Steven Shainberg hat den einzig mir bekannten Film gedreht, der explizit BDSM zum Thema hat. 'Secretary' ist der Titel des Originals, 'Secretary - Womit kann ich dienen?' die erklärende Anleitung für den hilfsbedürftigen deutschen Zuschauer.
Ein ganz wunderbarer Film, ja, eine der heitersten und zärtlichesten Liebesgeschichten, die ich kenne. James Spader und Maggie Gyllenhaal spielen ihre Figuren hinreißend und schräg und tragikkomisch, was wohl die schwerste theatralische Form ist. Ich kichere und mein Herz ist voll.
Eine Frau mit kraftvoller Sehnsucht nach Unterwerfung und emotional autistischer Mann treffen aufeinander, die Frau erkämpft sich ihre erwünschte Form der Beziehung gegen den panischen Widerstand des Mannes. 'Das Käthchen von Heilbronn' erzählt auch solch ein Muster. Unterwerfung aus Stärke verlangt vom erwählten Anderen den höchsten Einsatz, nämlich Sorgsamkeit, Nähe, Vertrauen und Verläßlichkeit. 'Mein hoher Herr!'
Heute abend 'Der Seidene Faden', eine ähnliche Geschichte, aber vorsichtiger und stilisierter. Daniel Day-Lewis und Vicky Krieps in einem Film von Paul Thomas Anderson, über einen manischen, egozentrischen Couturier in den Fünfziger Jahren des britischen Empires.
Der bekannte Schneider Reynolds Woodcock und seine Schwester Cyril betreiben gemeinsam The House of Woodcock
und entwerfen Mode für die Mitglieder der High Society und der
königlichen Familie. Zu ihren Kunden gehören Erben, Filmstars und andere
Prominente. Die Frauen kommen und gehen durch das Leben von Reynolds,
doch sie inspirieren den eingefleischten Junggesellen auch und halten
seine Kreativität aufrecht. Eines Tages macht er die Bekanntschaft der
jungen Alma, die bald zu seiner Muse und Geliebten wird. Sein sonst so
kontrolliertes und durchgeplantes Leben gerät aus den Fugen. So beschreibt es Wiki.
Warum sich Herr Day-Lewis gerade diesen Film als seinen letzten erwählt hat, weiß ich nicht. Der Film ist ok, gelegentlich langatmig, manchmal etwas zu selbstgewiß, aber keineswegs öde. Eine Erleuchtung ist er nicht.
'My Left Foot', 'Mein Wundervoller Waschsalon', 'Gangs Of New York' - die Latte liegt hoch. Irgendwie bleibt der Eindruck, dass sensationell gute Schauspieler, an einem gefährlichen Punkt ihrer Karriere beginnen an das eigene Genie zu glauben, Ryan Gosling ist auch solch ein Fall, und dann spielen sie nicht mehr, das was ihr Bauch verlangt, sondern, dass was sie glauben, spielen zu müssen. Sie nehmen sich selbst zu ernst, verlieren ihre kindliche Spielfreude und gestalten, was das Zeug hält. Schade.
Sonntag, 18. Februar 2018
Donnerstag, 15. Februar 2018
Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich.
Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich.
Matthäus 12,30
ODER
Wer nicht gegen uns ist, ist für uns.
Markus 9,40
Mit 14 war ich eine dumme Stalinistin, geschützt, verwöhnt, ahnungslos. Gute, wirklich gute Freunde haben mir geholfen, während ich lamentierte und diskutierte, klüger zu werden. Heute würde das wohl heißen, sie haben mir klargemacht, dass ich weiß, heterosexuell und privilegiert war. Eine harte Zeit, aber sie haben sich gut um mich gekümmert. Danke.
Der letzte Satz der Beurteilung auf meinem Abiturzeugnis lautete dann so ähnlich wie: "Ihr Klassenstandpunkt läßt zu wünschen übrig." Vor diesem Satz lagen unzählige Entweder/Oder Gespräche zwischen mir und verschiedenen Lehrern, FDJ-Vertretern und der Schul-Parteisekretärin mit dem Grundtenor von: Bist Du nun für den Sozialismus oder nicht?
Eine prägende Erfahrung. Seitdem suche ich bewußt das Aber, das Weder/Noch, das Vielleicht, das Manchmal, das Auch, die Grauzonen.
Und jetzt habe ich den Eindruck, dass ich in Gesprächen, auf Facebook und hier auf dem Blog wieder in Diskussionen gerate, in denen ich auf eine ominöse Parteilinie gebracht werden soll. Wobei Partei, hier für einen Hashtag steht. Es reicht nicht, dass ich grundsätzlich der gleichen Meinung bin, nein, ich soll ohne Widerspruch, jeden Teil der spezifischen Sicht auf die Welt akzeptieren.
Aber das kann ich nicht. Das will ich nicht.
Es wiederholen sich "realsozialistische" Argumentationsmuster, Zitate werden gebraucht, nur sind sie leicht verändert, zwischen eins und zwei gibt es kein eineinhalb, Antworten auf unbeantwortbare Fragen werden zu Gewissensentscheidungen deklariert. Mein Bestreben absolute Wahrheiten in Frage zu stellen, wird zur dem "Feind" dienenden und darum gefährlichen Unentschiedenheit umgedeutet. Schuldgefühle werden auf übelste Weise erpresserisch provoziert und mir dann liebevoll unterstellt, dass meine vorgebrachten Argumente meiner sonst durchaus vorhandenen Intelligenz unwürdig seien.
Warum ist es so schwer zu akzeptieren, dass jede Gewißheit den Zweifel benötigt, um sie lebbar zu machen, und sie vor der Versteinerung in Ideologie zu bewahren?
Der Kampf gegen Machtmißbrauch ist ein großer, wichtiger, gesamtgesellschaftlicher Kampf, er bedarf dringend des Infragestellens, der ganzen Härte jeden Zweifels, nur dann kann er erfolgreich sein.
----------------------------------
Ein ganz wunderbares Interview mit der Romanistin Barbara Vinken, die viel besser als ich, den konfliktgeladene Bereich zwischen Machtmißbrauch und Eros beschreiben kann:
Für den Kampf gegen Machtmissbrauch und Demütigung ist "Me Too" wichtig. Aber wir müssen auch für eine Kultur der Verführung, für die Kunst der Libertinage, für die Freiheit der Liebe kämpfen.
http://www.sueddeutsche.de/kultur/barbara-vinken-ueber-metoo-fuer-die-freiheit-der-liebe-kaempfen-1.3845203
LOB DES ZWEIFELS
Gelobt sei der Zweifel! Ich rate euch, begrüßt mir
Heiter und mit Achtung den
Der euer Wort wie einen schlechten Pfennig prüft!
Ich wollte, ihr wäret weise und gäbt
Euer Wort nicht allzu zuversichtlich.
Lest die Geschichte und seht
In wilder Flucht die unbesieglichen Heere.
Allenthalben
Stürzen unzerstörbare Festungen ein und
Wenn die auslaufende Armada unzählbar war
Die zurückkehrenden Schiffe
Waren zählbar.
Schönster aller Zweifel aber
Wenn die verzagten Geschwächten den Kopf heben und
An die Stärke ihrer Unterdrücker
Nicht mehr glauben!
Oh, wie war doch der Lehrsatz mühsam erkämpft!
Was hat er an Opfern gekostet!
Daß dies so ist und nicht etwa so
Wie schwer war’s zu sehen doch!
Und dann mag es geschehn, dass ein Argwohn entsteht.
Denn neue Erfahrung
Bringt den Satz in Verdacht. Der Zweifel erhebt sich.
Und eines Tages streicht ein Mensch
Im Merkbuch des Wissens
Bedächtig den Satz durch.
Freilich, wenn ihr den Zweifel lobt
So lobt nicht
Das Zweifeln, das ein Verzweifeln ist!
Was hilft zweifeln können dem
Der nicht sich entschließen kann!
Falsch mag handeln
Der sich mit zu wenigen Gründen begnügt
Aber untätig bleibt in der Gefahr
Der zu viele braucht.
Du, der du ein Führer bist, vergiß nicht
Daß du es bist, weil du an Führern gezweifelt hast!
So gestatte den Geführten
Zu zweifeln!
Bertolt Brecht
Die Reid-Methode ist eine Vernehmungsmethode zur Befragung von Personen, die einer Straftat verdächtigt werden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reid-Methode
Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!
Und, Genossen, es bleibe dabei;
Denn wer kämpft für das Recht,
Der hat immer recht.
Gegen Lüge und Ausbeuterei.
Wer das Leben beleidigt,
Ist dumm oder schlecht.
Wer die Menschheit verteidigt,
Hat immer recht.
So, aus Leninschem Geist,
Wächst, von Stalin geschweißt,
Die Partei - die Partei - die Partei.
Wiki schreibt:
Text und Musik wurden 1949 von dem Deutschböhmen Louis Fürnberg (1909–1957) verfasst, welcher als überzeugter Kommunist 1928 in die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei eingetreten war. Auch wenn das Lied als Lobeshymne Verbreitung fand, besonders in der DDR, so war der konkrete Anlass für das Lied gegenteiliger Natur. Fürnberg, der sich zu jener Zeit in Prag aufhielt, wurde 1949 erstmals nicht zum Parteitag der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei eingeladen, was ihn tief kränkte. Wie seine Witwe Lotte Fürnberg 2001 ausführte, schrieb er das Lied, um sich selbst wieder zur Ordnung zu rufen. "Er schrieb es, um die Kränkung vor sich selbst zu rechtfertigen."
