Kommen wir zum "Seriösen". Er hat noch andere Interessen, er liest, er malt, er versenkt sich in die großen Denker oder fernöstliche Religionen (Sein mildes Zen in der Hektik einer Hauptprobe kann dich in den Wahnsinn treiben.). Er weiss mehr als seine Kollegen, was nicht unbedingt heissen muss, dass er besser spielt. Sein weibliches Equivalent ist oft geschieden oder Single und begeistert sich für Esoterik, Horoskope, Mondphasen (Nur nicht die Haare waschen, wenn der Mond abnimmt, auch wenn du bereits aussiehst, als hättest du einen gewachsten Helm auf dem Kopf). Manche bleiben 20, 30 Jahre an einem Haus, dass eigentlich nur ein Sprungbrett seien sollte. Aber dann hat es sich anders ergeben oder es war bequem oder die Kinder kamen in die Schule. Ihre Lesungen und Kleinkunstprogramme sind der kulturelle Hauptknotenpunkt mancher kleineren Stadt, in den größeren Städten entspricht dem eine stetige Nebenrolle in einer langlaufenden Serie.
Bei den besten Vertretern dieser Gruppe führt das zu großer Ernsthaftigkeit dem Beruf gegenüber aus eine gewissen Ruhe heraus, sie geben Acht auf die ganz Jungen und sind immer wieder neugierig auf die ihnen unbekannten Regisseure und neuen Kollegen, die wechselnde Intendanten in ihr Haus spülen. Wenn der Prophet halt auf den Berg wartet.
Die unerfreulicheren Fälle sind bequemliche Alleswisser, die langes Engagement an einem Ort mit einer Form von feudalem Hausherrenrecht verwechseln. Sie sind die Pest. Nörgler und Zyniker ohne Theaterliebe, aber mit der Fähigkeit, durch leises Murmeln Proben in Nahkämpfe zu verwandeln. Da hilft nur gnadenlose Direktheit.