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Mittwoch, 17. Juli 2013

Burgund 3 - Ein Durcheinander



Eine kleine Reise

Wir beginnen in Dijon, der Hauptstadt, klein aber sehr fein. Einhundertfünfzigtausend Einwohner, kostenlose Elektroshuttlebusse in der Innenstadt, um den Autoverkehr zu reduzieren, viele Päläste und Palästchen aus hellem Sandstein mit kühlen Fassaden, Fachwerkhäuser, die sich schräg nach rechts und links würdig aneinanderlehnen, viele der Häuser sind gedeckt mit kunstvoll buntgeziegelten Dächern. Viel Leben, viele Bäckereien (Boulangerien), noch mehr Cafés und das mieseste Kunst-Museum, dass ich je besucht habe. Jeder burgundische Künstler, der mal Rubens, Tizian, Monet, Manet ... von fern gesehen hatte, malerte fröhlich drauflos und fand hier den Ort für seine Gemälde. Ich bin noch nie in zehn Minuten durch ein ganzes Museum gerast, aber diesmal war es reiner Selbstschutz, mannoman, was da so herumhängt, und einem die Augen verklebt.




Musée de la Bourguignonne in Dijon
Aber dann! Ein Museum für die Geschichte Burgunds, minutiös nachgebaute Läden aus dem 19. Jahrhundert, rührende Puppen in historischen Kostümen, eine vollständige Kelterei und die Schilder sind handgeschrieben, in Schönschrift - hinreißend!




Himmelbett mit integrierter Wiege

Raus aus der Stadt und über Land. Die Côte-d’Or, Wein, Wein, Wein. Jeder hat einen Weinberg, jeder macht Wein, alle trinken Wein. Es gibt eine Route Grand Cru, und ich stelle mir Reisende vor, die in zunehmender heiterer Trunkenheit, die Degustationen eine nach der anderen probieren und dann in beseelten Schlangenlinien weiter über die Strasse der grossen Weine schaukeln.


Wein und  Ackerwinde

 Romanische Kirche mit glasiertem Ziegeldach nahe Gevrey-Chambertin
mitten in den Weinbergen

Die Schlichtheit ist berückend. Nichts zu viel, nichts zu wenig. Perfekt.






 Savigny-lès-Beaune

Das Château de Savigny, aus dem 14. Jahrhundert, wurde zerstört und im 17. wieder aufgebaut. Es sieht nicht sehr beeindruckend aus, aber der Hausherr ist ein Automobil-, Motorrad-, Löschfahrzeug-, Trecker- und Flugzeug - Narr und hat von jeder Sorte ungefähr hundert herumstehen. Die Autos, alle Marke Arbath übrigens im zweiten Stock eines Nebengebäudes mit Extra-Auto-Aufzug!


 Ein roter Rennkasten

Abarth ist ein Kraftfahrzeughersteller sowie Automobiltuner mit Sitz in Italien und befindet sich seit 1971 im Eigentum der Fiat Group. Alle Wagen sind rot und manche ähneln kaum mehr dem, was wir als Auto kennen, sondern sehen wie um ein Vielfaches vergrößerte angemalte Streichholzkisten aus. Sollen aber viele Rennen gewonnen haben.

 Harley-Davidson!

 Kampfflugzeug mit Heiligen-Statue


Gruppe einander aufrecht haltender Häuser in Beaune

Hôtel-Dieu in Beaune - Ein Krankenhaus




 Die Küche mit Schwanenhals-Wasserhähnen direkt am Herd.

Fiebrigen Patienten müssen die Nonnen mit ihren großen doppelt geschwungenen Hauben wie Engel erschienen sein. Der Krankensaal ist riesig, an beiden Seiten Himmelbetten mit roten Decken, und weisser Bettwäsche, ein Stuhl, ein Tischchen, die Klosterapotheke ist voller geheimnisvoller Kräutertöpfe. Keine Antibiotika, wenig gegen die Schmerzen, aber für diese Zeit, 1443 gegründet, als Hospital für die Armen, ein rarer Ort der Hilfe. Nicolas Rolin der Gründer hatte früh seine Frau verloren, die er sehr geliebt hat, an den Wänden findet man immer wieder Seule (Einzige) und einen Stern in den Stein gekratzt.  