Matthäus 12,30
ODER
Wer nicht gegen uns ist, ist für uns.
Markus 9,40
Mit 14 war ich eine dumme Stalinistin, geschützt, verwöhnt, ahnungslos. Gute, wirklich gute Freunde haben mir geholfen, während ich lamentierte und diskutierte, klüger zu werden. Heute würde das wohl heißen, sie haben mir klargemacht, dass ich weiß, heterosexuell und privilegiert war. Eine harte Zeit, aber sie haben sich gut um mich gekümmert. Danke.
Der letzte Satz der Beurteilung auf meinem Abiturzeugnis lautete dann so ähnlich wie: "Ihr Klassenstandpunkt läßt zu wünschen übrig." Vor diesem Satz lagen unzählige Entweder/Oder Gespräche zwischen mir und verschiedenen Lehrern, FDJ-Vertretern und der Schul-Parteisekretärin mit dem Grundtenor von: Bist Du nun für den Sozialismus oder nicht?
Eine prägende Erfahrung. Seitdem suche ich bewußt das Aber, das Weder/Noch, das Vielleicht, das Manchmal, das Auch, die Grauzonen.
Und jetzt habe ich den Eindruck, dass ich in Gesprächen, auf Facebook und hier auf dem Blog wieder in Diskussionen gerate, in denen ich auf eine ominöse Parteilinie gebracht werden soll. Wobei Partei, hier für einen Hashtag steht. Es reicht nicht, dass ich grundsätzlich der gleichen Meinung bin, nein, ich soll ohne Widerspruch, jeden Teil der spezifischen Sicht auf die Welt akzeptieren.
Aber das kann ich nicht. Das will ich nicht.
Es wiederholen sich "realsozialistische" Argumentationsmuster, Zitate werden gebraucht, nur sind sie leicht verändert, zwischen eins und zwei gibt es kein eineinhalb, Antworten auf unbeantwortbare Fragen werden zu Gewissensentscheidungen deklariert. Mein Bestreben absolute Wahrheiten in Frage zu stellen, wird zur dem "Feind" dienenden und darum gefährlichen Unentschiedenheit umgedeutet. Schuldgefühle werden auf übelste Weise erpresserisch provoziert und mir dann liebevoll unterstellt, dass meine vorgebrachten Argumente meiner sonst durchaus vorhandenen Intelligenz unwürdig seien.
Warum ist es so schwer zu akzeptieren, dass jede Gewißheit den Zweifel benötigt, um sie lebbar zu machen, und sie vor der Versteinerung in Ideologie zu bewahren?
Der Kampf gegen Machtmißbrauch ist ein großer, wichtiger, gesamtgesellschaftlicher Kampf, er bedarf dringend des Infragestellens, der ganzen Härte jeden Zweifels, nur dann kann er erfolgreich sein.
----------------------------------
Ein ganz wunderbares Interview mit der Romanistin Barbara Vinken, die viel besser als ich, den konfliktgeladene Bereich zwischen Machtmißbrauch und Eros beschreiben kann:
Für den Kampf gegen Machtmissbrauch und Demütigung ist "Me Too" wichtig. Aber wir müssen auch für eine Kultur der Verführung, für die Kunst der Libertinage, für die Freiheit der Liebe kämpfen.
http://www.sueddeutsche.de/kultur/barbara-vinken-ueber-metoo-fuer-die-freiheit-der-liebe-kaempfen-1.3845203
LOB DES ZWEIFELS
Gelobt sei der Zweifel! Ich rate euch, begrüßt mir
Heiter und mit Achtung den
Der euer Wort wie einen schlechten Pfennig prüft!
Ich wollte, ihr wäret weise und gäbt
Euer Wort nicht allzu zuversichtlich.
Lest die Geschichte und seht
In wilder Flucht die unbesieglichen Heere.
Allenthalben
Stürzen unzerstörbare Festungen ein und
Wenn die auslaufende Armada unzählbar war
Die zurückkehrenden Schiffe
Waren zählbar.
Schönster aller Zweifel aber
Wenn die verzagten Geschwächten den Kopf heben und
An die Stärke ihrer Unterdrücker
Nicht mehr glauben!
Oh, wie war doch der Lehrsatz mühsam erkämpft!
Was hat er an Opfern gekostet!
Daß dies so ist und nicht etwa so
Wie schwer war’s zu sehen doch!
Und dann mag es geschehn, dass ein Argwohn entsteht.
Denn neue Erfahrung
Bringt den Satz in Verdacht. Der Zweifel erhebt sich.
Und eines Tages streicht ein Mensch
Im Merkbuch des Wissens
Bedächtig den Satz durch.
Freilich, wenn ihr den Zweifel lobt
So lobt nicht
Das Zweifeln, das ein Verzweifeln ist!
Was hilft zweifeln können dem
Der nicht sich entschließen kann!
Falsch mag handeln
Der sich mit zu wenigen Gründen begnügt
Aber untätig bleibt in der Gefahr
Der zu viele braucht.
Du, der du ein Führer bist, vergiß nicht
Daß du es bist, weil du an Führern gezweifelt hast!
So gestatte den Geführten
Zu zweifeln!
Bertolt Brecht
Die Reid-Methode ist eine Vernehmungsmethode zur Befragung von Personen, die einer Straftat verdächtigt werden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reid-Methode
Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!
Und, Genossen, es bleibe dabei;
Denn wer kämpft für das Recht,
Der hat immer recht.
Gegen Lüge und Ausbeuterei.
Wer das Leben beleidigt,
Ist dumm oder schlecht.
Wer die Menschheit verteidigt,
Hat immer recht.
So, aus Leninschem Geist,
Wächst, von Stalin geschweißt,
Die Partei - die Partei - die Partei.
Wiki schreibt:
Text und Musik wurden 1949 von dem Deutschböhmen Louis Fürnberg (1909–1957) verfasst, welcher als überzeugter Kommunist 1928 in die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei eingetreten war. Auch wenn das Lied als Lobeshymne Verbreitung fand, besonders in der DDR, so war der konkrete Anlass für das Lied gegenteiliger Natur. Fürnberg, der sich zu jener Zeit in Prag aufhielt, wurde 1949 erstmals nicht zum Parteitag der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei eingeladen, was ihn tief kränkte. Wie seine Witwe Lotte Fürnberg 2001 ausführte, schrieb er das Lied, um sich selbst wieder zur Ordnung zu rufen. "Er schrieb es, um die Kränkung vor sich selbst zu rechtfertigen."
Montag, 12. Februar 2018
VOGELFALLE - Ein schlimmes gutes Buch
Ja, die Autorin ist eine Freundin, aber das Buch ist zu gut und zu wichtig, als dass dies mich daran hindern sollte, es hier vorzustellen.
Mißbrauch einer Patientin durch ihren Arzt. Unfassbar. Wieder eines von vielen Dingen mit denen ich mich nicht beschäftigt hatte. Ich bin doch in vielerlei Hinsicht glücklich durchs Leben geschlittert.
Sie ist durch einen kleinen Zeitungsartikel auf das Thema gestoßen. Und dann hat sie eine Geschichte darüber geschrieben und sie auf ihr absolutes Minimum zusammengefroren. Kein Wort zu viel. Jedes so, wie es sein sollte. Keine hilfreiche Sentimentalität, der Schrecken liegt im Bemühen um Würde, wenn diese von roher, kalkulierender Gewalt nahezu zerstört wurde. Beim Lesen entsteht ein Sog, dem ich mich immer wieder durch belanglose Ausweichtätigkeiten entziehen wollte. Man will nicht glauben, dass so etwas möglich ist. Man muß es, weil es wahr ist. Wer stellt sich gern das Unvorstellbare vor?
Vogelfalle
Roman
Eva-Maria Otte
mitteldeutscher Verlag
ISBN 978-3-95462-926-8
Von Macht und Ohnmacht
Wie kommt es, dass Hanna derart aus der Bahn geworfen wird? Die Schauspielerin kann nicht mehr spielen. Ihre Liebe droht zu zerbrechen. Nichts stimmt mehr in ihrem Leben. Es beginnt, als sie nach dem tödlichen Unfall ihrer Freundin Nina wegen Rückenproblemen deren Arzt aufsucht. Zunächst ist sie beeindruckt, dann verstört. Missversteht sie ihn? Was geschieht in seinem Behandlungszimmer mit ihr? Wieso nur ist sie so wehrlos? Warum schweigt sie? Und war Ninas Tod womöglich gar kein Unfall?
Immer mehr verheddert sich Hanna in der Perfidie dieses Arztes, der sie für seine Obsessionen missbraucht. Schließlich steckt sie in der Falle fest.
Liebe Ötti, so hart die Geschichte auch ist,
die sich da aus Dir geschält hat
und nun bedrängend in der Welt ist, sie liest sich phantastisch gut!
Großes Kompliment für Dein Sprachgefühl!!!!
Wahrscheinlich ist das auch ein Geschenk,
dass Dir aus Deinem besonderen Wissen um den Körper
und seine Seele gegeben ist und nun Deine Leser berührt. Enorm!!!
Ich schwärme schon, mache Werbung
Ich umarme Dich sehr innig!!! Deine Nele
Strafgesetzbuch (StGB)
Mißbrauch einer Patientin durch ihren Arzt. Unfassbar. Wieder eines von vielen Dingen mit denen ich mich nicht beschäftigt hatte. Ich bin doch in vielerlei Hinsicht glücklich durchs Leben geschlittert.
