Samstag, 29. Januar 2011

29. 1. 1964 Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben wird in den USA uraufgeführt.


Stanley Kubrick 1928 - 1999

Fear and Desire1953
Der Tiger von New York  oder The Killer's Kiss 1955
Die Rechnung ging nicht auf oder The Killing 1956

Wege Zum Ruhm oder Paths of Glory 1957, einen schwarz-weiss Film mit Kirk Douglas habe ich gesehen, kurz nachdem ich nun gerade auch noch "Im Westen nichts Neues" gelesen hatte.

The boast of heraldry, the pomp of power,
And all that beauty, all that wealth e'er gave,
Awaits alike th' inevitable hour:-
The paths of glory lead but to the grave.

Der Wappen Prahlerei, der Pomp der Macht,
Was je der Reichtum und was Schönheit gab,
Sinkt unerlöslich hin in eine Nacht:
Der Pfad der Ehre führet nur ins Grab.

(Thomas Gray aus Elegy Written in a Country Churchyard)

Ein toller Film, sehr sparsam gespielt, sehr genau und sehr traurig. Eigentlich kein Schwarz-Weiss, sondern ein Grau-Film.
Wenn man, wie ich Kubrick mit "Clockwork Orange" kennengelernt hat, ist man verblüfft, wie sehr er mit dem Genre auch die Bildsprache und selbst den Spielstil der Darsteller wechselt. Er hat nicht einfach eine "Handschrift, einen Begriff, den ich im Zusammenhang mit Theater und Film mit grossem Misstrauen betrachte, sondern er sucht und findet die stilistischen Mittel, die der Geschichte die größtmögliche Schubkraft ermöglichen. Und wenn man am Beginn des Filmes vermutet, man sei in einen der üblichen Kriegsfilme geraten, wahrscheinlich einen älteren (wegen dem Schwarz-Weiss) und dann erlebt, wie Kubrick den Krieg an einem Einzelfall seziert, ihn all seiner Großartigkeit entledigt und doch die Geschichte eines heldenhaften Verhaltens erzählt, dann hat er einen an der Kehle und läßt nicht los bis zum Schluss.
In Frankreich sah man in dem Film, der auf der französischen Seite des 1. Weltkrieges spielt, einen Angriff auf die Ehre des französischen Militärs, weshalb der Film dort bis 1975 nicht gezeigt wurde. Der Film war nie offiziell verboten; allerdings hatte kein Verleiher je versucht, ihn durch die Zensur zu bringen.


Kirk Douglas hat dann Stanley Kubrick dazu überredet die Regie von  Spartakus 1960 zu übernehmen, 
nachdem der ursprüngliche Regisseur kurz nach Drehbeginn gefeuert worden war. Das Ergebnis war immens erfolgreich (4 Oscars, einen Golden Globe etc.), führte aber auch zu Kubrick's Entscheidung, nie wieder einen Film zu drehen, bei dem er nicht die völlige Kontrolle über den gesamten Herstellungsprozess in seinen Händen hielt.
Aufsehen erregte auch die Wahl des Drehbuchautors. Kirk Douglas verpflichtete Dalton Trumbo, der in den 1950er Jahren während der McCarthy-Ära als einer der Holywood Ten auf der Schwarzen Liste des HUAC (House Committee on Un-American Activities) stand.
Kubrick zieht nach England und dreht Lolita in enger Zusammenarbeit mit dem Roman- und Drehbuchschreiber Wladimir Nabokov , wieder in Schwarz-Weiss und doch stilistisch ganz eigen.

In der Rolle des Mr. Quilty: Peter Sellers, schon hier in einigen Verkleidungen.

Kubrick bietet Sellers vier Rollen in seinem nächsten Film, Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben 1964 (Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb und wiederum die Frage nach den Absichten deutscher Titel, der Titel ist eh lang, warum dann nicht vollständig? ) Sellers akzeptiert drei der vier Rollen. Tja, was gibt es zu diesem Film zu sagen, außer das jedermann, der ihn noch nicht oder nur ein-oder zweimal gesehen hat, sich bitte möglichst schnell in Richtung der nächstliegenden Videothek begeben möge, um ihn zu entleihen und anzusehen und dann können wir weiter reden. Die Pink Panther Filme sind wunderbar, aber was Sellers hier bietet ist Genie in Freiheit.



Es gibt übrigens, habe ich mal gelesen, das psychologische Phänomen des "anarchistischen Beines oder Arms", wobei das jeweilige Körperteil sich, ohne oder gegen den Willen des Körperbesitzers verhält.
Zweiter Teil folgt morgen.

