Freitag, 11. September 2020

Tasche geklaut - Stop - Und nun?

Ein Treffen in einem Cafe in der Nähe meiner Wohnung, das Gespräch ist interessant, meine Tasche hängt an der Stuhllehne zum Fenster hin. Später rekonstruieren wir, dass ein junges Paar, mit "südeuropäischem" Akzent hinter uns Platz nahm, bestellte, bezahlte und ging. Und meine Tasche wohl mit ihnen.

Um 12 Uhr mittags im hellen Sonnenschein, stehe ich, ohne Schlüssel, ohne Geld, ohne Papiere, ohne Telefon vor meiner verschlossenen Wohnung und begreife wie waghalsig ein Leben ohne in meinem Hirn abgespeicherte Telefonnummern sein kann. (Soll ich sie mir an unzugänglichen Körperstellen eintätowieren lassen?) Die Nummer meiner Eltern als ich Kind war, weiß ich noch, 424511. 

Vier Menschen haben einen Schlüssel zu meiner Wohnung, aber keine ihrer Nummer kenne ich auswendig. Verrückt, keine Nummer, außer meiner eigenen, die mir nichts nützt, weil mein Telefon im Besitz eines Diebes ist, der wahrscheinlich nicht mit mir reden will. 

Bei verschlossener Tür würde der Schlosser die Tür aufbrechen müssen, nicht gut, also muß jemand mit Schlüssel gefunden werden. Hingehen kann ich nicht, denn im Zusammenspiel von Ausweis und Schlüssel könnten die neuen Besitzer meiner Dinge leicht auch noch meine Wohnung besuchen, um von dort das eine oder andere mitzunehmen. Der netteste Hausmeister der Welt bietet mir sein Telefon zu Nutzung an. Ich kann googeln, aber wonach? Kein Mensch setzt seine Nummer noch ins Telefonbuch oder dessen digitales Equvivalent. 

Lange Rede kurzer Sinn, nach einer Stunde verschwitzter intelektueller Akrobatik, Gesprächen mit Fremden und Verwirrten, ist mein Kind, hilfreich wie immer, mit dem Rad und dem Schlüssel auf dem Weg zu mir. 

Zwischendurch bietet mir ein Nachbar Unterschlupf, eine anderer ein neues Vorhängeschloß für den Keller, ein dritter einen Apfel und ein Engel eine Zigarette an. 

Wohnung öffnen, noch alles da, Erleichterung, Schlosser kommt, reizend, gutaussehend, still UND kompetent, wechselt Türschlösser aus.

2688 Festnetz-Anrufe später, (Ja, ich habe noch Festnetz und eine Mailadresse bei AOL!) sind Karten gesperrt, neue bestellt, Anzeige erstattet, Telefon gekauft, gehortetes Bargeld gefunden, Freunde benachrichtigt. Bei den albernen Punktesammelkarten versuche ich es gar nicht, perdu, ein zauberhaftes, gemaltes "Ausweisbild" meiner damals etwa 8-jährigen Nichte auch. 

Der gestohlene Ausweis hatte das einzige gute Passphoto meines Lebens, photographiert in der deutschen Botschaft in London vor 12 Jahren im September, als mir schon einmal die Tasche entwendet worden war. Das neue biometrische Bild zeigt eine verkrampfte Frau mit einem Hängelied, die panisch versucht, den Kopf gerade zu halten und keinerlei Mimik zu zeigen. Etwas, dass mir, wie alle die mich kennen, wissen, sehr schwer fällt. Im Ergebnis sehe ich aus, wie eine mißmutige Kindermörderin.

Ein Absacker Gin Tonic und dummes Fernsehen beenden den Tag.

Um 3 Uhr früh stehe ich im Bett, der Schreck war angekommen.

Leicht sentimentale Fußnote: Die einzige Abbuchung, die von meinem Konto gemacht wurde, vor der Kartensperrung, waren 9 Euro 80 bei MacDonald.

Montag, 7. September 2020

DIE RÜDEN - ein Film über Hunde und Menschen

Die Versuchsanordnung: vier gewalttätige männliche Gefängnisinsassen in hellblauen Overalls, drei verwüstete zornige bissige Hunde, eine tätowierte androgyne Therapeutin im Punkerlook, eine Gefängnispsychologin und ein -direktor, beide in an Kubrick erinnernden 70er Jahre Kostümierung.
Durch das Aufeinandertreffen von Hund und Mensch soll Selbsterkenntnis erlebt werden.
Der Preis: mögliche vorzeitige Entlassung bei guter Führung.

