Montag, 21. März 2016

August & Erich Sander - Menschen des 20. Jahrhunderts

Diesseitig bin ich gar nicht faßbar

Diesseitig bin ich gar nicht faßbar.
Denn ich wohne grad so gut bei den Toten,
wie bei den Ungeborenen.
Etwas näher dem Herzen der Schöpfung als üblich.
Und noch lange nicht nahe genug.

Geht Wärme von mir aus? Kühle??
Das ist jenseits aller Glut gar nicht zu erörtern.
Am Fernsten bin ich am frömmsten.
Diesseits manchmal etwas schadenfroh.
Das sind Nuancen für die eine Sache.
Die Pfaffen sind nur nicht fromm genug, um es zu sehn.
Und sie nehmen ein klein wenig Ärgernis, die Schriftgelehrten.

Paul Klee 1920

Konditor 1928 - Ich würde es 'Stolz des Könners' nennen.

In der Fotografie gibt es keine Schatten, der nicht beleuchtet werden können.
oder 
In der Fotografie gibt es keine ungeklärten Schatten.
August Sander

Dem Sohn eines Bergbauzimmermannes gelingt es, durch harte Arbeit und hilfreiche Menschen, Photograph zu werden. 
Er lebte von 1876 bis 1964, arbeitete als Assistent eines Fotografen, der für seine örtliche Bergbaugesellschaft arbeitete und dann im Militärdienst für einen anderen, er absolvierte Gesellen-Wanderjahre und fotografierte Hochzeiten, Taufen, Konfirmationen, stolze Momente etc. in einem Fotoatelier in Linz mit dem blumigen Namen "Photographische Kunstanstalt Greif", er wurde alleiniger Besitzer der Anstalt, heiratete, bekam Kinder, gab den Laden auf, zog nach Köln, eröffnete einen neues Atelier. Um 1920 schloß er sich den Kölner Progressiven an.

 Burschenschaftler - Vernarbte Ahnungslosigkeit
 
Die Kölner Progressive war eine Künstlergruppe um die Maler Franz Wilhelm Seiwert, Heinrich Hoerle und den Fotografen August Sander, die Anfang der 1920er Jahre gegründet wurde. Gemeinsames Konzept war es, die Menschen und Sozialstrukturen ihrer Zeit im Bild zu dokumentieren, schreibt Wiki.

Selbstporträt - Ach, die Haare!

Er photographierte Menschen des 20. Jahrhunderts, Bauern, Handwerker, Soldaten, Bankiers und Händler, Künstler, Intellektuelle, Bettler und Zigeuner. Schwarz-weiß, gerade ins Gesicht, interessiert, unvoreingenommen, unkommentiert, wahr.

Ich will weder eine Kritik noch eine Beschreibung dieser Menschen geben, sondern nur mit meinen Bildern ein Stück Zeitgeschichte schaffen. 
August Sander

 Ländliche Braut 1925-30

Sein Sohn Erich, ebenfalls Fotograf, erst Mitglied der KPD, dann als der stalinistische Druck zu groß wurde, der KPO, (https://de.wikipedia.org/wiki/Kommunistische_Partei-Opposition) dann, um die Einheitsfront gegen Hitler zu stärken, der SDAP, er wurde 1934 verhaftet und wegen Hochverrates zu 10 Jahren Haft verurteilt. Er starb an den Folgen einer falsch diagnostizierten Blinddarmentzündung nur kurz vor seiner Entlassung. Und er fotografierte im Zuchthaus, offiziell für die "kriminalbiologische Forschung", heimlich um das Leben der Häftlinge zu dokumentieren.


Politicher Gefangener 1943
Erich Sander
© Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur - August Sander Archiv, Cologne; DACS, London, 2016.

Politischer Gefangener 1943
Erich Sander
© Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur - August Sander Archiv, Cologne; DACS, London, 2016.


Totenmaske Erich Sander fotografiert von August Sander
© Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur - August Sander Archiv, Cologne; DACS, London, 2016.

1936 vernichteten die Nazis die Druckstöcke für August Sanders "Antlitz der Zeit". 1942 zog er in ein kleines Dorf im Westerwald, wo 1944 sein Atelier durch Bomben vernichtet wurde. Nach 1946 beginnt er das zerstörte Köln zu dokumentieren. Ein anständiges tragisches deutsches Leben.

Kinder des Bürgertums 1925

1 Kommentar:

  1. Das Medium Film und Foto ist so fantastisch weil es uns die Möglichkeit gibt, der Vergänglichkeit Momente abzugewinnen die wir für uns und andere aufbewahren können.Sei es zur Freude oder zur Mahnung. Was kann ein Foto für Emotionen auslösen...Ansonsten wär dieser Moment verloren.

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