Donnerstag, 20. März 2014

Dagmar Manzel singt Hollaender in der Komischen Oper


FRIEDRICH HOLLAENDER, ER LEBE HOCH!

Friedrich Hollaender geboren am 18. Oktober 1896 in London; gestorben am 18. Januar 1976 in München, auch als Frederick Hollander bekannt – seinem Namen im amerikanischen Exil –, war ein deutscher Revue- und Tonfilmkomponist, Kabarettist und Musikdichter. (Wiki)

MENSCHENsKIND


Eine Frau, ein Pianist und, weil dieses Konzert heute in der Oper, der Komischen, stattfindet, noch ein Salonorchester. Die Frau singt und denkt ganz klar und offen, ernsthaft und schön, die anderen musizieren auf gleicher Höhe.
Ein paar Lichtwechsel, einige kurze Zwischentexte, sonst nischt.
Und für eine kurze Zeit öffnet sich mein Blick auf eine andere mögliche Variante deutscher Unterhaltungskunst, die kurz und klein geschlagen wurde, zu Gunsten von völkisch besinnlichem und national aufhetzendem Murks, und deren anwesende Abwesenheit wie ein nicht beweisbares, aber stets fühlbares Loch, unser Vergnügen an "leichter" Kost, "Unter"-haltung (im Kontrast zur "Ober"-haltung?) bis heute belastet, verschwiemelt und mit dem Geruch von Wertlosigkeit umgibt.

Wenn ich mal tot bin gesungen von Blandine Ebinger, geschrieben von Friedrich Hollaender 


Wenn ick ma tot bin

Wenn ick ma tot bin und in ’meim’ weißen Seidenkleid
in meinem weißen Sarge liege mit Bescheidenheit,
dann fällt die Schule aus,
dann geht’s zum Kirchhof raus,
die janze Klasse kommt bei mir ins Trauerhaus.
Die wolln’ ma alle sehn’
Wenn ick ma tot bin, wenn ick ma tot bin, ach, det wird so scheen.

Wenn ick ma tot bin kommt och Pastor Eisenor,
der liest `n schön’ Vers aus seine Bibel vor:
"Der ohne Schuld tot sein, der Wirf den ersten Stein
 uff Lieschen Puderbach, det liebe Engelein!“
Doch ick, ick lieg janz still, wenn ick ma tot bin mach ick wat ick will.

Wenn ick ma tot bin zündense jelbe Lichter an,
die stellnse rechts und links an mir janz dichte ran,
dann fällt een goldner Schein uff mein verstorbenet Jebein,
und unser Lehrer, der fängt janz furchtbar an zu wein’.
Nur Tante freut sich sehr,
wenn ick ma tot bin, wenn ick ma tot bin, eß ick doch nüscht mehr!

Wenn ick ma tot bin schick ick aus mein kleenet Grab
mein’ letzten Willen und wat ick zu vermachen hab:
Mein Püppchen ohne Kop’
Mein rotet Band von Zop’
und dann och noch de jenstrischen paar Mutterknop’,
de will ick Truden schenken,
wenn ick ma tot bin, wenn ick ma tot bin sollse an ma denken!

Wenn ick ma tot bin, denn fängt erst mein Leben an,
wenn ick durchs Wolkenmeer und Himmel schweben kann.
Die Engel tiriliern’, die Geigen jubiliern’,
wennse zum Empfang von Lieschen alle uffmaschiern.
Mensch, machen die `nen Krach,
wenn ick ma tot bin, wenn ick ma tot bin, is mein schönster Tach!

Haben wir, mit den jüdischen Musikern, Librettisten, Kabarettisten, Spaßmachern und Hallodris und der Verfolgung all derer, die ihnen nahe standen, mit ihnen gemeinsam tiefsinnigen Unsinn und federleichten Ernst produzierten, auch unseren vergnüglichen Leichtsinn, unseren kindlichen Übermut vertrieben, vergast und unterjocht?
Warum schämen wir uns ständig für die Sehnsucht nach Leichtigkeit? Wie in dem alten Kinderrätsel: Was ist schwerer ein Kilo Federn oder ein Kilo Blei?

Dagmar Manzel 
©Philip Glaser

Holländer spricht selbst

P.S. Es gibt eine CD! Nein, ich bin nicht an den Einnahmen beteiligt.
http://www.amazon.de/Menschenskind-Dagmar-Manzel/dp/B00FESKXDC/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1395278634&sr=8-1&keywords=dagmar+manzel+cd 

Wenn jemand Interesse an Hoch-Berlinerisch hat, ist diese CD umso mehr zu empfehlen.

Der Berliner Dialekt, auch als „Berlinerisch“ oder „Berlinisch“ bezeichnet (auch: Berlinismus oder Berolinismus, Verb: berlinern), ist die Mundart, die im Großraum Berlin-Brandenburg gesprochen wird. Im Zusammenhang mit einem oft derben Humor bezeichnet man die Ausdrucksweise auch als „Berliner Schnauze“. Beim Berlinerischen handelt es sich sprachwissenschaftlich nicht um einen Dialekt, sondern um einen (selten anzutreffenden) „Metrolekt“, eine in großstädtischen Zentren aus einer Mischung vieler unterschiedlicher Mundarten entstehende Stadtsprache. (Wiki)

Mittwoch, 19. März 2014

Theater muß man manchmal auch vorzeitig verlassen

Immer wenn ich für einige Zeit in Berlin bin, versuche ich, so oft wie möglich und erträglich, ins Theater zu gehen. Warum? Weil ich immer noch gern Theater schaue. Weil es gut tut, zu sehen, dass auch hier nur mit dem sprichwörtlichen Wasser gekocht wird. Weil manchmal vor meinen Augen Wunder geschehen. 

