HERR FRIEDRICH SCHILLER HATTE HUMOR!
1905 notierte Christian Morgenstern: "Seit Friedrich Schillers hundertstem Todestag habe ich diesen Dichter für mich Max Zottuk getauft; so sehr haben mir Presse und Publikum jeden Buchstaben des einst teuren Namens verleidet.
Selbstbildnis, Schiller auf dem Kopf stehend |
Bittschrift
Dumm ist mein Kopf und schwer wie Blei.
Die Tobacksdose ledig,
Mein Magen leer – der Himmel sei
Dem Trauerspiele gnädig.
Die Tobacksdose ledig,
Mein Magen leer – der Himmel sei
Dem Trauerspiele gnädig.
Ich kratze mit dem Federkiel
Auf den gewalkten Lumpen;
Wer kann Empfindung und Gefühl
Aus hohlem Herzen pumpen?
Auf den gewalkten Lumpen;
Wer kann Empfindung und Gefühl
Aus hohlem Herzen pumpen?
Feur soll ich gießen aufs Papier
Mit angefrornem Finger? - - -
O Phöbus, hassest du Geschmier,
So wärm auch deine Sänger.
Mit angefrornem Finger? - - -
O Phöbus, hassest du Geschmier,
So wärm auch deine Sänger.
Die Wäsche klatscht vor meiner Tür,
Es scharrt die Küchenzofe -
Und mich – mich ruft das Flügeltier
Nach König Philipps Hofe.
Es scharrt die Küchenzofe -
Und mich – mich ruft das Flügeltier
Nach König Philipps Hofe.
Ich steige mutig auf das Roß;
In wenigen Sekunden
Seh ich Madrid – am Königsschloß
Hab ich es angebunden.
In wenigen Sekunden
Seh ich Madrid – am Königsschloß
Hab ich es angebunden.
Ich eile durch die Galerie
Und – siehe da! - belausche
Die junge Fürstin Eboli
In süßem Liebesrausche.
Und – siehe da! - belausche
Die junge Fürstin Eboli
In süßem Liebesrausche.
Jetzt sinkt sie an des Prinzen Brust
Mit wonnevollem Schauer,
In ihren Augen Götterlust
Doch in den seinen Trauer.
Mit wonnevollem Schauer,
In ihren Augen Götterlust
Doch in den seinen Trauer.
Schon ruft das schöne Weib Triumph,
Schon hör ich – Tod und Hölle!
Was hör ich? - einen nassen Strumpf
Geworfen in die Welle.
Schon hör ich – Tod und Hölle!
Was hör ich? - einen nassen Strumpf
Geworfen in die Welle.
Und weg ist Traum und Feerei -
Prinzessin, Gott befohlen!
Der Teufel soll die Dichterei
Beim Hemderwaschen holen.
Prinzessin, Gott befohlen!
Der Teufel soll die Dichterei
Beim Hemderwaschen holen.
Avanturen des neuen Telemachs
Das handgeschriebene und illustrierte Buch entstand zum 30jährigen Geburtstag von Gottfried Körner am 2. Juli 1786, in dessen Hause Schiller zu dieser Zeit lebte. Von Schiller stammen die ausgemalten und beschrifteten Federzeichnungen, von Ludwig Ferdinand Huber die Erläuterungen. Auf dem mystifizierenden Titelblatt firmiert Schiller als Hogarth und Huber als Winkelmann; der Erscheinungsort Rom ist fingiert. Die zu Lebzeiten Schillers und Hubers nicht veröffentlichten Blätter wurden von Minna Körner, der Gattin, aufbewahrt. Sie gingen 1837 in den Besitz des Autographensammlers Carl Künzel über, der sie 1862 in der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne publizierte.Die verkehrte Welt |
Thalias vergebliches Flehen |
Das fatale Krebsgericht |
Shakespeares Schatten
Endlich erblickt´ ich auch die hohe Kraft des Herakles,
Seinen Schatten. Er selbst, leider, war nicht mehr zu sehn.
Ringsum schrie, wie Vögelgeschrei, das Geschrei der Tragöden
Und das Hundegebell der Dramaturgen um ihn.
Schauerlich stand das Ungetüm da. Gespannt war der Bogen,
Und der Pfeil auf der Sehn´ traf noch beständig das Herz.
"Welche noch kühnere Tat, Unglücklicher, wagest du jetzo,
Zu den Verstorbenen selbst niederzusteigen, ins Grab!"
Wegen Tiresias mußt´ ich herab, den Seher zu fragen,
Wo ich den alten Kothurn fände, der nicht mehr zu sehn.
"Glauben sie nicht der Natur und den alten Griechen, so holst du
Eine Dramaturgie ihnen vergeblich herauf." -
O die Natur, die zeigt auf unsern Bühnen sich wieder,
Splitternackend, daß man jegliche Rippe ihr zählt.
"Wie? So ist wirklich bei euch der alte Kothurnus zu sehen,
Den zu holen ich selbst stieg in des Tartarus Nacht?" -
Nichts mehr von diesem tragischen Spuk. Kaum einmal im Jahre
Geht dein geharnischter Geist über die Bretter hinweg.
"Auch gut! Philosophie hat eure Gefühle geläutert,
Und vor dem heitern Humor fliehet der schwarze Affekt." -
Ja, ein derber und trockener Spaß, nichts geht uns darüber,
Aber der Jammer auch, wenn er nur naß ist, gefällt.
"Also sieht man bei euch den leichten Tanz der Thalia
Neben dem ernsten Gang, welchen Melpomene geht?" -
Keines von beiden! Uns kann nur das Christlich-Moralische rühren
Und was recht populär, häuslich und bürgerlich ist.
