Freitag, 28. Januar 2011

Paolo Ucello - Der Heilige Georg tötet den Drachen

Paolo Ucello 1397 - 1475 Florenz
http://www.worldlingo.com/ma/enwiki/de/Paolo_Uccello



Der verrückte Paolo, wie ihn seine Zeitgenossen nannten, gilt als Vater der perspektivischen Malerei und war besessen von der Geometrie, die sich in den Formen verbirgt. Seine Frau erzählte, dass er unzählige Nächte in seinem Atelier verbrachte und versuchte "die verschwindenden Punkte der Perspektive" festzuhalten. Wenn sie dann versuchte ihn ins Bett zu locken, rief er : "Oh, was für ein wunderschönes Ding ist die Perspektive!"
Vasari schreibt über Paolo Ucello: Einsam, exzentrisch, melancholisch und arm; malt die Felder blau, die Städte rot, die Gebäude in verschiedenen, seiner Fantasie entsprechenden Schattierungen.

Donnerstag, 27. Januar 2011

Theater ist abergläubig

Immer wieder erschrecke ich junge Schauspieler, indem ich sie unerwarteterweise anranze, wenn sie ihre Stullen, Karotten oder Schokoriegel mal eben so schnell auf der Bühne verspeisen wollen. Sie dürfen nicht pfeifen (außer in 'ner Szene) und Gott verhüte, sie setzen ihren privaten Hut nicht ab, bevor sie die Bretter betreten, ich erweitere das einfach auch auf Mützen. Dass die historischen Gründe für diese Regeln, wie Gaslampen, Theaterratten, etc. schon längst nicht mehr existieren, ist mir egal (Obwohl: Theaterratten? Naja, ein paar habe ich doch getroffen.).
Ich liebe Aberglauben im Theater, all die eigenartigen Rituale, die den eigentlichen Bühnnvorgang umgeben. Um Gottes Willen nicht für ein toi toi toi bedanken, bei dem man natürlich unbedingt über die linke Schulter spucken muss. (Vor meiner ersten kanadische Premiere führte mein inniges Spucken über jugendliche kanadische Schultern zu einiger Verwirrung und dann dazu, dass mir zwei eifrige Schauspielstudenten mitten auf die Brille spuckten.) Generalproben müssen möglichst wackelig ablaufen, sonst wird die Premiere eh nix. Und applaudiert darf zur GP auch nicht werden. Ach ja: wehe mir wünscht jemand viel Glück vor der Vorstellung.
Dazu kommen noch die unzähligen, unerklärbaren Idiosynkrasien (Ein schönes Wort, nicht?), die ein Spieler mehr oder weniger heimlich mit sich herumschleppt. Ich zum Beispiel MUSS vor dem Auftritt circa 5 Kilometer hin- und herlaufen. (Im Garderobengang im Parterre des Deutschen Theaters gibt es so etwas wie eine kleine Laufrinne, die ich persönlich in 15 Jahren Vorauftrittsmärschen dort eingewandert habe.) Bestimmte Vorstellungen brauchen einfach bestimmte Unterwäsche oder den immer gleichen nicht sehr guten Witz des Spielpartners vor dem Auftritt.
Warum das alles? Warum belaste ich die Hirne und das Gewissen unschuldiger junger Spieler mit all diesem Nonsens? Weil es Spass macht! Weil Rituale strukturieren. Weil Zaubertricks, Magie und Unalltäglichkeit einen Raum erschaffen, der besonders ist. Ja, man könnte sagen, ich glaube, all dieses wirre Zeug hilft der Konzentration auf das Eigentliche, das Spiel.
Natürlich sind nicht alle meiner Meinung, siehe folgendes Link.
http://www.flohimohr.de/aberglaube-im-theater/
Ich halte dagegen mit Paulus, dem alten Mistkerl, 1. Korintherbrief 4/10:
"Wir sind alle Narren um Christi willen."
Man muss nur Christ mit Theater auswechseln.
Wir sind Narren um Christi willen (1. Korintherbrief 4, 10)
Das Pauluswort Wir sind Narren um Christi willen (1. Korintherbrief 4, 10)
Das Pauluswort Wir sind Narren um Christi willen (1. Korintherbrief 4, 10)

Für Ö, die ich leiden kann



Sonette aus dem Portugiesischen
 



XIV

If thou must love me, let it be for nought
Except for love's sake only. Do not say
'I love her for her smile---her look---her way
Of speaking gently,---for a trick of thought

