Freitag, 15. März 2019

Pappplakat & Regisseuse

Vorausgeschickt: ich liebe das Wort Pappplakat und einstmals wurde Flußschiffahrt mit zwei f geschrieben, nur zwei f, weil halt ein Vokal auf den Konsonanten folgte, aber jetzt müssen wir Flussschifffahrt schreiben, weil es diese alte Rechtschreibregel nicht mehr gibt. 
Ich mag die Idiotien unserer Sprache, und ich bin hin- und hergerissen, natürlich muß und wird sich diese Sprache verändern. Aber sollte sie sich nicht natürlich verändern?

Der Sprachpurismus des 17. und 18. Jahrhunderts versuchte, aus damals durchaus ehrenwerter nationaler Gesinnung heraus, die deutsche Sprache vor Überfremdung zu retten. Das brachte uns großartige Worterfindungen aber auch alberne Ersatzlösungen. Der Gesichtserker für die Nase ist darunter wohl nur eine satirische Überhöhung.

Ich teutscher Michel
Versteh schier nichel,
In meinem Vatterland
Es ist ein schand.
Man thuet jetz reden
Als wie die Schweden
In meinem Vatterland
Es ist ein schand.

Ein jeder Schneyder
Will jetzund leyder
Der Sprach erfahren sein
Vnd redt Latein:
Welsch vnd Frantzösisch
Halb Japonesisch
Wann er ist voll und doll
Der grobe Knoll.
...
Ihr fromme Teutschen
Man solt euch beutschen
Daß jhr die Muettersprach
So wenig acht.
Ihr liebe Herren
Das heißt nit mehren
Die Sprach verkehren
Zerstöhren. 


https://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Sprachpurismus 

1901 entschied die Orthographischen Konferenz Thür und Thal künftig ohne dem h nach dem t zu schreiben, aber Theater und Thron behielten ihr h, weil sie Fremdwörter waren, oder weil, wie es eine Anekdote berichtet, der Kaiser auf dem h in seinem Thron bestand. 
Die letzte Rechtschreibreform 1996 brachte uns Stängel von Stange stammend, anstatt dem bis dahin üblichen Stengel, aber Eltern blieben Eltern, obwohl sie von den Älteren hergeleitet eigentlich Ältern sein müßten.
Die Zeit und die Entwicklung der Gesellschaft und der Technologie tuen unaufgeregt auch ihr Ding, einige Wörter sterben aus, neue entstehen, Fremdwörter sind irgendwann nicht mehr als solche erkennbar, Anglizismen stehlen sich ein.

Ich verstehe den Wunsch nach gendergerechter (geschlechtsgerechter) Sprache zutiefst, aber Student*innen läßt sich schwer sprechen und Mensch*innen zerstört ein Wort um das uns englischsprechende Mensch*innen beneiden, weil sie nur das ungelenke human being haben. Der Mensch, das Mensch - Büchners Woyzeck benutzt beides. Andererseits haben es die englischsprechenden Menschen respektive Menschinnen leicht, sie haben mit ihrem "the" einen genderunbelasteten Artikel.

In unserem Sprachbereich wütet jetzt ein wahrhaft böser Streit um das generische Masculinum.

Das generische Maskulinum ist eine Gruppe von Substantiven maskulini generis, die benutzt werden, wenn man keinen Bezug auf das natürliche Geschlecht haben möchte.

Der Bäcker, die Person, der Mensch, die Sonne, der Mord, die Rettung, der Frieden, das Kind, die Liebe, der Tod, die Krankheit, die Heilung, die Gerechtigkeit, der Hass. 

Beim Schreiben geht es ja noch irgendwie, aber wie spreche ich gendergerecht? Student - Synkope - * - innen? Das klingt wie Schluckauf.
Ich selbst bin Regisseur, Regisseurin, Regisseuse? Wer, was, bin ich? 

https://www.zeit.de/2018/23/gendergerechte-sprache-rechtschreibung-duden-binnen-i-sternchen/seite-3 

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