Sie ist durch einen kleinen Zeitungsartikel auf das Thema gestoßen. Und dann hat sie eine Geschichte darüber geschrieben und sie auf ihr absolutes Minimum zusammengefroren. Kein Wort zu viel. Jedes so, wie es sein sollte. Keine hilfreiche Sentimentalität, der Schrecken liegt im Bemühen um Würde, wenn diese von roher, kalkulierender Gewalt nahezu zerstört wurde. Beim Lesen entsteht ein Sog, dem ich mich immer wieder durch belanglose Ausweichtätigkeiten entziehen wollte. Man will nicht glauben, dass so etwas möglich ist. Man muß es, weil es wahr ist. Wer stellt sich gern das Unvorstellbare vor?
Vogelfalle
Roman
Eva-Maria Otte
mitteldeutscher Verlag
ISBN 978-3-95462-926-8
Von Macht und Ohnmacht
Wie kommt es, dass Hanna derart aus der Bahn geworfen wird? Die Schauspielerin kann nicht mehr spielen. Ihre Liebe droht zu zerbrechen. Nichts stimmt mehr in ihrem Leben. Es beginnt, als sie nach dem tödlichen Unfall ihrer Freundin Nina wegen Rückenproblemen deren Arzt aufsucht. Zunächst ist sie beeindruckt, dann verstört. Missversteht sie ihn? Was geschieht in seinem Behandlungszimmer mit ihr? Wieso nur ist sie so wehrlos? Warum schweigt sie? Und war Ninas Tod womöglich gar kein Unfall?
Immer mehr verheddert sich Hanna in der Perfidie dieses Arztes, der sie für seine Obsessionen missbraucht. Schließlich steckt sie in der Falle fest.
Rückseitentext u. Verlagsankündigung
Das hat eine Bekannte nach der Lektüre geschrieben:
Liebe Ötti, so hart die Geschichte auch ist,
die sich da aus Dir geschält hat
und nun bedrängend in der Welt ist, sie liest sich phantastisch gut!
Großes Kompliment für Dein Sprachgefühl!!!!
Wahrscheinlich ist das auch ein Geschenk,
dass Dir aus Deinem besonderen Wissen um den Körper
und seine Seele gegeben ist und nun Deine Leser berührt. Enorm!!!
Ich schwärme schon, mache Werbung
Ich umarme Dich sehr innig!!! Deine Nele
Strafgesetzbuch (StGB)
§ 174c Sexueller Mißbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses
(1) Wer sexuelle
Handlungen an einer Person, die ihm wegen einer geistigen oder
seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer
Suchtkrankheit oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung
zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut ist, unter Mißbrauch
des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses vornimmt oder
an sich von ihr vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei
Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2)
Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm
zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut ist, unter Mißbrauch des
Behandlungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
Samstag, 10. Februar 2018
Dänemark ist nicht mein Ding.
Vor Jahren bin ich zwei Wochen durch Spanien gefahren. Entlang der Strände ungeordneter Wildwuchs von Beton. Im Land riesige barocke Kirchen, Madonnen mit Echthaarperücken in staubigen Kleidchen, mehr grandiose barocke Kirchen, gigantische Bürokratiegebäude und ein Geruch von unbearbeiteter Vergangenheit, gestern noch Faschisten, heute königstreue Demokraten, und dann noch mehr Barockkirchen. Irgendwas suppte vor sich hin, nicht wirklich stinkend, aber ohne jede Frische.
Natürlich gab es auch Goya, El Greco, Velázquez und das heiße karge Kastillien, Toledo, die Mezquita Kathedrale von Cordoba mit ihren 856 Säulen und rechteckige, leckere Muscheln und Paella und eine romanische Schieferkirche auf einem Berg mit zierlichen Alabasterfenstern und und und. Aber nahezu keine Zeugnisse der Zeit vor der Reconquista, grad einen kleinen Davidstern hab ich gesehen. Und eben die riesige herrliche Säulenhalle, ehemals eine Moschee, in Cordoba, mit einer katholischen Kirche, die wie ein Geschwür in ihren Eingeweiden wuchert.
Der Escorial-Palast spartanisch und überfüllt zugleich, tickende Uhren in jedem Raum, Schutzteppiche über den alten Teppichen, doch trotzdem durfte mich mich nicht hinknien, um die Deckenbemalung zu betrachten.
Ab Tag sieben der Reise mutierte ich zu in einem geifernden Katholizismus-Hasser, der ex-faschistische Staatsbeamte in jeder zweiten Ecke vermutete. Blöd, ich weiß, aber mein Bauch herrscht manchmal über mein Hirn. In Barcelona ging es mir nicht so.
Jetzt Dänemark. Vor drei Jahren bin ich Stunden über Land gefahren und dachte nur: "Ist das langweilig!" Eine Wiese, folgt einer Wiese und diese wieder einer Wiese.
Kopenhagen ist hübsch. Ein bisschen wie Amsterdam, weil es viele Brücken gibt und Kanäle. Die Strassen gesäumt von Bürgerbauten mit zwei Stockwerken weniger als in Berlin, und einiges an Jugendstil und Art Deco. Eine Stadt, die nicht zerbombt wurde. Eine intakte Stadt. Aber warum gefällt es mir hier trotzdem nicht wirklich, obwohl es so reizend ist?
Dänemark hat sich eifrig zur Teilnahme am Irak-Krieg gemeldet und nimmt so wenig Flüchtlinge auf wie nur irgendwie möglich.
http://www.taz.de/!5473566/
Es scheint vielen Leuten hier gut zu gehen, den Leerflaschensammlern und Drogenopfern nicht so sehr, aber das ist wohl die allgegenwärtige unerträgliche Realität unseres Jahrhunderts.
Alles ist liebevoll designt, hygge.
"Hygge" ist ein Kernbestandteil der dänischen Tradition. Im Wesentlichen ist "Hygge" eine gemütliche, herzliche Atmosphäre, in der man das Gute des Lebens mit netten Leuten zusammen genießt. Das warme Licht der Kerzen ist "Hygge". Freunde und Familie gehören auch zur "Hygge". Und nicht zu vergessen das Essen und Trinken – das heißt für Dänen am liebsten mehrere Stunden am Tisch zu sitzen und sich gemeinsam mit den größeren und kleineren Dingen des Lebens auseinanderzusetzen. Vielleicht erklärt das dänische Phänomen "Hygge", wieso die Dänen oft als eines der glücklichsten Völker der Welt betrachtet werden? https://www.visitdenmark.de/de/daenemark/die-kunst-der-danischen-hygge Das ist es vielleicht, die Dänen sind mir einfach zu hygge, zu zufrieden.
Natürlich gab es auch Goya, El Greco, Velázquez und das heiße karge Kastillien, Toledo, die Mezquita Kathedrale von Cordoba mit ihren 856 Säulen und rechteckige, leckere Muscheln und Paella und eine romanische Schieferkirche auf einem Berg mit zierlichen Alabasterfenstern und und und. Aber nahezu keine Zeugnisse der Zeit vor der Reconquista, grad einen kleinen Davidstern hab ich gesehen. Und eben die riesige herrliche Säulenhalle, ehemals eine Moschee, in Cordoba, mit einer katholischen Kirche, die wie ein Geschwür in ihren Eingeweiden wuchert.
Der Escorial-Palast spartanisch und überfüllt zugleich, tickende Uhren in jedem Raum, Schutzteppiche über den alten Teppichen, doch trotzdem durfte mich mich nicht hinknien, um die Deckenbemalung zu betrachten.
Ab Tag sieben der Reise mutierte ich zu in einem geifernden Katholizismus-Hasser, der ex-faschistische Staatsbeamte in jeder zweiten Ecke vermutete. Blöd, ich weiß, aber mein Bauch herrscht manchmal über mein Hirn. In Barcelona ging es mir nicht so.
Jetzt Dänemark. Vor drei Jahren bin ich Stunden über Land gefahren und dachte nur: "Ist das langweilig!" Eine Wiese, folgt einer Wiese und diese wieder einer Wiese.
Kopenhagen ist hübsch. Ein bisschen wie Amsterdam, weil es viele Brücken gibt und Kanäle. Die Strassen gesäumt von Bürgerbauten mit zwei Stockwerken weniger als in Berlin, und einiges an Jugendstil und Art Deco. Eine Stadt, die nicht zerbombt wurde. Eine intakte Stadt. Aber warum gefällt es mir hier trotzdem nicht wirklich, obwohl es so reizend ist?
Dänemark hat sich eifrig zur Teilnahme am Irak-Krieg gemeldet und nimmt so wenig Flüchtlinge auf wie nur irgendwie möglich.
http://www.taz.de/!5473566/
Es scheint vielen Leuten hier gut zu gehen, den Leerflaschensammlern und Drogenopfern nicht so sehr, aber das ist wohl die allgegenwärtige unerträgliche Realität unseres Jahrhunderts.
Alles ist liebevoll designt, hygge.
