Donnerstag, 21. April 2011

Karfreitag


Der Karfreitag, althochdeutsch kara, „Klage, Kummer, Trauer“, ist der Freitag vor Ostern. Christen gedenken an diesem Tag des Kreuztodes Jesu Christi. In der katholischen Kirche ist er ein strenger Fast- und Abstinenztag.

Die Geschichte in groben Zügen:
Christus verbringt die Nacht wachend und grübelnd im Garten Gethsemane, er weiss ja schon, dass er sterben wird, alle Jünger schlafen ein, obwohl er sie regelrecht anbettelt mit ihm zu wachen. Tolle Freunde. Er sagt den wohl anrührendsten Satz des Evangeliums: „Mein Vater, ist's nicht möglich, dass dieser Kelch von mir gehe, ich trinke ihn denn, so geschehe dein Wille!“ Am Morgen - Judas hatte wohl nicht geschlafen, denn er kommt ganz früh mit den Hohepriestern und anderem Volk, küsst Jesus, das ist das vereinbarte Zeichen, offensichtlich wussten die Verhafter nicht wie Jesus aussah, und erhält 30 Silberlinge, die er später aber wieder zurückgibt. Der Judaskuss!

Das habe ich nie verstanden, Jesus musste sterben, sagen sie, damit er uns erlösen konnte. Dann hat doch aber Judas nur getan, was dazu nötig war, war also eine aktive Hilfe im großen Plan? Warum dann das Wutgeschrei über seinen Verrat? Könnte es nicht sein, dass er sich erhängt hat, weil die Last der blutigen Pflicht zu groß war? Ich hatte immer Sympathien für den Mann, und es schien mir, das seine Figur ungerecht beschrieben wurde. Da stimmt was nicht.

Weiter: Jesus wird verhaftet, einer der, die mit Jesus waren, ein Jünger also (?), offensichtlich bewaffnet, zieht sein Schwert und haut dem Knecht des Hohepriesters ein Ohr ab. Es folgt Verhör, Prozess die ganze Geschichte mit Pontius Pilatus, „Was ist Wahrheit?“, Hände waschen usw. (Historisch ist da rechtlich einiges unstimmig!), Verurteilung, mögliche Amnestie, aber das Volk, sprich die Juden, wollen lieber, dass Barrabas frei kommt.

„Da aber Pilatus sah, dass er nichts schaffte, sondern dass ein viel größer Getümmel ward, nahm er Wasser und wusch die Hände vor dem Volk und sprach: Ich bin unschuldig an dem Blut dieses Gerechten, sehet ihr zu! Da antwortete das ganze Volk und sprach: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder.“

Auch so ein Widerhaken, das sollen die Juden selbst gebrüllt haben? Das ist doch völlig idiotisch!

Und dann geht es schnell zur Kreuzigung, Sabbath ist bald und dann muss das erledigt sein. „Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut und sprach: Eli, Eli, lama asabthani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Was für ein wunderbar menschlicher letzter Satz.

Albrecht Dürer 1515/16
Matthäus 27, 31-56

31 Und als sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm den Mantel aus und zogen ihm seine Kleider an und führten ihn ab, um ihn zu kreuzigen.
32 Und als sie hinausgingen, fanden sie einen Menschen aus Kyrene mit Namen Simon; den zwangen sie, daß er ihm sein Kreuz trug.
33 Und als sie an die Stätte kamen mit Namen Golgatha, das heißt: Schädelstätte,
34 gaben sie ihm Wein zu trinken mit Galle vermischt; und als er's schmeckte, wollte er nicht trinken.
35 Als sie ihn aber gekreuzigt hatten, verteilten sie seine Kleider und warfen das Los darum.
36 Und sie saßen da und bewachten ihn.
37 Und oben über sein Haupt setzten sie eine Aufschrift mit der Ursache seines Todes: Dies ist Jesus, der Juden König.
38 Und da wurden zwei Räuber mit ihm gekreuzigt, einer zur Rechten und einer zur Linken.
39 Die aber vorübergingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe
40 und sprachen: Der du den Tempel abbrichst und baust ihn auf in drei Tagen, hilf dir selber, wenn du Gottes Sohn bist, und steig herab vom Kreuz!
41 Desgleichen spotteten auch die Hohenpriester mit den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen:
42 Andern hat er geholfen und kann sich selber nicht helfen. Ist er der König von Israel, so steige er nun vom Kreuz herab. Dann wollen wir an ihn glauben.
43 Er hat Gott vertraut; der erlöse ihn nun, wenn er Gefallen an ihm hat; denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn.
44 Desgleichen schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt waren.
45 Und von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde.
46 Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
47 Einige aber, die da standen, als sie das hörten, sprachen sie: Der ruft nach Elia.
48 Und sogleich lief einer von ihnen, nahm einen Schwamm und füllte ihn mit Essig und steckte ihn auf ein Rohr und gab ihm zu trinken.
49 Die andern aber sprachen: Halt, laß sehen, ob Elia komme und ihm helfe!
50 Aber Jesus schrie abermals laut und verschied.
51 Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriß in zwei Stücke von oben an bis unten aus.
52 Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf
53 und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen.
54 Als aber der Hauptmann und die mit ihm Jesus bewachten das Erdbeben sahen und was da geschah, erschraken sie sehr und sprachen: Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!
55 Und es waren viele Frauen da, die von ferne zusahen; die waren Jesus aus Galiläa nachgefolgt und hatten ihm gedient;
56 unter ihnen war Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus und Josef, und die Mutter der Söhne des Zebedäus.
Übersetzung der Luther-Bibel

