Es ist wirklich eine Art Universum, das Marvel da erschafft, wenn auch ein kleineres, verdienstorientiertes.
Es gibt Helden mit Wunderkräften (Hulk), welche mit technischem Superwissen (Iron Man), mythologische Helden (Thor), tolldreiste Kampfhelden (Black Widow), Helden der Zukunft (Guardians of the Galaxy) und nun auch Zaubererhelden.
Und sie alle treffen sich, spielen, kämpfen, quatschen miteinander und werden in immer neuen Zusammenstellungen noch Material für mindestens 751 Fortsetzungen bieten.
Bei Doctor Strange nicht schon im Abspann gehen! Nicht so schön, wie bei den Guardians, aber nicht übel.
Arroganter, emotional gestörter Neurochirurg verliert durch Autounfall den Gebrauch seiner Hände, gibt die Schuld allen und jedem, hat einen Zusammenbruch, gerät nach Kathmandu, findet Lehrer, erinnert sich an den Eid des Hippokrates, den er einst geleistet hat, studiert Zauberei, findet seine Bestimmung und rettet die Menschheit vor Dormammu, dem Superbösewicht aus der dunklen Dimension, meist vertreten durch Mads Mikkelsen, unter extremem Einsatz von glitzerndem Lidschatten, als Kaezilius. Alle zaubern wie verrückt unter Einsatz sehr gut aussehender Handbewegungen.
Vorrausgeschickt, es ist ein Spaß. "Inception" wird, ums Zehnfache gesteigert, zitiert, "Sherlock" amerikanisiert. Tilda Swinton kann selbst esoterischsten Schwampf mit kühler Intelligenz und einer Prise Witz servieren. Mads ist großartig wie immer. Rachel McAdams und Chiwetel Ejiofor und Benedict Wong geben erstklassige Unterstützung und Benedict Cumberbatch...
Tja, er ist gut, ich bin Fan, aber es ist als müßte sich in diese Art von schamlose Vergrößerung erst einpassen, noch hat er nicht die elegante Entspanntheit von Tilda Swinton, oder die manisch-coole Überdrehtheit von Robert Downey jr.
Er ist gut, aber noch ist die Verstellung zu spüren, der Mangel an Realität macht ihm noch zu schaffen.
"Sherlock" Staffel hat am 1. Januar 2017 Premiere!
Das Universum (von lateinisch universus „gesamt“), ist die Gesamtheit von Raum, Zeit und aller Materie und Energie darin. Das beobachtbare Universum beschränkt sich hingegen auf die vorgefundene Anordnung aller Materie und Energie, angefangen bei den elementaren Teilchen bis hin zu den großräumigen Strukturen wie Galaxien und Galaxienhaufen. So sagt es Wiki.
Eid des Hippokrates
Ich schwöre bei Appollon dem Arzt und Asklepios und Hygieia und Panakeia und allen Göttern und Göttinnen, indem ich sie zu Zeugen rufe, daß ich nach meinem Vermögen und Urteil diesen Eid und diese Vereinbarung erfüllen werde: Den, der mich diese Kunst gelehrt hat, gleichzuachten meinen Eltern und ihm an dem Lebensunterhalt Gemeinschaft zu geben und ihn Anteil nehmen zu lassen an dem Lebensnotwendigen, wenn er dessen bedarf, und das Geschlecht, das von ihm stammt, meinen männlichen Geschwistern gleichzustellen und sie diese Kunst zu lehren, wenn es ihr Wunsch ist, sie zu erlernen ohne Entgelt und Vereinbarung und an Rat und Vortrag und jeder sonstigen Belehrung teilnehmen zu lassen meine und meines Lehrers Söhne sowie diejenigen Schüler, die durch Vereinbarung gebunden und vereidigt sind nach ärztlichem Brauch, jedoch keinen anderen. Die Verordnungen werde ich treffen zum Nutzen der Kranken nach meinem Vermögen und Urteil, mich davon fernhalten, Verordnungen zu treffen zu verderblichem Schaden und Unrecht. Ich werde niemandem, auch auf eine Bitte nicht, ein tödlich wirkendes Gift geben und auch keinen Rat dazu erteilen; gleicherweise werde ich keiner Frau ein fruchtabtreibens Zäpfchen geben: Heilig und fromm werde ich mein Leben bewahren und meine Kunst. Ich werde niemals Kranke schneiden, die an Blasenstein leiden, sondern dies den Männern überlassen, die dies Gewerbe versehen. In welches Haus immer ich eintrete, eintreten werde ich zum Nutzen des Kranken, frei von jedem willkürlichen Unrecht und jeder Schädigung und den Werken der Lust an den Leibern von Frauen und Männern, Freien und Sklaven. Was immer ich sehe und höre, bei der Behandlung oder außerhalb der Behandlung, im Leben der Menschen, so werde ich von dem, was niemals nach draußen ausgeplaudert werden soll, schweigen, indem ich alles Derartige als solches betrachte, das nicht ausgesprochen werden darf. Wenn ich nun diesen Eid erfülle und nicht breche, so möge mir im Leben und in der Kunst Erfolg beschieden sein, dazu Ruhm unter allen Menschen für alle Zeit; wenn ich ihn übertrete und meineidig werde, dessen Gegenteil.