"Hygge" ist ein Kernbestandteil der dänischen Tradition. Im Wesentlichen ist "Hygge" eine gemütliche, herzliche Atmosphäre, in der man das Gute des Lebens mit netten Leuten zusammen genießt. Das warme Licht der Kerzen ist "Hygge". Freunde und Familie gehören auch zur "Hygge". Und nicht zu vergessen das Essen und Trinken – das heißt für Dänen am liebsten mehrere Stunden am Tisch zu sitzen und sich gemeinsam mit den größeren und kleineren Dingen des Lebens auseinanderzusetzen. Vielleicht erklärt das dänische Phänomen "Hygge", wieso die Dänen oft als eines der glücklichsten Völker der Welt betrachtet werden? https://www.visitdenmark.de/de/daenemark/die-kunst-der-danischen-hygge Das ist es vielleicht, die Dänen sind mir einfach zu hygge, zu zufrieden.
HYGGE
Freitag, 9. Februar 2018
Ein weiblicher Dinosaurier mault
Älterer Mann mit entblößter Brust
Am liebsten beginnt Castorf seine Sätze mit dem Wort »Ich«. Und was hat er sich nicht alles schon genannt: Teutonischer Zuchtmeister! Postsozialistischer Beutelschneider! Oder einfach: Arschloch! Man weiß nie, was überwiegt bei diesen Selbstbezichtigungen: Narzissmus oder Selbstironie. Vielleicht sollte man sich Castorf tatsächlich als ein Arschloch vorstellen; allerdings als ein ziemlich liebenswürdiges.
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/43357/Sagen-Sie-jetzt-nichts-Frank-Castorf
Konzeptionsvortrag - Frank Castorf - Der Haarige Affe - Schauspielhaus Hamburg
Auf das obige Video bin ich zufällig durch Facebook gestoßen und habe es gänzlich fasziniert angesehen.
Der Mann weiß viel, kann es in klare Worte und logisch-nachvollziehbare Zusammenhänge fassen, seine eigenen Interessen formulieren und mir Denkansätze anbieten. Und danach ging es in die Proben. Er hat die Konstruktion des Stückes genau studiert und wird es nun sezieren, in Frage stellen, dekonstruieren. (Man bemerke die Schritte vor der Dekonstruktion!)
Er wird Spieler und Spielerinnen (Müßte hier, zu der und die, noch das Spieler zugefügt werden?) verführen, aufhetzen, in Schwierigkeiten bringen, über ihre Sicherheitsgrenzen willig oder widerspenstig stürmen lassen, sie ernst nehmen, sie ärgern, sie anschreien, sie anhimmeln, über sie lachen, mit ihnen lachen, an ihnen verzweifeln, sie an sich zweifeln machen. Die Spieler werden Angebote machen, sich verweigern, ausweichen, übers Ziel hinausschießen, tändeln, über sich hinauswachsen, schwitzen, weinen, flirten, ächzen.
Alle werden hart arbeiten.
Und wenn eine, der für das Theater zuständigen Musen es will, oder gar alle drei, Thalia und Melpomene und Terpsichore in seltener Einigkeit zustimmen, entsteht großartiges Theater.
Ich lese den Brief eines Teils der Mitarbeiter des Wiener Burgtheaters und den antwortenden Brief eines jungen Regisseurs und bin hin- und hergerissen. Ich mag Freundlichkeit auf Proben und werde selten laut. Aber was stört mich an diesen in ernsthafter Absicht geschriebenen Anklagen? Herrn Hartmann kenne ich nicht, Castorf schon, und er wird jetzt dauernd, auch noch mit Peymann in eine suppige Gruppe gepackt, die der alten, narzisstischen, größenwahnsinnigen Tyrannen. Und da haut was nicht hin, weder hinten noch vorn.
https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14966:machtmissbrauch-am-theater-der-regisseur-tim-tonndorf-entgegnet-dem-kritiker-michael-laages&catid=101&Itemid=84
Ich habe nur einmal mit Frank gearbeitet, eine tolle Arbeit, aber wir waren nicht wirklich für einander geeignet.
Aber wir alle wollten bei ihm spielen, und nicht des möglichen Ruhmes wegen, sondern weil wir wußten, wir würden etwas Besonderes mit ihm erleben, etwas Beunruhigendes, Erhellendes, Neues.
Auch Alex Lang war kein "netter" Regisseur, aber ein verflucht guter. Einmal wollte ich vor einer unserer Premieren nach Polen fliehen. Ich habe es nicht getan. Gott sei Dank.
Ich hatte liebevolle Regisseure ohne Vision und Mistkerle, die auch keine hatten. Aber die, die die sich nicht mit dem Naheliegendsten zufrieden geben wollten, waren immer anstrengend.
Nett sein ist kein Kriterium, ein Arschloch sein ist es auch nicht. Aber intensive, kreative Arbeit geht meist höchst merkwürdige Wege.
Wann hören wir auf, diese seltsam protestantisch-deutsche Haltung von "Wer arbeitet, muss leiden!" zu reproduzieren? schreibt Herr Tonndorf, ja wann? Nie.
Den leichten, weichen, in friedvoller Übereinstimmung stattfindenden Weg zur Wahrheit oder wenigstens einem Teil von ihr, gibt es nicht. Es gibt kein richtiges Leben im falschen, und keine Kunst ohne Mühe und Schweiß und Tränen und erschöpftes Lachen.
Warum machen wir diesen ganzen Quatsch? Was wollen wir erzählen? Wie wollen wir es erzählen? Warum überhaupt diese Faxen machen? Was wir tun ist der absurde Versuch den Schrecklichkeiten der Welt mit verspielter Verzweiflung zu begegnen. Und das soll leicht gehen?
Die meisten von uns haben Glück, wir dürfen tun, was wir tun wollen, ohne in lebengefährliche Situationen zu geraten. Es bleibt ein Spiel. Und das soll dann auch noch ohne Einsatz gespielt werden?
Freitag, 2. Februar 2018
Jüdische Frauen schreiben manchmal gute Bücher
Durch ein Zusammentreffen nicht erklärbarer Umstände lese ich zeitgleich drei Bücher von jüdischen Autorinnen. "Untergetaucht" von Marie Jalowicz Simon, "Unorthodox" von Deborah Feldman und, gerade fertig gelesen, "Die Gabe" von Naomi Aderman. Jeder Text auf seine Art heftig und konsequent.
"Untergetaucht" von Marie Jalowicz Simon
Eine junge bürgerliche zwanzigjährige Jüdin in Berlin im Jahr 1942: der Vater stirbt, ihre Bekannten und Verwandten erhalten ihre Deportationsbefehle, sie taucht unter, drei lange Jahre wird sie alles tun, um nicht gefangen zu werden. Alles, das liest sich leicht und lebt sich schwer. Ihr Überlebenswille ist bewunderungswürdig und, aus der sicheren Position des Nichtbedrohten, erschütternd fragwürdig. Nach der Befreiung bekommt sie eine Wohnung zugewiesen, schleppt ihre wenigen Habseligkeiten in einem Leiterwagen durch Berlin und schläft, das erste Mal in Jahren, erschöpft und in Sicherheit auf den Boden ihrer Küche ein.
"Unorthodox" von Deborah Feldman
Deborah wächst in einer ultraorthodoxen Satmar-Gemeinde in Williamsburg in New York auf. Ihr Rabbi sagt, dass der Holocaust Gottes Strafe für den nachlässigen Umgang der Gemeinde mit den jüdischen Lebensregeln war. Nur ein gottzugewandtes, die moderne Welt verneinende Leben böte Rettung, selbst Englisch zu sprechen, oder in Deborahs Fall, zu lesen, erzürnt Gott. Deborah tut ihr Bestes und kann doch nicht genügen.
Amazon sagt: Deborah Feldman führt uns bis an die Grenzen des Erträglichen, wenn sie von der strikten Unterwerfung unter die strengen Lebensgesetze erzählt, von Ausgrenzung, Armut, von der Unterdrückung der Frau, von ihrer Zwangsehe. Sie erzählt, wie sie den beispiellosen Mut und die ungeheure Kraft zum Verlassen der Gemeinde findet – um ihrem Sohn ein Leben in Freiheit zu ermöglichen.
Die eine erträgt Unfassbares, um zu überleben und die andere bezahlt für dieses Überleben einen hohen Preis. Schuld auf sich laden, Schuld abtragen, die eigentlich Schuldigen, kommen nur am Rande vor.
Und dann:
"Die Gabe" von Naomi Aderman
Bei Amazon heißt es: Es sind scheinbar gewöhnliche Alltagsszenen: ein nigerianisches Mädchen am Pool. Die Tochter einer Londoner Gangsterfamilie. Eine US-amerikanische Politikerin. Sie alle verbindet ein Geheimnis: Von heute auf morgen haben Frauen weltweit die Gabe (Macht) – sie können mit ihren Händen elektrische Stromstöße aussenden. Ein Ereignis, das die Machtverhältnisse und das Zusammenleben aller Menschen unaufhaltsam, unwiederbringlich und auf schmerzvolle Weise verändern wird.
Ein englischer Frauen-Sci-Fi-Roman der ungewöhnlichen Art. Im Original heißt er "Die Macht", im Deutschen "Die Gabe", Gott gebe mir Geduld mit hilfreichen Übersetzungen.
Fünfzehnjährige Mädchen können plötzlich durch das Erwachen eines stillgelegten Organs elektrische Stromstöße aussenden, sie sind von einem Tag auf den anderen unerhörterweise physisch stärker als Männer. Durch innigen körperlichen Kontakt können sie diese Fähigkeit auch in ihren Müttern erwecken. Die grundsätzliche Konstellation von starkem und schwachem Geschlecht gerät ins Wanken. Der englische Titel "Die Macht" trifft es viel genauer. Was passiert nun? Ein Briefwechsel, 5000 Jahre später diskutiert die Möglichkeit einer friedlicheren Gesellschaft, wenn Männer ihren friedvolleren, sanfteren Einfluss geltend machen könnten.