Emil Nolde
Noch ein bisschen Antisemitismus gefällig? Lesen Sie weiter:
Karfreitagsfürbitte für die Juden

Tridentinische Fassung (1570)

„Lasset uns auch beten für die treulosen Juden, dass Gott, unser Herr, wegnehme den Schleier von ihren Herzen, auf dass auch sie erkennen unsern Herrn Jesus Christus.
Hier unterlässt der Diakon die Aufforderung zur Kniebeugung, um nicht das Andenken an die Schmach zu erneuern, mit der die Juden um diese Stunde den Heiland durch Kniebeugungen verhöhnten.
Allmächtiger ewiger Gott, du schließest sogar die treulosen Juden von deiner Erbarmung nicht aus; erhöre unsere Gebete, die wir ob der Verblendung jenes Volkes vor dich bringen: Möchten sie das Licht deiner Wahrheit, welches Christus ist, erkennen und ihrer Finsternis entrissen werden. Durch ihn, unseren Herrn.“

Seit 1928 gab es immer wieder Reformversuche und kleinere Reformen des Wortlautes des Gebets. Am 23. September 1974 approbierte die deutsche Bischofskonferenz die deutschsprachige Ausgabe des neuen Messbuchs. Seit dem ersten Fastensonntag 1976 gilt folgende Übersetzung in allen Diözesen Deutschlands und Österreichs:
„Lasst uns auch beten für die Juden, zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen will.
[Beuget die Knie. – Stille – Erhebet Euch.]
Allmächtiger, ewiger Gott, du hast Abraham und seinen Kindern deine Verheißung gegeben. Erhöre das Gebet deiner Kirche für das Volk, das du als erstes zu deinem Eigentum erwählt hast: Gib, dass es zur Fülle der Erlösung gelangt. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.“
„Ja, der Gott der Gerechtigkeit und des Friedens, der Herr über das Leben, ist unser gemeinsamer Vater und der Ursprung unserer Verbrüderung. Auf Sie alle rufen wir sein Licht und seine Kraft herab.“

ABER!!!!
Ausnahmefassung (2008)

Mit dem Motu Propio Summorum Pontificum vom 7. Juli 2007 erlaubte Benedikt Messen nach dem Messbuch von 1962 für Ordensgemeinschaften, Gesellschaften apostolischen Lebens, zusätzliche Gottesdienste für feste Gruppen innerhalb einer Gemeinde und Personalpfarreien.
„Es gibt keinen Widerspruch zwischen der einen und der anderen Ausgabe des Missale Romanum. In der Liturgiegeschichte gibt es Wachstum und Fortschritt, aber keinen Bruch. Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“

Am 5. Februar 2008 gab der Vatikan jedoch überraschend folgende Neuformulierung Benedikts bekannt:

„Lasst uns auch beten für die Juden, auf dass Gott, unser Herr, ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus erkennen, den Retter aller Menschen.
[Lasset uns beten. Beuget die Knie. Erhebet Euch.]
Allmächtiger ewiger Gott, Du willst, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Gewähre gnädig, dass beim Eintritt der Fülle aller Völker in Deine Kirche ganz Israel gerettet wird. Durch Christus, unseren Herrn. Amen.“

