Sonntag, 7. Juli 2013

Josef Sudek / Ei - nfach?


EIN EI

 1930

Ich glaube, dass Photographie banale Dinge liebt, und ich liebe das Leben der Dinge. J.S.

 1961

ei Interjektion; (meist im Umgang mit Kindern) verwendet, um Erstaunen o. Ä. auszudrücken oder um ein Kind zu trösten 


die einsamkeit

das muß schon einige zeit her sein,
daß ich von einsamkeit gelesen habe,
denn längst ist einsamkeit nicht mehr
so fern (von mir),
daß ich es lesen muß
um etwas davon zu hören.
sie geht mir tag und nacht
nicht mehr aus den ohren.
 
Ernst Jandl

 1950-54

 1951

 Auf dem Fensterbrett meines Studios 1950-54


Josef Sudek

Ale Photographien © Josef Sudek

Der tschechische Fotograf Josef Sudek wird am 17. März 1896 im böhmischen Kolín geboren. Mit 14 Jahren geht Sudek nach Prag, macht eine Buchbinderlehre und arbeitet von 1913-15 als Druckereiarbeiter. Er ist bereits engagierter Amateur-fotograf, als er zu seinem insgesamt drei Jahre währenden Kriegsdienst im Ersten Weltkrieges antritt. Infolge einer schweren Verletzung verliert Josef Sudek seinen rechten Arm. Da er nun seinen gelernten Beruf nicht mehr ausüben kann, entscheidet er sich, Fotograf zu werden. Er absolviert von 1922-24 ein Studium an der Staatlichen Grafikschule in Prag und ist Gründungsmitglied der Tschechischen Fotografischen Gesellschaft. Josef Sudek und sein Freund Jaromír Funke werden die beiden wichtigsten Vertreter der tschechischen Avantgarde und sind Verfechter einer unverfälschten, dokumentarischen Fotografie, welche im Gegensatz zur "gefälligen" Kunstfotografie steht. 1927 richtet Josef Sudek ein kleines Atelier in Prag ein und veröffentlicht ein Portfolio über die Bauarbeiten am Prager Veitsdom.
1940 kennzeichnet einen Wendepunkt in Josef Sudeks Werk: Er zieht sich immer mehr in die eigene hermetische Welt seines Ateliers zurück und konzentriert sich auf private Themen. Seine größte Meisterschaft erreicht Sudek in seinen Stillleben, die gekennzeichnet sind durch höchste lichtplastische Sensibilität. Oft sind auf den Aufnahmen nur wenige, ganz alltägliche Gegenstände, wie ein Glas Wasser und ein weißes Ei, zu sehen – Josef Sudek schafft es jedoch, diese mit Bedeutung aufzuladen und ihnen eine geheimnisvoll- irreale Wirkung zu verleihen. Ab 1950 fotografiert Sudek mit einer Panoramakamera. Die Ergebnisse erscheinen neun Jahre später in dem Buch "Praha panoramatická". 1961 erhält Sudek als erster Fotograf die Auszeichnung "Verdienter Künstler" der Tschechoslowakischen Republik.
Er stirbt am 15. September 1976 in Prag.

 
Ei und Dekanter 1954

Das Liebesbrief-Ei

Ein Huhn verspürte große Lust
unter den Federn in der Brust,
aus Liebe dem Freund, einem Hahn zu schreiben,
er solle nicht länger in Düsseldorf bleiben.
Er solle doch lieber hier - zu ihr eilen
und mit ihr die einsame Stange teilen,
auf der sie schlief.
Das stand in dem Brief. Wir müssen noch sagen: Es fehlte ihr an gar nichts.
Außer an Briefpapier.
Da schrieb sie ganz einfach und deutlich mit Blei
den Liebesbrief auf ein Hühnerei.
Jetzt noch mit einer Marke bekleben
und dann auf dem Postamt abgeben.
Da knallte der Postmann den Stempel aufs Ei.
Da war sie vorbei,
die Liebelei.

Janosch
 

Freitag, 5. Juli 2013

Kleinigkeiten



    Ich habe heute:
    - meiner Lieblingsnichte beim Reiten zugeschaut.
    - einen sehr großen Hund spazierengeführt.
    - eine Stunde lang eine Katze gestreichelt.
    - ein bisschen in einem Buch gelesen.
    - einen Tisch für acht Menschen gedeckt.
    - ein  Gespräch geführt.
    - ein Brot aufgeschnitten.
    - 24 Mücken erschlagen.
    - zwei Prinzessinnen vor einem aggressiven Frosch 
      gerettet.


