Samstag, 4. Februar 2017

Political Correctness ist vorrauseilende Feigheit vor dem Feind

Unser Kollege aus Malawi hat erzählt, dass als Madonna, die in seiner Heimat durch ihre Stiftung "Raising Malawi" ein Kinderkrankenhaus bauen läßt, auf der Suche nach Kindern für eine Adoption, am Flughafen in der Hauptstadt Lilongwe eintraf, viele Einwohner sie begrüßten, die T-Shirts mit der Aufschrift "Madonna, please, adopt me!" trugen.

Unser Stück (Angst Essen Seele Auf) enthält das Wort Neger, eine Menge widerlich abfällige Bemerkungen über ausländische Mitbürger und üble rassistischen Witze. Das Spielensemble ist zu großen Teilen weiß, genauer deutsch aus Ost und West und Schwabenland, einer ist deutsch mit Vorfahren in der Türkei und einer stammt, wie erwähnt, aus Malawi. 

Wir haben, glaube ich, eine gute Zeit miteinander, reden viel, auch über Rassismus, den in uns, den anderer gegen uns und auch den zwischen den verschiedenen Stämmen Malawis. 

Eine Insel. In dieser mittelgroßen baden-württembergischen Stadt, verschont vom Krieg, teuer und sehr bürgerlich, in den Wochen vor Fastnacht, dürfen wir uns mit den Gefährdungen in uns selbst beschäftigen. 

Die meisten von uns hatten es weiß und leicht, und sind doch verschiedenst geprägt von unserer Herkunft aus Ost und West, Religionszugehörigkeit, dysfunktionaler Familie, ungestillter Liebessehnsucht. Unser muslimischer Mitspieler hat während des letzten Ramadams bei drückender Hitze im Sommerspektakel hochdiszipliniert einen christlichen Mönch gespielt und bekam von der aus Dessau stammenden Regieassistentin pünktlich zum Sonnenuntergang eine große Flasche gekühltes Wasser. Der Mann aus Malawi spielt die Hauptrolle, und zwar außerordentlich gut, und doch wird er, wieder in seiner Heimat, manchmal wochenlang ohne Essen auskommen müssen, es gibt dann halt Tee mit Zucker. 

Eine Insel. 

Das Konstanzer Theater leistet Erstaunliches durch solche Kooperationen zwischen den Kontinenten, und das bei minimalem Budget. 

Aber auch eine Insel, weil uns dieses "alte" Fassbinder-Stück von 1974 zwingt, uns ungeschützt, ohne Triggerwarnungen und politisch korrekte Weichzeichner, mit Realität zu konfrontieren. 

Einen schlechtes Deutsch stammelnden Pegida-Anhänger für blöd zu erklären, ist eine leichte Übung. Ich mach das mit links. Aber wenn man sowas spielen soll, während das Ziel des Hasses, der Vorurteile, der Fremde ganz ruhig daneben sitzt, dann verändert sich etwas. Zum Guten.

Der Schauspieler Mphundu Mjumira in einer anderen Produktion
Wiki sagt: Rassismus ist eine Gesinnung oder Ideologie, nach der Menschen aufgrund weniger äußerlicher Merkmale, die eine gemeinsame Abstammung vermuten lassen, als sogenannte "Rasse" kategorisiert und beurteilt werden. Die zur Abgrenzung herangezogenen Merkmale wie Hautfarbe, Körpergröße oder Sprache - aber auch kulturelle Merkmale wie Kleidung oder Bräuche - werden in der biologistischen Bedeutung als grundsätzlicher und bestimmender Faktor menschlicher Fähigkeiten und Eigenschaften gedeutet und nach Wertigkeit eingeteilt. Dabei betrachten Rassisten alle Menschen, die ihren eigenen Merkmalen möglichst ähnlich sind, grundsätzlich als höherwertig, während alle anderen (oftmals abgestuft) als geringerwertig diskriminiert werden.

1 Kommentar:

  1. Du weißt von der Blackfacing Auseinandersetzung wie ich über politicall correctness denke. Ich stimme Deinem Beitrag absolut zu.
    Aber... kleine Ermutigung, warum political correctness auch gut sein kann, nämlich dann, wenn sie nicht vorauseilend ist, sondern antritt angerichteten Schaden zu beseitigen.

    https://pbs.twimg.com/media/C34asXOVYAEaY79.jpg:large

    (In all den Nachrichten, die tagtäglich zu verdauen sind, suche ich mir immer mein "highlight of the day". Das ist meins für heute.)

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