Der Ort der Handlung: eine steinerne Festung in wilder Landschaft, sie erscheint zu Beginn aus Nebel und verschwindet am Schluß in denselben, drinnen eine Kampfarena mit einer Beobachtungsgalerie im ersten Stock.

Was toll ist, Connie Walther, die Regisseurin, ist wagemutig, ein seltenes Vorkommnis im deutschen Film, denke ich. Sie gerät dabei manchmal ins Schwülstige, Kitschige, aber dazwischen geht sie aufs Ganze, hochkonzentriert und intensiv. Nadin Matthews, Hundetrainerin, ist ein cooles Weib und man glaubt ihr. Die vier Kriminellen sind wirklich entlassene Straftäter und, dass sie keine Schauspieler sind, und zwar gute, hätte ich nicht geglaubt, wenn ich es nicht gegoogelt hätte. 

"Wenn er schaut, sieht er nur Feinde."

https://www.youtube.com/watch?v=fHyz0inwB3s 

Toxische Männlichkeit ist ein momentan ein oft gebrauchtes Schlagwort, aber was bedeutet es? Was ist Natur, was gesellschaftliche Prägung? Der Film hatte kein Drehbuch! Zwischen den Männern und den Hunden ist mit Übersetzungshilfe durch die Trainerin etwas passiert, etwas Glaubwürdiges.


https://dierueden-derfilm.de/

Die Hunde tragen immer metallene Maulkörbe. Ihre Freiheit ist zu gefährlich.

https://www.youtube.com/watch?v=zYwvAv_HFHc

HÜHNCHEN PARMESAN

Ich liebe Huhn und Parmesan, also ist das Rezept für mich perfekt. Nätürlich habe ich es gestohlen, diesmal von der Seite des Cafe Delites.

Circa eine Stunde habe ich gebraucht, davon aber nur 20 Minuten gearbeitet. 

1. Für die Marinade 2 Eier, Knoblauch nach Laune, aber nicht zu wenig, Petersilie, Salz und Pfeffer verquirlen. Die Hühnerbrüste, die man einmal vertikal durchgeschnitten hat, um dünne Filets zu bekommen, rein und in der Masse bewegen. 15 Minuten auf dem Küchentisch oder eine Nacht im Kühlschrank einwirken lassen.

2. Die Panade mischen aus halb Semmelbröseln (bei mir aus Dinkel), halb Panko (japanisches Paniermehl) und reichlich Parmesan.  

3. Die Tomatensauce zubereiten. Dazu eine Zwiebel glasig braten, Knoblauch zufügen, passierte Tomaten, etwas Zucker und  Majoran, Thymian, Oregano, Rosmarin, Basilikum nach Belieben. Sie sollte schön dicklich werden.

4. Die Hühnerstücke bei mittlerer Hitze in der Pfanne goldgelb anbraten,

5. dann in eine leicht geölte Backform legen, Tomatensauce drauflöffeln, je zwei Scheiben Mozarella auf den Saucenklecks und schön mit viel Parmesan und etwas Petersilie bestreuen.

6. In den Ofen, der auf 220 Grad vorgeheizt ist.

7. Circa 20 Minuten rumtrödeln und dann genießen.

 
 

Samstag, 5. September 2020

TENET

MEMENTO war etwas wirklich Neues, ich musste hellwach bleiben beim Zuschauen, DARK KNIGHT habe ich geliebt, weil mit Heath Ledgers Joker, endlich ein Bösewicht ohne Trauma, ohne schlechtes Gewissen, aus lauter Spaß an der Zerstörung auftrat. INCEPTION bot coole Effekte und genug gute Schauspieler für drei Filme, INTERSTELLAR war ok, und beim zweiten Ansehen im Fernsehen, habe ich dann auch die Handlung verstanden.
Jetzt, nach sechsmonatiger Kinoabstinenz zu Ehren von Corona, habe ich mir TENET angesehen.
Wiki schreibt: Die lateinische Wortfolge SATOR AREPO TENET OPERA ROTAS, genannt Sator-Quadrat, ist ein Satzpalindrom, das man als magisches Quadrat horizontal und vertikal, vorwärts und rückwärts lesen kann.
Eine mögliche Übersetzung ist: Der Sämann Arepo hält mit Mühe die Räder. Oder christlich gedeutet: Gott hat die Welt ausgesät und hält die Räder des Weltalls in Händen. Also heißt Tenet, in etwa "er hält", im Englischen hat es die Bedeutung von "Glaubenssatz". Und es ist ein Palindrom, so wie Anna und Otto, vorwärts wie rückwärts zu lesen, was bei einem Film, der mit dem Wechsel von Gegenwart und Zukunft auf der Zeitlinie spielt, Sinn macht.

