Theater riechen. Sie riechen wie nur Theater riechen. Ich meine den Teil hinter der Bühne, die Bühne selbst, die Spielergarderoben, die Räume der Maske, Requisite, Fundus usw., der Geruch variiert, die Balance der Zusammensetzung variiert, mehr Fettschminke oder Schmieröl, noch eine Prise Anti-Mottenmittel oder ein kräftiger Schuß staubiger Samt, aber der Grundgeruch bleibt konstant. Merkwürdigerweise riechen Zuschauerräume anders, als wäre da eine unsichtbare Duftbarriere, die den Zauberduft nicht durchläßt, das Publikum von ihm ausschließt. Ich habe mal ein Jahr an der Uni gearbeitet, nach circa einem halben Jahr gab mir ein Mann eine Führung durch ein wunderschönes Theatergebäude aus dem 19. Jahrhundert, ein Zuschauerraum mit riesigem herunterfahrbaren Kronenleuchter, jeder Menge Stukkatur und weichgepolsterten Klappsitzen bezogen mit rotem Samt. Sehr schön. Dann hinter die Bühne, Putz bröckelt, lange nicht frisch gestrichen, eng und leicht schmuddelig - und da war er wieder der Duft, das "Parfum" von Schweiß, Staub, Schminke, Aufregung, Hektik, Liebe und ???, und ich merkte, wie sehr ich ihn vermißt hatte. Prima noch eine Abhängigkeit mehr! Sogar Freilichtbühnen haben diesen Geruch, nur verdünnt durch frische Luft, ganz was theaterfremdem.
Ich habe vor Jahren mit einem zauberhaften, sehr alten Regisseur gearbeitet, der gelegentlich während der Proben einschlief, nur um bei Probenschluß hellwach genaue und strenge Kritik zu geben - ein Kollege meinte, man müßte ihm 10 Zwerge schenken, so dass er zu Hause als Pensionär weiterinszenieren könne - ich hätte dann gern ein Flakon Theaterduft, am allerliebsten den von der Hinterbühne des Deutschen Theaters in Berlin.