Antonello Da Messina
Und für die medizinisch interessierten:
Wiki sagt: Die römische Hinrichtungsmethode des Kreuzigens sollte einen dazu Verurteilten absichtlich besonders langsam und grausam töten. Es konnte Tage dauern, bis sein Tod eintrat. Das möglichst lange qualvolle Sterben der Gekreuzigten sollte den Verurteilten demütigen, und den Betrachter einschüchtern und abschrecken. Es gab aber keine römische Vorschrift, wie eine Kreuzigung genau durchzuführen war. Den oft aus abgeordneten Soldaten bestehenden Henkerkommandos wurde dabei ein hohes Maß an Freiheit zugestanden. Sie mussten die Verurteilten allerdings streng bewachen, bis die Strafe vollzogen und der Tod eingetreten war. Römische Wachmänner mussten selbst mit der Todesstrafe rechnen, wenn sie ihren Auftrag nicht erfüllten und die Flucht eines zum Tode Verurteilten ermöglichten.
Die vollständige römische Hinrichtungsprozedur bestand in der Kaiserzeit aus vier Teilschritten, die jedoch nicht immer und überall nacheinander vollzogen wurden:
der vollständigen Entkleidung des Verurteilten und dessen öffentlicher Geißelung;
dem erzwungenen Querbalken- oder Furcatragen zum Hinrichtungsplatz;
dem Fesseln oder Annageln seines Körpers an eine Furca oder den Querbalken;
dessen Befestigung an einem Baum oder auf dem vorbereiteten Pfahl. Dabei wurden Mensch und Querbalken hochgehoben und mit dem senkrechten Pfahl verbunden.
Die Geißelung des Entkleideten mit einer Peitsche, oft zusätzlich mit Nägeln besetzt, quälte und erniedrigte den Betroffenen zusätzlich, schwächte seinen Organismus durch die Anstrengung und Verspannung unter den Schlägen, Schmerzen und Blutverlust. Dies konnte bereits tödlich sein und verkürzte die Sterbensdauer am Kreuz, so dass die Zahl der Schläge meist begrenzt wurde.

Gründonnerstag


An einem Donnerstagabend lud Jesus zum Sedermahl, dem Beginn des Pessach-Festes, das gefeiert wird, um an den Auszug der Juden aus Ägypten, bei dem Moses sozusagen die Reiseleitung hatte, zu erinnern.

Die Pessach-Lämmer, deren Blut in der Nacht des Auszugs der Israeliten aus Ägypten (Exodus) auf Gottes Gebot hin, als Schutzzeichen vor dem Todesengel, an den Türpfosten gestrichen wurde, führen zur Schlachtung der Opferlämmer im Jerusalemer Tempel und dann direkt zu Jesus, dem Agnus Dei, dem Lamm Gottes, "Sieh, das ist das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt." (Johannes 1;29)

Die Anbetung des Lamm Gottes 1432 Brüder van Eyck in Gent

Er wurde misshandelt und niedergedrückt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, und wie ein Schaf angesichts seiner Scherer, so tat auch er seinen Mund nicht auf.“ (Jes 53,7). Nicht den Mund aufmachen als bestmögliche Reaktion auf Terror? Übrigens schreien Schafe sehr wohl, wenn sie geschoren werden.


Albrecht Dürer Das Abendmahl Christi 1523 
Tuschfederzeichnung Wien, Graphische Sammlung Albertina
Also, er hat bereits die Schächer und Händler aus dem Tempel vertrieben und Judas hat den Verrat schon vorbereitet, aber noch kein Geld bekommen, dem Cäsar soll gegeben werden, was des Cäsars ist und nun wollen alle essen.
Aus dem Lukas-Evangelium: Und am ersten Tage der süßen Brote, da man das Osterlamm opferte, sprachen seine Jünger zu ihm: Wo willst du, daß wir hingehen und bereiten, daß du das Osterlamm essest? Und er sandte seiner Jünger zwei und sprach zu ihnen: Gehet hin in die Stadt, und es wird euch ein Mensch begegnen, der trägt einen Krug mit Wasser; folget ihm nach, und wo er eingeht, da sprechet zu dem Hauswirt: Der Meister läßt dir sagen: Wo ist das Gasthaus, darin ich das Osterlamm esse mit meinen Jüngern? Und er wird euch einen großen Saal zeigen, der mit Polstern versehen und bereit ist; daselbst richtet für uns zu. Und die Jünger gingen aus und kamen in die Stadt und fanden's, wie er ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Osterlamm.
Am Abend aber kam er mit den Zwölfen. Und als sie zu Tische saßen und aßen, sprach Jesus: Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch, der mit mir isset, wird mich verraten. Und sie wurden traurig und sagten zu ihm, einer nach dem anderen: Bin ich's? und der andere: Bin ich's? Er antwortete und sprach zu ihnen: Einer aus den Zwölfen, der mit mir in die Schüssel taucht. Zwar des Menschen Sohn geht hin, wie von ihm geschrieben steht; weh aber dem Menschen, durch welchen des Menschen Sohn verraten wird. Es wäre demselben Menschen besser, daß er nie geboren wäre.
Und indem sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und gab's ihnen und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib. Und nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus. Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des neuen Testamentes, das für viele vergossen wird. Wahrlich, ich sage euch, daß ich hinfort nicht trinken werde vom Gewächs des Weinstocks bis auf den Tag, da ich's neu trinke in dem Reich Gottes.



