Erste Durchsage noch auf dem Bahnsteig: "Wegen eines Zugschadens verkehren die Züge heute unregelmäßig". Der unsere nach Strausberg Nord verzögert sich um acht Minuten. Keine große Sache. Bis Wuhletal zuckeln wir, langsamer als sonst, aber vorwärts.
Zweite Durchsage: "Infolge der Verspätung wird dieser Zug in Strausberg enden." Leiser Unmut macht sich breit, ein Mann ist von Westkreuz aus schon zweieinhalb Stunden unterwegs und seine Arbeit hätte vor einer Stunde beginnen sollen. Ein anderer muffelt allgemeine negative Zukunftsaussichten in seine BZ. Die meisten anderen grinsen abgeklärt.
Dritte Durchsage, wir befinden uns nun in Mahlsdorf: "Da wir auf den entgegenkommenden Zug warten müssen, verzögert sich die Weiterfahrt und ich gehe jetzt erstmal aufs Klo". Erstes Kichern, erster Austausch von verblüfften Witzen. Auf die Frage an den Zugführer, auf seinem Weg zur Toilette, ob genug Zeit für eine Zigarette wäre: "Weeß ich doch nich, hier is Rauchen verboten, aber ick hab ja sowieso nischt zu sagen."
In Birkenstein stehen wir wieder, der Zugführer, ganz offensichtlich aufgebracht, fegt plötzlich durch das halbgefüllte Abteil und ranzt die Fahrgäste mit Fahhrrad an, dass sie völlig falsch säßen und durch das unsachgemäße Abstellen ihrer Räder, wenn der Wagen denn voll wäre, Unfälle verursachen würden. Dann ist er weg und wir fahren weiter. Die ausgeschimpften Passagiere entwickeln einen solidarischen Galgenhumor. Das "Einsteigen bitte" aus dem Lautsprecher klingt wie ein gestöhnter Fluch.
Hoppegarten (Mark) und die vierte Durchsage: "Wegen Zugführerwechsels kommt es zu einer Verzögerung der weiterfahrt". Gelächter bei denen, die nicht dringend irgendwo hin müssen. Der Zugführer des Gegenzuges watschelt gut gelaunt vom anderen Ende des Bahnsteigs heran, unserer verläßt laut schimpfend den Zug, um auf der Gegenseite Richtung Westkreuz zu gondeln.
Wir schaffen es ohne weitere Aufenthalte bis Strausberg, der nachfolgende Zug wird uns die drei letzten Stationen bis Strausberg Nord bringen, aber in den fünf Minuten Wartezeit erfahren wir noch von einer Mitreisenden, dass sowas in der DDR nicht vorgekommen wäre, weil dort der Mensch im Mittelpunkt gestanden hat. Da ham wer was gelernt.
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