Samstag, 21. April 2012

Der Reigen geht in die Endproben

"Wer weiß, ob wir morgen noch das Leben haben."


REIGEN

Reigen - die Liebe hält manchmal
im Löschen der Augen ein,
und wir sehen in ihre eignen
erloschenen Augen hinein.

Kalter Rauch aus dem Krater
haucht unsre Wimpern an;
es hielt die schreckliche Leere
nur einmal den Atem an.

Wir haben die toten Augen
gesehn und vergessen nie.
Die Liebe währt am längsten
und sie erkennt uns nie.

Ingeborg Bachmann

Henri Matisse 1910 Der Tanz

10 Dialoge nennt Schnitzler das Stück, ein Reigen von Werbung, Lockung, Paarung, Sättigung und Ernüchterung.

Aus den Notizen Schnitzlers:
a)  „Einer in Scheidung begriffen, mit seiner Frau im Restaurant. Zank mit einem Ungezogenen, der die Frau beleidigt. Duell und Tod.“
b)  „Ein junger Bursch, dessen Schwester die Geliebte irgend eines Mannes ist, was ihm ganz gleichgültig ist. Der Bursch wird Kadett, Offizier; plötzlich bekommt er eine Ehre und muss diesen Menschen fordern.
c) „Die Frau zu ihrem Liebhaber: Mein Mann hat Verdacht. Wenn wir also heute ins Orpheum gehen, müssen sie sich in die Chansonettensängerin Violetta verliebt stellen. Es gelingt wunderbar. Violetta ist nämlich wirklich die Mätresse des Geliebten, eventuell auch des Ehemannes.“

 Emil Nolde 1908 Ringelreihe

Der Tod und das Mädchen

Das Mädchen:
Vorüber! Ach, vorüber!
Geh, wilder Knochenmann!
Ich bin noch jung, geh Lieber!
Und rühre mich nicht an.

Der Tod:
Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!
Bin Freund, und komme nicht, zu strafen.
Sei gutes Muts! ich bin nicht wild,
Sollst sanft in meinen Armen schlafen!

Matthias Claudius


Das Stück:

1897 geschrieben / 1903 erstveröffentlicht im Eigenverlag / 1920 uraufgeführt

Die eigentliche Uraufführung fand am 23. Dezember 1920 im Kleinen Schauspielhaus in Berlin statt.
Am 22. Februar 1921 kam es in Berlin zu Ausschreitungen, nachdem ein hoher Beamter der Berliner Polizei eine systematische Hetze gegen die Aufführungen initiiert hatte. Viele Organisationen wurden veranlasst, gegen die Aufführung zu protestieren, vorgedruckte Formulare wurden verschickt und Politiker wurden mobilisiert. Am 22. Februar (wenige Tage nach den Protesten in Wien) gab es organisierte Tumulte in der Aufführung und eine johlende Saalschlacht. Abkommandierte völkische Beobachter, die meisten von ihnen im jugendlichen Alter, warfen Stinkbomben. „Man schändet unsere Weiber!Theaterleiter und Darsteller wurden in der Folge wegen „unzüchtiger Handlungen“ im sogenannten Reigen-Prozess vor Gericht gestellt.
Wegen der Polemik gegen "Reigen" bat Arthur Schnitzler 1922 den S. Fischer Verlag, der die Rechte besaß, keine weiteren Aufführungen des Stücks mehr zu genehmigen. Dieses Aufführungsverbot wurde von Schnitzlers Sohn Heinrich über den Tod des Autors hinaus verlängert. Erst seit 1.Januar 1982 darf "Reigen" wieder aufgeführt werden. (Wiki)

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