Johanna.
Eigentlich ein schöner Name.
Gut, wenn ich niemals wieder hören müßte, daß ich gehe und niemals wiederkehre (Schiller) oder gefragt würde, ob ich küssen, pfeifen oder singen kann, letzteres infolge langjähriger Raucherei übrigens nur sehr mäßig, würde ich nichts vermissen, aber eigentlich mag ich meinen Vornamen. Und trotzdem ist es doch faszinierend, wie sehr so ein Name, den werdende Eltern, entweder durch sorgsames Studium unzähliger Vornamensbücher, mit Hilfe präziser Untersuchung der beidseitigen Familien-Genealogie, infolge unerwarteter Traum-Epiphanien, unter trendbewusster Vorausplanung, oder, wie in meinem Fall, in panischer postnataler Hilflosigkeit und daraus resultierender Verwendung familiengeläufiger Konstanten (Tante Hanne, ergo: Johanna; Onkel Stefan, ergo: Stefanie), festgelegt haben, einen irgendwie vordefiniert. Wäre ich eine andere, hätten meine Eltern mich Petra oder Diana oder Leokadia genannt? Wahrscheinlich hört man zeit seines Lebens kein Wort so häufig, wie den eigenen Vornamen, und, oder und die Artikel der, die, das ausgenommen. Und nun lebe ich mit der Betitelung Johanna Stefanie und kann nichts tun, wenn die Fernsehserie "Schwester Stefanie" mir einen, Gott sei Dank, den zweiten meiner Vornamen lebenslänglich unakzeptabel macht.
Namen lösen unbewusste Assoziationen aus, kenne ich einen blöden Egon, wird es ein neuer Egon schwerer bei mir haben. Aber im zarten Alter von sieben Jahren war ich in einen Erwin verliebt, also hat nun jeder neue Erwin einen Bonus.
Vornamen sind häufig verbale Manifestierungen elterlicher Hoffnungen, was hätte Cosma Shiva gemacht, wäre sie fett und blond geworden? Eltern benennen ja eine noch unbekannte Person, das ist harter Tobak!
In meiner Abiturklasse litt Lo Decker heftig unter ihrem Kosenamen Klodeckel, stellte sich Ralph Müller stets als Ralph mit ph M-u-e-ller vor und heute, wo individualisierendes Anderssein als Beweis von wirklicher Coolness gilt, müssen unschuldige Kleinkinder gebeugt unter der Last ihrer erwartungsgeschwängerten Betitelungen als Sean Connor oder Justin Leopold oder als Apple Blythe Alison (Paltrow) auf wackeligen Babybeinen ins Leben wanken.
Eltern denkt an eure Kinder, wenn ihr sie benennt. Bitte.
KANNST DU PFEIFEN JOHANNA?
Wer nicht musikalisch ist, hat wenig von der Welt,
weil doch die Musik fröhlich uns erhält.
Wer ein kleines Lied'l kennt und singt es einfach so,
bleibt am Morgen und am Abend froh.
So ein kleines Lied singt ein jeder mit.
Ja, was wär' das Leben ohne Lied?
"Kannst du pfeifen Johanna?" - "Gewiß kann ich das!"
"Pfeife weiter Johanna, denn Pfeifen macht Spaß.
Deine Lippen sind purpurn und deine Wangen rund.
Mädel, was hast du für einen wunderschönen Mund!
Kannst du pfeifen Johanna?" - "Gewiß kann ich das!"
"Kannst du singen Johanna?" - "Gewiß kann ich das!"
"Singe weiter Johanna, dein Singen macht Spaß.
Deine Lippen sind purpurn und deine Wangen rund.
Mädel, was hast du für einen wunderschönen Mund!
Kannst du singen Johanna?" - "Gewiß kann ich das!"
"Ißt du Pfirsich Johanna?" - "Gewiß tu' ich das!"
"Du mußt vorsichtig essen, Kind, du machst dich doch ganz naß.
Ja, es scheint, daß es dir gut schmeckt, denn du ißt ja furchtbar laut.
Ach Gott, ich armer Mann, ich bin gestraft mit so 'ner Braut."
"Iß' doch weiter Johanna, denn uns macht es Spaß."
"Kannst du gurgeln Johanna?" - "Gewiß kann ich das!"
"Gurgle weiter, Johanna, denn Gurgeln macht Spaß.
Hast im Hals du manchmal Schmerzen oder ist die Kehle wund,
dann nimm essigsaure Tonerde und gurgle dich gesund.
Gurgle weiter Johanna, ei fein kannst du das!"
"Kannst du meckern Johanna?" "Selbstverständlich kann ich meckern,
aber ich möchte mir ein für alle-allemal ausge...gebeten haben, daß Sie...
Diese Belästigungen zu unterlassen, mein Herr!"
"Mecker' weiter Johanna, dein Meckern macht Spaß."
"Es steht Ihnen ja frei zu gehen, wenn Ihnen mein Ton nicht passen sollte, mein Herr!"
Und sie meckert und meckert und hat ?nen großen Mund,
aber dazu hat das Mädel doch nun wirklich keinen Grund!
"Mecker' weiter Johanna!" "Ja, aber das ist doch die Höhe!"
Mäh, mäh, meck, meck, meck!
Aber jetzt, aber jetzt, aber jetzt!:
"Kannst du schweigen Johanna?" - "Gewiß kann ich das!"
"Schweige weiter Johanna, denn Schweigen macht Spaß."
"Ich, ich..." "Ssssscht!"
Max Hansen & Edith Schollwer
AN JOHANNA
Oft hör’ ich deine Schritte
Durch die Gasse läuten.
Im braunen Gärtchen
Die Bläue deines Schattens.
In der dämmernden Laube
Saß ich schweigend beim Wein.
Ein Tropfen Blutes
Sank von deiner Schläfe
In das singende Glas
Stunde unendlicher Schwermut.
Es weht von Gestirnen
Ein schneeiger Wind durch das Laub.
Jeglichen Tod erleidet,
Die Nacht der bleiche Mensch.
Dein purpurner Mund
Wohnt eine Wunde in mir.
Als käm’ ich von den grünen
Tannenhügeln und Sagen
Unserer Heimat,
Die wir lange vergaßen -
Wer sind wir? Blaue Klage
Eines moosigen Waldquells,
Wo die Veilchen
Heimlich im Frühling duften.
Ein friedliches Dorf im Sommer
Beschirmte die Kindheit einst
Unsres Geschlechts,
Hinsterbend nun am Abend-
Hügel die weißen Enkel
Träumen wir die Schrecken
Unseres nächtigen Blutes
Schatten in steinerner Stadt.
Georg Trakl Gedichte 1912-1914
Wictionary schreibt:
Johanna wurde aus der Bibel übernommen, wo die griechische Form Ἰωάννα (Iōánna) vorkommt. Diese entstand als weibliche Form von Ἰωάννης (Iōánnēs), welcher sich wiederum von den hebräischen Namen יְהוֹחָנָן (Yehōḥānān) oder יוֹחָנָן (Yōḥānān) mit den Bedeutungen „Jehova ist gnädig“ und „die Gnade ist des Herrn“. ableitet. Johanna steht also für „die Gottbegnadete“. Die lateinische Form des Namens lautete zunächst Joanna, bis im Mittelalter das h analog zu demjenigen im Namen Johannes eingefügt wurde.