Wiki sagt: Gründonnerstag (auch Hoher, Heiliger oder Weißer Donnerstag bzw. Palmdonnerstag) ist die Bezeichnung für den fünften Tag der Karwoche bzw. der Heiligen Woche. An ihm gedenken die christlichen Kirchen des letzten Abendmahles Jesu mit den zwölf Aposteln am Vorabend seiner Kreuzigung.
Die Herkunft des Namens ist nicht geklärt, es konkurrieren besonders vier Thesen, die sich nicht notwendigerweise gegenseitig ausschließen müssen, da auch mehrere Faktoren bei der Entstehung des Namens zusammengewirkt haben können:
  1. Herleitung von virides („die Grünen“), den Büßern, die „dürres Holz“ gewesen waren und jetzt am antlastag, dem Tag des Kirchenbußerlasses, wieder (nach Lukas 23,31) lebendiges, "grünes Holz" der Kirche wurden und wahrscheinlich in weißem Kleid vielleicht mit grünem Schultertuch zur Kommunion schritten.
  2. Herleitung aus der liturgischen Farbe Grün. Der heutige Farbenkanon des Römischen Ritus sieht Weiß als liturgische Farbe für den Gründonnerstag vor, dieser Farbenkanon war jedoch vor dem 16. Jahrhundert nicht verbindlich und in den Eigenriten der Diözesen vielfach abweichend geregelt. Da aus dem Gebrauch der Farbe Weiß in der Gründonnerstagsliturgie auch die Bezeichnung „Weißer Donnerstag“ entstanden ist, könnte ebenso aus regional abweichender Verwendung von Grün auch der Name Grüner Donnerstag, Gründonnerstag entstanden sein.
  3. Herleitung aus dem seit dem 14. Jahrhundert bezeugten, aber möglicherweise schon älteren Brauch, am Gründonnerstag besonders grünes Gemüse (Grünkohl, Salate, Nesseln, junge Triebe) und grüne Kräuter zu essen. Dies steht nicht nur im Einklang mit den allgemeinen Fastenvorschriften für die Karwoche, sondern auch in Verbindung mit abergläubischenVorstellungen, dass dadurch die Kraft des Frühlings und eine Heilwirkung für das ganze Jahr aufgenommen werde. In einigen Regionen hatte der Gründonnerstag auch eine besondere Bedeutung für das Bestellen von Feld und Garten, als Tag der ersten Frühlingsaussaat oder als ein Tag, an dem man sich von der Aussaat oder vom Setzen oder Beschneiden der Pflanzen besonders reichen Ertrag versprach.
  4. Herleitung aus dem „Greinen“ (ahd. grīnan, mhd.. grînen, „lachend, winselnd, weinend den Mund verziehen“) der Büßer am Gründonnerstag. Aus mündlich gebrauchtem, aber schriftlich nicht bezeugtem grîn donerstac wäre in dem Fall durch Umdeutung Grüner Donnerstag > Gründonnerstag entstanden. Da jedoch dieser Tag seit dem 4. Jahrhundert ein kirchlicher Freudentag war, an dem die zuvor Exkommunizierten nach Buße und Vergebung endlich wieder zur Kommunion zugelassen, also wieder „grünendes Holz“ am Stamm der Kirche nach Lukas 23,31 waren, erscheint die Annahme eines Klagedonnerstags widersinnig.

Mittwoch, 20. April 2011

Theater hat auch eine Schule

Es ist das Jahr 2011. Kabale und Liebe erster Akt, vierte Szene zum 33 467 899. Mal. Es ist das Jahr 2011.

Schauspielschulen, Wien, zum Beispiel, hat acht, neben dem Reinhardseminar auch das Schauspielstudio ACT & FUN.
In den drei deutschsprachigen Ländern gibt es etwa neunzig Schauspielschulen, staatliche und staatlich anerkannte private mit schätzungsweise vierhundert Absolventen im Jahr. Allein die Staatlichen Schulen schubsen jedes Jahr fast zweihundert junge hungrige Spieler auf einen immer
kleiner werdenden Markt.
 