That falls in well with mine, and certes brought
A sense of pleasant ease on such a day'---
For these things in themselves, Belovèd, may
Be changed, or change for thee,---and love, so wrought,

May be unwrought so. Neither love me for
Thine own dear pity's wiping my cheeks dry,---
A creature might forget to weep, who bore

Thy comfort long, and lose thy love thereby!
But love me for love's sake, that evermore
Thou mayst love on, through love's eternity. 
  Elizabeth Barret-Browning, 1850



Übersetzung: Rainer Maria Rilke, 1908
 
 


XIV

Wenn du mich lieben mußt, so soll es nur
der Liebe wergen sein. Sag nicht im stillen:
»Ich liebe sie um ihres Lächelns willen,
für ihren Blick, ihr Mildsein, für die Spur,

die ihres Denkens leichter Griff in mir

zurückläßt, solche Tage zu umrändern«. -
Denn diese Dinge wechseln leicht in dir,
Geliebter, wenn sie nicht sich selbst verändern.

Wer also nährt, der weiß auch, wie man trennt.

Leg auch dein Mitleid nicht zu Grund, womit
du meine Wangen trocknest; wer den Schritt

aus deinem Trost heraus nicht tut, verkennt

die Tränen schließlich und verliert mit ihnen
der Liebe Ewigkeit: ihr sollst du dienen.
 



Mittwoch, 26. Januar 2011

Brecht - ein Lied - auch für Bernd Eichinger

LIED DER MÜDEN EMPÖRER

Wer immer seinen Schuh gespart
Dem ward er nie zerfranst.
Und wer nie müd noch traurig ward
Der hat auch nie getanzt.

Und wenn aus Altersschwäche gar
In Staub zerfällt dein Schuh
Der ganz wie du nur für Fußtritte war
War glücklicher doch noch als du.

Wir tanzten nie mit mehr Grazie
Als über d’Gräber noch.
Gott pfeift die schönste Melodie
Stets auf dem letzten Loch.

Dienstag, 25. Januar 2011

Theater-Rätsel

Vier Frauen gehen mit ihren Freunden ins Theater.
Die Frauen heißen: Maria, Anna, Katrin und Claudia.
Die Männer heißen: Mark, Peter, Thomas und Erik.

Im Theater haben sie die folgenden Plätze. Jede Frau sitzt neben ihrem Freund



F27F28
E26E27E28E29


D28D29

Maria sitzt aber auch neben Katrin.
Anna sitzt hinter Maria.
Erik sitzt vor Thomas.
Maria sitzt zwischen Katrin und Peter.
 

Wer ist mit wem befreundet ?

Montag, 24. Januar 2011

Black Swan - Ein Film von Darren Aronofsky


Hm. Wie soll ich das formulieren: ein toll gemachter Film, exzellent gespielt von Natalie Portman, Mila Kunis, Barbara Hershey und Vincent Cassel (nur die Franzosen haben so schöne häßliche Männer, sehr sexy!), die Schockeffekte funktionieren bestens, ich bin mindestens dreimal fast aus dem Sitz gefallen, aber inhaltlich sollte man nicht zu viele Fragen stellen, glaube ich. Hey, this is Holywood!
Aber wenn man die nicht ganz so tiefen tiefenpsychologischen Theorien über die Quellen und Qualen künstlerischen Gestaltens einfach hinnimmt, hat man einen wunderbaren Kino-Abend.

Könnt ihr euch noch an Natalie Portman in "Leon, der Profi" von Luc Besson erinnern? Wow! Jean Reno, auch so ein häßlich schöner Mann, der durch alle Gewaltexzesse zärtlich diesen Blumentopf mit sich herumschleppt? Habe ich wohl viermal gesehen. Und auch, wenn Natalie Portman gerade mal 12 war, als der Film gedreht wurde, hatte man nie das Gefühl, dass sie nicht genau wusste, was sie tat. Ein erstaunlicher Film.