So weit, so gut. Aber der Film ist auch sehr langweilig.


Und es war nicht die Geschichte, die ich nicht verstanden habe, sondern die Dialoge, weil fast alle nachlässig eitel nuschelten. Aber der Kern meines Desinteresses lag im Desinteresse des Regisseurs an seinen Figuren. Vielleicht war er so sehr mit den komplizierten Verstrickungen seiner Zeitsprung-, Inversionskonstruktion beschäftigt, dass er den Kopf nicht frei genug hatte, seinen Schauspielern genug Material zu liefern, so dass sie ihre Rollen verlebendigen konnten. Der Protagonist, sein Freund, die Frau, der Böse, die Schläger, usw. alle aus Pappe, Behauptungen, ohne Herz, Schweiß, Schmerz, Dreck. Kenneth Brannagh chargiert, das die Schwarte kracht, Robert Pattinson sieht zu gut aus, Elizabeth Debicki ist 1,90m hoch und sehr dünn (Im "Nightmanager" mocht ich sie.), und der Hauptdarsteller John David Washington hätte, glaube ich, wenn er die Chance gehabt hätte, eine gute Arbeit machen können.

Ich bin vor dem Ende gegangen. Vorher lief ein Trailer des nächsten James Bond Filmes "No Time To Die" und Daniel Craig, mit seinem scharfkantigen, müden Proletengesicht, wirkte realer und gebeutelter, als alles, was ich nachher sah.



 


Sonntag, 30. August 2020

DAS C-WORT XXV - DER BUND DER 188

An einem Tag im August des letzten Jahres kamen die Staatschefs der Länder dieser Welt zu mitternächtlicher Stunde mitten im Atlantischen Ozean auf einem Tanker unter liberischer Flagge zusammen, um gemeinsam einen infernalischen Plan auszuhecken. Im Schutz der Dunkelheit trafen sie ein, per Helikopter und Schnellboot, zwei aus ärmeren Staaten mußten den langen Weg rudern. Xi Jinping und Trump, Putin und Macron, Trudeau und Merkel, Orban, Dudas, die Liste ist lang. In dieser Nacht würden sie ihre nicht unerheblichen politischen und wirtschaftlichen Konflikte und Unvereinbarkeiten beiseite lassen und gemeinsam planen und handeln. 
Die Geburt dieser denkwürdigen Nachtwache war ein launiger Frühsommer-Twitter-Austausch zwischen Trump und Putin während des hitzigen US-Wahlkampfes 2016. Ein Kompliment für den gestählten Oberkörper des einen beim Ausflug zu Pferd, ein cleverer Tipp des anderen betreffs der Pflege blondierter Haare. Der eine wünschte sich Hillary los zu werden, der andere bot Gift an, 😂, dass ständig gegen irgendwas protestiert würde, sei doch nervend, man könne ja nicht alle einsperren, in den Rücken schießen oder anderweitig aus dem Weg schaffen, 😡, sowas verdürbe einem noch glatt den Spaß am Macht haben, 🤮. Man scherzte über gemeinsame wilde Nächte, es ging hin und her, ein Wort gab das andere. Eine Frage begann sich zu kristallisieren: Wie könnte man sich die ersehnte Ruhe schaffen, endgültig, ein für alle Mal?
Tausende top-secret Mails später, Q-Anon gestartet, US-Wahl gewonnen, russische Präsidentschaft bis 2099 gesichert - nun sitzen sie alle um einen gigantischen Tisch, die Premierminister, Bundeskanzler, Könige und ihresgleichen, religiöse Dissonanzen, Öl- und Erdgas-Interessen, Grenzreibereien, jahrhundertalte Konflikte beiseite gelegt, zu Gunsten einer gewagten, gewaltigen Idee. 