      DIE FRÖSCHE

     Ein großer Teich war zugefroren,
   die Fröschlein in der Tiefe verloren,
   durften nicht ferner quaken noch springen,
   versprachen sich aber im halben Traum,
   fänden sie nur da oben Raum,
   wie Nachtigallen wollten sie singen.
   Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz,
   nun ruderten sie und landeten stolz
   und saßen am Ufer weit und breit
   und quakten wie vor alter Zeit.


   Johann Wolfgang von Goethe

Donnerstag, 4. Juli 2013

Kaspar Hauser Nachtrag - DaDa - Hans Arp - weh unser guter kaspar ist tot



Die Schwalbenhode
Hans Arp 1887-1966

1.
weh unser guter kaspar ist tot
wer verbirgt nun die brennende fahne im zopf und wer dreht die kaffeemühle
wer lockt nun das idyllische reh
auf dem meer verwirrte er die schiffe mit dem wörtchen parapluie und die winde nannte er bienenvater
weh weh weh unser guter kaspar ist tot heiliger bimbam kaspar ist tot
die heufische klappern in den glocken wenn man seinen vornamen ausspricht darum seufze ich weiter kaspar kaspar kaspar
warum bist du ein stern geworden oder eine kette aus wasser an einem heißen wirbelwind oder ein euter aus schwarzem licht
oder ein durchsichtiger ziegel an der stöhnenden trommel des felsigen wesens
jetzt vertrocknen unsere scheitel und sohlen und die feen liegen halbverkohlt auf den scheiterhaufen

2.
jetzt donnert hinter der sonne
die schwarze kegelbahn und keiner zieht mehr die kompasse und die räder der schiebkarren auf
wer ißt nun mit der ratte am einsamen tisch wer verjagt den teufel wenn er die pferde verführen will wer erklärt uns die monogramme in den sternen
seine büste wird die kamine aller wahrhaft edlen menschen zieren doch das ist kein trost und schnupftabak für einen totenkopf

3.
auf den wasserkanzeln bewegen die kaskadeure ihre fähnchen wie figura 5 zeigt
die abenteuer mit falschen bärten und diamantenen hufen bestiegen vermittels aufgeblasener walfischhäute schneidend das podium
der große geisterlöwe harun el raschid sprich harun al radi gähnte dreimal und zeigte seine vom rauchen schwarz gewordenen zähne
die merzerisierten klapperschlangen wickelten sich von ihren spulen mähten ihr getreide und verschlossen es in steine
aus dem saum des todes traten die augen der jungen sterne
nach der geißelung auf der sonnenbacke tanzten die hufe des esels auf flaschenköpfen
die toten fielen wie flocken von ledernen türmen
wieviel totengerippe drehten die räder der tore
als der wasserfall dreimal gekräht hatte erblich seine tapete bis auf das blut und die matrosenmatritze zersprang
aus der tiefe stiegen die schränke und breiteten ihre anker aus
endlich wagte das meer die ohnmacht der bittern kompasse
die glitzernden engel drehten sich in ihren angeln
die gläsernen eulen reichten sich den tod von schnabel zu schnabel
die vögel hingen ihre glasschweife wie wasserfälle aus den felsen
die bäuerinnen trugen ausgebrannte ausgestopfte sonnen in ihrem haar den bäuerinnen nur in ihren kröpfen nur in ihren nickhäuten nur in ihrer lieben kleinen stadt jerusalem wachspuppen auszusetzen erlaubt war

4.
die edelfrau pumpt feierlich wolken in säcke aus leder und stein
lautlos winden riesenkräne trillernde lerchen in den himmel die sandtürme sind mit wattepuppen verstopft
in den schleusen stauen sich ammonshörner diskusse und mühlsteine
die schiffe heißen hans und grete und fahren ahnungslos weiter
der drache trägt die inschrift kunigundula und wird an der leine geführt
den städten sind die füße abgesägt
den kirchtürmen nur volle bewegungsfreiheit in den kellern gegeben
darum sind wir auch nicht verpflichtet die krallen hörner und wetterfahnen zu putzen