Matthew Bourne hat eine ganz eigene Variante von "Schwanensee" choreographiert, hier die vier kleinen Schwäne.
http://www.youtube.com/watch?v=l8BqSKj1BTM&feature=related
Und das, weil es lustig ist, obwohl Maja Plissetzkaja tanzt.
http://www.youtube.com/watch?v=AdbL1roej9E
Ich weiss zwar, dass der sterbende Schwan nicht aus "Schwanensee" ist, aber trotzdem anschauen.
Anna Pawlova gestorben 1931. Nach ihr wurde auch eine wunderbare Torte benannt, Baiser und Sahne und Erdbeeren, lecker!
http://www.youtube.com/watch?v=ev2gePFcRyM

Sonntag, 23. Januar 2011

Noch ein malender Dichter - Hermann Hesse




Ich bin 18 Jahre alt, 1976, "Du musst 'Steppenwolf' lesen, unbedingt. Ich habe es gehasst, da erklärt mir einer mitten im Roman, was er meint und fürchtet in einem Traktat, schrecklich. "Glasperlenspiel" kopfiger Wulst. Aber dann viel später: "Unterm Rad" und vor allem "Narziss und Goldmund", das letztere in einem kleinen weissen Buch, ich glaube von Suhrkamp, mit zarten Aquarellen von Hesse selbst. Italienische (Schweizer) Landschaften, viele Bäume, Berge und hingestrichen mit Nonchalance und Unangestrengtheit.
Hesse zum Steppenwolf: „[…] es ist die Geschichte eines Menschen, welcher komischerweise darunter leidet, dass er zur Hälfte ein Mensch, zur Hälfte ein Wolf ist. Die eine Hälfte will fressen, saufen, morden und dergleichen einfache Dinge, die andere will denken, Mozart hören und so weiter, dadurch entstehen Störungen, und es geht dem Mann nicht gut, bis er entdeckt, dass es zwei Auswege aus seiner Lage gibt, entweder sich aufzuhängen oder aber, sich zum Humor zu bekehren“ (aus einem Brief an Georg Reinhardt, 18. August 1925).

American political comedians


Es ist interessant zu sehen, wie viel wilder, leidenschaftlicher und härter politischer Humor, also das was der Deutsche gern Kabarett nennt, in den USA zuschlägt. Sicher auch weil sich amerikanische Politik noch mehr anbietet, die Betonung liegt auf "noch". Aber auch weil beide Seiten, die Komiker und die Politiker, den Freiheitsgedanken, der tief in die amerikanische Seele eingebettet ist, so sehr ernst nehmen, mit allen dazugehörigen Auswüchsen.
In Zeiten zunehmender Apathie und wachsenden Zynismus' kann das als guter Kopfschubser dienen: Was die haben, werden wir bekommen; Was uns dort schockt, findet hier in aller liberaler Höflichkeit  auch statt.

John Stewart
http://www.thedailyshow.com/
Bill Maher
http://www.billmaher.com/
Steven Colbert
http://www.colbertnation.com/home

und in die entgegengesetzte Richtung: Rush Limbaugh
http://www.rushlimbaugh.com/home/today.guest.html

Samstag, 22. Januar 2011

Else Lasker-Schüler


Im Hamburger Bahnhof ist gestern eine Ausstellung mit den Bildern von Else Lasker-Schüler eröffnet worden. Ich hatte keine Ahnung wie viel sie gezeichnet hat. Lohnt sich anzugucken! Und immer wieder: die Gedichte lesen. Manchmal für Augenblicke, erscheinen sie mir wie Kitsch, doch das Gefühl vergeht wieder.

Mein blaues Klavier

Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.

Es steht im Dunkel der Kellertür;
Seitdem die Welt verrohte.

Es spielen Sternenhände vier
- Die Mondfrau sang im Boote -
Nun tanzen die Ratten im Geklirr.

Zerbrochen ist die Klaviatür...
Ich beweine die blaue Tote.

Ach liebe Engel öffnet mir
- Ich aß vom bitteren Brote -
Mir lebend schon die Himmelstür -
Auch wider dem Verbote.

 
Die Orgie

Der Abend küsste geheimnisvoll
Die knospenden Oleander.
Wir spielten und bauten Tempel Apoll
Und taumelten sehnsuchtsvoll
Ineinander.
Und der Nachthimmel goss seinen schwarzen Duft
In die schwellenden Wellen der brütenden Luft,
Und Jahrhunderte sanken
Und reckten sich
Und reihten sich wieder golden empor
Zu sternenverschmiedeten Ranken.
Wir spielten mit dem glücklichsten Glück,
Mit den Früchten des Paradiesmai,
Und im wilden Gold Deines wirren Haars
Sang meine tiefe Sehnsucht
Geschrei,
Wie ein schwarzer Urwaldvogel.
Und junge Himmel fielen herab,
Unersehnbare, wildsüsse Düfte;
Wir rissen uns die Hüllen ab
Und schrieen!
Berauscht vom Most der Lüfte.
Ich knüpfte mich an Dein Leben an,
Bis dass es ganz in ihm zerrann,
Und immer wieder Gestalt nahm
Und immer wieder zerrann.
Und unsere Liebe jauchzte Gesang,
Zwei wilde Symphonieen!