Drachen spuckt Deckbalken


Tomaten

Die Kirche des Sankt Philibert in Tournus






Die Krypta unter der Kirche, hier riecht es nach Zeit, 
der Brunnen ist achtzig Meter tief.



Überall kleine, sehr alte, sehr einfache Kirchen, nur dass im Laufe der Jahrhunderte, je nach Zeitgeschmack die Innendekoration willkürlich verändert wurde. Meist findet sich ein wüstes Durcheinander von Wunderschönem und Geschmacklosigkeiten der übelsten Art. Wie es halt in lang bewohnten Häusern passiert, es sammelt sich was an.

Und dann: Cluny
Die Kirche der Kirchen, die erste Superkirche!

Über 1000 Jahre alt und nahezu vollständig abgetragen und als Steinlieferant für die Anwohner der Stadt verwendet, ahnt man doch noch die irrwitzigen Ausmaße (Das Kirchenschiff war 187 Meter lang!), die diese Benedektiner-Zentral-Kirche, Mutterhaus für 1200 Klöster und circa 20 000 Mönche, einmal gehabt hat. Solche Macht, solche Darstellung von Macht. Brachial. Massiv. Zu groß.





Sonntag, 14. Juli 2013

Aufsatz - Eine Gedichtsinterpretation


Ich hatte einst ein schönes Vaterland


Ich hatte einst ein schönes Vaterland.
Der Eichenbaum
wuchs dort so hoch, die Veilchen nickten sanft -
es war ein Traum.

Und als ich nun ins ferne Ausland kam,
da war ein Mädchen zauberschön
und blond von Haar zu seh'n.
Es war ein Traum.

Das küßte mich auf deutsch und sprach auf deutsch
(man glaubt es kaum,
wie gut es klang) das Wort: "Ich liebe dich" -
es war ein Traum.

Heinrich Heine 1832

Den folgenden Text hat eine Freundin in einem Bibliotheksbuch gefunden und 
mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Ich halte ihn für echt, auch weil 
ich in einem Fernsehbeitrag gesehen habe, wie Mitbürger die Frage: "Wie lange dauerte der 30-jährige Krieg?", kurz überdachten und dann "3 bis 5 Jahre?" in die Kamera schickten. Es ist eine Gedichtsinterpretation, der Aufsatz einer Schülerin der 12. Klasse.