5.
obwohl der mond mir wie ein spiegel gegenüberhängt schmerzt mich der engel im auge
auf den tischen laufen die sämereien auf und pochst du an die pflanzen so springen ihre blumen hervor
die löwen verenden vor ihren schilderhäusern mit gießkannen voll diamanten zwischen den krallen
die führer tragen schürzen aus holz

die vögel tragen schuhe aus holz
die vögel sind voll widerhall
unaufhörlich rollen ihnen die eier aus ihren kleinen herzen ihre sohlen stehen auf schreitenden flammen
reißt die schneekette so rufen sie den herrgott an
senkt sich das himmelsrad so treten ihre hufe auf schwarze körner

im januar schneit es graphit in das ziegenfell
im februar zeigt sich der strauß aus kreideweißem licht und weißen sternen
im märz balzt der würgeengel und die ziegel und falter flattern fort
und die sterne schaukeln in ihren ringen
und die windfangblumen rasseln in ihren ketten
und die prinzessinnen singen in ihren nebeltöpfen
wer eilt auf kleinen fingern und flügeln den morgenwinden nach 



Hans Arp


Die Schwalbenhode, 4.

Tapa tapa tapa
Pata pata
Maurulam katapultilem i lamm
Haba habs tapa
Mesopotainem masculini
Bosco & belachini
Haba habs tapa
Woge du welle
Haha haha


Mittwoch, 3. Juli 2013

Kaspar Hauser - Ein solcher Reiter möcht ich sein...


Ich sitze gegen 22.00 Uhr an einem warmen mittsommerlichen Abend an einer brandenburgischen Dorfstrasse ein sehr angenehmes gemeinschaftliches Essen verdauend. Vor etwa einer Stunde haben alle Vögel abrupt beschlossen, schlafen zu fliegen, oder jedenfalls keinen Piep mehr von sich zu geben, es herrscht nahezu vollendete Stille, nur drei Katzen gehen geräuschlos ihren Geschäften nach, eine tanzt sogar lautlos, vielleicht spielt sie auch nur mit einer Mücke. Stille. Allein. Alleinsein kann wunderschön sein.
Aber nur im Wissen um die wiederherstellbare Anwesenheit anderer. Unfreiwillig allein zu sein, wahrhaft einsam, alleingelassen, und das auch noch länger als vorstellbar, ist eine wahrhaft erschreckende Vorstellung. Der Graf von Monte Christo, Robinson Crusoe... 
Mit 12 las ich durch Zufall "Kaspar Hauser. Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen" von Anselm Feuerbach - die badischen Intrigen ließen mich kalt, aber die Vorstellung von jahrelanger Isolation, von Dunkelheit und Enge, vom Hungern nach Außeneindrücken, hat mich so sehr beeindruckt, dass ich mich heute noch an das Gefühl von damals erinnern kann. Ich habe das Buch übrigens nicht gelesen, weil ich frühreif oder irgendwie sonderlich intelligent war, sondern weil ich glaubte, es sei eine Gruselgeschichte.

Nürnberg 1828, auf dem Markt steht ein Knabe und ruft: "He Bue!" und sagt: „A söchtener Reuter möcht i wern, wie mein Voater gwen is“ („Ein solcher Reiter möchte ich werden, wie mein Vater gewesen ist“). 
Am 26. Mai 1828 fand man in Nürnberg einen jungen Mann, der – "in höchst auffallender Haltung des Körpers dastand und, einem Betrunkenen ähnlich, sich vorwärts zu bewegen mühte, ohne gehörig aufrecht stehen und seine Füße regieren zu können. ... Er schien zu hören, ohne zu verstehen, zu sehen, ohne etwas zu bemerken, sich mit den Füßen zu bewegen, ohne sie zum Gehen gebrauchen zu können. Seine Sprache waren meistens Tränen, Schmerzenslaute, unverständliche Töne ...." * 
War Kaspar Hauser, unschuldiges Opfer verbrecherischer dynastischer Machenschaften oder durchtriebener Betrüger, oder einfach jemand, der in eine Situation hineinstolperte, die von der Sensationsgier anderer immer mehr und mehr kompliziert wurde? So viele Bücher, so viele Varianten von Antworten. Aber als Matrize für Poesie war und ist er ganz wunderbar geeignet. Der einsame Mann über den man nichts wirklich Sicheres weiss, sollte Absprungspunkt vielfältiger Phantasien sein.
Der Knabe
 