 
Es beginnt mit einem Traum. Der Klassenclown träumt, die Schüchterne mit Zahnspange, Akne und Brille träumt, der, der so schön Gitarre spielen kann, träumt. Manche von der Bühne, einige vom Fernsehen, viele von Hollywood. Wer hat noch nie das "und der Oscar geht an...." Spiel gespielt? 
Vorsprechen, Vorsprechen. 
Ich kannte eine, die hat 27 Mal vorgesprochen, bevor sie dann für 500 Euro im Monat an einer Privatschule angenommen wurde. Sie war da schon 27. Und einen Meter achtzig. Da sind die Chancen für ein Engagement nach vier Jahren, wollen wir es höflich formulieren, begrenzt.
Vorsprechen geschafft, alles neu, alles aufregend, überwältigend. Schauspielschüler in den ersten Semestern gestikulieren deutlich mehr als andere Menschen, sie sprechen lauter, sie sind hinreißend und sie nerven. 
Vorspiel. Habe ich mir gerade an meiner alten Schule zwei Tage lang angesehen. Zweites Studienjahr, Klassiker, 24 Studenten, 5 Stunden Spieldauer. 

Ist schon merkwürdig, da steht dann so ein Zwanzigjähriger und sagt:  "Wer kann den Bund zwoer Herzen lösen oder die Töne eines Akkords auseinander reißen? – Ich bin ein Edelmann – Lass doch sehen, ob mein Adelbrief älter ist als der Riss zum unendlichen Weltall? oder mein Wappen gültiger als die Handschrift des Himmels in Luisens Augen: Dieses Weib ist für diesen Mann? – Ich bin des Präsidenten Sohn. Eben darum. Wer als die Liebe kann mir die Flüche versüßen, die mir der Landeswucher meines Vaters vermachen wird? ... Ich fürchte nichts – nichts – als die Grenzen deiner Liebe. Lass auch Hindernisse wie Gebürge zwischen uns treten, ich will sie für Treppen nehmen und drüber hin in Luisens Arme fliegen. Die Stürme des widrigen Schicksals sollen meine Empfindung emporblasen, Gefahren werden meine Luise nur reizender machen. – Also nichts mehr von Furcht, meine Liebe. Ich selbst – ich will über dir wachen wie der Zauberdrach über unterirdischem Golde – Mir vertraue dich. Du brauchst keinen Engel mehr ..." Und je nach Talentlage und Dozentenpflege tut das so oder so, für ihn ist es das erste Mal, für mich das - weiss gar nicht wie oft ich das schon gesehen habe. Er kann vielleicht schon recht gut sprechen, weiss wohin mit seinen Händen, idealerweise spielt er auch noch mit seiner Partnerin, aber was kümmert den jungen Mann der Landeswucher? Karl-Theodozu Guttenberg ist wahrscheinlich einer der wenigen Adligen von denen er je gehört hat. Bürgerlich - mit Zwanzig ist es doch hoffentlich das Letzte, was man seien will. Die Sprache, Pathos und Poesie, und so viele Worte.
Wo ist seine Welt in dem Text, seine Angst, sein gebrochenes Herz, seine Wut über die Ungerechtigkeit in der Welt? Oder ist alles nur Theater?

Es ist das Jahr 2011. Kabale und Liebe erster Akt, vierte Szene zum 33 467 899. Mal. Es ist das Jahr 2011. 

Bühnenverein Theaterstatistik 2004/05 2077 Schauspieler im Festengagement an deutschen Bühnen, heute sind es weniger. Die Zentrale Bühnen-, Fernseh- und Filmvermittlung (ZBF) in Köln verzeichnet circa 6000 Schauspieler, die "zielorientiert in Arbeit" zu bringen sind. Und das sind die "gemeldeten".

Hermann Hesse

Kleiner Knabe

Hat man mich gestraft,
Halt ich meinen Mund,
Weine mich in Schlaf,
Wache auf gesund.

Hat man mich gestraft,
Heißt man mich den Kleinen,
Will ich nicht mehr weinen,
Lache mich in Schlaf.

Große Leute sterben,
Onkel, Großpapa,
Aber ich, ich bleibe
Immer, immer da.