Deutsch Klausur II 

Das Gedicht von Heinrich Heine wirkt sehr ruhig auf mich. Es handelt sich um 
ein Gedicht mit Deutschland. Wie schön es doch einst war. Das Gedicht trägt 
den Namen „Ich hatte einst ein schönes Vaterland“ und wurde von Heinrich Heine verfasst. Es stammt aus dem Jahre 1933. Das Thema beruht auf das vergangene Deutschland. Ein Land zum Leben. Es ist ein zeitgeschichtliches Gedicht. 
Man könnte es auch als politisches Gedicht interpretieren. Das Gedicht ist sehr gelassen. Es kommt verliebt und sehr ruhig herüber. Es schwärmt von dem damaligen Deutschland. Das Gedicht entstand vor dem zweiten Weltkrieg und inmitten des Kalten Krieges. Heine denkt an die Zeit zurück, wo Frieden in Deutschland herrschte. Die Sehnsucht nach dem Alten kommt an und dies 
ändert sich auch bis zum Schluss des Gedichts nicht. Er teilt seine Gedanken den Menschen mit. Daraus schließt sich, dass es sich zum Teil um Gedankenlyrik handelt. Der andere Teil ergibt sich aus dem Fakt, dass er vom alten schönen Deutschland spricht. So ist der andere Teil Erlebnislyrik, da er es ja erlebt hatte. Das Gedicht besteht aus zwei Strophen mit jeweils vier Versen. Außerdem besitzt es eine Überschrift. Die Strophen sind im Hausreim geschrieben worden, wobei in der zweiten Strophe der Vers eins sich nicht reimt mit dem dritten Vers. Innerhalb der zweiten Strophe existiert ein Binnenreim. Dies in dem Vers eins. Beides reimt sich auf „deutsch“. Die zweite Strophe beinhaltet noch eine Besonderheit. Der zweite und die Hälfte des dritten Verses sind eingeklammert. Dies geschah wohl, um den darauffolgenden Satz zu verdeutlichen. In diesem sagt er aus, dass Deutschland sagt, dass es die Menschen, insbesondere Heine liebt. Auch spielt 
der Eichbaum eine wieder eine große Rolle. Das Symbol Deutschlands. Heinrich Heine ist 1831 nach Paris gegangen. Um Ruhe zu finden. Das Gedicht hat er 
1833 verfasst. Es ist also sein persönlicher Rückblick auf Deutschland. So hat er sein Vaterland in Erinnerung behalten. So will er es wohl auch wieder sehen.
Deutschland ist Heines Heimatland. Er ist 1797 in Düsseldorf geboren und in Deutschland zur Schule gegangen. Er hat gesehen, wie sich Deutschland immer wieder gewandelt hat. 1831 dann seine Emigration nach Frankreich. Er ist stolz 
ein Deutscher zu sein, wobei er nicht das deutsche Politiksystem unterstützt. 
Er war immer Gegner der Politik und hat auch Schreibverbote bekommen, 
die ihn letztendlich aus Deutschland vertrieben. Er wurde auch in Frankreich beigesetzt, was darauf schließen lässt, dass er nicht wieder nach Deutschland 
zog, wobei er Hamburg zwei mal besucht hatte. Dabei fand er aber sein Deutschland nicht wieder.
Die Zeit um 1930 war die Zeit im Kalten Krieg. Die Spannungen in Europa waren sehr groß. 1933 letztendlich wurden die ersten Konzentrationslager gebaut. In Dachau entstand das erste. Dieses war für Priester und Bischöfe gedacht. Von da an und aufwärts begann das Regiem von Adolf Hitler. Dies hat Heine von außen verfolgt. Auch das zeigt ihm, wie schön Deutschland in seiner Jugendzeit war. 
Beim ersten Lesen fiel mir sofort das verliebte in seinen Versen auf. Als sehne er sich zurück zu seinem Geburtsland. Das Land, in dem er aufgewachsen ist, wo er gelebt hat, in das er sich verliebt hat. Beim zweiten lesen fiel mir dann auf wie bedrückt er doch klingt. Voller Trauer und Kummer.
Er liebte Deutschland und konnte es nicht vergessen und dies drückte er in den Gedichten nach 1931 aus. 

Für den Text ein Dankeschön an B.D.
 
Noch eine Interpretation des Heine-Gedichtes, diesmal von Mascha Kaleko: 
 
Emigranten-Monolog

Ich hatte einst ein schönes Vaterland -
So sang schon der Flüchtling Heine.
Das seine stand am Rheine,
Das meine auf märkischem Sand.

Wir alle hatten einst ein (siehe oben!)
Das fraß die Pest, das ist im Sturm zerstoben.
O Röslein auf der Heide,
Dich brach die Kraftdurchfreude.

Die Nachtigallen werden stumm,
Sahn sich nach sicherm Wohnsitz um.
Und nur die Geier schreien
Hoch über Gräberreihen.

Das wird nie wieder, wie es war,
Wenn es auch anders wird.
Auch, wenn das liebe Glöcklein tönt,
Auch wenn kein Schwert mehr klirrt.

Mir ist zuweilen so, als ob
Das Herz in mir zerbrach.
Ich habe manchmal Heimweh.
Ich weiß nur nicht, wonach . . .


Freitag, 5. Juli 2013

Kleinigkeiten



    Ich habe heute:
    - meiner Lieblingsnichte beim Reiten zugeschaut.
    - einen sehr großen Hund spazierengeführt.
    - eine Stunde lang eine Katze gestreichelt.
    - ein bisschen in einem Buch gelesen.
    - einen Tisch für acht Menschen gedeckt.
    - ein  Gespräch geführt.
    - ein Brot aufgeschnitten.
    - 24 Mücken erschlagen.
    - zwei Prinzessinnen vor einem aggressiven Frosch 
      gerettet.


