Mittwoch, 6. Februar 2013

Sengai Gibon - Fast Nichts



Mit was soll ich dies unser Leben vergleichen?
Schon bevor ich sagen kann
es ist wie ein Blitzschlag oder ein Tautropfen
ist es nicht mehr. 

To what shall I compare this life of ours?
Even before I can say
it is like a lightning flash or a dewdrop
it is no more.
 

Sengai


Frosch und Schlange

   Wiki schreibt: 


 Sengai Gibon (jap. 仙厓 義梵; * 1750; † 1837) 
 war ein japanischer Mönch der Rinzai-shū, was eine der 
 drei japanischen Schulen des Zen-Buddhismus ist. Er war 
 bekannt für seine kontroversen Lehren und Schriften, und 
 auch für seine unbeschwerten sumi-e-Gemälde. Nachdem er 
 die Hälfte seines Lebens in Nagata nahe Yokohama verbracht 
 hatte, zog er sich in den Shōfuku-ji, den ersten Zen-Tempel 
 in Japan, zurück, wo er den Rest seines Lebens verbrachte.
 Obgleich die Rinzai-shū besonders für ihre schwer verständlichen  
 Lehren bekannt war, versuchte Sengai, sie der Öffentlichkeit 
 zugänglich zu machen.
 Eines seiner berühmtesten Gemälde zeigt einen Kreis, ein Quadrat 
 und ein Dreieck, was die Japaner gewöhnlich mit „richtig“, 
 „halb-richtig“ und „falsch“ verbinden.


 Sengai Shibayama: Das Universum 

Das Kreis-Dreieck-Viereck ist Sengais geistige Vorstellung des Universums. 
Der Kreis stellt das Unendliche dar, und das Unendliche ist die Basis alles Seienden. 
Das Unendliche jedoch ist in sich selbst formlos. 
Wir Menschen, die mit Sinnen und Intellekt ausgestattet sind, verlangen nach greifbaren Formen. Daher das Dreieck. 
Das Dreieck ist der Beginn aller Formen. Aus ihm kommt zuerst das Viereck. Ein Viereck ist ein verdoppeltes Dreieck. 
Dieser Verdopplungsprozess setzt sich unendlich fort, und so gelangen wir zur Vielheit der Dinge, welche die chinesischen Philosophen "die zehntausend Dinge" - das ist das Universum - nennen.

Aus dem Originaltext von Dr. Daisetz T. Suzuki
übersetzt von Eva van Hoboken
 

Kreis, Dreieck, Viereck

Der meditierende Frosch 

 Tiger
 

Dienstag, 5. Februar 2013

e.e. cummings - der mond versteckt sich in


der mond versteckt sich in
ihrem haar.
Die lilie
des himmels
voll von allen träumen
sinkt herab.
 
bedecke ihre kürze mit singen
schließe sie mit kunstvollen matten vögeln
bei gänseblümchen und dämmerungen
Vertiefe sie,
 
Rezitiere
auf ihr
fleisch
des regens

perlen einzeln-flüsternd.

Jackson Pollock Die Mond-Frau
1942 Peggy Guggenheim Sammlung, Venedig

the moon is hiding in
her hair.
The
lily
of heaven
full of all dreams,
draws down.

cover her briefness in singing
close her with intricate faint birds
by daisies and twilights
Deepen her,

Recite
upon her
flesh
the rain's

pearls singly-whispering.

e. e. cummings

Montag, 4. Februar 2013

Theater hat auch Buhrufe


   Gott ist ein Komödiant, der vor einem Publikum spielt, das zu ängstlich zum Lachen 

   ist. 
   Voltaire

   Die Macht des Zuschauers.

   Er kann wegbleiben. Einfach, deutlich, tödlich.
   Er kann weggehen, das bedarf eines Entschlusses und eines gewissen Mutes. 
   Er kann einschlafen, wenn es auf der Bühne nicht allzu plötzlich laut wird, und dies ist 
   eine beliebte Ausweichvariante zwangsverschleppter Ehemänner und kunstbeflissener,
   doch gestresster Workoholics. Er kann das Klatschen, den begehrten Applaus
   verweigern oder zumindest nur matt und verlangsamt die Hände aneinander schlagen.
   Und er kann pfeifen, buhen, brüllen, jubeln und, im schlimmen Fall, rythmisch 
   applaudieren.
    