Und gelegentlich verlasse ich das Theater, bevor die Vorstellung zu Ende ist. Ungeheuerlich! 

In den ersten zwanzig Jahren meines Theaterlebens ist dies genau zweimal vorgekommen. Beide Male bei Inszenierungen des "Guten Menschen von Sezuan" und ich bin mir bis heute nicht sicher, ob es am Stück, das mir pädagogisch angestrengt und sozial vereinfachend scheint, oder an den Inszenierungen (Giorgio Strehler und Juri Ljubimow) lag. Und an beiden Abenden lag mir meine Fahnenflucht schwer auf dem Gewissen und ließ mich den gefühlten "Theaterverrat" verheimlichen..

Und dann wurde ich 40 oder 50 und begriff körperlich und tiefinnerlich, dass die Zeit, die auf Erden mir gegeben ist, nicht ohne Ende ist. 

Eine der Entscheidungen die ich, in Folge dieser erschreckenden Erkenntnis, traf, war der Entschluss, von nun an kein Buch mehr zu Ende zu lesen, das mir nach Seite 50 immer noch nichts sagte, was ich nicht sowieso schon wußte; oder es auf andere Weise sagte. Eine andere, in meinem persönlichen Universum schwerer wiegende: wenn mich Theater langweilt und nicht zu erwarten ist, dass diese Langeweile in ein Gefühl von Verlangsamung und Intensivierung umschlägt, oder wenn es mich kalt läßt, dann gehe ich. 

Ein Befreiungsschlag und das Eingeständnis einer Niederlage.

Heute bin ich nach einer Stunde gegangen und habe danach einen guten Abend mit Freunden verbracht. 

"Der Freund krank" geschrieben von Nis Momme Stockmann als Monolog, inszeniert von Milan Peschel als  Stück zu viert mit: Moritz Grove, Daniel Hoevels, Kathleen Morgeneyer & Martin Otting. Die beiden Hauptdarsteller, ganz unterschiedlich in Körper und Talent, segeln in ähnlichem und gleichmäßigem Ton durch den aphoristischen Text. Die Frau, durch eine schwarze Faschingsperrücke beengt, spielt um ihr Leben und ein Mann mit kranker Stimme gibt den sozial relevanten Assi.

Vielleicht habe ich nur nicht verstanden, wo der gesellschaftlich akute Punkt lag, vielleicht war es aber auch gut, dass ich Zeit mit Freunden verbracht habe.

http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=9172:der-freund-krank-milan-peschel-verlegt-nis-momme-stockmanns-bericht-aus-schrumpfenden-landschaften-an-die-route-66&catid=38:die-nachtkritik&Itemid=40

Dienstag, 18. März 2014

Ein Großer Tag in Harlem - A Great Day in Harlem



"Als ich erfuhr, dass da dieses riesige Treffen für ein Photo in Esquire sein würde, sagte ich mir, 'Hier ist meine Chance all diese Musiker zu sehen, ohne zu einem Begräbnis zu gehen.'"

"When I found out there was going to be this big meeting for a picture in Esquire, I said to myself, 'Here's my chance to see all these musicians without going to a funeral.'" Dizzy Gillespie


Ein Großer Tag in Harlem

A Great Day in Harlem 
or Harlem 1958

photograhiert von Art Kane für Esquire


57 Jazzer auf einen Schlag
 
 Willie "The Lion" Smith, der 58., war des Wartens müde geworden und hatte sich kurz auf eine nahe Treppe gesetzt.
© Art Kane Archive
  • Red Allen
  • Buster Bailey
  • Count Basie
  • Emmett Berry
  • Art Blakey
  • Lawrence Brown
  • Scoville Browne
  • Buck Clayton
  • Bill Crump
  • Vic Dickenson
  • Roy Eldridge
  • Art Farmer
  • Bud Freeman
  • Dizzy Gillespie
  • Tyree Glenn
  • Benny Golson*
  • Sonny Greer
  • Johnny Griffin
  • Gigi Gryce
  • Coleman Hawkins
  • J.C. Heard
  • Jay C. Higginbotham
  • Milt Hinton
  • Chubby Jackson
  • Hilton Jefferson
  • Osie Johnson
  • Hank Jones
  • Jo Jones
  • Jimmy Jones
  • Taft Jordan
  • Max Kaminsky
  • Gene Krupa
  • Eddie Locke
  • Marian McPartland
  • Charles Mingus
  • Miff Mole
  • Thelonious Monk
  • Gerry Mulligan
  • Oscar Pettiford
  • Rudy Powell
  • Luckey Roberts
  • Sonny Rollins*
  • Jimmy Rushing
  • Pee Wee Russell
  • Sahib Shihab
  • Horace Silver*
  • Zutty Singleton
  • Stuff Smith
  • Rex Stewart
  • Maxine Sullivan
  • Joe Thomas
  • Wilbur Ware
  • Dickie Wells
  • George Wettling
  • Ernie Wilkins
  • Mary Lou Williams
  • Lester Young


Photo - interaktiv - mit den Namen der Musiker

http://www.jazz.com/features-and-interviews/2008/8/11/jazz-s-most-iconic-photo-is-half-a-century-old











Montag, 17. März 2014

Mohr im Hemd


MOHR IM HEMD*

140g Butter schaumig rühren und 140g Zucker, vermischt mit
2 Teelöffeln Vanillezucker, dazu geben. 140g geriebene Mandeln
und 140g geriebene Schokolade kommen auch noch dazu.
Ich persönlich würde noch eine Prise Salz und etwas Nescafe reintun.
8 Eigelb schaumig quirlen, und mit den anderen Zutaten vermischen. 