      DIE FRÖSCHE

     Ein großer Teich war zugefroren,
   die Fröschlein in der Tiefe verloren,
   durften nicht ferner quaken noch springen,
   versprachen sich aber im halben Traum,
   fänden sie nur da oben Raum,
   wie Nachtigallen wollten sie singen.
   Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz,
   nun ruderten sie und landeten stolz
   und saßen am Ufer weit und breit
   und quakten wie vor alter Zeit.


   Johann Wolfgang von Goethe

Mittwoch, 3. Juli 2013

Kaspar Hauser - Ein solcher Reiter möcht ich sein...


Ich sitze gegen 22.00 Uhr an einem warmen mittsommerlichen Abend an einer brandenburgischen Dorfstrasse ein sehr angenehmes gemeinschaftliches Essen verdauend. Vor etwa einer Stunde haben alle Vögel abrupt beschlossen, schlafen zu fliegen, oder jedenfalls keinen Piep mehr von sich zu geben, es herrscht nahezu vollendete Stille, nur drei Katzen gehen geräuschlos ihren Geschäften nach, eine tanzt sogar lautlos, vielleicht spielt sie auch nur mit einer Mücke. Stille. Allein. Alleinsein kann wunderschön sein.
Aber nur im Wissen um die wiederherstellbare Anwesenheit anderer. Unfreiwillig allein zu sein, wahrhaft einsam, alleingelassen, und das auch noch länger als vorstellbar, ist eine wahrhaft erschreckende Vorstellung. Der Graf von Monte Christo, Robinson Crusoe... 
Mit 12 las ich durch Zufall "Kaspar Hauser. Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen" von Anselm Feuerbach - die badischen Intrigen ließen mich kalt, aber die Vorstellung von jahrelanger Isolation, von Dunkelheit und Enge, vom Hungern nach Außeneindrücken, hat mich so sehr beeindruckt, dass ich mich heute noch an das Gefühl von damals erinnern kann. Ich habe das Buch übrigens nicht gelesen, weil ich frühreif oder irgendwie sonderlich intelligent war, sondern weil ich glaubte, es sei eine Gruselgeschichte.

Nürnberg 1828, auf dem Markt steht ein Knabe und ruft: "He Bue!" und sagt: „A söchtener Reuter möcht i wern, wie mein Voater gwen is“ („Ein solcher Reiter möchte ich werden, wie mein Vater gewesen ist“). 
Am 26. Mai 1828 fand man in Nürnberg einen jungen Mann, der – "in höchst auffallender Haltung des Körpers dastand und, einem Betrunkenen ähnlich, sich vorwärts zu bewegen mühte, ohne gehörig aufrecht stehen und seine Füße regieren zu können. ... Er schien zu hören, ohne zu verstehen, zu sehen, ohne etwas zu bemerken, sich mit den Füßen zu bewegen, ohne sie zum Gehen gebrauchen zu können. Seine Sprache waren meistens Tränen, Schmerzenslaute, unverständliche Töne ...." * 
War Kaspar Hauser, unschuldiges Opfer verbrecherischer dynastischer Machenschaften oder durchtriebener Betrüger, oder einfach jemand, der in eine Situation hineinstolperte, die von der Sensationsgier anderer immer mehr und mehr kompliziert wurde? So viele Bücher, so viele Varianten von Antworten. Aber als Matrize für Poesie war und ist er ganz wunderbar geeignet. Der einsame Mann über den man nichts wirklich Sicheres weiss, sollte Absprungspunkt vielfältiger Phantasien sein.
Der Knabe
 
Ich möchte einer werden so wie die,
die durch die Nacht mit wilden Pferden fahren,
mit Fackeln, die gleich aufgegangenen Haaren
in ihres Jagens großem Winde wehn.
Vorn möcht ich stehen wie in einem Kahne,
groß und wie eine Fahne aufgerollt.
Dunkel, aber mit einem Helm von Gold,
der unruhig glänzt. Und hinter mir gereiht
zehn Männer aus derselben Dunkelheit
mit Helmen, die, wie meiner, unstät sind,
bald klar wie Glas, bald dunkel, alt und blind.
Und einer steht bei mir und bläst uns Raum
mit der Trompete, welche blitzt und schreit,
und bläst uns eine schwarze Einsamkeit,
durch die wir rasen wie ein rascher Traum:
Die Häuser fallen hinter uns ins Knie,
die Gassen biegen sich uns schief entgegen,
die Plätze weichen aus: wir fassen sie,
und unsre Rosse rauschen wie ein Regen.
 