Hermann Hesse



Der Mann von fünfzig Jahren

Von der Wiege bis zur Bahre
sind es fünfzig Jahre,
dann beginnt der Tod.
Man vertrottelt man versauert,
man verwahrlost, man verbauert
und zum Teufel gehn die Haare.
Auch die Zähne gehen flöten,
und statt daß wir mit Entzücken
junge Mädchen an uns drücken,
lesen wir ein Buch von Goethen.

Aber einmal noch vorm Ende
will ich so ein Kind mir fangen,
Augen hell und Locken kraus,
nehm´s behutsam in die Hände,
küsse Mund und Brust und Wangen,
zieh ihm Rock und Höslein aus.
Nachher dann, in Gottes Namen,
soll der Tod mich holen. Amen.

Hermann Hesse

Dienstag, 19. April 2011

Epikur - BRIEF AN MENOIKEUS

"Gewöhne dich an den Gedanken, daß der Tod uns nichts angeht. Denn alles Gute und Schlimme beruht auf der Wahrnehmung. Der Tod aber ist der Verlust der Wahrnehmung. Darum macht die rechte Einsicht, daß der Tod uns nichts angeht, die Sterblichkeit des Lebens genußreich, indem sie uns nicht eine unbegrenzte Zeit dazugibt, sondern die Sehnsucht nach der Unsterblichkeit wegnimmt. Denn im Leben gibt es für den nichts Schreckliches, der in echter Weise begriffen hat, daß es im Nichtleben nichts Schreckliches gibt. Darum ist jener einfältig, der sagt, er fürchte den Tod nicht, weil er schmerzen wird, wenn er da ist, sondern weil er jetzt schmerzt, wenn man ihn erwartet. Denn was uns nicht belästigt, wenn es wirklich da ist, kann nur einen nichtigen Schmerz bereiten, wenn man es bloß erwartet.
Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr. Er geht also weder die Lebenden an noch die Toten; denn die einen geht er nicht an, und die anderen existieren nicht mehr. Die Menge freilich flieht bald den Tod als das ärgste der Übel, bald sucht sie ihn als Erholung von den Übeln im Leben. Der Weise dagegen lehnt weder das Leben ab noch fürchtet er das Nichtleben. Denn weder belästigt ihn das Leben, noch meint er, das Nichtleben sei ein Übel. Wie er bei der Speise nicht einfach die größte Menge vorzieht, sondern das Wohlschmeckendste, so wird er auch nicht eine möglichst lange, sondern eine möglichst angenehme Zeit zu genießen trachten."

(überliefert in der Epikur-Biographie im 10. Buch der ca. 220 n. Chr. entstandenen antiken Philosophiegeschichte "Leben und Lehren berühmter Philosophen" von Diogenes Laertios; Ü: Olof Gigon)

Epikur * um 341 v. Chr. auf Samos; † 271 oder 270 v. Chr. in Athen

Am Eingang des Gartens Kepos wurden seine Gäste mit folgender Inschrift begrüßt: Tritt ein, Fremder! Ein freundlicher Gastgeber wartet dir auf mit Brot und mit Wasser im Überfluss, denn hier werden deine Begierden nicht gereizt, sondern gestillt.

e.e. cummings - sterben ist in ordnung

Sterben ist in ordnung)aber Tod
?o
kleine
ich
würde Tod
nicht mögen wenn Tod
gut
wäre:weil

wenn(anstatt aufzuhören zu denken)du
anfängst es zu fühlen,sterben
ist wunderbar
warum?wei

l sterben ist
völlig natürlich;
völlig
um es vorsichtig
auszudrücken lebendig(aber


Tod
ist ausschliesslich wissenschaftlich
& künstlich

& böse & gesetzlich erlaubt

wir danken dir
Gott
allmächtig für das sterben
(vergib uns,o leben! die sünde des Todes 



dying is fine)but Death 
?o 
baby 

wouldn't like 
Death if Death 
were 
good:for 

when(instead of stopping to think)you 
begin to feel of it,dying 
's miraculous 
why?be 

cause dying is 
perfectly natural;
perfectly 
putting 
it mildly lively(but 

Death 
is strictly scientific 
& artificial 

& evil & legal) 

we thank thee 
god 
almighty for dying 
(forgive us,o life!the sin of Death

Montag, 18. April 2011

Geschichten - Indie-Filme aus den USA


Blue Valentine und Winters Bone und als Extra: The Believer
Zwei Filme in blaugrau und einer in schwarz

Blue Valentine 2009 Regie: Derek Cianfrance  mit Ryan Gosling (The Notebook) und Michelle Williams (Dawson’s Creek); spielt in New York N.Y.