Opfer und Täter Profile werden durcheinandergeschüttelt. Wütende Frauen vergewaltigen Männer mit Hilfe von elektrischen Stößen erzeugter Willigkeit. Ist es nur Macht, die uns, egal welchen Geschlechts, korrumpiert? Wir schauen gern auf uns, die Frauen, als das 'schwächere', aber eben auch bessere Geschlecht. Was geschähe, wenn wir 'stärker' wären?
"Untergetaucht" von Marie Jalowicz Simon
Eine junge bürgerliche zwanzigjährige Jüdin in Berlin im Jahr 1942: der Vater stirbt, ihre Bekannten und Verwandten erhalten ihre Deportationsbefehle, sie taucht unter, drei lange Jahre wird sie alles tun, um nicht gefangen zu werden. Alles, das liest sich leicht und lebt sich schwer. Ihr Überlebenswille ist bewunderungswürdig und, aus der sicheren Position des Nichtbedrohten, erschütternd fragwürdig. Nach der Befreiung bekommt sie eine Wohnung zugewiesen, schleppt ihre wenigen Habseligkeiten in einem Leiterwagen durch Berlin und schläft, das erste Mal in Jahren, erschöpft und in Sicherheit auf den Boden ihrer Küche ein.
"Unorthodox" von Deborah Feldman
Deborah wächst in einer ultraorthodoxen Satmar-Gemeinde in Williamsburg in New York auf. Ihr Rabbi sagt, dass der Holocaust Gottes Strafe für den nachlässigen Umgang der Gemeinde mit den jüdischen Lebensregeln war. Nur ein gottzugewandtes, die moderne Welt verneinende Leben böte Rettung, selbst Englisch zu sprechen, oder in Deborahs Fall, zu lesen, erzürnt Gott. Deborah tut ihr Bestes und kann doch nicht genügen.
Amazon sagt: Deborah Feldman führt uns bis an die Grenzen des Erträglichen, wenn sie von der strikten Unterwerfung unter die strengen Lebensgesetze erzählt, von Ausgrenzung, Armut, von der Unterdrückung der Frau, von ihrer Zwangsehe. Sie erzählt, wie sie den beispiellosen Mut und die ungeheure Kraft zum Verlassen der Gemeinde findet – um ihrem Sohn ein Leben in Freiheit zu ermöglichen.
Die eine erträgt Unfassbares, um zu überleben und die andere bezahlt für dieses Überleben einen hohen Preis. Schuld auf sich laden, Schuld abtragen, die eigentlich Schuldigen, kommen nur am Rande vor.
Und dann:
"Die Gabe" von Naomi Aderman
Bei Amazon heißt es: Es sind scheinbar gewöhnliche Alltagsszenen: ein nigerianisches Mädchen am Pool. Die Tochter einer Londoner Gangsterfamilie. Eine US-amerikanische Politikerin. Sie alle verbindet ein Geheimnis: Von heute auf morgen haben Frauen weltweit die Gabe (Macht) – sie können mit ihren Händen elektrische Stromstöße aussenden. Ein Ereignis, das die Machtverhältnisse und das Zusammenleben aller Menschen unaufhaltsam, unwiederbringlich und auf schmerzvolle Weise verändern wird.
Ein englischer Frauen-Sci-Fi-Roman der ungewöhnlichen Art. Im Original heißt er "Die Macht", im Deutschen "Die Gabe", Gott gebe mir Geduld mit hilfreichen Übersetzungen.
Fünfzehnjährige Mädchen können plötzlich durch das Erwachen eines stillgelegten Organs elektrische Stromstöße aussenden, sie sind von einem Tag auf den anderen unerhörterweise physisch stärker als Männer. Durch innigen körperlichen Kontakt können sie diese Fähigkeit auch in ihren Müttern erwecken. Die grundsätzliche Konstellation von starkem und schwachem Geschlecht gerät ins Wanken. Der englische Titel "Die Macht" trifft es viel genauer. Was passiert nun? Ein Briefwechsel, 5000 Jahre später diskutiert die Möglichkeit einer friedlicheren Gesellschaft, wenn Männer ihren friedvolleren, sanfteren Einfluss geltend machen könnten.
Opfer und Täter Profile werden durcheinandergeschüttelt. Wütende Frauen vergewaltigen Männer mit Hilfe von elektrischen Stößen erzeugter Willigkeit. Ist es nur Macht, die uns, egal welchen Geschlechts, korrumpiert? Wir schauen gern auf uns, die Frauen, als das 'schwächere', aber eben auch bessere Geschlecht. Was geschähe, wenn wir 'stärker' wären?
Samstag, 27. Januar 2018
Die erwünschte und verfickte Kommentarfunktion
Ich habe Meinungen.
Eine große Menge von Meinungen.
Manche sind gut begründet.
Manche entstehen nur aus meinem Bauchgefühl heraus.
Mit manchen liege ich völlig daneben.
Die gesellschaftliche Explosionskraft der #metoo-Debatte habe ich mächtig unterschätzt. Solche Nachlässigkeit ist mir schon mit anderen sozialen Eiterherden unterlaufen. Ich selbst hatte Glück, blieb verschont, und habe darum nicht genau genug hingeschaut und aufmerksam genug zugehört.
ABER. Aber ich bin lernfähig.
Meistens.
Freunde mit geduldigen Zungen und klugen Köpfen reden mit mir, und selbst auf facebook hat mich, hin und wieder, eine Kommentatorin, ein Kommentator mit einer mir unbekannten, von mir vernachlässigten Sicht auf ein Problem dazu gebracht, eine meiner zahlreichen Meinungen zu überprüfen und zu verändern.
Aber. Aber was mich erzürnt, ankotzt, hilflos wütend macht, ist der selbstgerechte Alleinherrschaftsanspruch mancher Zeitgenossen auf die einzig wahre Wahrheit. In meinem Blog passiert das selten, auf Facebook des öfteren. Manchmal, ich gestehe es, poste ich dort eine Meinung, nur weil ich weiß, dass dann ein Wortschlachtfest beginnt. Shitstorm wird das im Neudeutschen benannt. Früher sagte man: "Now the shit has really hit the fan." = "Jetzt hat die Scheiße wirklich den Ventilator getroffen." Ein viel schöneres, weil bildlich nachvollziehbareres Bild.
Ich glaube, es ist verlockend, wenn das einzige Werkzeug, das man hat, ein Hammer ist, alles zu behandeln, als ob es ein Nagel wäre.
Der Psychologe Abraham Maslow 1966
Der Spruch ist geklaut von einem fb -Freund.
Und bin ich nicht willig, so brauchen sie Gewalt. Wortgewalt. Ideologie. Mir wird unterstellt blind, blöd, blasiert oder bloß unfähig zu sein, objektiv zu urteilen. Der Ton ist wohlwollend überlegen, mitfühlend herablassend oder fassungslos empört. Die Möglichkeit des "sowohl als auch" oder des "ja, aber" wird grundsätzlich ausgeschlossen.
Dieses entweder/oder hatte ich schon mal in der DDR, das akzeptiere ich nie wieder.
Es gibt Widersprüche. Es gibt Graubereiche. Nichts ist simpel, sicher und eingetütet.
Ich soll widerspruchslos glauben, dass Frauen nie lügen und Männer a priori nur Mißbrauch im Sinn haben? Nein, das glaube ich nicht.
Auch wenn ich weiß, dass in unserer Welt Frauen, die es wagen, die Wahrheit zu sagen, einen harten Stand haben. Und auch, dass es Männer gibt, die sich in der Gewißheit ihrer Machtfülle erdreisten, mit Hilfe von körperlicher und sozialer Überlegenheit, gewalttätigen Zwang auf verschreckte Opfer auszuüben.
Aber. Aber?
Ist es wahr, dass ich als weiße europäische Jüdin die Brutalität des Rassismus nicht verstehen kann, als verblendete, verwöhnte Frau die grundsätzliche Verächtlichkeit männlicher Sicht nicht erkennen kann, als fast 60-jährige nicht verstehen kann, wie schwer es junge Menschen heutzutage haben?
Woher nehmt ihr eure eherne Gewißheit, zu wissen was richtig und rechtens ist? Wir könnt ihr eure Ohren, Hirne so exakt ausrichten, dass nur noch Bestätigung und keinerlei Zweifel euch mehr erreicht? Der Hashtag "metoo" ist eine wahrhafte Erschütterung eingespielter Machtmuster. Aber würdigen wir die Opfer solchen Mißbrauchs, indem wir nun selber brutal und flächenabdeckend auf vermutete Meinungsabweichler in den eigenen Reihen einhacken?
Catherine Deneuve und ihre Mitunterzeichnerinnen schlagen gewisse Bedenken vor bezüglich des intergeschlechtlichen Umgangs und werden als Dolch-in-den-Rücken-der-Bewegung-Stoßende verhöhnt.
Jemand erwähnt den gerichtlichen Freispruch von Woody Allen und wird als Apologet sämtlicher pädophilen Mistkerle aller Zeiten gebrandmarkt.
NEIN. Nein, es ist nicht alles und jedes das Gleiche. Vergewaltigung ist ein zu bestrafendes Verbrechen. Nötigung durch Mißbrauch von sozialer Macht sollte es sein.