COVID 19.

Eine Fiktion, eine Chimäre, ein Nichts, das alles ändern würde - Lockdowns all überall auf dem Globus, fingierte Statistiken, gefälschte Sterbeziffern, gekaufte Journaille, bestochene Wissenschaftler - es lief wie geschmiert, was es ja auch war und ist. 188 Staatenlenker hatten den größten Betrug der Menschheisgeschichte durchinszeniert und erfolgreich zur Aufführung gebracht.

So war es. So muß es gewesen sein.


Sonntag, 9. August 2020

DAS C-WORT XXIII - Was steckt hinter dem Allen?

An allem sind die Juden schuld!
Die Juden sind an allem schuld!
Wieso, warum sind sie dran schuld?
Kind, das verstehst du nicht, sie sind dran schuld.
Und Sie mich auch! Sie sind dran schuld!
Die Juden sind, sie sind und sind dran schuld!
Und glaubst du’s nicht, sind sie dran schuld,
an allem, allem sind die Juden schuld!
Ach so!
Friedrich Hollaender

Die Schwelle an der bei mir akute Wut gegen Antisemitismus einsetzt ist ziemlich hoch, aber wenn mir noch jemand, im Zusammenhang mit Corona und den düsteren Mächten, die uns entweder infizieren oder nur vorgaukeln, es gäbe eine Pandemie, irgendwelche youtube Links schickt, die auf satanische Morde, das Trinken von Babyblut oder Fressorgien an Kinderfleisch hinweisen, dann werde ich ungemütlich.
Die dreckige politische Lüge des Mittelalters, dass Juden das Blut christlicher Kinder zum Matze-Backen für den Sabbath benötigen, die immer wieder eingesetzt wurde, um Pogrome anzufeuern, wenn die Schulden bei jüdischen Geldverleihern zu hoch wurden oder eine innenpolitische Ablenkung nötig war, wird wieder einmal hochgekocht. Nein, es wird nicht ausdrücklich von Juden gesprochen, nur von Eliten, den Bankern, den Korporations. Aber impliziert ist es.
Weil im mittelalterlichen Europa Christen kein Geld verleihen durften und Juden nicht in die handwerklichen Zünfte aufgenommen wurden, blieben Lumpensammler, Scherenschleifer und Geldverleiher die fast einzigen für Juden zugänglichen Berufe. Und wenn sie dann erfolgreich waren, nahm man es ihnen übel.
Was mit Überschriften wie "Verhindert Kindesmißbrauch" beginnt, endet mit "Merkel muß weg" oder "Keine Masken". Es werden Zusammenhänge konstruiert, die böse und hintertückisch sind und der hoch zu achtenden Bemühung um Verhinderung des täglich real stattfindenden Kindesmißbrauchs schaden.

An allem sind die Juden schuld.
Und die Radfahrer.
Wieso die Radfahrer?
Wieso die Juden?



https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/psychologie/verschwoerungstheorien/pwiejudenundverschwoerungstheorien100.html

Freitag, 7. August 2020

Vietnamesisches Schweinekotelett und, ja, es muß Bio-Fleisch sein.

Das habe ich vor vielen Jahren in Toronto gegessen und nicht vergessen. Auch wenn ich heute nur noch sehr selten Schweinefleisch esse, dafür hat sich die Ausnahme gelohnt.

Man braucht:
4 Koteletts ohne Knochen
3 El Fischsauce
2 zerkleinerte Knoblauchzehen
1 Tl Zucker
1/4 Tl Kurkuma
1/4 Tl schwarzen Pfeffer
2 El Raps- oder Sonnenblumenöl
Eine kleine Gurke in Scheiben geschnitten
4 Eier (Die laß ich weg.)
Gedämpften Jasminreis