Rainer Maria Rilke (1906) 
 
Aquarell - Kaspar Hauser - 22. April 1829
Kaspar Hauser Lied
Für Bessie Loos
 
Er wahrlich liebte die Sonne, die purpurn den Hügel hinabstieg,
Die Wege des Walds, den singenden Schwarzvogel
Und die Freude des Grüns.
 
Ernsthaft war sein Wohnen im Schatten des Baums
Und rein sein Antlitz.
Gott sprach eine sanfte Flamme zu seinem Herzen:
O Mensch!
 
Stille fand sein Schritt die Stadt am Abend;
Die dunkle Klage seines Munds:
Ich will ein Reiter werden.
 
Ihm aber folgte Busch und Tier,
Haus und Dämmergarten weißer Menschen
Und sein Mörder suchte nach ihm.
 
Frühling und Sommer und schön der Herbst
Des Gerechten, sein leiser Schritt
An den dunklen Zimmern Träumender hin.
Nachts blieb er mit seinem Stern allein;
 
Sah, daß Schnee fiel in kahles Gezweig
Und im dämmernden Hausflur den Schatten des Mörders.
 
Silbern sank des Ungebornen Haupt hin.
Georg Trakl (1913) 
 
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/findelkind-kaspar-hauser-der-prinz-und-der-bettelknabe-11735165.html 

Der arme Kaspar

Ich geh - wohin?
Ich kam - woher?
Bin aussen und inn,
Bin voll und leer.
Geboren - wo?
Erkoren - wann?
Ich schlief im Stroh
Bei Weib und Mann.
Ich liebe dich,
Und liebst du mich?
Ich trübe dich,
Betrübst du mich?
Ich steh und fall,
Ich werde sein.
Ich bin ein All
Und bin allein.
Ich war. Ich bin.
Viel leicht. Viel schwer.
Ich geh - wohin?
Ich kam - woher?

Klabund

* Anselm Feuerbach
 

Sonntag, 30. Juni 2013

Ferien, Urlaub!



Lehnschulzenhof Viesen in Rosenau
gebaut 1730

Die Lieblingsnichte und ich fahren in den Urlaub nach Rosenau. Der Ort liegt im Brandenburgischen und hat 180 Einwohner, eine Feldsteinkirche, ein Mahnmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs und eins für die des darauffolgenden. Und Felder, Wiesen, Bäume, einen See. Die Nichte wird reiten und ich schaue zu! 
O selige Faulheit.

Und das werde ich lesen: Theodor Fontane - Wanderungen durch die Mark
Brandenburg

Und bloggen kann ich in aller Ruhe. 





Ferien: Wiki schreibt dazu:
Mit Ferien werden Zeiträume bezeichnet, in denen eine Einrichtung vollständig schließt, um ihren Angehörigen andere Tätigkeiten, insbesondere Erholung zu ermöglichen. Zu unterscheiden sind sie vom Urlaub, der jeweils nur einzelnen Angehörigen der Einrichtung gewährt wird. 

Ich bin meine eigene Einrichtung und habe also nun Ferien und Urlaub!

Historisches Leikon der Schweiz:
Etymologisch geht der Begriff Ferien auf das lat. Wort feriae (= Festtage, Feste) zurück. Im MA und in der frühen Neuzeit unterschied man zwischen feriae sacrae, feriae profanae und weiteren Feiertagen, an denen das öffentl. Leben (Gerichte, Vertragsverhandlungen, Universitäten, Schulen) ruhte. Vom ausgehenden 19. Jh. an wurde das Wort F. auch synonym oder in Kombination mit Urlaub (mittelhochdt. urloup = Erlaubnis, Erlaubnis zu gehen, Abschied) für die Arbeitsunterbrechung Berufstätiger verwendet.

