In Memory of W. B. Yeats  


I

He disappeared in the dead of winter:
The brooks were frozen, the airports almost deserted,
And snow disfigured the public statues;
The mercury sank in the mouth of the dying day.
What instruments we have agree 
The day of his death was a dark cold day.

Far from his illness
The wolves ran on through the evergreen forests,
The peasant river was untempted by the fashionable quays;
By mourning tongues
The death of the poet was kept from his poems.

But for him it was his last afternoon as himself,
An afternoon of nurses and rumours;
The provinces of his body revolted,
The squares of his mind were empty,
Silence invaded the suburbs,
The current of his feeling failed; he became his admirers.

Now he is scattered among a hundred cities
And wholly given over to unfamiliar affections,
To find his happiness in another kind of wood
And be punished under a foreign code of conscience.
The words of a dead man
Are modified in the guts of the living.

But in the importance and noise of to-morrow
When the brokers are roaring like beasts on the floor of the Bourse,
And the poor have the sufferings to which they are fairly accustomed,
And each in the cell of himself is almost convinced of his freedom,
A few thousand will think of this day
As one thinks of a day when one did something slightly unusual.

What instruments we have agree
The day of his death was a dark cold day.
II
     You were silly like us; your gift survived it all:
     The parish of rich women, physical decay,
     Yourself. Mad Ireland hurt you into poetry.
     Now Ireland has her madness and her weather still,
     For poetry makes nothing happen: it survives
     In the valley of its making where executives
     Would never want to tamper, flows on south
     From ranches of isolation and the busy griefs,
     Raw towns that we believe and die in; it survives,
     A way of happening, a mouth.

III
          Earth, receive an honoured guest:
          William Yeats is laid to rest.
          Let the Irish vessel lie
          Emptied of its poetry.

          In the nightmare of the dark
          All the dogs of Europe bark,
          And the living nations wait,
          Each sequestered in its hate;

          Intellectual disgrace
          Stares from every human face,
          And the seas of pity lie
          Locked and frozen in each eye.

          Follow, poet, follow right
          To the bottom of the night,
          With your unconstraining voice
          Still persuade us to rejoice;

          With the farming of a verse
          Make a vineyard of the curse,
          Sing of human unsuccess
          In a rapture of distress;

          In the deserts of the heart
          Let the healing fountain start,
          In the prison of his days
          Teach the free man how to praise.
 

Es gibt eine deutsche Übersetzung von Jandl, aber sie ist schwer und sehr teuer zu kriegen. Leider gibt es manche, viele Gedichte von Auden überhaupt nicht in Deutsch. Einige Liebesgedichte und ein schmales Bändchen mit einer Auswahl, das war es schon. Schade, sehr schade! Sollte dies ein Dichter lesen, da müßte etwas getan werden. Er hat auch wunderbare Gedichte zum "Sturm" geschrieben! 



In Erinnerung an W.B. Yeats
von W.H. Auden
Interlinear übersetzt von Bryant McGill, mit Änderungen von mir


1
Er verschwand in den Tiefen des Winters:
Die Bäche waren eingefroren, die Flughäfen verlassen,
Und Schnee entstellte die öffentlichen Statuen;
Das Quecksilber sank im Rachen des sterbenden Tages.
Alle vorhandenen Instrumente stimmen zu, dass der Tag
seines Todes ein dunkler kalter Tag war. 

Weit ab von seiner Krankheit,
Streiften die Wölfe weiter durch die immergrünen Wälder,
Floss der ländliche Fluss weitab der modischen Kais;
Durch klagende Stimmen
Wurde der Tod des Dichters vor seinen Gedichten geheim gehalten.

Aber für ihn war es sein letzter Nachmittag als er selbst,
Ein Nachmittag der Krankenschwestern und Gerüchte;
Die Provinzen seines Körpers revoltierten,
Die Plätze seines Verstandes standen leer,
Stille drang in die Vororte,
Der Strom seines Gefühls verebbte; er wurde zu seinen Bewunderern.

Jetzt ist er unter hundert Städten verstreut
Und vollständig übergeben an unvertraute Zuneigungen,
Um sein Glück in einem anderen Wald zu finden,
Und nach fremden Regeln des Gewissens bestraft zu werden.
Die Worte eines toten Mannes
Werden in den Eingeweiden der Lebendigen verändert.

