Sonntag, 29. Juli 2018

Landleben, Bulldoggen und Kirschdiebe

Eine ganze Woche Landleben mit einer wunderbaren Freundin - Housesitting mit gemeinsamer Verantwortung für einen großen Garten und zwei Hunde. Mal was ganz anderes. So viel Grün, trotz der Hitze. So viel notwendige Arbeit. Aber auch: Starren aufs abgemähte Feld, frischgepflückte Brombeeren von der Nachbarin, Schnittlauch vom Kräuterbeet, unendliche Ballspiele mit den schwarz-weiß gepunkteten Hunden, ein Gewitter, wie es sich gehört, träges Schwimmen im trüben, aber seidenweichen See zusammen mit vielen hinreißenden Kindern. Werden unsere Kinder immer übergewichtiger, oder bilde ich mir das ein?
Ich bin keine Gärtnerin, meine Freundin ist es, Gott sei Dank, und ich bin ein außergewöhnlich begabter Hundebespaßer.  
Genauer, ein pubertärer, hechelnder, wilder, kleiner Bully und eine alte, schnaufende, kuschelsüchtige französische Bulldogge haben mein Herz erobert. Ich vermute, ich habe mich verliebt. Als wir die beiden Rabauken heute in der Hundepension abgegeben haben, kam ich mir vor, wie die böse Stiefmutter, die die süßen Kleinen ins lieblose Heim abschiebt. Die können vielleicht mitleiderregend gucken! Oh weh!
Und dann, mit schlechtem Gewissen in die Stadt zurückkehrend und einer umständlichen Umleitung folgend, habe ich zufällig eine Wandmalerei an einem Haus in Weißensee entdeckt. 
Während ich dies schreibe, schwitze ich im Sitzen.
Der Kirschdieb

An einem frühen Morgen, lange vor Hahnenschrei
Wurde ich geweckt durch ein Pfeifen und ging zum Fenster.
Auf meinem Kirschbaum - Dämmerung füllte den Garten -
Saß ein junger Mann mit geflickter Hose
Und pflückte lustig meine Kirschen. Mich sehend
Nickte er mir zu, mit beiden Händen
Holte er die Kirschen von den Zweigen in seine Taschen.
Noch eine ganze Zeitlang, als ich wieder in meiner Bettstatt lag
Hörte ich ihn sein lustiges kleines Lied pfeifen.

Bertolt Brecht 1938
© 44Pinguine

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