Dann 7 Eiweiß zu Eischnee schlagen und sanft 
unter die Masse rühren.


Die ganze wohlriechende Masse in eine gebutterte
verschließbare Form geben, die mit Semmelbrösel durchgeschüttelt wurde,

die Österreicher nehmen dafür metallene Gugelhupfformen 
mit dicht schließendem Deckel!
Eine 3/4 Stunde im Wasserbad kochen. 
Sehr viel ungezuckerte Schlagsahne herstellen und kühlen.
Die Form öffnen und den Pudding auf einen Teller stürzen,
dann Sahne dazu und, wenn alles geklappt hat, 
werdet ihr Himmelreich auf Erden schmecken! Die Mitte ist im Idealfall
noch etwas flüssig und drumherum dicker warmer Schokopudding
und kalte Sahne!


 Wasserbad-Gugelhupf-Form für Mohr im Hemd
*Der Name des Puddings ist der, mit dem ich aufgewachsen bin,
er kann, wenn erwünscht, auch durch Schokokuchen mit Schlag, 

Schokohupf oder Kakaohupf ersetzt werden.

Sonntag, 16. März 2014

The Grand Budapest Hotel


Kürzlich und früher und noch ein paar Jahrzehnte vorher in einem kleinen europäischen Land namens Zubrowka.... Zum Wohl!

Die unvergleichbare Tilda Swinton anwesend für zwei kurze, sehr kurze, und zauberhafte Szenen, in der Rolle einer 85-jährigen Grand Dame, um dann in einer längeren Phase als Leiche und Stein des Anstosses zu fungieren. Großartig. Von dann an tritt eigentlich alle fünf Minuten ein weiterer toller Spieler auf und wirft Ralph Fiennes und seinem Compagnon Tony Revolori schnelle und scharfe Bälle zu, die diese auffangen, jonglieren, abschmettern oder über Eck zurückschießen. Ein flinker Film. Die Witze, Zitate nur angerissen, die Dialoge immer eine andere Richtung nehmend als zu erwarten wäre. 

Nach dem "Englischen Patienten" war ich fest entschlossen Ralph Nathaniel Twisleton-Wykeham-Fiennes in die gleiche Kiste von enervierenden gutaussehenden englischen Oberklasse-Darstellern zu packen, wie seinen Bruder Joseph, den mit den tränengefüllten Augen aus "Shakespeare in love", und Hugh Grant, der seit "Notting Hill" nur ewig immer das selbe intelligente Stottern bietet. Ich habe ihn aus der Kiste wieder rausholen müssen: "Coriolanus", "Das Ende einer Affaire", "Der ewige Gärtner" und, ja auch, "Harry Potter" haben mir keine andere Wahl gelassen und lassen mir sogar ein wenig Hoffnung für den nächsten Sam Mendes "Bond", nach dem deprimierenden Tod von Judy Denchs M, die Fiennes von nun an ersetzen soll. 
Er ist ein Clown. Höheres Lob habe ich nicht.


Tilda Swinton

Buddy-Movie nannte man das Genre früher, hier sind der Concierge Gustave und sein Lobby-Boy Zero die ungleichen, doch einander notwendigen Freunde - Mentor und Schüler, Vater und Sohn, weißer Clown und dummer August und dann dreht sich das Verhältnis irgendwann. 
Der Film ist wunderbar photographiert und von irrlichernder Präzision. Kein Bleistift ist nicht da, wo er sein müßte, aber die diffizile Choreographie nervt nicht, ist nicht selbstverliebt, sondern lustvoll und überbordend. 


Ins Kino gehen, Karte kaufen und, wenn möglich, die englische Originalversion anschauen! Das Letztere, weil ich befürchte, das die Synchronisation den Ton verniedlicht, den Spaß mitspricht, die Pointen kräftig setzt, während im Original alle Beteiligten mit heiligem Ernst der Kunst der Leichtigkeit dienen.


Lausitz-branchen.de

Aus: "Görlywood an der Neiße" 

Der Freistaat Sachsen hat sich über die Mitteldeutsche Medienförderung mit 900.000 Euro an der Produktion beteiligt. Dafür werden in der Region mindestens vier Millionen Euro ausgegeben. Zum Beispiel für den aufwändigen Umbau des alten Hertie-Kaufhauses, bei dem örtliche Arbeitskräfte und Dienstleister eingesetzt werden. Dazu gehören mehr als 15 Firmen aus den Bereichen Bau, Architektur, Ingenieurwesen, Sicherheits- und Elektrodienstleistungen. Allein 710.000 Euro fließen für die Unterbringung von Crew und Cast in das Görlitzer Hotelgewerbe. Aber es werden auch die Kostüme von Näherinnen vor Ort per Hand genäht, der in der Handlung des Films essentielle Kuchen wird von einem Görlitzer Bäcker kreiert, Schmuck und spezielle Buchbände werden von einheimischen Juwelieren und Künstlern angefertigt. Hunderte Görlitzer Bürger können als Komparsen mitwirken. Technisches Personal kommt aus ganz Sachsen. Medienminister Johannes Beermann: "Das bringt spürbar einen frischen Wind in die Stadt, die mehr und mehr von Filmproduktionen geprägt wird. Görlitz arbeitet an seinem neuen Ruf als Filmstadt Deutschlands."