Freitag, 21. Juni 2013

Nenne mich Tiernamen!


Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Genesis 1/26

Nach der "Bullenhitze" gestern habe ich angefangen darüber nachzudenken, wie wir Tiernamen anderen Worten einverleiben, um sie bildhafter zu machen oder auch sie in Eigenschaftswörter verwandeln, und manchmal ist die Verbindung glasklar und manchmal ...
Hund und hündisch ist merkwürdig, die vielgepriesene Treue und Dienstbarkeit des "besten Freundes des Menschen", wird zu willenloser Unterwerfung und verächtlicher Mißbrauchbarkeit. Hundsfott ist ein wirklich fieses Schimpfwort. 

Burschenschaftslied aus dem 19. Jahrhundert
Landesvater

So nimm ihn hin,
dein Haupt will ich bedecken
und drauf den Schläger strecken,
es leb auch dieser Bruder hoch!
Ein Hundsfott, wer ihn schimpfen sollt!
|: So lange wir ihn kennen,
woll'n wir ihn Bruder nennen,
es leb auch dieser Bruder hoch!
Ein Hundsfott, wer ihn schimpfen sollt!


Friedrich Silcher, 1823
Die Hundstage wurzeln in der Sichtbarkeit des Sternbildes Großer Hund zu Zeiten des römischen Reiches (Ende Juli bis Ende August) und nicht, wie ich vermutet habe, von der Hitze in der man keinen Hund vor die Tür jagen würde, weil er dann nur matt und hechelnd herumläge. Hundewetter, verhunzen (ehemals verhundzen), hundsgemein. Und wieso hundsgemein, es mag gemeine Hundehalter geben, aber Hunde? 

Das dumme Rindvieh, die blöde Kuh, der gemeine Schweinekerl, der idiotische Schafskopf, die zickige Zicke, die böse Schlange, das dumme Kamel, der Piepvogel, den man hat, und das kleine Spatzenhirn, der geile Bock, die anschmiegsame Schmusekatze, die süße Maus, der dumpfe Hornochse, die lockere Bordsteinschwalbe, das grunzende Trüffelschwein, die fette Sau, das fleissige Bienchen, das feige Hasenherz, das untergeschobene Kuckuckskind, der sture Esel, der gierige Kredithai, das anmutige Reh - sie alle müssen für 
unsere Beschreibungszwecken herhalten und die stummen Tiere können sich 
nicht wehren. Auch, wenn Egon Olsens Pläne immer ausgefuchst waren, scheiterten sie regelmäßig, was kann der Fuchs dafür? Die Wasserratte, die Leseratte, sowie den Bücherwurm mag ich gern. Lammfromm heißt wohl eher, dass es jemand faustdick hinter den Ohren hat, oder?

 Hornochse © Karsten Hoerenz

Der Lackaffe:
Wahrscheinlich von Lakai, Lackel, wie auch in Dämlack für einen groben, ungehobelten, ungeschlachten Mann oder, so kenne ich es, als Bezeichnung eines eitlen Gecken.
Anderen Darstellungen zufolge steckt die Wurzel des Begriffs in dem mittelhochdeutschen Wort lachboum, das einen (großen) Grenzbaum bezeichnet. Auf diese Wurzel ist auch das heute noch in einzelnen Gebieten Österreichs häufig gebrauchte Dialektwort Klachel zurückzuführen, das als Synonym für Lackel verwendet wird, aber auch ein großes Stück Holz, einen Klotz, bedeutet.
Wiktionary 
Oder wurzelt der Lackaffe in den Lackschuhen feiner Herren?

Sind Affen affengeil?