1
Die Koteletts dünn klopfen, auf 1 oder 1,5 cm, auf jeden Fall gleichmäßig und dann mindestens 10 Minuten in dem Gemisch von Fischsauce, Knoblauch, Kurkuma, Pfeffer und Zucker marinieren.
2
Den Reis aufsetzen.
3
Die Nuoc Cham Sauce vorbereiten aus 
1/4 Tasse Zucker
1/4 Tasse Fischsauce (Kann ruhig etwas mehr sein.)
1/4 Tasse weißem Essig
1El Limetttensaft
1 El feingehackter roter Chilischote
1 zerhackten Knoblauchzehe
4
Die Koteletts in heißer Pfanne braten, jede Seite so 3 bis 4 Minuten, raus aus der Pfanne und etwas ruhen lassen.
5
Reis, Gurkenscheiben und Koteletts auf die Teller und großzügig Nuoc Cham Sauce drüber.
Es ist köstlich. Das Rezept habe ich von Marion's Kitchen, einer fabelhaften Website für Leute wie mich, Anfänger, die thailändisch kochen lernen wollen.
Außer der Fischsauce und dem Bio-Fleisch sind alle Zutaten überall zu bekommen und asiatische Supermärkte gibt es mitlerweile viele und auch gut sortierte In der Tucholskystrasse hat eine Fleischerei von Gut Kerkow eröffnet, alles aus guter Haltung und eigener Schlachtung (Gehört wohl Frau Wiener.). 

Photo von https://www.seriouseats.com

Mittwoch, 5. August 2020

Das C-Wort XXII - Mein Leben als Rentner ohne Rente - oder - WIR SIND DIE ZWEITE WELLE

MEIN LEBEN IN DER ZWISCHENZEIT,
der Zeit zwischen "DAMALS" und "WER WEISS WIE ES DANN SEIN WIRD".

Vorausgeschickt: Dieser Text ist nicht ausgewogen, nicht sachlich, nicht unparteiisch.


"DAMALS" war schon elendig schwierig, Klimakrise, wachsende soziale Ungerechtigkeit, postkoloniale Verelendung und allgemeine Verblödung existierten zeitgleich mit wunderbaren Dingen, wie Erfindungsgeist, Empathie, Verbesserung der Lebenssituation vieler Menschen. Jetzt gibt es das alles nach wie vor und on top of it - das C-Wort mit allen seinen Nöten und Konfusionen. 
Nicht anfassen, nicht anatmen, nicht irre werden.
Am Samstag haben in Berlin Tausende, wenn nicht gar Trillionen meiner Mitbürger das Ende der Pandemie gefeiert. Welches Ende, während anderswo Tausende sterben? FREIHEIT! 

Mindestens 701.278 an oder mit Corona Gestorbene bisher. 
Alle alt und krank? Alle eh schon fast tot? Oder selber schuld? Ist es nur eine Grippe? Gibt es Corona gar nicht? Ist es alles eine weltweite Verschwörung der "Eliten"? FREIHEIT! 
Drosten oder Streeck oder doch Wodargk? Die WHO und China, die USA kontra China. Maske unter der Nase, Schlüpfer unterm Genital. Nasen fordern FREIHEIT. Bekannte drehen durch. G5 und Bill Gates und Chips und Attila und Deep State und Reptiloide. Angela Merkel muß für Alles und Jedes herhalten, sie ist der Teufel, eine Bolschewikin, gekauft vom Kapital. Überhaupt, wir leben in einer linksfaschistischen Corona-Diktatur. Man nimmt uns unsere Meinungsfreiheit. FREIHEIT! 
Holterdipolter, wüst durcheinander, einig nur in der Wissenschaftsfeindlichkeit, dem Mißtrauen gegenüber staatlichen Institutionen und dem Hass auf die mantra-artig FAKE genannten Medien. 
Was genau wollen die dunklen Mächte mit ihrem Corona-Plan erreichen? Ich rede nicht von Q-Anon Idiotien, sondern von den Ideen, die die wütende Mittelschicht, bzw. Teile davon umtreibt. Bei Fridays For Future wurde noch über Strafen wegen Schulschwänzen gebrabbelt und jetzt verwandelt die Maskenpflicht die Leute in FREIHEITSkämpfer. Es kann doch nicht wirklich um den Lappen gehen. Worum also dann? Wie sieht die FREIHEIT aus, nach der sie rufen? Glauben sie wirklich, dass Compact, Rubicon, Telegram sie fairer und wahrhaftiger informieren, als die Fake-Medien?
Mindestens 702.164 an oder mit Corona Gestorbene bisher.
Die Infektionszahlen in einigen Ländern steigen rasant, die Sterberaten nicht ganz so stark, oder nur noch nicht? Ist es schon die Zweite Welle oder das Aufflackern der Ersten? Viele alte Menschen sterben, aber auch junge bleiben nicht verschont. Leichte Verläufe können ungeahnte Spätfolgen nach sich ziehen. Welche? Die Berichte divergieren. Der Impfstoff kommt oder kommt nicht oder ist schon von der USA aufgekauft. In Brasilien herrscht der Wahnsinn, in den USA herrscht - was? Der nackte Kaiser, der häßliche, orange und fett, hysterisiert wegen eines möglichen Wahlverlustes im November gibt er mir ernüchternde Einblicke in den realen Imperialismus. Will man Menschen hassen lernen, muß man auf Youtube seinen Wählern zuhören. In Brasilien, Peru, Israel, auf dem Balkan wird gegen die Krankheit gekämpft, wir kämpfen für FREIHEIT.
WAS IST DAS, DIESE FREIHEIT? Wovon frei? Wofür frei? 
Für eine bessere Welt. Darauf können sich alle einigen. Aber wie sieht die bessere Welt aus? Soll es die der Reichsflaggenträger sein? Denn hier liegt der Hund begraben, in diesem neuen FREIHEITskampf verbünden sich eigentlich unvereinbare Gruppen. Plötzlich ist es nicht mehr schlimm, mit Nazis gemeinsam zu demonstrieren. weil alle FREIHEIT wollen und gegen das Kapital, die Superreichen, die globalen Konzerne zusammenstehen. Und immer wieder "Wir sind das Volk!" Eine Hülse. 
Das schlimmste Zitat? Sich dabeiauf den November 89 beziehend: "Wir haben heute Geschichte geschrieben!" Da fährste von Stuttgart nach Berlin, demonstrierst, niemand bedroht dich, keine Verfolgung droht, dann fährste wieder nach Hause und bist ein Held! So einfach geht das.