Ich möchte einer werden so wie die,
die durch die Nacht mit wilden Pferden fahren,
mit Fackeln, die gleich aufgegangenen Haaren
in ihres Jagens großem Winde wehn.
Vorn möcht ich stehen wie in einem Kahne,
groß und wie eine Fahne aufgerollt.
Dunkel, aber mit einem Helm von Gold,
der unruhig glänzt. Und hinter mir gereiht
zehn Männer aus derselben Dunkelheit
mit Helmen, die, wie meiner, unstät sind,
bald klar wie Glas, bald dunkel, alt und blind.
Und einer steht bei mir und bläst uns Raum
mit der Trompete, welche blitzt und schreit,
und bläst uns eine schwarze Einsamkeit,
durch die wir rasen wie ein rascher Traum:
Die Häuser fallen hinter uns ins Knie,
die Gassen biegen sich uns schief entgegen,
die Plätze weichen aus: wir fassen sie,
und unsre Rosse rauschen wie ein Regen.
 
Rainer Maria Rilke (1906) 
 
Aquarell - Kaspar Hauser - 22. April 1829
Kaspar Hauser Lied
Für Bessie Loos
 
Er wahrlich liebte die Sonne, die purpurn den Hügel hinabstieg,
Die Wege des Walds, den singenden Schwarzvogel
Und die Freude des Grüns.
 
Ernsthaft war sein Wohnen im Schatten des Baums
Und rein sein Antlitz.
Gott sprach eine sanfte Flamme zu seinem Herzen:
O Mensch!
 
Stille fand sein Schritt die Stadt am Abend;
Die dunkle Klage seines Munds:
Ich will ein Reiter werden.
 
Ihm aber folgte Busch und Tier,
Haus und Dämmergarten weißer Menschen
Und sein Mörder suchte nach ihm.
 
Frühling und Sommer und schön der Herbst
Des Gerechten, sein leiser Schritt
An den dunklen Zimmern Träumender hin.
Nachts blieb er mit seinem Stern allein;
 
Sah, daß Schnee fiel in kahles Gezweig
Und im dämmernden Hausflur den Schatten des Mörders.
 
Silbern sank des Ungebornen Haupt hin.
Georg Trakl (1913) 
 
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/findelkind-kaspar-hauser-der-prinz-und-der-bettelknabe-11735165.html 

Der arme Kaspar

Ich geh - wohin?
Ich kam - woher?
Bin aussen und inn,
Bin voll und leer.
Geboren - wo?
Erkoren - wann?
Ich schlief im Stroh
Bei Weib und Mann.
Ich liebe dich,
Und liebst du mich?
Ich trübe dich,
Betrübst du mich?
Ich steh und fall,
Ich werde sein.
Ich bin ein All
Und bin allein.
Ich war. Ich bin.
Viel leicht. Viel schwer.
Ich geh - wohin?
Ich kam - woher?

Klabund

* Anselm Feuerbach
 

Sonntag, 30. Juni 2013

Ferien, Urlaub!



Lehnschulzenhof Viesen in Rosenau
gebaut 1730

Die Lieblingsnichte und ich fahren in den Urlaub nach Rosenau. Der Ort liegt im Brandenburgischen und hat 180 Einwohner, eine Feldsteinkirche, ein Mahnmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs und eins für die des darauffolgenden. Und Felder, Wiesen, Bäume, einen See. Die Nichte wird reiten und ich schaue zu! 
O selige Faulheit.

Und das werde ich lesen: Theodor Fontane - Wanderungen durch die Mark
Brandenburg

Und bloggen kann ich in aller Ruhe. 





Ferien: Wiki schreibt dazu:
Mit Ferien werden Zeiträume bezeichnet, in denen eine Einrichtung vollständig schließt, um ihren Angehörigen andere Tätigkeiten, insbesondere Erholung zu ermöglichen. Zu unterscheiden sind sie vom Urlaub, der jeweils nur einzelnen Angehörigen der Einrichtung gewährt wird. 

Ich bin meine eigene Einrichtung und habe also nun Ferien und Urlaub!