   Der Zuschauer.
   Ziel aller unserer Bemühungen, manchmal fast verschwunden unter der Last 
   des alltäglichen Theatertrottes und der inzestuösen feuilletonbesessnen Egomanien,
   denen wir gelegentlich verfallen. Er allein macht aus dem Spieler, einen Schau-Spieler.
   Der Zuschauer schaut oder schaut halt nicht, er begreift oder entzieht sich, er hat die 
   Entscheidungsgewalt zum Zeitpunkt der Offenlegung aller unserer Bemühungen. 
   Er ist vorgefüttert mit Klischees und Erwartungen, er ist konservativ, übersättigt, 
   faul oder überraschbar, dumm oder klug - er ist der eigentliche Theatergott und 
   wird angebetet und verachtet zugleich. 
   "Das sind ja nur die Apotheker/Notare/Optiker = die Abonnenten, der gutbürgerliche 
   Mittelstand!"," Heute ist der Saal halbleer, was haben wir falsch gemacht? " Keiner liebt 
   mich!"Kennt ihr Blumenkohlvorstellungen, eng verbunden mit dem Zwischenruf:
   "Könnten sie bitte etwas lauter sprechen?" Weißes Haupthaar wird gleichgesetzt 
   mit der  möglicherweise letzten Generation der Interessierten. Wir brauchen sie und 
   fürchten sie.
   
  
   Jeder einzelne im Publikum ist ein Esel, aber alle zusammen sind sie die Stimme 
   Gottes.
   Franz Liszt 
    
   2. Februar 2013, Ingolstadt, Premiere von " Die Verschwörung des Fiesco zu 
   Genua" von Friedrich Schiller 

   Das  Stück, produziert unter extremer Zeitbeschränkung läuft, war schon mal lockerer,

   wird wieder entspannter werden, wenn der Premierenüberdruck raus ist. Schlußapplaus,
   Es gibt Bravos fürs Ensemble und gut durchmischt Zuwendung und Ablehnung, sprich
   "Buhs" für die Regisseurin, sprich mich.

   Erst ein Schreck, dann der Gedanke, fair sind sie, können unterscheiden zwischen

   Konzept und Spieler. Und schließlich bemerke ich, wie selten ich diesen klaren, ent-
   schiedenen Laut in letzter Zeit gehört habe. Nicht nur bei meinen Arbeiten, sondern 
   überhaupt im Theater. Viel Applaus, oft Gepfeife, Bravos, viel zu häufig 
   "stehende Ovationen", das scheint so ein modisches Ding zu sein, wahrscheinlich
   ein Ableger von DSDS, The Voice und solchem Zeug.
   Sind wir zu politisch korrekt geworden, um uns deutlich gegen etwas zu positionieren?
   Hat sich Theaterleidenschaft in mildinteressiertes In-Empfang-Nehmen der gekauften 
   Kunstdosis verwandelt? Tatort am Sonntag, zweimal im Monat ins Theater und einmal 
   zum Italiener. Oder ist die Unsicherheit gegenüber dem eigenen Urteil durch das 
   postdramatisch-dekonstruierte verbale Artilleriefeuer des Feuilletons so groß  
   geworden, dass lieber höflich geklätschelt wird, als lauthals gebuht. 
   'Der König ist nackt', 'Die Inszenierung ist Mist', oder 'Ich sehe das anders', zu
   sagen, verlangt Vertrauen in das eigene Urteil. Anstatt sich selbst mit der Lüge: Die
   sind doch Profis, die wissen doch was richtig ist! zu geißeln, sollten Zuschauer mehr
   dem vertrauen, was sie am Abend sehen, denken, fühlen. Wenn der Saal dann mal voll
   mit spießigen Rechthabern ist, sollte es doch zum Tumult kommen. Oder wenn auf der
   Bühne selbstreferentieller Schmunz stattfindet auch. Das wäre doch aufregend, oder? 