 Das Görlitzer Jugendstilkaufhaus am Marienplatz 
Foto: pa/ZB
 

EMIL NOLDE & Entartete Kunst 1


Emil Nolde Sonnenaufgang am Meer 1927

   In einem Brief mit nicht gesichertem Adressaten schrieb Emil 
   Nolde am 6. Dezember 1938: "Wenn ich im Leben, so lange ich 
   Künstler bin, gegen Ueberfremdung der deutschen Kunst, gegen
   den unsauberen Kunsthandel und gegen die übergrosse jüdische 
   Vorherrschaft in allem Künstlerischen in offenem Kampf
   gestanden bin und nun seit Jahren von der Seite, für die ich mit
   und vorgekämpft habe, angegriffen und verfolgt werde – dann
   müssen Missverständnisse vorliegen, die einer [sic] Klärung 
   bedürfen."
  
   Kurzgespräch auf Facebook: 
   
   Anna Else Bärbel Goldbeck-Löwe: Nolde, der sich den Nazis 
   anschleimte! NEE!  
   Ich: "Das ein Mann Wechsel fälscht, sagt nichts gegen 
   sein Geigenspiel." Oscar Wilde. Nolde war ein 
   geliebtwerdenwollender feiger Schleimer UND ein großartiger 
   Maler.  
   Anna Else Bärbel Goldbeck-Löwe: JAJAJA, liebe Johanna, 
   leiderleiderleidvoll ....gebe ich Dir widerwillig RECHT!

   Enil Nolde hat solchen Mist geschrieben und, glaube ich, leider
   auch gedacht und dann hat er weiter seine, als "entartet" 
   gestempelten Bilder gemalt. Was für ein Irrsinn!
 

Emil Nolde Der große Gärtner

ENTARTETE KUNST

Abschrift nach dem Original-Katalog der Münchner 
Schandausstellung von 1937


  Die Ausstellung wurde zusammengetragen von der
  Reichspropagandaleitung, Amtsleitung Kultur. Sie wird in den
  größeren Städten aller Gaue gezeigt werden. Verantwortlich
  für den Inhalt: Fritz Kaiser, München. Verlag: Verlag für
  Kultur- und Wirtschaftswerbung, Berlin W 35, Potsdamer Straße 59


Was will die Ausstellung "Entartete Kunst"?

Sie will am Beginn eines neuen Zeitalters für das Deutsche Volk anhand von Originaldokumenten allgemein Einblick geben in das grauenhafte Schlusskapitel des Kulturzerfalls der letzten Jahrzehnte vor der großen Wende.
Sie will, indem sie das Volk mit seinem gesunden Urteil aufruft, dem Geschwätz und Phrasendrusch jener Literaten- und Zunft-Cliquen ein Ende bereiten, die manchmal auch heute noch gerne bestreiten möchten, dass wir eine Kunstentartung gehabt haben.
Sie will klar machen, dass diese Entartung der Kunst mehr war als etwa nur das flüchtige Vorrüberrauschen von ein paar Narrheiten, Torheiten und allzu kühnen Experimenten, die sich auch ohne die nationalsozialistische Revolution totgelaufen hätten.
Sie will zeigen, dass es sich hier auch nicht um einen "notwendigen Gärungsprozess" handelte, sondern um einen planmäßigen Anschlag auf das Wesen und den Fortbestand der Kunst überhaupt.
Sie will die gemeinsame Wurzel der politischen Anarchie und der kulturellen Anarchie aufzeigen, die Kunstentartung als Kunstbolschewismus im ganzen Sinn entlarven.
Sie will die weltanschaulichen, politischen, rassischen und moralischen Ziele und Absichten klarlegen, welche von den treibenden Kräften der Zersetzung verfolgt werden.
Sie will auch zeigen, in welchem Ausmaß diese Entartungserscheinungen von den bewußt treibenden Kräften übergriffen auf mehr oder weniger unbefangene Nachbeter, die trotz einer früher schon und manchmal später wieder bewiesenen formalen Begabung gewissen-, charakter- und instinktlos genug waren, den allgemeinen Juden- und Bolschewistenrummel mitzumachen.
Sie will gerade damit aber auch zeigen, wie gefährlich eine von ein paar jüdischen und politisch eindeutig bolschewistischen Wortführern gelenkte Entwicklung war, wenn sie auch solchen Menschen kulturpolitisch in den Dienst der bolschewistischen Anarchiepläne stellen konnte, die ein parteipolitisches Bekenntnis zum Bolschewismus vielleicht weit von sich gewiesen hätten.
Sie will damit aber erst recht beweisen, dass heute keiner der an dieser Kunstentartung damals irgendwie beteiligten Männer kommen und nur von "harmlosen Jugendeseleien" sprechen darf.
Aus alledem ergibt sich schließlich auch, was die Ausstellung "Entartete Kunst" nicht will:
Sie will nicht bestreiten, dass der eine oder andere der hier Vertretenen manchmal - früher oder später - "auch anders gekonnt" hat. Ebensowenig aber durfte diese Ausstellung die Tatsache verschweigen, dass solche Männer in den Jahren des bolschewistischen Generalangriffs auf die deutsche Kunst in der Front der Zersetzung standen.
Sie will nicht verhindern, dass diejenigen Deutschblütigen unter den Ausgestellten, welche ihren jüdischen Freunden von ehedem nicht in das Ausland gefolgt sind, nun ehrlich ringen und kämpfen um eine Grundlage für ein neues, gesundes Schaffen. Sie will und muß aber verhindern, dass solche Männer von den Zirkeln und Cliquen einer so düsteren Vergangenheit dem neuen Staat und seinem zukunftsstarken Volk gar heute schon wieder als "berufene Bannerträger einer Kunst des Dritten Reiches" aufgeschwatzt werden.

