Donnerstag, 26. Juli 2012

Island - Alle fünf Minuten 'ne andere Landschaft


Wir starten heute auf der Südseite der Insel. Berge links. Dahinter lugt, wenn auch nicht auf dem Bild, der Riesengletscher Vatnajökull. Der Atlantik schmeißt sich gegen den schwarzen Strand. Die Finger erfrieren fast, wenn ich das Wasser berühre.



Nur ein, zwei Stunden später befinden wir uns in der Schweiz. Gut, die Berge sind karger und weniger pflanzenbedeckt und anstatt der Kühe sind es halt Schafe. Übrigens das Hausdach ist Pink, schreiend Pink.



 Farborgien, auch das Pink von dem Dach kommt vor, wenn das Licht richtig fällt.


Das Grün der Wiese ist satt, der Fluss dahinter sehr blau und die Bergrücken verfärben sich im Minutentakt.


Noch ein Wasserfall. Wir schauen schon kaum mehr hin. Ich denke auf jeden Isländer kommen zwei Schafe, ein Islandpferd und drei Wasserfälle.

Und dann sind wir plötzlich auf dem Mond.


Der allerdings einen Himmel voller Wolken hat, die sich einen Spaß daraus machen in "Windeseile" die Formen zu ändern.


Der Mond mit Himmel und Wasser und ohne Mann im...


Wenn wir in unseren betonierten Städten und durchzivilisierten Landschaften wandeln, vergißt es sich schnell, dass nur wenige Meter unter unseren Füßen wahrhaftig die Hölle los ist, "die Erde lebt", wächst, schrumpft, verändert sich. So, wie wir wohl meistens nicht darüber nachdenken, dass einen Milimeter unter unserer gecremten Haut ein Gewirr von Blut, Säften, Organen, Nerven, Adern etc. pulst und kämpft. 
Hier kann man das Eigenleben des Planeten nicht ignorieren, man guckt zu wie er arbeitet, wie er sich modelliert, umformt.

Weiter. 30 Kilometer auf einer Schlotter-Schotter Strasse, in etwa wie ein Ganzkörpervibrator ohne die angenehmen Wirkungen, eine noch schüttligere Abbiegung zu zwei der gewaltigsten Wasserfällen Europas - Sellafoss und Dettifoss. 
 Vorankündigung ganz harmlos:

Aber dann:




Und zum abendlichen Abschluß der friedliche, heute zumindest, Nordstrand der Insel.


Und dann sind wir Wale gucken gegangen und Delfine, und wir haben auch welche gesehen. Aber keine Photos gemacht. Obwohl der Vorgang eigentlich idiotisch ist. Ich stelle mir vor, ich gehe mal kurz vor die Tür, um zu rauchen, und von drei Seiten kommen Schiffe mit orange- oder knallgelbgekleideten Wesen, um mir dabei zuzugucken.
Ich entschuldige mich hiermit bei den 5 Buckelwalen und der Gruppe Weißschwanzdelfine, die wir belästigt haben.

Mittwoch, 25. Juli 2012

Landschaft kann auch wie Theater sein - Island für Minderbemittelte


Ich bin kein Naturliebhaber. Es tut mit leid, ich entschuldige mich, es ist mir peinlich, aber gebt mir die Wahl zwischen einem beliebigen Cafe im Zentrum einer ebenso beliebigen Großstadt und einem Wald oder einem Berg, und ich werde immer das Cafe wählen. Immer. Leute finde ich spannender als Bäume. 

Aber hier, auf dieser atlantischen Insel, das ist Theater, grandioses großes Drama! Meine Dilettanten-Photos tun dem keine Gerechtigkeit, aber hier ist ein begnadeter Szenenbildner am Werk. Wenn Steven Spielberg eine Pseudo-Dokumentation der Geschichte der Erde drehen wollen würde, müßte er nur durch Island fahren und die Kamera draufhalten. Wie sah der Planet vor 70 Millionen Jahren aus? - Bittesehr! - Noch ein paar Dinosaurier computergeneriert und fertig. Und der hiesige Beleuchtungschef ist auch nicht von schlechten Eltern, da ein Spot auf einen sekundenschnell technicolor gezeichneten Bergabschnitt, dort elegantes Spiel mit Licht und Schatten über einem Gebirgszug, so dass graugrüner Basalt sich plötzlich wie hauchzarter Chiffon bläht. Zuzüglich der Tatsache, dass es um 22.00 Uhr immer noch taghell ist, hat das Ganze eine hypnotische Wirkung auf mein städtisch imprägniertes Gehirn. Landschaft, so viel Landschaft! Natur in Überdosis!