Historisches Leikon der Schweiz:
Etymologisch geht der Begriff Ferien auf das lat. Wort feriae (= Festtage, Feste) zurück. Im MA und in der frühen Neuzeit unterschied man zwischen feriae sacrae, feriae profanae und weiteren Feiertagen, an denen das öffentl. Leben (Gerichte, Vertragsverhandlungen, Universitäten, Schulen) ruhte. Vom ausgehenden 19. Jh. an wurde das Wort F. auch synonym oder in Kombination mit Urlaub (mittelhochdt. urloup = Erlaubnis, Erlaubnis zu gehen, Abschied) für die Arbeitsunterbrechung Berufstätiger verwendet.

Donnerstag, 27. Juni 2013

Siebenschläfer


   Regnet's am Siebenschläfertag - es sieben Wochen 
  regnen mag.
Wie das Wetter an diesem Tag, so soll es sieben Wochen bleiben.
Regnet's am Siebenschläfertag, / es sieben Wochen regnen mag.
Siebenschläfer Regen / sieben Wochen Regen.
Werden die sieben Schläfer nass / regnet's noch lange Fass um Fass.
Ist der Siebenschläfer nass, / regnet's ohne Unterlass.
Wenn die Siebenschläfer Regen kochen, / so regnets vier ganze Wochen.

   Der Siebenschläfertag ist am 27. Juni und ein Gedenktag für die Sieben 
   Schläfer von Ephesus. Die gleichnamige alte Bauernregel besitzt ihre Relevanz 
   als Lostag jeweils etwa 10 Tage später um den 5. Juli, aufgrund der 
   gregorianischen Kalenderreform. (Wiki)

   Lostage (auch: Lurtage) sind feststehende Tage im Kalender, die nach altem 
   Volksglauben Vorhersagen über die Wetterverhältnisse der folgenden Wochen 
   und Monate ermöglichen. (Wiki)
   
   Die Wetterregel hat eine hohe Genauigkeit: In 80% der Jahre trifft sie für 
   Süddeutschland, in gut zwei Drittel aller Sommer für den Norden zu.

   Statistische Analysen ergaben, dass die Regel zwar nicht für den 
   Siebenschläfertag selbst, jedoch für die erste Juliwoche in Süddeutschland in 
   60–70 % der Fälle zutrifft, was mit dem so genannten Jetstream 
   zusammenhängt, der sich üblicherweise Ende Juni/Anfang Juli für einige Zeit 
   stabilisiert. Liegt er im Norden, so werden Tiefdruckgebiete meist in Richtung 
   Nordeuropa abgelenkt und Hochs dominieren das Wetter im südlichen 
   Mitteleuropa, liegt er weiter südlich, so können Tiefs über Mitteleuropa 
   hinwegziehen. Für Norddeutschland mit dem stärker maritim geprägten Klima 
   ist die Regel aber dennoch nicht anwendbar. (Europäisches Segelinformations-
   system)

   Werden die Siebenschläfer nass - regnet's noch lange 
  Fass um Fass.
   
   Maximian, Malchus, Martinian, Dionysius, Johannes, Serapion und Constantin 
   waren sieben Brüder, Schafhirten und bekennende Christen. Für ihr Bekenntnis 
   hat man sie zusammen mit einem Hund 251 n. Chr. in einer Höhle auf dem Berg 
   Celion nahe Ephesus eingemauert.   

   Etwa zweihundert Jahre später, Christen und Muslims sind sich uneinig über die 
   genaue Zahl der Jahre, wurde die Höhle geöffnet und - hier folgt nun das 
   Wunder - die Sieben erwachten aus tiefem Schlaf zu neuem Leben in einer
   nunmehr christianisierten Welt.

   "Du sollst wissen, dass der Herr uns um deinetwillen auferweckt hat vor dem 

   Tag der großen Auferstehung, damit du ohne jeden Zweifel glaubst, dass es 
   eine Auferstehung der Toten gibt. Denn siehe, wir sind wirklich auferstanden 
   und leben, und wie das Kind im Mutterleib keinen Schaden spürt und lebt, so 
   lagen auch wir und lebten und schliefen und spürten nichts."

   Allerdings starben sie dann doch kurze Zeit später ein zweites und endgültiges 
   Mal.
 
