Freiheit I |
Ich kann dich lieben oder hassen- ganz wie du willst. (Kann dich auch lassen.) Und du kannst schweigen oder sprechen. Ganz wie du willst. Daran zerbrechen werd ich nicht mehr. (Ich kann auch gehn.) Ganz wie ich will, wird es geschehen. |
Als ich heute in der Zeitung las, dass Eva Strittmatter gestorben ist, war das erste Bild in meinem Kopf der Einband eines Buches.
Die Edition Neue Texte (1972–1991) des Aufbau Verlages veröffentlichte "Ich mach ein Lied aus Stille" 1973. Weißer Papierumschlag, Autorin, schwarzer Strich, Titel, ein Aquarell.
Schöne Bücher sind selten geworden (Die weiße Reihe! gestaltet von Lothar Reher für Volk und Welt z.B.), Typographie eine Kunst für kostbare Spezialausgaben, und dass ich auf ein erscheinendes Buch mit Ungeduld warte ist auch eher eine sentimentale Erinnerung.
Obwohl, um sachlich zu bleiben, wieviele Bücher man in der DDR nicht lesen konnte und wie schwer es war manche zu bekommen, ist eine weit weniger romantische Seite dieser Erinnerungen.
Aber, ich hatte sehr gute "Beziehungen" zu einem kleinen scheinbar chaotischen Buchladen in der Oranienburgerstrasse, nahe des Hackeschen Marktes und bei meinem wöchentlichen Besuch holte die wunderbare, irrsinnig belesene und leicht wirre Verkäuferin/Besitzerin dieses Buch unter dem Ladentisch hervor.
Eine Vielzahl dieser Gedichte konnte ich dann auswendig. Ich war 15! Einige kann ich heute noch.
Später schon am Theater, an jedem Gehaltstag, die Gage wurde im Umschlag bar ausgezahlt, trug ich einen Teil des Geldes immer in den besagten Buchladen. Schätze! Überraschungen! Fiebrig erwartete Neuerscheinungen.
Ich mach ein Lied aus Stille
Ich mach ein Lied aus Stille
Und aus Septemberlicht.
Das Schweigen einer Grille
Geht ein in mein Gedicht.
Der See und die Libelle
Das Vogelbeerenrot.
Die Arbeit einer Quelle.
Der Herbstgeruch von Brot.
Der Bäume Tod und Träne.
Der schwarze Rabenschrei.
Der Orgelflug der Schwäne,
Was es auch immer sei,
Das über uns die Räume
Aufreißt und riesig macht
Und fällt in unsre Träume
In einer finstren Nacht.
Ich mach ein Lied aus Stille.
Ich mach ein Lied aus Licht.
So geh ich in den Winter;
Und so vergeh ich nicht.
Und aus Septemberlicht.
Das Schweigen einer Grille
Geht ein in mein Gedicht.
Der See und die Libelle
Das Vogelbeerenrot.
Die Arbeit einer Quelle.
Der Herbstgeruch von Brot.
Der Bäume Tod und Träne.
Der schwarze Rabenschrei.
Der Orgelflug der Schwäne,
Was es auch immer sei,
Das über uns die Räume
Aufreißt und riesig macht
Und fällt in unsre Träume
In einer finstren Nacht.
Ich mach ein Lied aus Stille.
Ich mach ein Lied aus Licht.
So geh ich in den Winter;
Und so vergeh ich nicht.
Beichte
Immer die gleiche Rose.
Immer das gleiche Gesicht.
Unter wechselndem Monde.
Unter wechselndem Licht.
Immer das gleiche Gesicht.
Unter wechselndem Monde.
Unter wechselndem Licht.
Immer die gleiche Tollheit.
Immer der gleiche Traum.
Immer noch keine Weisheit.
Immer noch nicht: wie ein Baum.
Immer der gleiche Traum.
Immer noch keine Weisheit.
Immer noch nicht: wie ein Baum.
Wenn ihr mal wieder Gedichte lesen wollt, diese vielleicht oder die von Inge Müller, der heimlichen Heldin meiner jugendlichen Poesieliebe!
nochmal zu der reihe/edition:
AntwortenLöschengestaltet wurde sie durch heinz hellmis, der war der künstlerische leiter bei aufbau (siehe mail) -
der war so gut - seine entwürfe sahen immer aus wie gedruckt,
alles per hand und stift (da gab es noch keine computer).
der andere große typograph im verlag hieß e. rohde.
zu der zeit war elmar faber (http://de.wikipedia.org/wiki/Elmar_Faber) verlags-chef, der hat heute einen kleinen, aber feinen verlag in leipzig, faber & faber (mit seinem sohn michael, z.Z. kulturbürgermeister in leipzig)