Ich erinnere mich an die Uffizien in Florenz - drei Reihen Renaissancebilder übereinander gehängt, der Fußboden in Mosaik gestaltet und natürlich war die Decke auch noch bemalt. Nach einer Stunde ging mein Gehirn in Sättigungs-Modus, zu viel Information, Speicherkapazität erreicht.
Aber Morgen geht es weiter und ich freue mich drauf!









Dienstag, 24. Juli 2012

Das Thema des heutigen Tages ist Wasser


Island ist eine Insel im Atlantischen Ozean, und sie ist, was Inseln angeht, lächerlich jung, nur Zwanzig Millionen Jahre, sozusagen ein Teenager unter den Landmassen. Drumherum Wasser, obenauf viel Eis, überzogen und durchwachsen von unzähligen Gletschern, Wasserfällen, Flüssen, Bächen, Delti, wenn das der Plural von Delta ist, Seen, Quellen, Geysiren - Wasser in jeder Form - formt, verformt, bedeckt, entkleidet und ziert das Land. Und regnen tut auch sehr viel. Wasser aus der Erde, vom Himmel, aus den Bergen, an den Küsten. Das Vulkangestein, aus dem die Insel besteht, bildet die merkwürdigsten Formen unter dem ständigen Beschuss von Grund-, Schmelz, Regenwasser. Karstig schwarz und porös, graniten, grau und ehern und manchmal ganzzart rosa und federleicht.
Die Bergrücken sind oft bewachsen mit silbergrünem Moos und wenn größere Flächen unter den Wasser- und Windattacken wegrutschen, erscheint darunter ockerrötliche Erde. Und da wo Vulkanausbrüche noch nicht weit zurückliegen, manchmal nur 50 Jahre, fährt man durch phantastische extraterristische Landschaften - schwarz, bröckelig, scheinbar endlos und plötzlich stehen große Steine in der Gegend, die haben oft ganz oben ein wenig Pflanzenbewuchs, was aussieht, als wären sie Riesen mit lächerlichen Zipfelmützen.
Unsere Vermieterin gestern Nacht sagte, sie weiß, dass Bäume wichtig sind für's Klima, aber sie mag sie nicht, weil sie die weite Sicht behindern.


 Die blauweiße Fläche im Hintergrund ist ein der kleineren Gletscher.
 Der Gulfoss-Wasserfall



Als, am Beginn des letzten Jahrhunderts Investoren den Wasserfall kaufen wollten, um ein Elektrizitätswerk zu bauen, wurden sie von einem Bauern abgewiesen mit den Worten: "Ich verkaufe meinen Freund nicht."


 Das gleiche Wasser, nun als ruhiger Fluss.

Elefantenfüsse in Reihe

Vulkangestein ausgewaschen, so dass es wie erstarrtes Holz aussieht.

Und bewachsen mit Moos und Blümchen.


Rechts der Seljalandsfoss Wasserfall - von vorne.

Von der Seite.

Und von hinten.

Noch ein Wasserfall.

Und noch zwei. Dann haben wir aufgehört zu zählen. Wasserfälle gibt es hier, wie anderswo Sand am Meer. Sannd gibt es allerdings eher nicht, anstattdessen schwarze Vulkangesteinkrümel. Schwarzer Strand.

Der Atlantische Ozean ist sehr laut und sehr wild.

Wasserschlagsahne.

Und jetzt stelle man sich vor, mit einem kleinen Fischkutter da hinaus zu fahren, um Kabeljau zu fangen.

Schafshintern. 
Die Schafe werden im Frühjahr rausgelassen, laufen den ganzen Sommer frei durch die Gegend und im Herbst gehen die Bauern los und sammeln sie wieder ein. Es waren einmal 700 000, aber da sie alles kahl fressen, was die Erderosion noch verstärkte, hat man ihre Zahl jetzt auf 450 000 reduziert, trotzdem, sie sind überall. In kleinen Familienverbänden rechts und links der Strasse, auf den Bergabhängen, einfach überall. Und auch viele schwarze darunter.