Freiheit wird in der Regel als die Möglichkeit verstanden, ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten auszuwählen und entscheiden zu können. (Wiki)

Und was tue ich inzwischen, in dieser Zeit zwischen "DAMALS" und "WER WEISS WIE ES DANN SEIN WIRD"? Lese viel, lerne thailändisch kochen, gehe spazieren, wandern, paddeln. Ich vermute dahinter eine Verschwörung meiner Freunde, mit dem Ziel mich in DIE NATUR zu locken. Und weil ich diese Leute lieb habe, finde ich mich regelmäßig in brandenburgischen Landschaften, in Berliner Parks oder auf Berliner Seen wieder. So viel Flora, und gelegentlich Fauna, habe ich meinen Lebtag noch nicht gesehen. Aber reizende Gesellschaft versüßt das Übermaß an Grün. Dann sortiere ich Bücher, Klamotten, Krimskrams aus, wie offensichtlich alle anderen auch, wenn ich mir die Kartons mit Ramsch und Zeugs ansehe, die grad überall rumstehen. Wenn schon das Hirn im Chaos ist, versucht man halt die Wohnung in Ordnung zu bringen.
Mindestens 702.330 an oder mit Corona Gestorbene bisher.
Wie "WER WEISS WIE ES DANN SEIN WIRD" aussehen mag, weiß niemand und ich schon gar nicht. Während ich den Text geschrieben habe, sind mehr als eintausend Menschen gestorben.

Mittwoch, 15. Juli 2020

Zitronenrisotto

Manchmal muß es einfach wohliger genüsslicher Matsch sein. 

Das Rezept ist von Nigella Lawson!

Schalotten und Staudensellerie kleinklein schnipseln und in etwas Butter und Olivenöl anschwitzen, aber nicht bräunen. 
300 Gramm Risottoreis reinrühren bis alle Reiskörner von der buttrigen Flüssigkeit bedeckt sind. 
Einen Liter Gemüsebrühe, das ist ein Liter Wasser mit etwas Gemüseboullion, vorbereiten. 
Eine Kelle zum Reis, rühren bis die Flüssigkeit aufgesogen ist, zweite Kelle, rühren, dritte Kelle, rühren und so weiter. Ein ganz wenig Rosmarin dazu und die geriebene Schale einer halben Zitrone. Und immer wieder Brühe rein und rühren bis der Reis schön cremig und weich ist. (Zur Not auch mehr Flüssigkeit dazu.)
Jetzt komt's! Sahne mit einen Eigelb, dem Saft einer halben Zitrone und schön Parmesan vermischen, Reis vom Herd, und die Sahnemasse unterrühren. Es erfolgt ein Farbwechsel zu wundervollem, sattem Goldgelb. 