 Emil Nolde Blume, Puppe Papagei 1912
 
Zur Gliederung der Ausstellung
Da die Fülle der Entartungserscheinungen, wie sie die Ausstellung zeigen will, auf jeden Besucher ohnehin einen fast niederschmetternden Eindruck macht, wurde durch eine übersichtliche Gliederung dafür gesorgt, dass in den einzelnen Räumen jeweils der Tendenz und der Form nach zusammengehörige Werke in Gruppen übersichtlich vereinigt sind. Nachstehend wird die Führungslinie kurz dargestellt.
Gruppe 1
Hier ist eine allgemeine Übersicht über die Barbarei der Darstellung vom handwerklichen Standpunkt her zu gewinnen. Man sieht in dieser Gruppe die fortschreitende Zersetzung des Form- und Farbempfindens, die bewusste Verachtung aller handwerklichen Grundlagen der bildenden Kunst, die grelle Farbkleckserei neben der bewussten Verzerrung der Zeichnung, die absolute Dummheit der Stoffwahl, lauter Dinge, die nach und nach den Charakter einer frechen Herausforderung jedes normalen, kunstinteressierten Beschauers annahmen.
Gruppe 2
In diesen Räumen sind solche Bildwerke zusammengefasst, die sich mit religiösen Inhalten befassen. Man nannte diese Schauerstücke in der jüdischen Presse einstmals "Offenbarungen deutscher Religiosität". Der normal empfindende Mensch denkt allerdings bei diesen "Offenbarungen" eher an einen Hexenspuk und empfindet sie, ganz gleich, welchem religiösen Bekenntnis er angehört, als unverschämten Hohn auf jede religiöse Vorstellung. Außerordentlich beachtenswert ist die Tatsache, dass gemalte und geschnitzte Verhöhnungen jüdisch-alttestamentarischer Legenden nicht anzutreffen sind. Die Gestalten der christlichen Legenden hingegen grinsen uns hier mit immer neuen Teufelsfratzen an.
Gruppe 3
Die in dieser Abteilung gezeigten Graphiken sind schlüssige Beweise für den politischen Hintergrund der Kunstentartung. Mit den Ausdrucksmitteln einer künstlerischen Anarchie wird hier die politische Anarchie als Forderung gepredigt. Jedes einzelne Bild dieser Gruppe ruft zum Klassenkampf im Sinne des Bolschewismus auf. Der schaffende Mensch soll durch eine grob tendenzielle Proletkunst gestärkt werden in der Überzeugung, dass er so lange ein in geistigen Ketten schmachtender Sklave bleiben wird, bis auch der letzte Besitzende, der letzte Nichtproletarier von der erhofften bolschewistischen Revolution beseitigt sein wird. Mit grauen und grünen Elendsgesichtern starren Arbeiter, Arbeiterfrauen und Arbeiterkinder dem Beschauer entgegen. Auf den Zeichnungen sind alle überhaupt nur vorstellbaren "Kapitalisten" und "Ausbeuter" dargestellt, wie sie sich höhnend über das Elend der schaffenden Menschen hinwegsetzen. Vom Fleischermeister bis zum Bankier sind alle diese "Sklavenhalter" dargestellt. Nur jene sicherlich damals auch nicht darbenden jüdischen Kunsthändler, die sich gerade an dieser Proletkunst nicht wenig bereicherten, sind auffälligerweise von den Klassenkampfmalern übersehen worden.
Gruppe 4
Auch diese Abteilung hat eine ausgeprägt politische Tendenz. Hier tritt die "Kunst" in den Dienst der marxistischen Propaganda für die Wehrpflichtverweigerung. Die Absicht tritt klar zutage: Der Beschauer soll im Soldaten den Mörder oder das sinnlose Schlachtopfer einer im Sinn des bolschewistischen Klassenkampfes "kapitalistischen Weltordnung" erblicken. Vor allem aber soll dem Volk die tief eingewurzelte Achtung vor jeder soldatischen Tugend, vor Mut, Tapferkeit und Einsatzbereitschaft ausgetrieben werden. So sehen wir in den Zeichnungen dieser Abteilung neben bewusst Abscheu erregenden Zerrbildern von Kriegskrüppeln und den mit aller Raffinesse ausgemalten Einblicken in Massengräber die deutschen Soldaten als Trottel, gemeine erotische Wüstlinge und Säufer dargestellt. Daß nicht nur Juden, sondern auch deutschblütige "Künstler" mit solch niederträchtigen Machwerken die feindliche Kriegsgreuelpropaganda, die damals schon als Lügengewebe entlarvt war, nachträglich auf diese Weise unaufgefordert erneut bestätigten, wir für immer ein Schandfleck der deutschen Kulturgeschichte bleiben.
Gruppe 5
Diese Abteilung der Ausstellung gibt einen Einblick in die moralische Seite der Kunstentartung. Für die darin vertretenen "Künstler" ist offensichtlich die ganze Welt ein einziges großes Bordell, und die Menschheit setzt sich für sie aus lauter Dirnen und Zuhälter zusammen. Es gibt unter dieser gemalten und gezeichneten Pornographie Blätter und Bilder, die man auch im Rahmen der Ausstellung "Entartete Kunst" nicht mehr zeigen kann, wenn man daran denkt, dass auch Frauen diese Schau besuchen werden. Es ist für jeden Menschen unseres heutigen Deutschlands völlig unbegreiflich, dass man vor wenigen Jahren noch, und zwar auch noch in den Zeiten der Zentrumsherrschaft unter Heinrich Brüning, so abgrundtiefe Gemeinheiten, so viel Verkommenheit und ein so eindeutig überführtes Verbrechertum unter der Devise "Freiheit der Kunst" ungehindert an die niedersten Instinkte des Untermenschentums appellieren ließ. Das aber darf nicht übersehen werden: Auch diese Seite der Kunstentartung geht letzten Endes auf eine politische Zielstellung zurück. Das ist schon daraus ersichtlich, dass fast alle diese Schweinerein auch eine deutliche marxistisch-klassenkämpferische Tendenz aufweisen. Immer wieder begegnet man Blättern, auf denen Wüstlinge der "besitzenden Klasse" und ihre Dirnen in Gegensatz gestellt sind zu den ausgehungerten Gestalten des im Hintergrund sich müde vorbeischleppenden "Proletariats". Auf anderen Zeichnungen wird die Dirne idealisiert und in Gegensatz gestellt zur Frau der bürgerlichen Gesellschaft, die nach Ansicht der Macher dieser "Kunst" moralisch viel verworfener ist als die Prostituierte. Kurzum: Das moralische Programm des Bolschewismus schreit in dieser Abteilung von allen Wänden.
