Dienstag, 19. Juli 2022

Patientenimpressionen 1

Ich humple schon seit langem und als jetzt das andere, das gesunde linke Bein, angefangen hat, sich wegen Überlastung zu beschweren, mußte ich, wohl oder übel, ins Krankenhaus. Meine erste Operation!

"Ein Streifen verrutscht. Halb so schlimm", sagt Dr. Walterfrosch. "kleine Operation, Tiger geheilt." Eine Operation ist, wenn der kleine Tiger eine wohltuende Spritze bekommt, dann schläft und einen schönen blauen Traum hat. Wacht auf, Operation vorbei, Tiger geheilt. Wohltuende kleine Spritze, blauer Traum, Operation vorbei, nix gemerkt, total komplett gesund geheilt. (Janosch)

Die Präparation: Verrückt, Menschen schneiden in Dein Fleisch, sägen ein Stück Knochen ab, stecken eine Konstruktion aus Titan und Kunststoff in dich und nähen dann das Ganze wieder zu. Vorher wurdest du geröntgt, kernspintomographiert, elektrokardiogrammt und sonst noch so Einiges. Du humpelst von Labor zu Labor, sitzt, wartest, siehst andere Kranke und viel Kränkere (Den Anblick von sehr alten Menschen, die in Krankenhausgängen auf Tragen liegen, finde ich entsetzlich traurig.) und du phantasierst dir mögliche imaginäre Schrecklichkeiten zusammen. Natürlich hast du dich vorher informiert, gegoogelt, (Sollte man nur in Maßen tun!) Freunde und Bekannte befragt, aber ... mein Hirn hat einen perversen Spaß daran, sich auszumalen, was alles schief gehen könnte.

Damit sie nicht das falsche Bein aufschneiden!  
 

Die Operation: Nüchtern bleiben (in neuer Bedeutung), "rückenfreies" Nachthemd anziehen, auf einer Trage herumgeschoben werden durch lange, leicht abgeschrammte Gänge vollgestellt mit hochmoderner Technik, der Anästhesist sagt Hallo, der Lagerungsassistent wechselt Nettigkeiten, der Operateur wischt vorbei, Spritze, schlafen, kein Traum.

Die Nachsorge: Wach werden, Aua, Schmerzmittel, schlafen, dämmern, pullern auf einem Schieber (unbequemer, demütigender Horror), Pappstulle mit Pappkäse und Pappbierschinken. Schlafen. Tag 2 aufstehen, selbstständig pinkeln, die Hüfte hält, das Pappessen wiederholt sich. Tag 3 den Flur runter und rauf an Krücken (Meine sind rot, habe ich mir zur Stimmungsaufhellung gekauft.)  schreiten, die Hüfte hält und die Schwestern sind zum überwiegenden Teil sehr lieb, auch unter Stress, die Pappe bleibt Pappe, sogar Schafskäse kann wie Pappe schmecken. Am Tag 4 ich darf runter in den Hof rauchen. Vor einem übergroßen Rauchverbotsschild versammeln sich Kranke und Pfleger und paffen um die Wette. Einer hat zwei gebrochene Arme, ein anderer trägt drei Fläschchen mit verschieden farbigen Flüssigkeiten, die aus ihm herauslaufen, mit sich herum, Rollstühle, Gehhilfen, Krücken, alles vertreten. Wie vorm Späti, nur ohne Bier. Man kommt schnell ins Gespräch, ich sehe ein Video, auf dem Leute mit Baseballschlägern auf einen Mann einprügeln, es ist der mit den eingegipsten Armen. Keiner hat ihm geholfen, als er blutend auf dem Bürgersteig lag, bis auf eine ältere türkische Frau, die ihr Kopftuch abnahm und damit seine Vene abgebunden hat. Er nennt sie jetzt "Mama". Was mag die Vorgeschichte sein.

Wie unterstützend, schützend und tröstend Freundschaften sind, wird einem wohl nie deutlicher, als zu solcher Zeit, wenn man eingeschränkt und rekonvaleszent auf Zuspruch und Hilfe angewiesen ist, ein Kokon von Wärme, Snacks, Aufmunterung und blöden Witzen.

Bis heute tut immer mal was anderes mehr oder weniger weh, aber nicht die neue Hüfte. Wünscht mir Glück!

 


 

8 Kommentare:

  1. Jetzt ist Geduld, Geduld, Geduld, Vorsicht und etwas Disziplin sooo wichtig. Gute Besserung und, nun ja, das Rauchen ist leider für die körperlichen Aspekte der Heilung nicht so ganz förderlich. Es ist doch eine Supergelegenheit, nur noch frische Luft in den Körper zu lassen!

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    1. Leider weiß ich nicht, bei wem ich mich bedanke, aber Danke. Das mit dem Nichtrauchen wird aber leider nicht klappen.

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  2. Ich wünsche von ganzem Herzen gute Besserung. Die wichtigste Etappe ist genommen und was jetzt kommt , kriege n Sie auch hin. Viel Glück 🍀

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  3. ... und nicht nur Sie freuen sich über Zuspruch und liebe Wünsche, Ihre neuen Hüftgelenke und Ihren roten (!) Krücken warten auch auf Anerkennung. Sie werden ein gutes Team... Herzlich, Magda Greßmann am 19.07. aus Babelsberg

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  4. Bei meinem Blog, ebenfalls Blogspot, arbeitet die Kommentarfunktion nicht fehlerfrei. Freunde, die kommentierten, wurden durch die Kommentarfunktion anonymisiert, obwohl sie das gar nicht wollten, weshalb sie dann ihre Namenskürzel hinzufügten. Was man natürlich nur beim nächsten Kommentar macht und wenn man das überhaupt bemerkt hat. Sogar ich selbst wurde schon beim Antworten anonymisiert.

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    1. Das wußte ich nicht. Dann verstehe ich die häufigen anonymen Kommentare. Kann ich bei meinen Einstellungen da irgendwie etwas verändern?

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    2. Das ist mir erst vor acht Tagen aufgefallen. Vielleicht ist es ja ein ganz junges Phänomen und bis dahin hat es ganz gut funktioniert. Bei mir wird nicht so viel kommentiert. Ich bin froh, wenn sich alle paar Monate mal jemand meldet. Man müßte sich mit dem Problem wohl an Blogger wenden. Aber dafür ist es mir nicht wichtig genug. Vielleicht gibt es bei Ihnen dieses Problem auch gar nicht und die Kommentatorinnen oder Toren wollten wirklich anonym bleiben. Aber tatsächlich fand ich es auch seltsam, daß alle anonym sind, trotz durchweg netten Rückmelden, und nur eine Anonyme ihren Namen hintendranhängt.

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