ABER.
Durch Machtmißbrauch sind Körper und Seelen zerstört oder schwer verletzt worden. Fakt. Und deshalb soll ich jetzt mild lächelnd zustimmen, wenn dumme Frauen, ja, die gibt es auch, die Gelegenheit nutzen, um ihre elitäre Denkfaulheit in Politik zu verwandeln? Kunst soll nun ein Ort der objektiv ausgewogenen, von keiner Leidenschaft berührten, erotikfreien Betätigung sein. Kunst?
Wer von uns könnte/wollte das? Jeden Tag, den wir leben, begehren wir, mißachten wir. Wir sind Menschen. Mann, Frau, Transgender, Homo, Lesbe, und was es der erotischen und gelebten Möglichkeiten noch geben mag, geben wird, wir irren während wir schaffen, wir erschaffen, selbst im besten Falle, keine gegen jeden ideologischen Einwand verteidigbaren Werke. Schuld ist ein elementarer Teil von Kunst und ein Teil ihrer Wahrheit.
Und, nebenbei, ein Künstler und sein Werk sind nicht deckungsgleich.
meinen
Vb. ‘eine bestimmte Ansicht haben, annehmen, denken’, ahd. meinen (8. Jh.), mhd. meinen ‘sinnen, (nach)denken, seine Gedanken auf etw. richten, (feindlich oder freundlich) gesinnt sein, einem etw. angenehm machen’, asächs. mēnian, mnd. mēnen, mnl. mēnen, mienen, meinen, nl. menen, aengl. mǣnan, auch ‘klagen’, engl. to mean (germ. *mainjan) sind verwandt mit air. mīan ‘Wunsch, Verlangen’, aslaw. měniti ‘meinen, glauben, erwähnen, halten für’, poln. mienić ‘meinen, glauben’. Erschließbar ist ie. *mein-, *moin- ‘Meinung, Absicht, meinen’. Die Bedeutung ‘seine Gedanken auf etw. richten, (freundlich) gesinnt sein’ entwickelt sich im Mhd. weiter zu ‘lieben’, die in Prosatexten bis ins 17. Jh., in der gereimten Dichtung bis ins 19. Jh. (Freiheit, die ich meine, Schenkendorf) bewahrt wird. Meinung f. ‘Ansicht, Gesinnung’, ahd. meinunga (um 1000), mhd. meinunge ‘Sinn, Bedeutung, Gedanke, Gesinnung, Absicht, freundliche Gesinnung, Liebe’. vermeinen Vb. ‘(fälschlich) annehmen’, ahd. firmeinen ‘darlegen, beweisen’ (9. Jh.), mhd. vermeinen ‘denken, wollen, hoffen, zudenken, zurückweisen’. vermeintlich Adj. ‘(irrtümlich) angenommen, angeblich’ (16. Jh.)
DWDS
Dienstag, 23. Januar 2018
Ein poetischer Vorgang? - Ein Beitrag in wilkürlichen Zitaten.
"Dieses Gedicht reproduziert nicht nur eine klassische patriarchale
Kunsttradition, in der Frauen* ausschließlich die schönen Musen sind,
die männliche Künstler zu kreativen Taten inspirieren, es erinnert zudem
unangenehm an sexuelle Belästigung, der Frauen* alltäglich ausgesetzt
sind."
Offener Brief: Stellungnahme zum Gedicht Eugen Gomringers
*Das Gender-Sternchen kann gebraucht werden wie das Gender Gap. Das Sternchen wird im Computerbereich schon lange als Platzhalter
genutzt und zeigt also an, dass dort noch andere Zeichen hinkönnen. Wenn wir es hinter
die Worte "Frau", "Mann", usw. schreiben, soll es vor allem anzeigen, dass es sich um soziale Konstruktionen handelt (nicht um unveränderliche "biologische" Wahrheiten).
Im heftigen Streit um das Gedicht von Eugen Gomringer an der Fassade der
Alice-Salomon-Hochschule (ASH) in Berlin-Hellersdorf ist eine
Entscheidung gefallen. Der Akademische Senat der Hochschule beschloss
auf seiner Sitzung am Dienstag, dass auf der Fassade im Zuge der sowieso
anstehenden Sanierung im Herbst 2018 ein Gedicht der Lyrikerin Barbara Köhler
angebracht wird. Köhler wurde im vergangenen Jahr mit dem Alice Salomon
Poetikpreis ausgezeichnet. Alle fünf Jahre soll auf der Fassade dann
ein Werk eines anderen Salomon-Preisträgers gezeigt werden.
Tagesspiegel 23.1.2018
Alleen
Alleen und Blumen
Alleen und Blumen
Blumen
Blumen und Frauen
Blumen und Frauen
Alleen
Alleen und Frauen
Alleen und Blumen und Frauen und
ein Bewunderer.
Eugen Gomringer
Der Akademische Senat der Alice-Salomon-Hochschule hatte sich im Sommer 2016 für eine Neugestaltung der Fassade ausgesprochen, nachdem der Asta das Gedicht an diesem Platz in Frage gestellt hatte. Es reproduziere "nicht nur eine klassische patriarchale Kunsttradition, in der Frauen* ausschließlich die schönen Musen sind, die männliche Künstler zu kreativen Taten inspirieren, es erinnert zudem unangenehm an sexuelle Belästigung, der Frauen* alltäglich ausgesetzt sind"
Tagesspiegel 23.1.2018
http://www.tlz.de/web/zgt/kultur/detail/-/specific/Vom-Vers-zur-Konstellation-und-zurueck-1376958631
https://www.berliner-zeitung.de/berlin/gromringer-gedicht--die-alice-salomon-hochschule-entscheidet-gegen-die-kunst-29546600
"Die U-Bahn-Station Hellersdorf und der Alice-Salomon-Platz sind vor allem zu späterer Stunde sehr männlich dominierte Orte, an denen Frauen* sich nicht immer wohl fühlen können. Dieses Gedicht dabei anzuschauen wirkt wie eine Farce und eine Erinnerung daran, dass objektivierende und potentiell übergriffige und sexualisierende Blicke überall sein können."
...
"Unsere Forderungen stellen wir nicht nur als Frauen*, sondern vor allem auch als Studierende einer „Hochschule mit emanzipatorischem Anspruch[, die] dem gesellschaftlichen Auftrag Sozialer Gerechtigkeit und kritischer Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Entwicklungen verpflichtet" (zit. nach: http://www.ash-berlin.eu/profil/leitbild/) ist."
Offener Brief: Stellungnahme zum Gedicht Eugen Gomringers
Alleen und Frauen
Alleen und Blumen und Frauen und
ein Bewunderer.
Eugen Gomringer
Der Akademische Senat der Alice-Salomon-Hochschule hatte sich im Sommer 2016 für eine Neugestaltung der Fassade ausgesprochen, nachdem der Asta das Gedicht an diesem Platz in Frage gestellt hatte. Es reproduziere "nicht nur eine klassische patriarchale Kunsttradition, in der Frauen* ausschließlich die schönen Musen sind, die männliche Künstler zu kreativen Taten inspirieren, es erinnert zudem unangenehm an sexuelle Belästigung, der Frauen* alltäglich ausgesetzt sind"
Tagesspiegel 23.1.2018
http://www.tlz.de/web/zgt/kultur/detail/-/specific/Vom-Vers-zur-Konstellation-und-zurueck-1376958631
https://www.berliner-zeitung.de/berlin/gromringer-gedicht--die-alice-salomon-hochschule-entscheidet-gegen-die-kunst-29546600
"Die U-Bahn-Station Hellersdorf und der Alice-Salomon-Platz sind vor allem zu späterer Stunde sehr männlich dominierte Orte, an denen Frauen* sich nicht immer wohl fühlen können. Dieses Gedicht dabei anzuschauen wirkt wie eine Farce und eine Erinnerung daran, dass objektivierende und potentiell übergriffige und sexualisierende Blicke überall sein können."
...
"Unsere Forderungen stellen wir nicht nur als Frauen*, sondern vor allem auch als Studierende einer „Hochschule mit emanzipatorischem Anspruch[, die] dem gesellschaftlichen Auftrag Sozialer Gerechtigkeit und kritischer Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Entwicklungen verpflichtet" (zit. nach: http://www.ash-berlin.eu/profil/leitbild/) ist."