Gruppe 6
Hier wird an einer größeren Zahl von Werken sichtbar gemacht, dass sich die entartete Kunst vielfach auch in den Dienst jenes Teils der marxistischen und boilschewistischen Ideologie gestellt hat, deren Ziel lautet: Planmäßige Abtötung der letzten Reste jedes Rassebewußtseins. Wurde in den Bildern der vorigen Abteilung die Dirne als sittliches Ideal hingestellt, so begegnen wir nun hier dem Neger und Südseeinsulaner als dem offensichtlichen rassischen Ideal der "modernen Kunst". Es ist kaum zu glauben, dass die Macher dieser Bildwerke in Deutschland oder in Europa ihre Heimat haben oder wenigstens damals noch hatten. Dabei ist allerdings zu betonen, daß auch diese Niggerkunst handwerklich so barbarisch ist, dass sich mancher Neger mit Recht dagegen auflehnen würde, in den dargestellten Gestalten Menschen seinesgleichen zu erblicken oder gar der Urheberschaft an solchen Bildwerken bezichtigt zu werden.
Gruppe 7
In dieser Abteilung der Ausstellung wird klargemacht, dass außer dem Neger als dem rassischen Ideal der damals "modernen" Kunst auch ein ganz besonderes geistiges Ideal vorschwebte, nämlich der Idiot, der Kretin und der Paralytiker. Auch wo sich diese "Künstler" selbst oder gegenseitig porträtierten, kommen dabei ausgesprochen kretinhafte Gesichter und Gestalten heraus. Das mag, den übrigen Werken nach zu schließen, nicht immer ein grundsätzlicher Verzicht auf Ähnlichkeit sein. Sicher aber ist, dass jedes stupid-idiotenhafte Gesicht die hier vertretenen "Modernen" besonders zum Schaffen angeregt hat. Anders wäre es nicht zu erklären, dass auch diese Abteilung der Ausstellung in Plastik, Graphik und Malerei so umfangreich ist. Hier sind menschliche Figuren zu sehen, die wahrhaftig mit Gorillas mehr Ähnlichkeit haben als mit Menschen. Hier gibt es Porträts, gegen die die ersten geschichtlich bekannten Versuche der Menschendarstellung in steinzeitlichen Höhlen reife Meisterwerke sind. Aber auch für solche Schauerstücke wurden, wie die Ankaufspreise ausweisen, noch vor wenigen Jahren höchste Preise verlangt und bezahlt.
Gruppe 8
In einem kleinen Raum sind hier der Abwechslung halber einmal nur Juden vertreten. Damit keine Missverständnisse entstehen. Dass es sich hier nur um eine kleine Auswahl aus den zahlreichen jüdischen Machwerken handelt, die die Ausstellung insgesamt zeigt. Die großen "Verdienste", die sich die jüdischen Wortführer, Händler und Förderer der entarteten Kunst zweifellos erworben haben, rechtfertigt zur Genüge diese "Sonderehrung". Hier findet sich unter anderem auch "Der neue Mensch", wie ihn sich Jud Freundlich erträumt hat. Dort stehen und hängen auch noch andere plastische und gemalte Wüstenträume herum, denen gegenüber Worte versagen müssen. 
Gruppe 9
Dieser Abteilung kann man nur die Überschrift "Vollendeter Wahnsinn" geben. Sie nimmt den größten Teil der Ausstellung ein und enthält einen Querschnitt durch die Ausgeburten sämtlicher "Ismen", die Flechtheim, Wollheim und Cohnsorten im Laufe der Jahre ausgeheckt, gefördert und verramscht haben. Auf den Bildern und Zeichnungen dieses Schauerkabinetts ist meistens überhaupt nicht mehr zu erkennen, was den kranken Geistern vorschwebte, als sie zu Pinsel oder Stift gegriffen. Der eine "malte" schließlich nur noch mit dem Inhalt von Mülleimern. Ein anderer begnügte sich mit drei schwarzen Linien und einem Stück Holz auf einem großen weißen Untergrund. Ein Dritter hatte die Erleuchtung, "Einige Kreise" auf zwei Quadratmeter Leinwand zu malen. Ein Vierter verbrauchte nacheinander für drei Selbstbildnisse gut drei Kilogramm Farbe, da er sich nicht einig werden konnte, ob sein Kopf grün oder schwefelgelb, rund oder eckig, seine Augen rot oder himmelblau oder sonst etwas sind. In dieser Gruppe des Wahnsinnspflegen die Ausstellungsbesucher nur noch den Kopf zu schütteln und zu lachen. Sicher nicht ohne Grund. Aber wenn man bedenkt, dass auch all diese "Kunstwerke" nicht etwa aus verstaubten Ecken verlassener Ateliers, sondern aus den Kunstsammlungen und Museen der großen deutschen Städte herausgeholt wurden, wo sie teilweise noch in den ersten Jahren nach der Machtergreifung hingen und der staunenden Mitwelt dargeboten wurden, dann kann man nicht mehr lachen: dann kann man nur mit der Wut darüber kämpfen, dass mit einem so anständigen Volk wie dem deutschen überhaupt einmal so Schindluder getrieben werden konnte.
Emil Nolde Phantasie 1931/35