Winter’s Bone 2009 Roman von Daniel Woodrell Regie: Debra Granik mit Jennifer Lawrence;
spielt in  den Ozark Mountains in Missouri, Südstaaten der USA

The Believer 2001 Regie: Henry Bean mit Ryan Gosling, spielt in New York

Drei Filme ganz unterscheidbar und eigen, haben eines gemeinsam, sie hatten ihre Premieren auf dem Sundance-Festival, das 1978, unter anderem von Robert Redford begründet wurde (Butch Cassidy and the Sundance Kid, der Film mit der erotischsten Fahrradfahrszene, die mir bekannt ist!), und das sich in das wichtigste Indie-Film Festival der USA entwickelt hat. Auf diesem Festival in  Utah treffen sich amerikanische Filmemacher die außerhalb und weitgehend unabhängig von Hollywood arbeiten und Filmleute aus aller Welt, um ihre Filme vorzustellen und Hollywood reist an, um zu gucken und einzukaufen. Z.B. Soderbergh, Tarantino, Jarmusch, Aronovsky haben hier ihre ersten Erfolge gefeiert, um dann gen Hollywood zu wandern. Unabhängig Filme zu produzieren heisst in den USA, dass junge Regisseure, Produzenten ihr Haus verpfänden, nahezu ohne Geld und Drehgenehmigungen rasch und hoffentlich unerwischt drehen und die Schauspieler für beinah Nix mitarbeiten.
Natürlich entsteht da auch einiges an bedeutungsschwangerer Kunstlast, aber eben auch solche Filme, wie die, von denen hier die Rede seien soll.
Blue Valentine: Mädchen und Junge verlieben sich, sehr, das Mädchen ist von einem anderen schwanger, Junge will sie trotzdem heiraten, ihr Traum von einem Medizinstudium hat sich nun erledigt. Sprung, circa 5 Jahre später, eine schreckliche Ehe. Ein Valentinstag aus der "normalen" Beziehungshölle. Ganz langsam, ganz unaufwändig, viele fast zu intime Grossaufnahmen, tolles Spiel, Mitgefühl anstatt Mitleid.
Winter's Bone: Ein Mädchen, kein Junge. Armut im Mittleren Westen, Crack als entscheidender Wirtschaftsfaktor, herbe Landschaft, Eichhörnchen und noch mehr Landschaft, wenig Worte, eine archaische Clanstruktur verschlossen und verhärtet in gemeinsamer Hoffnungslosigkeit.
Bedrückend, ohne belästigend zu werden. Harsch.


The Believer: Einer meiner persönlichen Lieblingsfilme war lange nicht in Deutschland erhältlich, weil die Geschichte so gar nicht in unser Geschichtsbild zu passen scheint, obwohl er auf einer realen Biographie basiert.
Ein junger Mann, als orthodoxer Jude in New York aufgewachsen, beginnt unter der Last der Geschichte, mit seinem Judentum zu hadern. Warum haben sich die deutschen Juden nicht mehr gewehrt? Warum so wenig Widerstand? Er denkt diese Fragen bis ins Extrem, beschließt, Antisemit zu werden und tritt einer amerikanischen Naziorganisation bei. Selbsthaß bis zu Äußersten getrieben.  All das klingt propagandistisch und gewollt provokativ, ist es aber nicht. 
Vor allem durch die Erstaunlichkeit des Hauptdarstellers Ryan Gosling.


Sonntag, 17. April 2011

Theater ist absurd


Ein Bühne, die Vorstellung läuft, "Adam und Eva" von Peter Hacks, zwei Herren mittleren Alters, beide großartige Schauspieler, verkörpern einen Engel und die Schlange. Ohne erkennbaren Anlass beginnt einer der beiden gurgelnd zu kichern, er kämpft dagegen an, doch das Lachen ist stärker, es bahnt sich trotz aller Bemühung seine Bahn, schwillt an, das Publikum lacht mit, ist aber verwirrt, der Schauspieler wird mittlerweile von Lachkrämpfen geschüttelt - der Vorhang muß fallen, etwa 5 Minuten dauert es, bis der Kollege Schlange wieder in der Lage ist zu sprechen.
Auf die Frage:"Warum? keucht er, mit lachtränenüberströmten Gesicht und unter Schluckauf hervor:" Einen Moment lang, habe ich klar gesehen, was wir hier tun. Du bist 40, ich bin 50, du trägst Flügel mit Wattetupfern und ich schlängele die ganze Zeit."
Sie haben die Vorstellung dann noch zu Ende gespielt.
Ich habe nur selten solche Momente des kalt von außen auf das Spiel Guckens erlebt. Gott sei Dank. Nicht, dass ich die ganze Zeit in Trance dahinschwanke und man muß ja genug praktische Dinge mitbedenken während man auf der Bühne leidet, liebt, argumentiert, trickst und stirbt. Wovon ich spreche, ist als wenn man den Geliebten einen Moment lang ohne Liebe ansähe. Ganz kalt und distanziert. Oh.
Da ist dann Lachen noch das beste was einem passieren kann.