Manchmal muß es einfach wohliger genüsslicher Matsch sein.

Donnerstag, 9. Juli 2020

Meine Harzreise

Auf die Berge will ich steigen,
Wo die frommen Hütten stehen,
Wo die Brust sich frei erschließet,
Und die freien Lüfte wehen.

Auf die Berge will ich steigen,
Wo die dunkeln Tannen ragen,
Bäche rauschen, Vögel singen,
Und die stolzen Wolken jagen.

Lebet wohl, ihr glatten Säle!
Glatte Herren, glatte Frauen!
Auf die Berge will ich steigen,
Lachend auf euch niederschauen.  

Heinrich Heine 
Harzreise

Den letzten Abend unserer kurzen Harzreise, die wir wegen miesem Wetter morgen vorzeitig beenden werden, verbringen wir auf dem Gelände des ehemaligen Klosters Drübuck, jetzt ein evangelisches Tagungszentrum, preisgünstig, hocheffizient und angenehm eingerichtet. Im Garten singen alte und nicht so alte Menschen "Jesus is coming, yes I know.", als Kanon, klatschen auf die Eins und ein Schaf blökt den Chorus. Eine mir fremde Welt.


Gestern ein andres Kloster, von einer Stiftung geführt, mit gläsener Rezeption, erstklassig erhaltener romanischer Kirche und Gästezimmern in DDR-Barock - meine Duschtür hing mit letzter Kraft an nur einer Schraube, die Wasserleitung war in schwarzem Gummi auf der Wand verlegt, für das Mobiliar hätte sich Hellerau in Grund und Boden geschämt und dann hat man auch noch versucht uns den doppelten Zimmer-Preis abzunehmen.



Der Harz. Es ist merkwürdig hier. Eine milde, hügelige Landschaft, gesprenkelte Städtchen voller Fachwerkhäuser, farbenfroh in Quedlinburg und Wernigerode, schiefergrau in Goslar.
Die Hochsaison ist in vollem Gange nach monatelanger Einschränkung des Betriebes, aber Sehenswürdigkeiten schließen um 14.00 oder 16.00 Uhr, Läden ebenfalls. Es gibt Unternehmungen, die sich unglaublich anstrengen, interessante und unterhaltsame Erlebnisse zu bieten, und andere benehmen sich, als ob Corona, die vergangenen "Sie werden plaziert"-Zeiten zu ihrer persönlichen Erleichterung zurückgebracht hat. Wie empfindlich ich immer noch bin, nach mehr als dreissig Jahren, diesem dienstunbeflissenen Ton gegenüber.


In der wunderschönen Harzer Schmalspurbahn hinauf zum Brocken, das Ticket kostet 47 Euro , die Toilette heißt noch Abort, ertönt nach jedem Halt ein enthusiastischer Einspieler über die Schönheit des Fichtenwaldes und seine jetzt stattfindende, natürliche Rengeneration zum ursprünglichen Mischwald.
Aber was mein Auge sieht, ist das blanke Gegenteil, tote Bäume, ihre Skelette tragisch aufrecht neben- und hintereinander aufgereiht. Wann werden sie sich niederlegen dürfen? Von fern betrachtet waren es nur vage breite rötliche Schnitte im Leib des Waldes, nun, aus der Nähe, erinnert das Bild an Leichenberge, zu denen sich jeder Vergleich verbietet. Die vor hunderten Jahren gepflanzten Fichten lieferten Bau- und Brennholz für den Bergbau, ein künstliche Monokultur, aber die trockenen Sommer der letzten Zeit öffneten dem schon immer anwesenden Borkenkäfer Tor und Tür und er tut, was er tun muß, er frißt. Vielleicht ist der Regen jetzt ein Segen, vielleicht muß Altes sterben, damit Neues wachsen kann, aber die vielen kahlen, borkenlosen Stämme heute, ihre nadelberaubten Äste und Zweige - ich habe selten so was Trauriges gesehen.