Die Zimtzicke:
Mit der Zicke ist tatsächlich das Tier gemeint, das ja auch in "alte Ziege" und ähnlichen Titulierungen wegen seines Meckerns eine wenig schmeichelhafte Bezeichnung für Frauen ist. "Zimt" ist allerdings nicht das Gewürz, sondern stammt vom gleichlautenden rotwelschen Wort, das eigentlich Gold oder Geld bedeutete. Seit dem 19. Jahrhundert wurde dies mundartlich ins Gegenteil verkehrt und meinte dann wertloses Zeug, Plunder. Somit ist die Zimtzicke eine Frau, die wegen jedes Zimts, jeder Nichtigkeit rumzickt. 
Hamburger Abendblatt 10.11.11 Gute Frage

Der Salonlöwe ist wohl nur im geschützten Kreis Gleichgestellter laut und mutig?

 Eine Zimtzicke?

Der Hahnrei ist ein Ehemann, dessen Frau fremdgeht und der dies hinnimmt, um den Frieden im Haus nicht zu gefährden; im Gegensatz zu vielen anderen betrogenen Ehemännern macht ein Hahnrei keinerlei Anstalten, sich für den Ehebruch seiner Frau zu rächen (in früheren Zeiten zum Beispiel dadurch, dass er den Nebenbuhler straffrei umbrachte). Damit verstieß er damals sowohl gegen die weltlichen wie gegen die kirchlichen Gesetze und beging sogar eine Todsünde. Die Öffentlichkeit reagierte auf solches Verhalten mit vielerlei Erniedrigungen des Hahnreis. So wurde er mit Hörnern oder einem Geweih ausgestattet und rückwärts auf einen Esel gesetzt, den man dann durch die ganze Stadt führte. 
Wiktionary
 
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Spiegelberg (mit einem stolzen Gelächter). Armer Tropf! aus dieser Lage reißen? hahaha! – aus dieser Lage reißen? – und auf mehr raffiniert dein Fingerhut voll Gehirn nicht? und damit trabt deine Mähre zum Stalle? Spiegelberg müßte ein Hundsfott sein, wenn er mit dem nur anfangen wollte. Zu Helden, sag ich dir, zu Freiherrn, zu Fürsten, zu Göttern wird's euch machen! 
Schiller Die Räuber

Donnerstag, 20. Juni 2013

Bullenhitze


    Wiki sagt: Den Begriff Hitze verwendet man umgangssprachlich für Wärme, 

    wenn dabei ungewöhnlich hohe Temperaturen auftreten. Ich würde also hier 
    den Begriff Hitze verwenden, um die Temperatur der letzten beiden Tage zu 
    beschreiben. Eine Bullenhitze! Man sitzt und schwitzt. Leider muß man aber 
    gelegentlich auch laufen und dann läuft auch der Schweiß. 
    Das hiesige Theater hat ungewöhnlich viele verschiedene Temperaturzonen, 
    Bühne gemäßigt, Garderobengang subtropisch, Fundus äquatorial, und aus 
    unerfindlichen Gründen ist es in der Toilette ganz unten im Keller ziemlich 
    kalt. Eine Reise durch die Klimaregionen unserer Welt in wenigen Schritten. 
    Wir probieren "Cyrano de Bergerac" und die Darsteller der Kadetten oder die 
    Musketiere, eine Ba-Rockgang in schwerem Leder, einer zusätzlich noch mit 
    umfangsteigerndem Waton, erleben die Freuden eines ausgedehnten 
    Saunabesuches, ohne die Bühne verlassen zu müssen. Und während des 
    ausgedehnten Saunaganges müssen sie auch noch kämpfen, stampfen und 
    fechten und dabei "cool" wirken. Dass überhaupt noch jemand mit mir spricht, 
    ist ein kleines Wunder!
    Gestern abend hab ich hitzefrei gegeben.


Heim-Dampfbad /-Sauna mit 850 Watt Generator
newgen medicals Portables 

 
https://www.youtube.com/watch?v=PlMWW4R1ZBM
    Ella Fitzgerald mit "Too darn hot" aus dem Musical Kiss Me Kate, Dagmar 
    Manzel singt das in Berlin in der Komischen Oper und ist fabelhaft!

    Offizieller Hitzerekord für Deutschland sind 40,2 Grad Celsius am 13. August 

    2003 in March im Breisgau, worüber die Bewohner der Greenland Ranch im 
    Death Valley nur müde lächeln würden, weil es bei ihnen bis zu 56,7 Grad heiß 
    werden kann.