Offener Brief: Stellungnahme zum Gedicht Eugen Gomringers
Alice Salomon bei der Eröffnungsfeier im
Pestalozzi-Fröbelhaus am 15. Oktober 1908
"In unsichtbaren Lettern steht für mich über der Tür unserer Schule, die sich heut zum ersten Mal so vielen geöffnet hat, denen sie fortan Mittelpunkt des Lebens werden soll, das Wort Carlyles: „Gesegnet, wer seine Arbeit gefunden hat!“ Das Wort enthält im Grunde alles, was ich in dieser feierlichen Stunde unseren Schülerinnen sagen kann: Zweck und Ziel unserer Schule, und all die guten Wünsche, die wir für ihre Entwicklung hegen. Zweck und Ziel der Schule. Denn diese ist entstanden und soll der Aufgabe dienen, den Mädchen und Frauen unserer Stadt, unseres Volkes Arbeit zu geben. Arbeit, das heißt nicht Beschäftigung, nicht Zeitvertreib, sondern eine Tätigkeit, die nicht nur ihre Zeit – sondern auch ihre Gedanken, ihr Interesse in Anspruch nimmt; die zunächst für einige Jahre den Inhalt ihres Lebens ausmachen soll, um den herum alles andere, was das Leben ihnen an Freuden, Genüssen, Anregungen bietet, sich nur – gleichsam wie eine schmückende Arabeske – als Beiwerk gruppiert. Arbeit, die sie nicht nur erfüllt, solange sie als Schülerinnen in diesem Hause ein- und ausgehen; sondern Arbeit, die sie mit hinausnehmen, wenn sie die Schule verlassen, als einen Teil ihres Lebens, der nicht zugrunde gehen kann, der zu ihnen gehört, der ihre Lebensauffassung und ihr
"In unsichtbaren Lettern steht für mich über der Tür unserer Schule, die sich heut zum ersten Mal so vielen geöffnet hat, denen sie fortan Mittelpunkt des Lebens werden soll, das Wort Carlyles: „Gesegnet, wer seine Arbeit gefunden hat!“ Das Wort enthält im Grunde alles, was ich in dieser feierlichen Stunde unseren Schülerinnen sagen kann: Zweck und Ziel unserer Schule, und all die guten Wünsche, die wir für ihre Entwicklung hegen. Zweck und Ziel der Schule. Denn diese ist entstanden und soll der Aufgabe dienen, den Mädchen und Frauen unserer Stadt, unseres Volkes Arbeit zu geben. Arbeit, das heißt nicht Beschäftigung, nicht Zeitvertreib, sondern eine Tätigkeit, die nicht nur ihre Zeit – sondern auch ihre Gedanken, ihr Interesse in Anspruch nimmt; die zunächst für einige Jahre den Inhalt ihres Lebens ausmachen soll, um den herum alles andere, was das Leben ihnen an Freuden, Genüssen, Anregungen bietet, sich nur – gleichsam wie eine schmückende Arabeske – als Beiwerk gruppiert. Arbeit, die sie nicht nur erfüllt, solange sie als Schülerinnen in diesem Hause ein- und ausgehen; sondern Arbeit, die sie mit hinausnehmen, wenn sie die Schule verlassen, als einen Teil ihres Lebens, der nicht zugrunde gehen kann, der zu ihnen gehört, der ihre Lebensauffassung und ihr
Montag, 22. Januar 2018
"Dickicht" nach Brecht am Maxim-Gorki-Theater
Ich habe die Tiere beobachtet. Die Liebe, Wärme aus Körpernähe, ist unsere einzige Gnade in der Finsternis! Aber die Vereinigung der Organe ist die einzige, sie überbrückt nicht die Entzweiung der Sprache. Dennoch vereinigen sie sich, Wesen zu erzeugen, die ihnen in ihrer trostlosen Vereinzelung beistehen möchten. Und die Generationen blicken sich kalt in die Augen.
...
Das Chaos ist aufgebraucht. Es war die beste Zeit.
---------------------------------------------------------
Heute abend Sebastian Baumgartens "Dickicht" nach Brecht im Maxim-Gorki-Theater: in den ersten dreissig Minuten war ich beglückt und hellwach, über die folgenden anderthalb Stunden verging das. Die Grundkonstellation von stummfilmartigen Filmszenen, die live von sitzenden Spielern gesprochen werden und expressionistisch zitierten Spielszenen von den einheitlich in Schwarz gekleideten Spielern ist toll, macht den Kopf aufmerksam und erfreut die Augen, aber das Halbdunkel ermüdet über die Zeit. Das tückische an großen Einfällen ist oft, dass sie zum Zwangskorsett werden. Sie erzwingen Wiederholungen, können das Beabsichtigte, das was erzählt werden soll, unter ihrer Ästhetik-Walze erdrücken. Und dann ist da noch ein Phänomen, dem ich schon des öfteren, auch in eigenen Arbeiten begegnet bin, der Sprechton der Spieler gleicht sich an, ich nenne es den monotonen Heiner-Müller-Rufgestus, der sich gerade bei gut gearbeiteten Ensemble Stücken wie eine Infektion einschleichen kann. Jeder nimmt von jedem ab und dann klingen alle irgendwie gleich.
Manno sind die Spieler von unterschiedlicher Qualität! Ein S-Fehler hier, Krampfhände da, ein bisschen Genuschel, eine Kinski-Doublette und einiges, das großartig war.
---------------------------------------------------------
---------------------------------------------------------
Es gibt Stücke, die erwischen einen wie Liebe, oft plötzlich, manchmal dauerhaft. Diese Verliebtheit sieht das wahre Stück, nicht das mit Fehlern, Längen, dramaturgischen Schwächen behaftete, das andere sehen mögen.
"Im Dickicht" ist einer meiner älteren Liebhaber. 1971 hat Ruth Berghaus die zweite, geordnete, gekürzte Fassung von 1927 "Im Dickicht der Städte" am BE inszeniert. Karg, genau, sezierend. Ich war gebannt. Las viele Jahre später die Urfassung, verstand nix und verfiel ihr doch. Ein Wust. Eine Wucht. Ein gigantomanischer Zwergriese. Zwischen 1920 und 24 geschrieben, was heißt der Dichter war jung. Ein Augsburger Bürgersohn liest Upton Sinclairs "Dschungel", der Roman wird auch die "Johanna der Schlachthöfe" füttern, er sieht die Welt um sich herum und sie gefällt ihm nicht, er kotzt Sprache. Manche Sätze sind wunderbar und machen keinen Sinn, es gibt sie, weil sie schön sind. Brecht ist hier noch nicht der Hegel/Marx geschulte Epiker späterer Jahre, Expressionismus und Boxkampf, Amerikasehnsüchte und Männerliebe dampfen aus ihm und natürlich großes Talent.
Es ist eine Liebesgeschichte. Eine verzweifelte, eine tiefe.
Eine meiner geliebtesten Arbeiten und gleichzeitig größten Mißerfolge war eben dieses "Dickicht" in einem magischen Bühnenbild von Philip Stoelzl.
"In diesem Stück wird um bürgerliches Erbe mit teilweise unbürgerlichen Mitteln ein äußerster, wildester, zerreißender Kampf geführt. Es war die Wildheit, die mich an diesem Kampf interessierte, und da in diesen Jahren (nach 1920) der Sport, besonders der Boxsport mir Spaß bereitete, als eine der ›großen mythischen Vergnügungen der Riesenstädte von jenseits des großen Teiches‹, sollte in meinem neuen Stück ein ›Kampf an sich‹, ein Kampf ohne andere Ursache als den Spaß am Kampf, mit keinem anderen Ziel als der Festlegung des ›besseren Mannes‹ ausgefochten werden." b.b.
bb
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Das Chaos ist aufgebraucht. Es war die beste Zeit.
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Heute abend Sebastian Baumgartens "Dickicht" nach Brecht im Maxim-Gorki-Theater: in den ersten dreissig Minuten war ich beglückt und hellwach, über die folgenden anderthalb Stunden verging das. Die Grundkonstellation von stummfilmartigen Filmszenen, die live von sitzenden Spielern gesprochen werden und expressionistisch zitierten Spielszenen von den einheitlich in Schwarz gekleideten Spielern ist toll, macht den Kopf aufmerksam und erfreut die Augen, aber das Halbdunkel ermüdet über die Zeit. Das tückische an großen Einfällen ist oft, dass sie zum Zwangskorsett werden. Sie erzwingen Wiederholungen, können das Beabsichtigte, das was erzählt werden soll, unter ihrer Ästhetik-Walze erdrücken. Und dann ist da noch ein Phänomen, dem ich schon des öfteren, auch in eigenen Arbeiten begegnet bin, der Sprechton der Spieler gleicht sich an, ich nenne es den monotonen Heiner-Müller-Rufgestus, der sich gerade bei gut gearbeiteten Ensemble Stücken wie eine Infektion einschleichen kann. Jeder nimmt von jedem ab und dann klingen alle irgendwie gleich.
Manno sind die Spieler von unterschiedlicher Qualität! Ein S-Fehler hier, Krampfhände da, ein bisschen Genuschel, eine Kinski-Doublette und einiges, das großartig war.
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Es gibt Stücke, die erwischen einen wie Liebe, oft plötzlich, manchmal dauerhaft. Diese Verliebtheit sieht das wahre Stück, nicht das mit Fehlern, Längen, dramaturgischen Schwächen behaftete, das andere sehen mögen.
"Im Dickicht" ist einer meiner älteren Liebhaber. 1971 hat Ruth Berghaus die zweite, geordnete, gekürzte Fassung von 1927 "Im Dickicht der Städte" am BE inszeniert. Karg, genau, sezierend. Ich war gebannt. Las viele Jahre später die Urfassung, verstand nix und verfiel ihr doch. Ein Wust. Eine Wucht. Ein gigantomanischer Zwergriese. Zwischen 1920 und 24 geschrieben, was heißt der Dichter war jung. Ein Augsburger Bürgersohn liest Upton Sinclairs "Dschungel", der Roman wird auch die "Johanna der Schlachthöfe" füttern, er sieht die Welt um sich herum und sie gefällt ihm nicht, er kotzt Sprache. Manche Sätze sind wunderbar und machen keinen Sinn, es gibt sie, weil sie schön sind. Brecht ist hier noch nicht der Hegel/Marx geschulte Epiker späterer Jahre, Expressionismus und Boxkampf, Amerikasehnsüchte und Männerliebe dampfen aus ihm und natürlich großes Talent.