Theater ist zeitaufwändig


"Wie merken Sie sich bloss den ganzen Text!" Immer wieder gern gefragt, immer wieder ungern gehört. 

Die Fakten: Proben sind in den meisten Fällen von 10 bis 2 und 7 bis 10 Montag bis Freitag, Samstags, außer in der Vorprobenzeit nur vormittags. Text lernen findet davor, dazwischen, danach statt. Vorstellungen gibt es sieben Tage die Woche, und an einem durchschnittlichen Stadttheater kommt man im Jahr schon auf mehr als 120 davon, dazu vielleicht 5 Neuproduktionen mit Probenzeiten zwischen 5 und 9 Wochen. Garantiert frei sind der 1. Mai (immer noch?), der 24. Dezember und der 1. Januar. Packen wir noch Matineen, Soireen, Anproben, Maskenproben dazu, kommt da einiges zusammen. Und manche Spieler sind ehrgeizig genug, auch noch Zeit auf Körpertraining, Gesangsunterricht oder Verwandtes zu verschwenden. Das müssen sie oft auch noch selber finanzieren, da die Theater, es sich entweder nicht leisten können oder wollen.
Nach vier Jahren Hochschulstudium verdient der Absolvent 1650 Euro brutto. Und das nur, wenn er ein Festengagement ergattern konnte. Ich spreche hier vom Stadttheater. Nebenjobs sind schon wegen der Arbeitsmenge nahezu unmöglich. Die Gagenerhöhungen der nächsten Jahre sind meist hart erkämpft und gering.
Und deshalb hier einmal ein Loblied auf den Schauspieler:

Striese: Schmierentheater! Hören Sie, jetzt läuft mir die Galle über. Wissen Sie denn überhaupt, was eine Schmiere ist? Es ist wahr, wir ziehen von einem Ort zum andern, aber mein erhabener Kollege, der Herzog von Meiningen, macht es ja ebenso. — Es ist wahr, daß ich meinen Schauspielern fast gar keine Gage bezahlen kann, aber dafür leisten sie desto mehr. Da ist zum Beispiel mein erster Held — ein früherer Apotheker, — das ist ein Beleuchtungsinspektor, wie Sie ihn suchen können; mit Hilfe einer einzigen Petroleumlampe und einer roten Glasscheibe läßt Ihnen der die Sonne untergehen, daß es Ih­nen nur so vor den Augen flimmert. Und dabei das Familien­leben unter meinen Leuten! Meine Frau kocht für die ganze Gesellschaft, damit meine Sozietäre sich an Entbehrungen gewöhnen. Der Charakterspieler ist nicht zu stolz, die Kartoffeln zu schälen, und mein Jüngster kann gar nicht ein­schlafen, wenn nicht der Intrigant, der gute Kerl, ihn vorher eine Stunde lang in der Stube herumträgt. Und wie anhänglich mir die Leute sind. Meine jugendlich-naive Liebhaberin ist nun bald 18 Jahre bei mir, sie denkt gar nicht daran, wegzugehen. Und was schließlich meine Frau anbelangt ------ nicht nur, daß sie das Kassenwesen besorgt, den Schauspielern die Haare brennt, in der Stadt die Requisiten zusammenborgt und abends die größten Rollen spielt, nein, sie hat trotz dieser Überbürdung im Laufe der Jahre noch Zeit gefunden, mich mit einer Schar lieblicher Kinder zu beschenken. Sehen Sie, Herr Doktor, das wird an einer Schmiere geleistet, und ich bin der Direktor! Empfehle mich!

Samstag, 16. April 2011

Nan Goldin


Nan Goldin geboren am 12.9.1953 in Washington D.C. 

The Ballad of Sexual Dependency - Nan Goldin and The Tiger Lilies (Arles Festival 2009)
http://www.youtube.com/watch?v=cxbxTRtiZtI

Smoky car 1979

Misty and Jimmy Paulette in a taxi, NYC

Nan Goldin one month after being attacked 1984

Ryan in the tub 1975


                                                            Yogo in the mirror 1992