Aber in der Bedeutsamkeit und im Lärm von Morgen,
Wenn die Aktienhändler wie  wilde Tiere auf dem Boden der Börse brüllen
Und die Armen das Leid ertragen, an das sie ziemlich gewöhnt sind,
Und jeder in seiner Zelle von seiner Freiheit überzeugt ist,
Werden einige tausend an diesen Tag denken,
Wie an einen Tag, an dem sie etwas Ungewöhnliches getan haben.

Alle vorhandenen Instrumente stimmen zu, dass der Tag
seines Todes ein dunkler kalter Tag war. 

2

Sie waren dumm wie wir; Ihr Talent überlebte alles:
Die Gemeinde der reichen Frauen, körperlichen Zerfall,
Sich selbst. Das verrückte Irland verletzte Sie in Poesie.
Irland hat immer noch seine Verrücktheit und sein Wetter,
Denn Poesie ändert nichts: sie überlebt
Im Tal ihres Entstehens, wo die Offiziellen
sich nicht einzumischen wagen, fließt weiter nach Süden
von den Höfen der Einsamkeit und des beschäftigten Leids,
Rohe Städte, denen wir glauben und sterben; sie überlebt,
Eine Art des Geschehens, eine Mund.

3
Erde empfange einen geehrten Gast:
Wir legen William Yeats zur Rast,
Lasst das irische Schiff fahren,
Entladen seiner Poesie.

Im Albtraum der Nacht
Bellen die Hunde Europas,
und die Nationen warten,
Jede, vereinzelt in ihrem Hass;

Intellektuelle Schande
Starrt aus jedem menschlichen Gesicht,
und die Meere des Mitleids liegen
Eingefroren und verriegelt in jedem Auge.

Komm Poet, komme gleich
Zur Unterseite der Nacht,
Überzeugen Sie uns doch noch zu jubeln,
Mit Ihrer Stimme, die uns nicht einengt.

Machen Sie einen Weinberg aus dem Fluch
Durch das Beackern eines Verses
Singen Sie vom menschlichen Misserfolg
in der Euphorie der Verzweiflung.

In den Wüsten des Herzens,
Lassen Sie die heilende Quelle fließen,
Im Gefängnis der Tage,
Lehren Sie den freien Mann zu danken. 

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Pina Bausch

Wim Wenders hat einen Film über Pina Bausch gedreht!
PINA - Tanzt, tanzt sonst sind wir verloren 

1987, Ostberlin, eine Freundin schleppt mich, die leise unwillig meckert, zu einem Gastspiel einer Westdeutschen Tanztruppe aus Wuppertal ins Metropol Theater an der Friedrichstrasse (heißt heute Admiralspalast). Das Stück heißt "1980" und ich habe mit Tanz, insbesondere modernem Tanz,  nix am Hut. 
Das nächste, dass ich sicher weiß, ist wie ich aus meinem Sitz springe und Bravo schreie und nicht aufhören kann zu klatschen und meine rechthaberisch grinsende Freundin wild umarme.
Dazwischen, erinnert wie ein Traum: Mechthild Großmann's "Ist die Wiese schön grün!" in der erotischsten weiblichen Bariton-Stimme der Welt und Tänzer, nein, Darsteller, nein, Spieler, die tanzen, als wären sie aus flüssigem Eis oder Sonnenstrahlen und die mir dann ihre Wunden zeigen, die, die es ihnen möglich gemacht haben sich so überirdisch irdisch zu bewegen. Spieler, denen man glaubt, dass sie wissen was sie tun und warum, und die es dann wieder vergessen können, um einfach nur zu spielen. Es wurde viel gelacht an diesem Abend und gestaunt und genossen und verstanden. Beim Applaus in der Mitte der sich Verbeugenden, eine winzige kleine Frau mit der Ausstrahlung einer Supernova, stark, ganz zart, sehr ernst.


DarstellerInnen: Anne Marie Benati, Lutz Förster, Mechthild Großmann, Hans Dieter Knebel, Ed Kortlandt, Mari DiLena, Beatrice Libonati, Anne Martin, Jan Minarik, Vivienne Newport, Nazareth Panadero, Isabel Ribas Serra, Arthur Rosenfeld, Monika Sagon, Jean-Laurent Sasportes, Janusz Subicz, Meryl Tankard, Heide Tegeder