   Ist der Siebenschläfer nass - regnet's ohne 
  Unterlass. 
   
   Von sieben Schläfern berichtet auch eine von Grimm mitgeteilte deutsche Sage:

   Die sieben schlafenden Männer in der Höhle In ganz Deutschland weiß man    

   folgende wunderbare Begebenheit: An der äußersten Meeresküste liegt unter 
   einem ragenden Felsen eine Höhle, in der, man kann nicht mehr sagen seit 
   welcher Zeit, langeher sieben Männer schlafen; ihre Leiber bleiben unverwest, 
   ihre Kleider verschleißen nicht, und das Volk verehrt sie hoch. Der Tracht nach 
   scheinen sie Römer zu sein. Einen reizte die Begierde, daß er der Schläfer 
   einem das Gewand ausziehen wollte; alsbald erdorrten ihm die Arme, und die 
   Leute erschraken so, daß niemand näher zu treten wagte. Die Vorsehung 
   bewahrt sie zu einem heiligen Zweck auf, und dereinst sollen sie vielleicht 
   aufstehen und den heidnischen Völkern die heilige Lehre verkündigen.”   
   (Deutsche Sagen Nr. 392)    


 Schlafmaus oder Siebenschläfer © H. Sommer

SIEBENSCHLÄFER  
 
Sechs Begünstigte des Hofes
Fliehen vor des Kaisers Grimme,
Der als Gott sich läßt verehren,
Doch als Gott sich nicht bewähret:
Denn ihn hindert eine Fliege,
Guter Bissen sich zu freuen.
Seine Diener scheuchen wedelnd,
Nicht verjagen sie die Fliege.
Sie umschwärmt ihn, sticht und irret
Und verwirrt die ganze Tafel,
Kehret wieder wie des häm'schen
Fliegengottes Abgesandter.

Nun - so sagen sich die Knaben -
Sollt ein Flieglein Gott verhindern?
Sollt ein Gott auch trinken, speisen,
Wie wir andern? Nein, der Eine,
Der die Sonn erschuf, den Mond auch,
Und der Sterne Glut uns wölbte,
Dieser ist's, wir fliehn! - Die zarten
Leicht beschuht', beputzten Knaben
Nimmt ein Schäfer auf, verbirgt sie
Und sich selbst in Felsenhöhle.
Schäfershund, er will nicht weichen,
Weggescheucht, den Fuß zerschmettert,
Drängt er sich an seinen Herren
Und gesellt sich zum Verborgnen,
Zu den Lieblingen des Schlafes.

Und der Fürst, dem sie entflohen,
Liebentrüstet, sinnt auf Strafen,
Weiset ab so Schwert als Feuer,
In die Höhle sie mit Ziegeln
Und mit Kalk sie läßt vermauern.

Aber jene schlafen immer,
Und der Engel, ihr Beschützer,
Sagt vor Gottes Thron berichtend:
»So zur Rechten, so zur Linken
Hab ich immer sie gewendet,
Daß die schönen jungen Glieder
Nicht des Moders Qualm verletze.
Spalten riß ich in die Felsen,
Daß die Sonne, steigend, sinkend,
Junge Wangen frisch erneute:
Und so liegen sie beseligt. -
Auch, auf heilen Vorderpfoten,
Schläft das Hündlein süßen Schlummer.«

Jahre fliehen, Jahre kommen,
Wachen endlich auf die Knaben,
Und die Mauer, die vermorschte,
Altershalben ist gefallen.
Und Jamblika sagt, der Schöne,
Ausgebildete vor allen,
Als der Schäfer fürchtend zaudert:
»Lauf ich hin! und hol euch Speise,
Leben wag ich und das Goldstück!«
Ephesus, gar manches Jahr schon,
Ehrt die Lehre des Propheten
Jesus. (Friede sei dem Guten!)

Und er lief, da war der Tore
Wart und Turn und alles anders.
Doch zum nächsten Bäckerladen.
Wandt er sich nach Brot in Eile. -
»Schelm!« so rief der Bäcker, »hast du,
Jüngling, einen Schatz gefunden!
Gib mir, dich verrät das Goldstück,
Mir die Hälfte zum Versöhnen!«

Und sie hadern. - Vor den König
Kommt der Handel; auch der König
Will nun teilen wie der Bäcker.