Freitag, 21. Januar 2011

Heiner Müller und ich und der Vers


Vor Kurzem hatte ich ein Gespräch über das Versesprechen. Eins dieser Gespräche wo man sich wie ein Dinosaurier fühlt, der verpasst hat, auszusterben und trotzdem weitertrötet und es nicht lassen kann, weil es sich ja um Liebe handelt. Ich liebe Verse, Versmaß ist Rhythmus, ohne Rhythmus keine Musik. Und Versmaß, bei großen Dichtern, ist Haltung, Zielrichtung, Meinung, Witz.


MERKUR:
Ob dies Amphitryons Haus ist? Allerdings,
Halunk, ist dies das Haus Amphitryons,
Das Schloß des ersten Feldherrn der Thebaner.
Doch welch ein Schluß erfolgt? -
SOSIAS:
                                                          Was für ein Schluß?
Daß ich hinein gehn werd. Ich bin sein Diener.
MERKUR:
Sein Die-? 
SOSIAS:
                       Sein Diener.
MERKUR:
                                               Du?
SOSIAS:
                                                          Ich, ja.
MERKUR:
                                                                      Amphitryons Diener?
SOSIAS:
Amphitryons Diener, des Thebanerfeldherrn.
MERKUR:
- Dein Name ist?
SOSIAS:
                                   Sosias.
MERKUR:
                                               So-?
SOSIAS:
                                                          S o s i a s.
MERKUR:
Hör, dir zerschlag ich alle Knochen.

Kleist, Amphitryon Akt 1 Szene 2

Ist das schön, oder was?
(Kleist hatte den "Ruf" für Schwerhörige zu schreiben, wegen der vielen Wiederholungen! Hihi!)

Aber zum eigentlichen Thema: 1988 inszeniert Heiner Müller am Deutschen Theater "Den Lohndrücker", ich bin besetzt, toll, es stellt sich heraus, das beide Frauenrollen nahezu textfrei sind, hmm, ich schlage "Den Horatier" als Zusatzprojekt vor, er wird in die Inszenierung integriert, 200 unterschiedliche Probenvarianten, mit 5 Spielern, mit 7, ganz allein und, letztendlich, mit Ulli Mühe, als Albtraumdialog.
Aber, wie Ionesco sagt, "die Wahrheit liegt zwischendrin". Zwischendrin war Verse-Sprechen-Lernen bei Heiner Müller. Eine Woche, zweimal täglich zwei bis drei Stunden in einem ollen roten Samtsessel sitzen und denken und sprechen und NICHT BETONEN! Ich glaube, ich habe selten in meinem Leben so sehr geschwitzt, regelrecht körperlich geschwitzt. Und diese Woche gehört zu meinen besten, intensivsten Proben-Erinnerungen. 
Danach habe ich begonnen, mich mit Metrik zu beschäftigen. Habe Glück gehabt und Karl Mickel noch kennengelernt, Lyriker und Diktionslehrer an der Ernst-Busch Schule (Gibt es Diktion überhaupt noch als Fach?) und viel Spass gehabt mit Lyrik und Versdramen. Und wenn man es kann, kann man es auch wieder zerkloppen. Wie bei Musik.
Ganz manchmal kann man beim Versesprechen in einen regelrechten Rausch verfallen oder sollte man es Trance nennen? Dann sprechen sie sich scheinbar wie von selbst, ist wahrscheinlich, weil man so tief atmet, dass man in ein Sauerstoff - High gerät.
Ich will mich hier also bei Heiner bedanken, zusätzlich zu vielen anderen Dingen, die ich von ihm gelernt habe, und der Freude an seinen Texten, und der Tatsache, dass man sich mit ihm noch richtig gut Witze erzählen konnte, hat er mir einen bis dahin unbekannten Genuss eröffnet. Danke.