     


  Fotos: Jochen Klenk
  
    
   Denise Matthey, wunderbare Schauspielerin und Mitverschworene hat auf Facebook

   einen Kommentar zu "unseren" Buhs geschrieben :  
   Es war einer der elektrisierendsten Momente, die ich bisher auf der Bühne erlebt
   hab -  voller Lebendigkeit, Empörung und viel Wohlwollen (es waren 
   wirklich nicht gleich viele Buher, nur laute.. ) - es gab verschiedene Positionen, 
   einfach, weil du eine bezogen hast. Und sie sind aufgewacht, da unten, konnten sich 
   nicht gemütlich zurücklehnen und schlafen und danach erzählen, ich hab mir was 
   Klassisches im Theater angeschaut. Offenbar mussten sie zuhören und sich 
   auseinandersetzen. Das hat mich ernsthaft glücklich gemacht.


   Weit darf man nicht ins deutsche Publikum hineinhorchen, wenn man Mut zu 
   arbeiten haben will. Johann Wolfgang von Goethe
   Quelle: an Wilhelm von Humboldt, 3. 12. 1795 

  
   Friedrich Schiller über die Premiere Der Räuber in Mannheim am 13. Januar 1782
   
   Das Publikum fieberte fasziniert und in beeindruckender Stille dem Ende der 
   Geschichte entgegen. Während der ersten beiden Akte zeigte es überhaupt 
   keine Regung, so dass mich zunächst eine große Furcht überkam, das Drama 
   würde nicht ankommen.



   Aber dann, nach Ablauf des dritten Aktes, applaudierte die rasende Menge, 
   teils schreiend mit geballten Fäusten. Der Beifall vermischte sich mit dem 
   Weinen wankender Frauen, die, einer Ohnmacht nahe, auf ihre Stühle sanken. 
   Trotz der mittelalterlichen Aufmachung des Stückes hatten alle begriffen, dass es 
   die Gegenwart war, die hier dargestellt wurde.



Freitag, 1. Februar 2013

Schwarze Romantik


Die Ausstellung „Schwarze Romantik. Von Goya bis Max Ernst“ im Frankfurter Städel Museum endete am 20. Januar 2013, wird aber vom 5. März an in Paris im Musee d'Orsay zu sehen sein.

Max Ernst: Vom nächtlichen Anblick der Porte Saint-Denis ausgelöste Vision, 1927   
© Privatsammlung/VG Bild-Kunst, Bonn 2012

 Johann Heinrich Füssli: Der Nachtmahr, 1790/91, 
Frankfurter Goethe-Haus – Freies Deutsches Hochstift  |  © Frankfurter Goethe-Haus/Freies Deutsches Hochstift


Julien Adolphe Duvocelle: Totenschädel mit hervortretende Augen, 1904   
© Musée d’Orsay, Paris


Die Ähnlichkeit muß Zufall sein, oder? 
„Kilroy was here“, wurde im Zweiten Weltkrieg von US-Soldaten an die unmöglichsten und seltsamsten Stellen geschrieben.


Wiki schlägt für Liebhaber der Literatur der schwarzen Romantik folgende Titel vor: 

Marquis de Sade (1740–1814): Juliette 
Ludwig Tieck (1773–1853): Der Runenberg 
E. T. A. Hoffmann (1776–1822): Die Elixiere des Teufels 
Lord Byron (1788–1824): Childe Harold’s Pilgrimage 
Mary Shelley (1797-1851): Frankenstein 
Gérard de Nerval (1808–1855): Aurélia 
Edgar Allan Poe (1809–1849): Der Untergang des Hauses Usher 
Charles Baudelaire (1821–1867): Die Blumen des Bösen 
Gustave Flaubert (1821–1880): Die Versuchung des heiligen Antonius 
Algernon Charles Swinburne (1837–1909): Tristram of Lyonesse