Nun betätigt sich das Wunder
Nach und nach aus hundert Zeichen.
An dem selbsterbauten Palast
Weiß er sich sein Recht zu sichern.
Denn ein Pfeiler, durchgegraben,
Führt zu scharfbenamsten Schätzen.
Gleich versammeln sich Geschlechter,
Ihre Sippschaft zu beweisen.
Und als Ururvater prangend
Steht Jamblikas Jugendfülle.
Wie von Ahnherrn hört er sprechen
Hier von seinem Sohn und Enkeln.
Der Urenkel Schar umgibt ihn,
Als ein Volk von tapfern Männern,
Ihn, den jüngsten, zu verehren.
Und ein Merkmal übers andre
Dringt sich auf, Beweis vollendend;
Sich und den Gefährten hat er
Die Persönlichkeit bestätigt.

Nun zur Höhle kehrt er wieder,
Volk und König ihn geleiten. -
Nicht zum König, nicht zum Volke
Kehrt der Auserwählte wieder:
Denn die Sieben, die von lang her,
Achte waren's mit dem Hunde,
Sich von aller Welt gesondert,
Gabriels geheim Vermögen
Hat, gemäß dem Willen Gottes,
Sie dem Paradies geeignet,
Und die Höhle schien vermauert.

Johann Wolfgang von Goethe


 

Mittwoch, 26. Juni 2013

Margaret Bourke-White - Amerikanerin


Margaret Bourke-White

"Nichts zieht mich so sehr an, wie eine geschlossene Tür. Ich kann nicht ruhen, bevor ich sie nicht aufgebrochen habe."
“Nothing attracts me like a closed door. I cannot let my camera rest until I have pried it open.”


The American Way - Zur Zeit des Louisville Hochwassers 1937





Portrait eines Landarbeiters und seiner Frau 1937


Die Hand eines Süd-Koreaners, den abgetrennten Kopf eines nord-koreanischen, kommunistischen Guerillakämpfers haltend.
Cholla Poktuk, Korea 17. November, 1952. Life Magazine


Alle Photographien © Margaret Bourke-White

Montag, 24. Juni 2013

Vollmond Anhang


Leider war es hier, in Heilbronn, so verhangen, dass ich den riesigen Mond nicht sehen, geschweige denn photographieren konnte. Aber ein paar liebe Menschen haben mir ihre Aufnahmen geschickt. Dankeschön! Nächsten August wird es wieder einen großen Mond geben, vielleicht klappt es dann.

 Ray van Zeschau - Mitternacht



 Zamir Dizdari - Torstrasse Berlin



 Angelika Ritter - Rotes Rathaus Berlin


Sonntag, 23. Juni 2013

Vollmond


 
Archivbild

 

Sonntag, den 23. Juni 2013

Heute ist Vollmond, es ist dies ein doppelter Jahresrekord: der grösste und südlichste Vollmond. Der Mond erreicht kurz vor dem Vollmondzeitpunkt zudem den absolut gesehen kleinsten Erdabstand des Jahres.
Der volle Mond steht morgen am Montag um 2 Uhr 20° hoch im Süden im Sternbild Schütze. Er geht ungefähr bei Sonnenuntergang auf und verschwindet erst wieder bei Sonnenaufgang. Heute steht der volle Mond in Erdnähe, der Abstand vom Erdmittelpunkt beträgt 356'991 Kilometer. Der Mond erscheint uns etwas grösser als sonst - dies ist tatsächlich keine optische Täuschung. Dies ist der kleinste Erdabstand des Jahres.  
Die nächste Möglichkeit, einen ähnlich großen Vollmond zu sehen, wird sich erst im August 2014 wieder ergeben.
astronomie.info 

 Mondlicht: Eine Studie in Millbank, JMW Turner, 1797

Am 23. Juni 2013 erreicht der Mond seine maximale Helligkeit und wird deshalb als Vollmond bezeichnet. Die Helligkeit des Vollmonds schwankt aufgrund der elliptischen Umlaufbahnen von Erde und Mond. Ist die Erde der Sonne besonders nahe (Perihel) und zugleich der Mond an seinem erdnächsten Punkt (Perigäum), so ist der Vollmond etwa 22 Prozent heller als im umgekehrten Fall, wenn beide Entfernungen maximal sind.
Vollmond ist definiert als der Zeitpunkt, an dem Sonne und Mond in Opposition zueinander stehen, also von der Erde aus gesehen in entgegengesetzten Richtungen. Der Mond befindet sich dabei meist geringfügig über oder unter der Ebene der Erdumlaufbahn (Ekliptik). Liegt er zu diesem Zeitpunkt genau in Höhe der Ekliptik, findet eine Mondfinsternis statt.

kleiner kalender

Dem aufgehenden Vollmonde

Willst du mich sogleich verlassen?
Warst im Augenblick so nah!
Dich umfinstern Wolkenmassen,
Und nun bist du gar nicht da.

