Montag, 3. November 2014

Chicago - das Musical



CHICAGO


    
    Chicago ist ein Musical des Komponisten John Kander, mit Liedtexten von Fred Ebb und 
    einem Buch von Ebb and Bob Fosse, nach einem 1926 geschriebenen Theaterstück von 
    Maurine Dallas Watkins, in dem sie ihre Zeit als Gerichtsreporterin im Chicago der 
    Zwanziger Jahre verarbeitete.
    Am Broadway lief Chicago ziemlich lang nach seiner Uraufführung und noch viel länger 
    und erfolgreicher läuft die Revivalproduktion seit jetzt über 18 Jahren.

    Die Geschichte spielt in Chicago in den 20ern: Die Nachtclubsängerin Roxie Hart 

    ermordet ihren Liebhaber. Im Gefängnis lernt sie die Aufseherin Mama Morton und 
    Velma Kelly kennen. Velma, ebenfalls Tänzerin und dank der Hilfe von Morton ein 
    Medienstar, plant die Fortsetzung ihrer Karriere nach ihrer Freilassung. Hierfür soll 
    sie der Staranwalt Billy Flynn aus dem Gefängnis boxen, der allerdings gleiches auch 
    für Roxie plant. Es beginnt ein undurchsichtiges Dreiecksspiel, bei dem die beiden 
    Tänzerinnen um die Gunst Flynns buhlen. Als dann die Boulevardjournalistin Mary 
    Sunshine dafür sorgt, dass Roxie als „Jazz-Mörderin“ zum Medienstar wird, beginnt 
    ein Verwirrspiel aus Tricks, Lügen und Eifersucht. Werden die Tänzerinnen ihre 
    Freiheit zurückgewinnen und Ruhm und Reichtum erlangen?
    
    Wer mehr Schlagzeilen hat, überlebt, mit steigender Berühmtheit, wachsen deine
    Chancen zum Sieg, nur leider währt ein Skandal nicht lang, also müssen ständig neue
    produziert werden.
    Es gibt in ganz Chicago keine Moral, oder wenn, dann als offen und erfrischend 
    schamlos eingesetztes Mittel zum gänzlich eigensüchtigen Zweck. Liebe, Leid, Lust,
    die harte Kindheit, das Glück der Mutterschaft, Tränen und Glück, all die sicheren 
    emotionalen Stützpfeiler der geliebten alten Musicals, hier werden sie benutzt, 
    ausgenutzt, abgenutzt und wir, die Zuschauer geraten in die Rolle der Komplizen, weil 
    die Musik so herrlich ist und die Choreographien noch viel herrlicher.

    Ann Reinking hat die Choreographien im Stil von Bob Fosse entwickelt und sie sind für 
    mich, die besten Tänze, die ich je in einem Musical gesehen habe. Immer die Szenen 
    bedienend oder sie unter der Hand (oder besser den Füssen) brechend, sehr sexy und 
    von unglaublicher Kunstfertigkeit. So schnell, cool und leicht und überraschend. 

    Die Songs sind unterschiedlichsten Vaudevillenummern nachempfunden, offensiv, wild, 

    rotzfrech. Und wenn die Musik mal ins Sentimentale kippt, kontern die Texte mit 
    harschem, realen Geschäftsdenken. All that Jazz, The Cell block Tango und When 
    you're good to Mama  haken sich in Ohr und Gehirn und verbleiben dort, auf immer. 
    Tolle Nummern!
    Aber noch viel interessanter ist der Inszenierungsstil. Es mag abgedroschen klingen, 
    aber stimmt trotzdem, das ist klassisches episches Theater. Titel für die Szenen, die 
    Figuren steigen ein und aus wie gerade nötig, manche Szenen werden "erzählt", andere 
    ganz normal gespielt. Wer nicht dran ist, sitzt am Bühnenrand, das Orchester nimmt 
    die ganze Bühnenmitte ein und auch der Dirigent wird manchmal als Mitspieler 
    verwickelt. Und so hat man drei Spielebenen auf der fast leeren und ziemlich kleinen 
    Bühne. Die behauptete kitschige mediengerecht zubereitete Geschichte, die sich 
    überschneidenden und bekämpfenden aggressiven Interessenkämpfe der Figuren und 
    die Spieler/Sänger/Tänzer mit ihrem Ehrgeiz und ihrer Spiellust. Wunderbar. Ein 
    großartiges Musical.

    Ich habe Chicago in Stuttgart gesehen, im Palladium, einem der zwei Stage 
    Entertainment Theater im Stuttgart International, das ist übrigens so etwas wie ein 
    nicht gelungener Las Vegas Supereinkaufszentrumabklatsch mit Spielbank, 
    Wellnessbereich, häßlichen Hotels, Riesenkino und eben zwei Musicaltheatern. Im 
    anderen Haus läuft Tarzan.
    Die Tänzer und die meisten der Sänger sind klasse, die Inszenierung auch, aber dass 
    eine der Hauptdarstellerinnen Deutsch mehr phonetisch als inhaltlich spricht, ist ein 
    Problem und die andere ist leider auch kein echter Clown.

2 Kommentare:

  1. Violetter Text auf rotem Fond liest sich leider sehr schwer.

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  2. Irgendein Googlegeheimnis erlaubt mir nicht die Schrift in Schwarz zu setzen. Wellche andere Farbe wäre denn genehmer? Tut mir wirklich leid!

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