Freitag, 28. Januar 2011

Paolo Ucello - Der Heilige Georg tötet den Drachen

Paolo Ucello 1397 - 1475 Florenz
http://www.worldlingo.com/ma/enwiki/de/Paolo_Uccello



Der verrückte Paolo, wie ihn seine Zeitgenossen nannten, gilt als Vater der perspektivischen Malerei und war besessen von der Geometrie, die sich in den Formen verbirgt. Seine Frau erzählte, dass er unzählige Nächte in seinem Atelier verbrachte und versuchte "die verschwindenden Punkte der Perspektive" festzuhalten. Wenn sie dann versuchte ihn ins Bett zu locken, rief er : "Oh, was für ein wunderschönes Ding ist die Perspektive!"
Vasari schreibt über Paolo Ucello: Einsam, exzentrisch, melancholisch und arm; malt die Felder blau, die Städte rot, die Gebäude in verschiedenen, seiner Fantasie entsprechenden Schattierungen.

Donnerstag, 27. Januar 2011

Theater ist abergläubig

Immer wieder erschrecke ich junge Schauspieler, indem ich sie unerwarteterweise anranze, wenn sie ihre Stullen, Karotten oder Schokoriegel mal eben so schnell auf der Bühne verspeisen wollen. Sie dürfen nicht pfeifen (außer in 'ner Szene) und Gott verhüte, sie setzen ihren privaten Hut nicht ab, bevor sie die Bretter betreten, ich erweitere das einfach auch auf Mützen. Dass die historischen Gründe für diese Regeln, wie Gaslampen, Theaterratten, etc. schon längst nicht mehr existieren, ist mir egal (Obwohl: Theaterratten? Naja, ein paar habe ich doch getroffen.).
Ich liebe Aberglauben im Theater, all die eigenartigen Rituale, die den eigentlichen Bühnnvorgang umgeben. Um Gottes Willen nicht für ein toi toi toi bedanken, bei dem man natürlich unbedingt über die linke Schulter spucken muss. (Vor meiner ersten kanadische Premiere führte mein inniges Spucken über jugendliche kanadische Schultern zu einiger Verwirrung und dann dazu, dass mir zwei eifrige Schauspielstudenten mitten auf die Brille spuckten.) Generalproben müssen möglichst wackelig ablaufen, sonst wird die Premiere eh nix. Und applaudiert darf zur GP auch nicht werden. Ach ja: wehe mir wünscht jemand viel Glück vor der Vorstellung.
Dazu kommen noch die unzähligen, unerklärbaren Idiosynkrasien (Ein schönes Wort, nicht?), die ein Spieler mehr oder weniger heimlich mit sich herumschleppt. Ich zum Beispiel MUSS vor dem Auftritt circa 5 Kilometer hin- und herlaufen. (Im Garderobengang im Parterre des Deutschen Theaters gibt es so etwas wie eine kleine Laufrinne, die ich persönlich in 15 Jahren Vorauftrittsmärschen dort eingewandert habe.) Bestimmte Vorstellungen brauchen einfach bestimmte Unterwäsche oder den immer gleichen nicht sehr guten Witz des Spielpartners vor dem Auftritt.
Warum das alles? Warum belaste ich die Hirne und das Gewissen unschuldiger junger Spieler mit all diesem Nonsens? Weil es Spass macht! Weil Rituale strukturieren. Weil Zaubertricks, Magie und Unalltäglichkeit einen Raum erschaffen, der besonders ist. Ja, man könnte sagen, ich glaube, all dieses wirre Zeug hilft der Konzentration auf das Eigentliche, das Spiel.
Natürlich sind nicht alle meiner Meinung, siehe folgendes Link.
http://www.flohimohr.de/aberglaube-im-theater/
Ich halte dagegen mit Paulus, dem alten Mistkerl, 1. Korintherbrief 4/10:
"Wir sind alle Narren um Christi willen."
Man muss nur Christ mit Theater auswechseln.
Wir sind Narren um Christi willen (1. Korintherbrief 4, 10)
Das Pauluswort Wir sind Narren um Christi willen (1. Korintherbrief 4, 10)
Das Pauluswort Wir sind Narren um Christi willen (1. Korintherbrief 4, 10)

Für Ö, die ich leiden kann



Sonette aus dem Portugiesischen
 



XIV

If thou must love me, let it be for nought
Except for love's sake only. Do not say
'I love her for her smile---her look---her way
Of speaking gently,---for a trick of thought