Doch du fühlst, wie ich betrübt bin,
Blickt dein Rand herauf als Stern!
Zeugest mir, daß ich geliebt bin,
Sei das Liebchen noch so fern.

So hinan denn! hell und heller,
Reiner Bahn, in voller Pracht!
Schlägt mein Herz auch schmerzlich schneller,
Überselig ist die Nacht.

Johann Wolfgang von Goethe

                                             Marianne von Willemer  
                                Johann Jacob de Lose, 1809

Erläuterung zu Dem aufgehenden Vollmonde von Walter Höllerer

Am 25. August 1828 in Dornburg bei Weimar geschrieben, wohin sich Goethe nach dem Tod des Herzogs Carl August zurückgezogen hatte. Das Gedicht wurde am 23. Oktober an Marianne von Willemer geschickt mit den Worten: "Mit dem freundlichsten Willkomm die heitere Anfrage: wo die lieben Reisenden am 25. August sich befanden? Und ob sie vielleicht den klaren Vollmond beachtend des Entfernten gedacht haben? Beikommendes gibt, von meiner Seite, das unwidersprechlichste Zeugnis." 1815 hatten Goethe und Marianne sich gelobt, bei jedem Vollmond aneinander zu denken: "Euch im Vollmond zu begrüßen / Habt ihr heilig angelobt." [...] Er kannte die 1784 geborene Marianne Jung seit dem Sommer zuvor (1814). [...] Als ein Theaterkind war sie aus ihrer österreichischen Heimat vor Jahren nach Frankfurt gelangt [...], der Witwer Willemer hatte sie von der Bühne zu seinen Töchtern ins Haus genommen, jetzt [1814] war sie, nach langem Zögern, seine Frau geworden. Schönheit, gesellige Anmut und alle musischen Gaben, die, über dem Grunde von Herz und Geist, das seltene Wesen auszeichneten, nun beglückten sie den verehrten, bald geliebten Gast [Goethe]. [...] Im Oktober 1815, als nach einem Wiedersehen in Heidelberg die Leidenschaft bedrohlich wuchs, riß Goethe sich zu eiliger Heimreise los; [...] er hat Marianne nicht wieder gesehen. Der mit Hoffnungen sich oft schmerzlich hinhaltende Wechsel von Briefen, Gedichten und Gaben dauerte bis zu Goethes Tod.
Johann Wolfgang Goethe: Werke. Bd. 1: Gedichte. Versepen. Hrsgg. v. Walter Höllerer. Frankfurt a. M. 1966. S. 232f. u. 294f.

Das habe ich gerade noch gefunden, grässlich:

An den Mond

Wandre unermüdlich,
Lass den Kopf nicht hängen,
Die Fürsorge des Herrn ist groß.
Gib der Erde, die sich unter dir
Ausdehnt, dein sanftes Lächeln;
Sing den Gletschern, die aus den Himmeln
Hängen, ein Wiegenlied.
Du sollst wissen: Ein Unterdrückter,
Niedergestreckt zur Erde,
Strebt wieder zur Höhe der reinen Berge,
Wenn die Hoffnung ihn erhebt.
Lieblicher Mond, so schimmre nun,
Wie früher, durch die Wolken;
Lass in dem nachtblauen Gewölbe
Deine Strahlen spielen.
Ich aber knöpfe meine Weste auf
Und werfe meine Brust dem Mond entgegen;
Mit ausgestreckten Armen werde ich
Den Spender des Lichts auf der Erde verehren.

 Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili genannt Stalin um 1895




weiter lesen: http://web.de/magazine/wissen/weltraum/17548954-supermond-2013-23-juni-hellsten-vollmond-jahres.html#.A1000145