Es ist eine Liebesgeschichte. Eine verzweifelte, eine tiefe.
Eine meiner geliebtesten Arbeiten und gleichzeitig größten Mißerfolge war eben dieses "Dickicht" in einem magischen Bühnenbild von Philip Stoelzl.
"In diesem Stück wird um bürgerliches Erbe mit teilweise unbürgerlichen Mitteln ein äußerster, wildester, zerreißender Kampf geführt. Es war die Wildheit, die mich an diesem Kampf interessierte, und da in diesen Jahren (nach 1920) der Sport, besonders der Boxsport mir Spaß bereitete, als eine der ›großen mythischen Vergnügungen der Riesenstädte von jenseits des großen Teiches‹, sollte in meinem neuen Stück ein ›Kampf an sich‹, ein Kampf ohne andere Ursache als den Spaß am Kampf, mit keinem anderen Ziel als der Festlegung des ›besseren Mannes‹ ausgefochten werden." b.b.
bb
Donnerstag, 18. Januar 2018
Max Beckmann findet Unterschlupf in Amsterdam
MAX BECKMANN. WELTTHEATER
Eine Ausstellung der Kunsthalle Bremen und des Museums Barberini, Potsdam. In Potsdam ist die Ausstellung vom 24. Februar bis 10. Juni 2018 zu sehen.
1884 -1950
Er war 30, als der Erste und 49, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. "Meine Kunst kriegt hier zu fressen", sagte er 1919. Er erlebte das Grauen als Ambulanzfahrer und feuerte nie einen Schuß ab. 1937 nach der Rundfunkübertragung von Hitlers Rede zur Eröffnung der Großen Deutschen Kunstausstellung in München, die auch seine Arbeiten zu entarteter Kunst erklärte, verließ er Deutschland für immer und "unterschlüpfte" in Amsterdam. Nach New York ließ man ihn erst 1947 reisen.
Meine Familie fuhr zurück, er fuhr westwärts.
Diese Kriege haben ihn Kraft gekostet, er starb an einem Herzinfarkt auf der Straße, genauer Central Park West, 61st Street. Gemalt, gezeichnet, geschaffen hat er immer, auch wenn er rein gar nichts verkaufen durfte und konnte.
DWDS: schlüpfen = 'sich gleitend (durch enge Öffnungen) fortbewegen, sich schnell und geschmeidig bewegen', ahd. intsluphen 'entkommen, entschwinden'.
Felix Oestreicher
Naderhand - Nachher - Afterward
WIKI sagt: Als
der Verlorene Zug wird der letzte von drei Zügen bezeichnet, mit denen
während der Zeit des Nationalsozialismus in der Endphase des Zweiten
Weltkrieges Häftlinge vom Konzentrationslager Bergen-Belsen
abtransportiert wurden, als sich die britischen Truppen dem Lager
näherten...
Der letzte dieser drei Züge fuhr am 13. April 1945 ab und hielt schließlich nach einer Irrfahrt durch noch unbesetzte Teile Deutschlands in der Nähe der brandenburgischen Gemeinde Tröbitz auf offener Strecke an. Am 23. April 1945 fanden vorrückende Truppen der Roten Armee den Zug und befreiten die Häftlinge aus den Waggons. Etwa 200 von ihnen hatten die Fahrt nicht überlebt. In den nachfolgenden Wochen starben weitere 320 Menschen an den Nachwirkungen des Todestransports durch eine Epidemie.
Eine Ausstellung der Kunsthalle Bremen und des Museums Barberini, Potsdam. In Potsdam ist die Ausstellung vom 24. Februar bis 10. Juni 2018 zu sehen.
1884 -1950
Er war 30, als der Erste und 49, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. "Meine Kunst kriegt hier zu fressen", sagte er 1919. Er erlebte das Grauen als Ambulanzfahrer und feuerte nie einen Schuß ab. 1937 nach der Rundfunkübertragung von Hitlers Rede zur Eröffnung der Großen Deutschen Kunstausstellung in München, die auch seine Arbeiten zu entarteter Kunst erklärte, verließ er Deutschland für immer und "unterschlüpfte" in Amsterdam. Nach New York ließ man ihn erst 1947 reisen.
Meine Familie fuhr zurück, er fuhr westwärts.
Diese Kriege haben ihn Kraft gekostet, er starb an einem Herzinfarkt auf der Straße, genauer Central Park West, 61st Street. Gemalt, gezeichnet, geschaffen hat er immer, auch wenn er rein gar nichts verkaufen durfte und konnte.
DWDS: schlüpfen = 'sich gleitend (durch enge Öffnungen) fortbewegen, sich schnell und geschmeidig bewegen', ahd. intsluphen 'entkommen, entschwinden'.
Les Artistes mit Gemüse
1943
Da
sitzen sie, schauen ernst und frieren, als Gastgeschenk Lebensmittel in
den Händen, nur Beckmann selbst hält einen Spiegel, der aber spiegelt nicht
ihn, sondern etwas Fremdes, Bedrohliches. Ihre Kleider sind einmal
elegant gewesen, bis auf die rote Wollmütze des Mannes mit dem Fisch. Im
Bild hinten an der Wand brennt es.
Wie
unvorstellbar. Dein Land schließt dich aus, verneint dich, macht dich
verächtlich. Du, ein Deutscher, bist nun ein Ungewollter, ein Fremder.
Du gehst, rennst, fliehst. Und schaust aus der Fremde zu, wie dein Land
die Welt mit Krieg überzieht. Und du malst, zeichnest, holzschneidest.
Keiner kauft deine Bilder. Keiner wagt es.
Totentanz
Ich frag mich oft, bin das denn ich,
Dem dieses alles widerfährt.
Nur Schatten sind wir unser selbst,
[...] Schatten gehen viel,
Ganz langsam, schlürfend Schritt für Schritt,
Gesenkten Kopfes schleichen wir.
Doch viele liegen stumpf im Bett,
Zum Lesen fehlt uns das Buch,
Zum Denken fehlt uns die Kraft.
Die trüben Augen sehen nicht,
Die Ohren hören nur ein Wort.
Gamellen kommen, Essenszeit:
Dann kommt Bewegung in den Leib,
Die keiner Kapo Schlag erzwingt.
Doch vielen fehlt auch jetzt die Kraft,
Die meisten holt Durchfall und Laus,
Und täglich schafft man sieben weg
Mit Karre und Wagen im offnen Sarg.
Ein Trüppchen Frauen hinterdrein,
Ein kurz Gebet, das ist der Schluß.
Ich frag mich oft, bin das denn ich,
Dem dieses alles widerfährt.
Nur Schatten sind wir unser selbst,
[...] Schatten gehen viel,
Ganz langsam, schlürfend Schritt für Schritt,
Gesenkten Kopfes schleichen wir.
Doch viele liegen stumpf im Bett,
Zum Lesen fehlt uns das Buch,
Zum Denken fehlt uns die Kraft.
Die trüben Augen sehen nicht,
Die Ohren hören nur ein Wort.
Gamellen kommen, Essenszeit:
Dann kommt Bewegung in den Leib,
Die keiner Kapo Schlag erzwingt.
Doch vielen fehlt auch jetzt die Kraft,
Die meisten holt Durchfall und Laus,
Und täglich schafft man sieben weg
Mit Karre und Wagen im offnen Sarg.
Ein Trüppchen Frauen hinterdrein,
Ein kurz Gebet, das ist der Schluß.
Felix Oestreicher
Naderhand - Nachher - Afterward
Im Jahr 1937 beginnt Felix Östreicher mit dem Schreiben seiner
„Drillingsberichte“; Briefe, die seine Familie über die Entwicklung seiner
Töchter auf dem Laufenden halten. In diesen unsicheren Zeiten zieht die Familie
von Karlsbad in die Niederlande. Der Versuch, eine Auswanderung über die
Grenzen Europas hinweg zu regeln, scheitert. Im November 1943 wird die Familie
verhaftet und gemeinsam mit Felix´ Mutter, jedoch ohne seine Tochter Helli,
nach Westerbork und später nach Bergen-Belsen deportiert. Felix beginnt in
Westerbork mit einem Tagebuch, das auch selbstverfasste Gedichte enthält.
Später wurden das Tagebuch und die Gedichte in Buchform veröffentlicht. Kurz
vor der Befreiung aus Bergen-Belsen wird die Familie zusammen mit vielen
anderen Juden aus Bergen-Belsen in einen Transport Richtung Osten gesetzt. Der
Zug strandet in Tröbitz und wird Ende April 1945 von den Russen befreit. Felix,
Gerda, Maria und Beate leben dort für einige Zeit in Freiheit. Geschwächt durch
das Konzentrationslager stirbt Gerda jedoch am 31. Mai an Fleckfieber. Ihr Mann
Felix folgt ihr einige Tage später, am 9. Juni 1945 und stirbt ebenfalls an
Fleckfieber.
Der letzte dieser drei Züge fuhr am 13. April 1945 ab und hielt schließlich nach einer Irrfahrt durch noch unbesetzte Teile Deutschlands in der Nähe der brandenburgischen Gemeinde Tröbitz auf offener Strecke an. Am 23. April 1945 fanden vorrückende Truppen der Roten Armee den Zug und befreiten die Häftlinge aus den Waggons. Etwa 200 von ihnen hatten die Fahrt nicht überlebt. In den nachfolgenden Wochen starben weitere 320 Menschen an den Nachwirkungen des Todestransports durch eine Epidemie.
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