That falls in well with mine, and certes brought
A sense of pleasant ease on such a day'---
For these things in themselves, Belovèd, may
Be changed, or change for thee,---and love, so wrought,

May be unwrought so. Neither love me for
Thine own dear pity's wiping my cheeks dry,---
A creature might forget to weep, who bore

Thy comfort long, and lose thy love thereby!
But love me for love's sake, that evermore
Thou mayst love on, through love's eternity. 
  Elizabeth Barret-Browning, 1850



Übersetzung: Rainer Maria Rilke, 1908
 
 


XIV

Wenn du mich lieben mußt, so soll es nur
der Liebe wergen sein. Sag nicht im stillen:
»Ich liebe sie um ihres Lächelns willen,
für ihren Blick, ihr Mildsein, für die Spur,

die ihres Denkens leichter Griff in mir

zurückläßt, solche Tage zu umrändern«. -
Denn diese Dinge wechseln leicht in dir,
Geliebter, wenn sie nicht sich selbst verändern.

Wer also nährt, der weiß auch, wie man trennt.

Leg auch dein Mitleid nicht zu Grund, womit
du meine Wangen trocknest; wer den Schritt

aus deinem Trost heraus nicht tut, verkennt

die Tränen schließlich und verliert mit ihnen
der Liebe Ewigkeit: ihr sollst du dienen.
 



Mittwoch, 26. Januar 2011

Brecht - ein Lied - auch für Bernd Eichinger

LIED DER MÜDEN EMPÖRER

Wer immer seinen Schuh gespart
Dem ward er nie zerfranst.
Und wer nie müd noch traurig ward
Der hat auch nie getanzt.

Und wenn aus Altersschwäche gar
In Staub zerfällt dein Schuh
Der ganz wie du nur für Fußtritte war
War glücklicher doch noch als du.

Wir tanzten nie mit mehr Grazie
Als über d’Gräber noch.
Gott pfeift die schönste Melodie
Stets auf dem letzten Loch.

Dienstag, 25. Januar 2011

Theater-Rätsel

Vier Frauen gehen mit ihren Freunden ins Theater.
Die Frauen heißen: Maria, Anna, Katrin und Claudia.
Die Männer heißen: Mark, Peter, Thomas und Erik.

Im Theater haben sie die folgenden Plätze. Jede Frau sitzt neben ihrem Freund



F27F28
E26E27E28E29


D28D29

Maria sitzt aber auch neben Katrin.
Anna sitzt hinter Maria.
Erik sitzt vor Thomas.
Maria sitzt zwischen Katrin und Peter.
 

Wer ist mit wem befreundet ?

Montag, 24. Januar 2011

Black Swan - Ein Film von Darren Aronofsky


Hm. Wie soll ich das formulieren: ein toll gemachter Film, exzellent gespielt von Natalie Portman, Mila Kunis, Barbara Hershey und Vincent Cassel (nur die Franzosen haben so schöne häßliche Männer, sehr sexy!), die Schockeffekte funktionieren bestens, ich bin mindestens dreimal fast aus dem Sitz gefallen, aber inhaltlich sollte man nicht zu viele Fragen stellen, glaube ich. Hey, this is Holywood!
Aber wenn man die nicht ganz so tiefen tiefenpsychologischen Theorien über die Quellen und Qualen künstlerischen Gestaltens einfach hinnimmt, hat man einen wunderbaren Kino-Abend.

Könnt ihr euch noch an Natalie Portman in "Leon, der Profi" von Luc Besson erinnern? Wow! Jean Reno, auch so ein häßlich schöner Mann, der durch alle Gewaltexzesse zärtlich diesen Blumentopf mit sich herumschleppt? Habe ich wohl viermal gesehen. Und auch, wenn Natalie Portman gerade mal 12 war, als der Film gedreht wurde, hatte man nie das Gefühl, dass sie nicht genau wusste, was sie tat. Ein erstaunlicher Film.


Matthew Bourne hat eine ganz eigene Variante von "Schwanensee" choreographiert, hier die vier kleinen Schwäne.
http://www.youtube.com/watch?v=l8BqSKj1BTM&feature=related
Und das, weil es lustig ist, obwohl Maja Plissetzkaja tanzt.
http://www.youtube.com/watch?v=AdbL1roej9E
Ich weiss zwar, dass der sterbende Schwan nicht aus "Schwanensee" ist, aber trotzdem anschauen.
Anna Pawlova gestorben 1931. Nach ihr wurde auch eine wunderbare Torte benannt, Baiser und Sahne und Erdbeeren, lecker!
http://www.youtube.com/watch?v=ev2gePFcRyM