Kulturbolschewismus am Ende
Aus der Rede des Führers zur Eröffnung
Des Hauses der Deutschen Kunst in München

Ich will daher in dieser Stunde bekennen, daß es mein unabänderlicher Entschluß ist, genauso wie auf dem Gebiete der politischen Verwirrung nunmehr auch hier mit den Phrasen im deutschen Kunstleben aufzuräumen.
"Kunstwerke", die an sich nicht verstanden werden können, sondern als Daseinsberechtigung erst eine schwulstige Gebrauchsanweisung benötigen, um endlich jenen Verschüchterten zu finden, der einen so dummen oder frechen Unsinn geduldig aufnimmt, werden von jetzt ab den Weg zum deutschen Volke nicht mehr finden!
Alle diese Schlagworte wie: "inneres Erleben", "eine starke Gesinnung", "kraftvolles Wollen", "zukunftsträchtige Empfindung", "heroische Haltung", "bedeutsames Einfühlen", "erlebte Zeitordnung", "ursprüngliche Primitivität" usw., alle diese dummen, verlogenen Ausreden, Phrasen oder Schwätzereien werden keine Entschuldigung oder gar Empfehlung für an sich wertlose, weil einfach ungekonnte Erzeugnisse mehr abgeben.
Ob jemand ein starkes Wollen hat oder ein inneres Erleben, das mag er durch sein Werk und nicht durch schwatzharte Worte beweisen. Überhaupt interessiert uns alle viel weniger das sogenannte Wollen als das Können. Es muß daher ein Künstler, der damit rechnet, in diesem Haus zur Ausstellung zu kommen oder überhaupt noch in Zukunft in Deutschland aufzutreten, über ein Können verfügen. Das Wollen ist doch wohl von vornherein selbstverständlich! Denn es wäre schon das Allerhöchste, wenn ein Mensch seine Mitbürger mit Arbeiten belästigte, in denen er am Ende nicht einmal was wollte. Wenn diese Schwätzer nun aber ihre Werke dadurch schmackhaft zu machen versuchen, daß sie sie eben als den Ausdruck einer neuen Zeit hinstellen, so kann ihnen nur gesagt werden, daß nicht die Kunst neue Zeiten schafft, sondern daß sich das allgemeine Leben der Völker neu gestaltet und daher oft auch nach einem neuen Ausdruck sucht. Allein das, was in den letzten Jahrzehnten in Deutschland von neuer Kunst redete, hat die neue deutsche Zeit jedenfalls nicht begriffen. Denn nicht Literaten sind die Gestalter einer neuen Epoche, sondern die Kämpfer, d.h. die wirklich gestaltenden, völkerführenden und damit geschichtemachenden Erscheinungen. Dazu werden sich aber diese armseligen, verworrenen Pinsler oder Skribenten wohl kaum rechnen.
Außerdem ist es entweder eine unverfrorene Frechheit oder eine schwer begreifliche Dummheit, ausgerechnet unserer heutigen Zeit Werke vorzusetzen, die vielleicht vor zehn- oder zwanzigtausend Jahren von einem Steinzeitler hätten gemacht werden können. Sie reden von einer Primitivität der Kunst, und sie vergessen dabei ganz, daß es nicht die Aufgabe der Kunst ist, sich von der Entwicklung eines Volkes nach rückwärts zu entfernen, sondern daß es nur ihre Aufgabe sein kann, diese lebendige Entwicklung zu symbolisieren.
Die heutige neue Zeit arbeitet an einem neuen Menschentyp. Ungeheure Anstrengungen werden auf unzähligen Gebieten des Lebens vollbracht, um das Volk zu heben, um unsere Männer, Knaben und Jünglinge, die Mädchen und Frauen gesünder und damit kraftvoller und schöner zu gestalten. Und aus dieser Kraft und aus dieser Schönheit strömen ein neues Lebensgefühl, eine neue Lebensfreude. Niemals war die Menschheit im Aussehen und in ihrer Empfindung der Antike näher als heute. Sport-, Wett- und Kampfspiele stählen Millionen jugendlicher Körper und zeigen sie uns nun steigend in einer Form und Verfassung, wie sie vielleicht tausend Jahre lang nicht gesehen, ja kaum geahnt worden sind. Ein leuchtend schöner Menschentyp wächst heran, der nach höchster Arbeitsleistung dem schönen alten Spruch huldigt: Saure Wochen, aber frohe Feste. Dieser Menschentyp, den wir erst im vergangenen Jahr in den Olympischen Spielen in seiner strahlenden, stolzen, körperlichen Kraft und Gesundheit vor der ganzen Welt in Erscheinung treten sahen, dieser Menschentyp, meine Herren prähistorischen Kunststotterer, ist der Typ der neuen Zeit, und was fabrizieren Sie? Mißgestaltete Krüppel und Kretins, Frauen, die nur abscheuerregend wirken können, Männer, die Tieren näher sind als Menschen, Kinder, die, wenn sie so leben würden, geradezu als Fluch Gottes empfunden werden müßten! Und das wagen diese grausamsten Dilettanten unserer heutigen Mitwelt als die Kunst unserer Zeit vorzustellen, d.h. als den Ausdruck dessen, was die heutige Zeit gestaltet und ihr den Stempel aufprägt.
Man sage nur ja nicht, daß diese Künstler das eben so sehen. Ich habe hier unter den eingeschickten Bildern manche Arbeiten beobachtet, bei denen tatsächlich angenommen werden muß, daß gewissen Menschen das Auge die Dinge anders zeigt als sie sind, d.h. daß es wirklich Männer gibt, die die heutigen Gestalten unseres Volkes nur als verkommene Kretins sehen, die grundsätzlich Wiesen blau, Himmel grün, Wolken schwefelgelb usw. empfinden oder, wie sie vielleicht sagen, erleben. Ich will mich nicht in einen Streit darüber einlassen, ob diese Betreffenden das nun wirklich so sehen und empfinden oder nicht, sondern ich möchte im Namen des deutschen Volkes es nur verbieten, daß so bedauerliche Unglückliche, die ersichtlich am Sehvermögen leiden, die Ergebnisse ihrer Fehlbetrachtungen der Mitwelt mit Gewalt als Wirklichkeit aufzuschwätzen versuchen, oder ihr gar als "Kunst" vorsetzen wollen.