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Sonntag, 6. November 2016
Samstag, 5. November 2016
Mapplethorpe - Look at the pictures
© Robert Mapplethorpe
Eine HBO-Dokumentation
Von Fenton Bailey und Randy Barbato
Ich bin spät auf Robert Mapplethorpes Arbeiten gestoßen, durch den ersten Band von Patti Smiths Autobiographie "Just Kids". Ein scheuer, verspielter, hinreißend schöner junger Mann, der gierig nach seinem Ort in der Kunst suchte, katholisch geprägt, sehr ehrgeizig und sehr arm, sie wird seine erste Liebe und er bricht ihr das Herz, eine Fakt, den sie mit großer demütiger Zuneigung beschreibt.
Ken Moody und Robert Sherman 1984
© Robert Mapplethorpe
Beide Modelle hatten Alopecia, wodurch sie
völlig haarlos waren.
Statuen, Blumen, Porträts, Frauen, Männer und Männer und ihre Schwänze, fast ausschließlich in schwarz/weiß, zu Beginn Polaroids, dann schenkte ihm ein wohlhabender Liebhaber eine Hasselblad. Mapplethorpe ist, eins der vielen, vielen Opfer der grausamen Krankheit AIDS, nur vierzig geworden und muß gearbeitet, geschuftet haben, als wüßte er, dass er nur wenig Zeit haben würde.
Mann im Polyester Anzug 1980
Aus X-Portofolio Serie
© Robert Mapplethorpe
© Robert Mapplethorpe
Photo: Sotheby’s New York
1989 Die Nationale Stiftung für die Künste der USA
Der US-Senator Jesse Helms hat einer Ausstellung seiner Photos wegen erfolgreich eine Novelle zum Gesetz über die staatliche Kunstsubventionierung im Senat eingebracht, die die Förderung von Kunst verbietet, die " Darstellungen von Sadomasochismus, Homoerotizismus, die Ausbeutung von Kindern, oder Personen, die sexuelle Akte vollziehen fördert, verbreitet oder schafft; auch Matrial, dass die Gegenstände oder den Glauben der Anhänger einer bestimmten Religion oder Nicht-Religion verleumdet, herabsetzt oder verunglimpft." Auch für Kunst "die eine Person wegen ihrer Rasse, Überzeugung, Sex, Behinderung, Alter oder nationaler Herkunft verleumdet, herabsetzt oder verunglimpft" wurde staatliche Fördeung verboten. Im Herbst 89 wird diese Bestimmung durch eine neue Abstimmung abgemildert, aber nicht abgeschafft.
Helms verwendete auch den Ausdruck: "Look at the pictures!" Er hat die Photos an Senatoren verschickt, um sie zur Unterstützung seines Antrages zu bewegen.
Helms verwendete auch den Ausdruck: "Look at the pictures!" Er hat die Photos an Senatoren verschickt, um sie zur Unterstützung seines Antrages zu bewegen.