Sonntag, 23. Januar 2011

Noch ein malender Dichter - Hermann Hesse




Ich bin 18 Jahre alt, 1976, "Du musst 'Steppenwolf' lesen, unbedingt. Ich habe es gehasst, da erklärt mir einer mitten im Roman, was er meint und fürchtet in einem Traktat, schrecklich. "Glasperlenspiel" kopfiger Wulst. Aber dann viel später: "Unterm Rad" und vor allem "Narziss und Goldmund", das letztere in einem kleinen weissen Buch, ich glaube von Suhrkamp, mit zarten Aquarellen von Hesse selbst. Italienische (Schweizer) Landschaften, viele Bäume, Berge und hingestrichen mit Nonchalance und Unangestrengtheit.
Hesse zum Steppenwolf: „[…] es ist die Geschichte eines Menschen, welcher komischerweise darunter leidet, dass er zur Hälfte ein Mensch, zur Hälfte ein Wolf ist. Die eine Hälfte will fressen, saufen, morden und dergleichen einfache Dinge, die andere will denken, Mozart hören und so weiter, dadurch entstehen Störungen, und es geht dem Mann nicht gut, bis er entdeckt, dass es zwei Auswege aus seiner Lage gibt, entweder sich aufzuhängen oder aber, sich zum Humor zu bekehren“ (aus einem Brief an Georg Reinhardt, 18. August 1925).

American political comedians


Es ist interessant zu sehen, wie viel wilder, leidenschaftlicher und härter politischer Humor, also das was der Deutsche gern Kabarett nennt, in den USA zuschlägt. Sicher auch weil sich amerikanische Politik noch mehr anbietet, die Betonung liegt auf "noch". Aber auch weil beide Seiten, die Komiker und die Politiker, den Freiheitsgedanken, der tief in die amerikanische Seele eingebettet ist, so sehr ernst nehmen, mit allen dazugehörigen Auswüchsen.
In Zeiten zunehmender Apathie und wachsenden Zynismus' kann das als guter Kopfschubser dienen: Was die haben, werden wir bekommen; Was uns dort schockt, findet hier in aller liberaler Höflichkeit  auch statt.

John Stewart
http://www.thedailyshow.com/
Bill Maher
http://www.billmaher.com/
Steven Colbert
http://www.colbertnation.com/home

und in die entgegengesetzte Richtung: Rush Limbaugh
http://www.rushlimbaugh.com/home/today.guest.html

Samstag, 22. Januar 2011

Else Lasker-Schüler


Im Hamburger Bahnhof ist gestern eine Ausstellung mit den Bildern von Else Lasker-Schüler eröffnet worden. Ich hatte keine Ahnung wie viel sie gezeichnet hat. Lohnt sich anzugucken! Und immer wieder: die Gedichte lesen. Manchmal für Augenblicke, erscheinen sie mir wie Kitsch, doch das Gefühl vergeht wieder.

Mein blaues Klavier

Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.

Es steht im Dunkel der Kellertür;
Seitdem die Welt verrohte.

Es spielen Sternenhände vier
- Die Mondfrau sang im Boote -
Nun tanzen die Ratten im Geklirr.

Zerbrochen ist die Klaviatür...
Ich beweine die blaue Tote.

Ach liebe Engel öffnet mir
- Ich aß vom bitteren Brote -
Mir lebend schon die Himmelstür -
Auch wider dem Verbote.

 
Die Orgie

Der Abend küsste geheimnisvoll
Die knospenden Oleander.
Wir spielten und bauten Tempel Apoll
Und taumelten sehnsuchtsvoll
Ineinander.
Und der Nachthimmel goss seinen schwarzen Duft
In die schwellenden Wellen der brütenden Luft,
Und Jahrhunderte sanken
Und reckten sich
Und reihten sich wieder golden empor
Zu sternenverschmiedeten Ranken.
Wir spielten mit dem glücklichsten Glück,
Mit den Früchten des Paradiesmai,
Und im wilden Gold Deines wirren Haars
Sang meine tiefe Sehnsucht
Geschrei,
Wie ein schwarzer Urwaldvogel.
Und junge Himmel fielen herab,
Unersehnbare, wildsüsse Düfte;
Wir rissen uns die Hüllen ab
Und schrieen!
Berauscht vom Most der Lüfte.
Ich knüpfte mich an Dein Leben an,
Bis dass es ganz in ihm zerrann,
Und immer wieder Gestalt nahm
Und immer wieder zerrann.
Und unsere Liebe jauchzte Gesang,
Zwei wilde Symphonieen!