 
 Emil Nolde Marschlandschaft 1930

Nein, hier gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder diese sogenannten "Künstler" sehen die Dinge wirklich so und glauben daher an das, was sie darstellen, dann wäre nur zu untersuchen, ob ihre Augenfehler entweder auf mechanische Weise oder durch Vererbung zustande gekommen sind. Im einen Fall tief bedauerlich für diese Unglücklichen, im zweiten wichtig für das Reichsinnenministerium, das sich dann mit der Frage zu beschäftigen hätte, wenigstens eine weitere Vererbung derartiger grauenhafter Sehstörungen zu unterbinden. Oder aber sie glauben selbst nicht an die Wirklichkeit solcher Eindrücke, sondern sie bemühen sich aus anderen Gründen, die Nation mit diesem Humbug zu belästigen, dann fällt so ein Vorgehen in das Gebiet der Strafrechtspflege ... Es interessiert mich dabei auch gar nicht im geringsten, ob sich diese Auch-Künstler die von ihnen gelegten Eier dann gegenseitig begackern und damit begutachten oder nicht! Denn der Künstler schafft nicht für den Künstler, sondern er schafft genauso wie alle anderen für das Volk! Und wir werden dafür Sorge tragen, daß gerade das Volk von jetzt ab wieder zum Richter über seine Kunst aufgerufen wird. 

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Noldes Bekenntnis Artikel aus der ZEIT

"Der Führer ist groß und edel": Emil Nolde und die Nazis Artikel aus der Süddeutschen Zeitung

Freitag, 14. März 2014

Quivive


QUIVIVE

 


Substantiv - Geschlecht: sächlich

Flexion: das Quivive, des Quivives, dem Quivive, das Quivive
die Quivives, der Quivives, den Quivives, die Quivives
Uni Leipzig: Wortschatz-Lexikon

Eine Freundin gebrauchte heute in einem Nebensatz ein Wort, das ich lang nicht mehr gehört hatte: "..., da muß man ganz schön auf dem Quivive sein." Ich kannte das Wort, hatte es wohl auch schon selbst benutzt, und sogar, wie ich beim Googlen feststellte in richtiger Weise. Aber ich hatte keine Ahnung, wie es geschrieben wird oder was es eigentlich heißt. Sowas mag ich!

Qui vive ist Französisch für Wer lebe? oder Wer soll hochleben? 
Diese Worte riefen französische Wachen (wie Wiki behauptet hauptsächlich vor der Revolution 1789) unbekannten Passanten, oder im Dunkeln, solchen, die sie nicht erkennen konnten, zu. Der Betreffende hatte dann mit der Losung: Vive le Roi! = Es lebe der König! zu antworten, oder er wurde erschossen, oder verhaftet, oder wenigstens nicht vorbeigelassen.

être sur le qui-vive = auf der Hut sein 

Ein bisschen knappen & zusammenziehen, und Quivive heißt einfach Achtung! oder, Acht geben, wachsam & aufmerksam bleiben. Voila!

Büchner dreht es in der letzten Szene von Danton's Tod so, dass die des Terrors und des Lebens müde Lucile auf den Anruf einer vorbeikommenden Patroullie mit den Worten "Vive le Roi!" oder "Es lebe der König" antwortet, und so mitten in der blutigsten Zeit der Revolution dafür sorgt, dass auch sie, im Namen der Revolution, guillotiniert werden wird.

Georg Büchner
Danton's Tod
Letzte Szene

    Lucile Desmoulins, geborene Duplessis
    Porträt von Louis-Léopold Boilly, um 1792

Lucile tritt auf und setzt sich auf die Stufen der Guillotine. 

Ich setze mich auf deinen Schoß, du stiller Todesengel.  

        Es ist ein Schnitter, der heißt Tod,
        Hat Gewalt vom höchsten Gott.



Du liebe Wiege, die du meinen Camille in Schlaf gelullt, ihn unter deinen Rosen erstickt hast. Du Totenglocke, die du ihn mit deiner süßen Zunge zu Grabe sangst.

        Viel Hunderttausend ungezählt,
        Was nur unter die Sichel fällt.


Eine Patrouille tritt auf.

Ein Bürger. 

He, wer da?

Lucile sinnend und wie einen Entschluß fassend, plötzlich. 

Es lebe der König!

Bürger. 

Im Namen der Republik!  

Sie wird von der Wache umringt und weggeführt.

Stückschluß!


Am 13. April 1794 wurde sie, vierundzwanzigjährig, enthauptet.

    Antoine Wiertz 1806-1865
 
QUI VIVE Grand Gallop de Concert von Wilhelm Ganz