Lagune mit blauen Eisbergen.

Montag, 23. Juli 2012

Gestern in Island


Bekleidet mit einem roten Wickelrock, gebastelt aus einer Decke der Easyjet Company, habe ich gestern um Mitternacht isländischen Boden betreten, nachdem ein Glas Tomatensaft entschieden hatte, es sich auf meiner Hose gemütlich zu machen. Die Nachbarin zur Linken hat nur ein Glas Wasser abbekommen. Ich trage den Familienkosenamen "Klutz" (Trampel) leider nicht ganz zu Unrecht.
Das Hotel auf dem Gelände eines ehemaligen amerikanischen Luftstützpunktes verströmt den Charme einer Bautzener Plattensiedlung. Außerdem ist es kalt und regnet unaufhörlich.
Aber! Aber, die Luft riecht frisch, der Himmel ist flach und weit, die Leute freundlich und an jeder unbebauten Stelle lugt Vulkangestein aus dem Boden. Und in nur einem Tag habe ich mich dann trotz Wetter verliebt.


Am Morgen ein Bad in der Blauen Lagune, und sie ist wirklich blau, hellblau und leuchtend und das Wasser ist an einigen Stellen badewannenheiß, an anderen angenehm lau, die Luft über dem Wasser kalt und streng. Und ich habe trotz der vielen anderen Badenden, das Gefühl etwas ganz Besonderes zu erleben. Da das Wasser nicht sehr tief ist, gehe ich im Knie leicht gebeugt, oder besser ich gleite, das Gesicht vollgeschmiert mit weißem Silikonschlamm und dem beseligten Ausdruck eines Kiffers in den Augen, um mich herum spricht es in allen Zungen der Welt, ein tiefschwarzer Junge mit einem riesigen Afro schwatzt mit seiner strohblonden, bleichen Mutter in Russisch, eine große Gruppe uralter Juden schreit sich Witze zu, Italiener, Franzosen, Japaner, Schweizer, was die Welt zu bieten hat, planscht an mir vorbei. Verrückt, ich fühle mich der Natur ganz nah, obwohl das Ganze eine künstliche Konstruktion ist, für die das heiße Grundwasser angebohrt und in eine große Erddelle gepumpt wird und obwohl es sich um eine perfekt organisierte Touristenattraktion handelt. Aber die Isländer sind schlau, sie halten sich zurück, verwenden natürlichen Baumaterialien und stellen nur zur Verfügung, was wirklich gebraucht wird.



 
Weiter. Die Landschaften wechseln überraschend schnell. Karge Vulkanlandschaft mit Basaltfelsen überwachsen mit zartestem Moos, gebirgige graubraungrüne Flächen, parkähnliche Ebenen mit verstreut weidenden Schafen und Islandpferden. Wenn man Häuser sieht, sind sie meist von pragmatischer Einfachheit. Überhaupt, ich habe den Eindruck von einem sachlichen Märchenland. 





Schwefelquellen blubbern, zufällig befindet sich unter dem mehr als tausend Jahre alten Thingplatz, dem Versammlungsort der isländischen gesetzgebenden Versammlung, die Stelle an der die eurasische und die amerikanische Kontinentalplatte einander ganz nah sind und jährlich circa zwei Centimeter weiter voneinander wegdriften. Ach, und ein Wasserfall braust auch noch ein paar Meter weiter von den Felsen.
Die kleine Kneipe, in der wir Mittag essen, serviert Hummersuppe mit dicken Stücken Hummerfleisch und am Abend stehen wir mauloffen und überwältigt vor einem Geysir, der alle 5 Minuten, nachdem in der Zwischenzeit gebrubbelt und gewogt hatte, eine meterhohe Fontäne Wasser in die Luft sprengt.







Was soll ich noch sagen. Wow!

Samstag, 21. Juli 2012

Für Ö. zur Ablenkung


Habe Geduld gegen alles Ungelöste in deinem Herzen und versuche, die Fragen selbst lieb zu haben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forsche jetzt nicht nach Antworten, die dir nicht gegeben werden können, weil du sie nicht leben kannst und es handelt sich darum alles zu leben. Lebe jetzt die Fragen - vielleicht lebst du dann allmählich ohne es zu merken in die Antwort hinein.
Rainer Maria Rilke
 "Geduld ist eine Tugend"