"Was? es dürfte kein Cäsar auf euren Bühnen sich zeigen,
Kein Anton, kein Orest, keine Andromacha mehr?" -
Nichts! man siehet bei uns nur Pfarrer, Kommerzienräte,
Fähndriche, Sekretärs oder Husarenmajors.
"Aber ich bitte dich, Freund, was kann denn dieser Misere
Großes begegnen, was kann Großes denn durch sie geschehn?" -
Was? Sie machen Kabale, sie leihen auf Pfänder, sie stecken
Silberne Löffel ein, wagen den Pranger und mehr.
"Woher nehmt ihr denn aber das große gigantische Schicksal,
Welches den Menschen erhebt, wenn es den Menschen zermalmt?" -
Das sind Grillen! Uns selbst und unsre guten Bekannten,
Unsern Jammer und Not suchen und finden wir hier.
"Aber das habt ihr ja alles bequemer und besser zu Hause,
Warum entfliehet ihr euch, wenn ihr euch selbst nur sucht?" -
Nimm's nicht übel, mein Heros. Das ist ein verschiedener Kasus:
Das Geschick, das ist blind, und der Poet ist gerecht.
"Also eure Natur, die erbärmliche, trifft man auf euren
Bühnen, die große nur nicht, nicht die unendliche an?" -
Der Poet ist der Wirt und der letzte Aktus die Zeche:
Wenn sich das Laster erbricht, setzt sich die Tugend zu Tisch.
Seinen Schatten. Er selbst, leider, war nicht mehr zu sehn.
Ringsum schrie, wie Vögelgeschrei, das Geschrei der Tragöden
Und das Hundegebell der Dramaturgen um ihn.
Schauerlich stand das Ungetüm da. Gespannt war der Bogen,
Und der Pfeil auf der Sehn´ traf noch beständig das Herz.
"Welche noch kühnere Tat, Unglücklicher, wagest du jetzo,
Zu den Verstorbenen selbst niederzusteigen, ins Grab!"
Wegen Tiresias mußt´ ich herab, den Seher zu fragen,
Wo ich den alten Kothurn fände, der nicht mehr zu sehn.
"Glauben sie nicht der Natur und den alten Griechen, so holst du
Eine Dramaturgie ihnen vergeblich herauf." -
O die Natur, die zeigt auf unsern Bühnen sich wieder,
Splitternackend, daß man jegliche Rippe ihr zählt.
"Wie? So ist wirklich bei euch der alte Kothurnus zu sehen,
Den zu holen ich selbst stieg in des Tartarus Nacht?" -
Nichts mehr von diesem tragischen Spuk. Kaum einmal im Jahre
Geht dein geharnischter Geist über die Bretter hinweg.
"Auch gut! Philosophie hat eure Gefühle geläutert,
Und vor dem heitern Humor fliehet der schwarze Affekt." -
Ja, ein derber und trockener Spaß, nichts geht uns darüber,
Aber der Jammer auch, wenn er nur naß ist, gefällt.
"Also sieht man bei euch den leichten Tanz der Thalia
Neben dem ernsten Gang, welchen Melpomene geht?" -
Keines von beiden! Uns kann nur das Christlich-Moralische rühren
Und was recht populär, häuslich und bürgerlich ist.
"Was? es dürfte kein Cäsar auf euren Bühnen sich zeigen,
Kein Anton, kein Orest, keine Andromacha mehr?" -
Nichts! man siehet bei uns nur Pfarrer, Kommerzienräte,
Fähndriche, Sekretärs oder Husarenmajors.
"Aber ich bitte dich, Freund, was kann denn dieser Misere
Großes begegnen, was kann Großes denn durch sie geschehn?" -
Was? Sie machen Kabale, sie leihen auf Pfänder, sie stecken
Silberne Löffel ein, wagen den Pranger und mehr.
"Woher nehmt ihr denn aber das große gigantische Schicksal,
Welches den Menschen erhebt, wenn es den Menschen zermalmt?" -
Das sind Grillen! Uns selbst und unsre guten Bekannten,
Unsern Jammer und Not suchen und finden wir hier.
"Aber das habt ihr ja alles bequemer und besser zu Hause,
Warum entfliehet ihr euch, wenn ihr euch selbst nur sucht?" -
Nimm's nicht übel, mein Heros. Das ist ein verschiedener Kasus:
Das Geschick, das ist blind, und der Poet ist gerecht.
"Also eure Natur, die erbärmliche, trifft man auf euren
Bühnen, die große nur nicht, nicht die unendliche an?" -
Der Poet ist der Wirt und der letzte Aktus die Zeche:
Wenn sich das Laster erbricht, setzt sich die Tugend zu Tisch.
http://www.goethezeitportal.de/wissen/illustrationen/friedrich-schiller/avanturen-des-neuen-telemachs.html
Die Erläuterungen zu einzelnen Blättern sind dem Nachwort von Hermann Seyboth entnommen.
Was Du so ausbuddelst!
AntwortenLöschenDa studiert so ein armes Germanistlein nun jahrelang ehrfürchtig analysierend zwischen schwarzen Buchstaben herum, und dabei gibt es auch so feine bunte Bildchen, die signalisieren, dass da richtige alberne Leute am Werk waren.
Habe ich in einem Buch gesehen: Schillers Spieler und Schurken von Jürgen Wertheim. Tolle Essays über den "Nicht-Idealisten" Schiller. Leidenschaftlich, witzig und provokant.
AntwortenLöschenhttp://www.amazon.de/Schillers-Spieler-Schurken-J%C3%BCrgen-Wertheimer/dp/388769337X