Donnerstag, 13. Juni 2013

Bittersüß - Bittersweet


     ...entfloh'n der Trieb der schönsten Leidenschaft, geheilt der Liebe bittersüße 
     Wunden, was kann ich thun?
     Die Jungfrau von Orleans, ein heroisch-komisches Gedicht in 16 Gesängen von
     Voltaire

   
    Bittersüß - Solanum dulcamara - Bittersüßer Nachtschatten - Hundbeere,  
    Mäuseholz, Mausholz, Natter(n)holz, Pissranke, Rote Hundsbeere,  
    Saurebe, Stinkteufel, Süßstoff, Teufelsklatten, Waldnachtschatten, 
    Wasserranke, Wolfsbeere - hochgiftig und verführerisch schön, einige
    Vogelarten allerdings vertragen es gut, ein aggressives Unkraut, das, 
    wenn nicht in Schach gehalten, andere Pflanzen überwältigt und verdrängt.


     Bittersüß. Ich habe herrliche Theater-Proben und trauere mit meiner Freundin. 
     Ich habe Energie für Anproben, Besprechungen und unzählige Neben-
     schauplätze und meine Schwester, bzw. Kostümbildnerin muß sich in Berlin,
     nach unzeitigem Herzinfarkt therapieren lassen. Nein, Theater ist
     nicht meine Zuflucht, mein Leben ist wichtiger. Aber die Not in meinem 
     Leben speist meine Arbeit. Nicht aus taktischen Erwägungen, sondern
     aus innigster unvermeidbarer Verbundenheit. What the Fuck! Wie irrsinnig 
     kann das Leben sein? Ist das gut, ist das schlecht? Richtig? Falsch? Ist es
     einfach so wie Leben ist? Momentan ist für Reflektion wenig Zeit. Ich lebe
     dem Leben hinterher.
    
Das bittersüße ehlich Leben

Gott sei gelobet und geehrt
Der mir ein frumb Weib hat beschert
Mir der ich zwei und zweinzig Jahr
Gehaust hab, Gott gab länger gar

Wiewohl sich in mein ehlig Leben
Had Süß und Saures oft begeben
Gar wohl gemischt von Freud und Leid,
Erst auf, dann ab, ohn Unterscheid

Sie hat mir nit stets kochet Feigen
Will schwankweis Dir ein Teil anzeigen
Sie ist ein Himmel meiner Seel
Sie ist auch oft mein Pein und Hell,

Sie ist mein Engel auserkoren,
Ist oft mein Fegeteufel woren.
Sie ist mein Wünschelrut und Segen
Ist oft mein Schauer und Platzregen

Sie ist mein Mai und Rosenhag,
Ist oft mein Blitz und Donnerschlag,
Mein Frau ist oft mein Schimpf und Scherz,
Ist oft mein Jammer, Angst und Schmerz,

Sie ist mein Wonn und Augenweid,
Ist oft mein Traurn und Herzeleid
Sie ist mein Freiheit und mein Wahl,
Ist oft mein Gfängnis und Notstall,

Sie ist meine Hoffnung und mein Trost,
Ist oft mein Zweifel, Hitz und Frost.
Mein Frau ist meine Zier und Lust,
Ist oft mein Graun und Suppenwust,

Ist oft mein königlicher Saal,
Doch auch mein Krankheit und Spital.
Mein Frau, die hilft mir treulich nähren,
Thut mir auch oft das Mein verzehren,

Mein Frau, die ist mein Schild und Schutz,
Ist oft mein Frevel, Stolz und Trutz.
Sie ist mein Fried und Einigkeit,
Und oft mein täglich Hebensstreit

Sie ist mein Fürsprech und Erlediger,
Ist oft mein Ankläger und Prediger.
Mein Frau ist mein getreuer Freund,
Oft worden auch mein größter Feind,

Mein Frau ist mietsam oft und gütig,
Sie ist auch zornig oft und wütig.
Sie ist mein Tugend und mein Laster,
Sie ist mein Wund und auch mein Pflaster,

Sie ist meines Herzens Aufenthalt,
Und machet mich doch grau und alt.

Hans Sachs, 1494-1576