Dienstag, 25. April 2017

Hieronymos Bosch getanzt - Verwirrende Träume

DER GARTEN DER IRDISCHEN LÜSTE

Das Dreitafelbild "Der Garten der Lüste" ist ein Triptychon des niederländischen Malers Hieronymus Bosch. Die Forschung geht davon aus, dass das Werk um 1500 gemalt wurde, so schreibt Wiki.

220 × 390 cm, riesengroß, Ölfarben auf Eiche - die Augen gehen mir über

Der Maler, der Mann "mit dem heiligen Namen", was die Übersetzung seines Vornamens wäre, hat nahezu sein gesamtes Leben in einer mittelgroßen Stadt in Brabant, damals ein Teil der Niederlande, zugebracht, in 's-Hertogenbosch, er war fest eingebunden in die städtischen und religiösen Bindungen seiner Zeit und blieb unauffällig in den uns bekannten historischen Annalen. Welche furchterregenden, erotischen Phantasmen bevölkerten seinen Kopf? Waren es ausschließlich die biblisch gespeisten Bilder der ihm zugeordneten Zeit oder besaß er wahrhaft das dritte Auge, das unsere Urängste sehen kann, das was nach Mitternacht in unseren Träumen tanzt? Haben ihm "die Parzen bei der Geburt die Augenlider weggeschnitten", wie es Heiner Müller über Georg Büchner formulierte?
Die Redewendung "die Augen gehen einem über" hat zwei Bedeutungen; zum einen in der Umgangssprache: »Jemand ist durch einen Anblick überwältigt«, und zum andern in gehobener Sprache: »Jemand beginnt zu weinen«. Die zweite Verwendung findet sich bereits im Johannesevangelium (11, 35), wo es von Jesus beim Anblick des toten Lazarus heißt: »Und Jesu gingen die Augen über.« Goethe benutzt den Ausdruck in der in Faust I eingegangenen Ballade »Der König von Thule« (1774): »Die Augen gingen ihm über,/Sooft er trank daraus«

http://universal_lexikon.deacademic.com 
Im Englischen wird das Bild "The garden of earthly delights" genannt, "Der Garten der irdischen Vergnügungen". Höllisches Grausen rechts,  neutestamentarische Verharmlosung links, aber was ist das bitte in der Mitte? "A place filled with the intoxicating air of perfect liberty", "ein Ort erfüllt von der berauschenden Luft der perfekten Freiheit", wie es der amerikanische Autor P. S. Beagle nannte?
Was ist mit uns passiert in dem Raum zwischen Unschuld und dem Wissen um Gut und Böse? Ein gutsituierter Provinzler malt unsere Albträume? Es gibt in der Malerei ein Davor und ein Danach, aber nichts dergleichen. Was wußte er, das wir nicht wissen wollen?


Bei Marie Chouinard entsteht daraus ein Kampf zwschen den hypnotischen Bildern Boschs und den darauf reagierenden Tänzern ihrer Compagnie. Zwei seitlich positionerte Videoschirme zeigen Details der Bilder und ich erwische mich mehrmals dabei, dass ich auf diese starre und den im selben Moment stattfindenden Tanz verpasse. 
Zehn Tänzerinnen und Tänzer tollen zunächst in fast naiver Unschuld mit- und umeinander, werfen sich dann in den wüsten Tumult des Fegefeuers, um schließlich in Stille und Frieden des Paradiesgartens die biblischen Bildwelten zu hinterfragen. 
tanzschrift.at Wien August 2016 








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