Ich hatte den Namen Constantine Peter Cavafy noch nie gehört, stieß auf ihn in einem Essay über Popkultur und war überrascht. In Alexandria geboren, hat er zeitweise in Liverpool, Konstantinopel und irgendwo in Frankreich gelebt und sich dann für ein Leben in Alexandria als Beamter im ägyptischen Staatsdienst des ausgehenden 19. Jahrhunderts entschieden.
Kühle weht einem entgegen, Ironie und eine ganz unsentimentale Melancholie. Die Strenge in der Form kann ich aus den Übersetzungen nur vermuten.
Ein kleiner Fund.
Was ich für Gedichte verpasse, weil ich so wenig Fremdsprachen verstehe!
WARTEN AUF DIE BARBAREN
Worauf warten wir, versammelt auf dem Marktplatz?
Auf die Barbaren, die heute kommen.
Warum solche Untätigkeit im Senat?
Warum sitzen die Senatoren da, ohne Gesetze zu machen?
Weil die Barbaren heute kommen.
Welche Gesetze sollten die Senatoren jetzt machen?
Wenn die Barbaren kommen, werden diese Gesetze machen.
Warum ist unser Kaiser so früh aufgestanden?
Warum sitzt er mit der Krone am größten Tor der Stadt
Hoch auf seinem Thron?
Weil die Barbaren heute kommen
Und der Kaiser wartet, um ihren Führer
zu empfangen. Er will ihm sogar eine Urkunde
Überreichen, worauf viele Titel
Und Namen geschrieben sind.
Warum tragen unsere zwei Konsuln und die Prätoren
Heute ihre roten, bestickten Togen?
Warum tragen sie Armbänder mit vielen Amethysten
Und Ringe mit funkelnden Smaragden?
Warum tragen sie heute die wertvollen Amtsstäbe,
Fein gemeißelt, mit Silber und Gold?
Weil die Barbaren heute erscheinen,
Und solche Dinge blenden die Barbaren.
Warum kommen die besten Redner nicht, um wie üblich
Ihre Reden zu halten?
Weil die Barbaren heute erscheinen,
Und vor solcher Beredtheit langweilen sie sich.
Warum jetzt plötzlich diese Unruhe und Verwirrung?
(Wie ernst diese Gesichter geworden sind.) Warum leeren
Sich die Straßen und Plätze so schnell, und
Warum gehen alle so nachdenklich nach Hause?
Weil die Nacht gekommen ist und die Barbaren doch nicht
Erschienen sind. Einige Leute sind von der Grenze gekommen
Und haben berichtet, es gebe sie nicht mehr, die Barbaren.
Und was wird nun aus uns ohne Barbaren?
Diese Leute waren eine Art Lösung.
Übersetzt aus dem Griechischen Robert Elsi. Und von mir leicht verändert.
Aus: Das Gesamtwerk Amman Verlag 1997
WAITING FOR THE BARBARIANS
By C. P. Cavafy
Translated by Edmund Keeley
What are we waiting for, assembled in the forum?
The barbarians are due here today.
Why isn’t anything going on in the senate?
Why are the senators sitting there without legislating?
Because the barbarians are coming today.
What’s the point of senators making laws now?
Once the barbarians are here, they’ll do the legislating.
Why did our emperor get up so early,
and why is he sitting enthroned at the city’s main gate,
in state, wearing the crown?
Because the barbarians are coming today
and the emperor’s waiting to receive their leader.
He’s even got a scroll to give him,
loaded with titles, with imposing names.
Why have our two consuls and praetors come out today
wearing their embroidered, their scarlet togas?
Why have they put on bracelets with so many amethysts,
rings sparkling with magnificent emeralds?
Why are they carrying elegant canes
beautifully worked in silver and gold?
Because the barbarians are coming today
and things like that dazzle the barbarians.
Why don’t our distinguished orators turn up as usual
to make their speeches, say what they have to say?
Because the barbarians are coming today
and they’re bored by rhetoric and public speaking.
Why this sudden bewilderment, this confusion?
(How serious people’s faces have become.)
Why are the streets and squares emptying so rapidly,
everyone going home lost in thought?
Because night has fallen and the barbarians haven't come.
And some of our men just in from the border say
there are no barbarians any longer.
Now what’s going to happen to us without barbarians?
Those people were a kind of solution.
Geschrieben 1898 und veröffentlicht 1904.
Constantine Peter Cavafy, auch bekannt als Konstantin oder Konstantinos Petrou Kavafis; geboren am 29. April 1863 – gestorben am 29. April 1933 war ein ägyptisch-griechischer Poet, Jurnalist und Beamter.
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