Sonntag, 15. März 2015

Ach neiche, Du Schmerzensreiche...



Peter Cornelius: Illustrationen zu Goethes Faust
Faust und Gretchen im Kerker.

Ach neige,
Du Schmerzenreiche,

Dein Antlitz gnädig meiner Not!

Das Schwert im Herzen,
Mit tausend Schmerzen
Blickst auf zu deines Sohnes Tod.

Zum Vater blickst du,
Und Seufzer schickst du
Hinauf um sein' und deine Not.

Wer fühlet,
Wie wühlet
Der Schmerz mir im Gebein?
Was mein armes Herz hier banget,
Was es zittert, was verlanget,
Weißt nur du, nur du allein!

Wohin ich immer gehe
Wie weh, wie weh, wie wehe
Wird mir im Busen hier!
Ich bin, ach! kaum alleine,
Ich wein, ich wein, ich weine,
Das Herz zerbricht in mir.

Die Scherben vor meinem Fenster
Betaut ich mit Tränen, ach!
Als ich am frühen Morgen
Dir diese Blumen brach.

Schien hell in meine Kammer
Die Sonne früh herauf,
Saß ich in allem Jammer
In meinem Bett schon auf.

Hilf! rette mich von Schmach und Tod!
Ach neige,
Du Schmerzenreiche,
Dein Antlitz gnädig meiner Not!

 J.W. v. Goethe

        Nun muß ich mich ja mit Johann Wolfgang von Goethe beschäftigen, den ich bisher zu Gunsten 
        von Schiller, Lenz, selbst Lessing umschifft habe, wenn ich in die Klassik geriet. Mal sehen, ob 
        er mir doch noch ans Herz wächst.
        Den "Urfaust" allerdings liebe ich sehr. Ich habe mich aber immer gewundert, wenn sich neige 
        auf Schmerzensreiche reimen sollte. Heut ist's mir klar geworden. Der Mann kam aus 
        Frankfurt/Main. Da reimt sich neiche auf -reiche! Großartig, wenn man sich Fausts Monologe in 
        der Sprachfärbung vorstellt.



Der März im Chronograph von 354 des Kalligraphen Filocalus

MÄRZ

Im März fängt bunt de Frühling aa.
Die Blümmcher blühe hie un da,
umschwärmt von Biencher mit Gesumm.
Aa Glück: De Winter is erum!
De aale Urlaub werd genomme.
Der is aan jetzt so recht willkomme.

Zum Winterschlaf in dere Zeit
kimmt oft noch Frühjahrsmüdigkeit.
Doch wenn in alle Äst un Zweische
so nach un nach die Säfte steische,
erwache Triebe, lacht des Herz.
En scheene Monat is der März!

Quelle: Frankfurter Mundartgedicht


2 Kommentare:

  1. Das Schönste ist allemal eine Übersetzung des "Faust" ins Bern- Deutsche.Sehr zu empfehlen.

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  2. Meine Ohren können sich das, sehr zu meinem Bedauern, nicht vorstellen. Viel "ch" und und Endungen auf "li!?

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