Homage an Mapplethorpe © Catherine Balet
Dienstag, 1. November 2016
Guy Ritchie - Rhythm & Film
GUY RITCHIE
1998: Bube, Dame, König, grAS (Lock, Stock & Two Smoking Barrels)
2000: Snatch – Schweine und Diamanten (Snatch.)
2002: Stürmische Liebe – (Swept Away)
2005: Revolver
2008: Rock N Rolla (RocknRolla)
2009: Sherlock Holmes
2011: Sherlock Holmes: Spiel im Schatten (Sherlock Holmes: A Game of Shadows)
2015: Codename U.N.C.L.E. (The Man from U.N.C.L.E.)
Die eher knappe Filmographie des Mannes, der seine Frau Madge zu nennen pflegte.
Jason Statham Benicio Del Torro Vinnie Jones Brad Pitt Mark Strong Ray Liotta Clive Owen Tom Hardy Gerard Butler Tom Wilkinson Idris Elba Robert Downey jr. Jude Law Henry Cavill Armie Hammer Hugh Grant Sylvester Groth
Er macht Männerfilme. Filme mit Männern. Filme über Männer. Er heißt ja auch 'Guy'! (Guy = Kerl, Macker, Mann)
'Swept Away' verbuche ich unter liebesblindem Ausrutscher und ignoriere ihn.
Kriminelle der unteren Ränge, mit nicht viel mehr als Charme und Hoffnung bewaffnet, haben einen coolen Plan, es gibt einen großen Boss, der viel böser & ruchloser ist, der Plan gerät in die Katastrophe abzurutschen, es sieht nach sicherem, schrecklichen Untergang aus. Dann folgt mit scharfem Dreh die Rettung, das Happy End.
Die maskuline Variante der romantischen Komödie. Frauen sind vorhanden, aber bleiben mysteriös. Der Ton ist proletarisch mit Ausflügen in grimmige Poesie.
Die Liebe spielt eine große Rolle, die Liebe zwischen Freunden, die Liebe zwischen Männern. Wobei die hinreißende, tiefe Verliebtheit von Tom Hardy in RocknRolla eher die Ausnahme von der Regel ist.
Ritchie ist ein Schnittkünstler. Montagen, harte Überblendungen, Verlangsamungen, krasse Beschleunigungen, Hip-Hop Rhythmen. Die Action Sequencen sind wild und elegant choreographiert, viel Körpereinsatz, viel Gewalt, die aber immer Witz und Theatralik behalten und nicht ins sadistisch Sinnlose verfallen. Um entscheidende Szenen abzusetzen, Rückblenden, Zuspitzungen, gibt er ihnen spezifische Färbungen. Die Charaktere der Figuren sind immer erinnerbar, nicht einschichtig, platt. Ich kann sie begreifen.
Er erzählt seine Filme, wie ein intelligentes, phantasiebegabtes Kind Geschichten erzählt, nicht chronologisch, er hakt sich an faszinierenden Details fest, dann schlägt er einen Haken, findet Verlinkungen verblüffender Art, serviert Gleichzeitigkeiten. Ich muß aufpassen, um den Faden nicht zu verlieren. Das mag ich. Er ist witzig. Das mag ich auch.
Er macht Filme über Männer, die auch Frauen gerne sehen.
P.S. And now for something completely different: "Die Geträumten" ein Film für Leute, die sich für Celan und Bachmann, lange, langsame Einstellungen und das wunderbare Gesicht von Anja Plaschg interessieren.
1998: Bube, Dame, König, grAS (Lock, Stock & Two Smoking Barrels)
2000: Snatch – Schweine und Diamanten (Snatch.)
2002: Stürmische Liebe – (Swept Away)
2005: Revolver
2008: Rock N Rolla (RocknRolla)
2009: Sherlock Holmes
2011: Sherlock Holmes: Spiel im Schatten (Sherlock Holmes: A Game of Shadows)
2015: Codename U.N.C.L.E. (The Man from U.N.C.L.E.)
Die eher knappe Filmographie des Mannes, der seine Frau Madge zu nennen pflegte.
Jason Statham Benicio Del Torro Vinnie Jones Brad Pitt Mark Strong Ray Liotta Clive Owen Tom Hardy Gerard Butler Tom Wilkinson Idris Elba Robert Downey jr. Jude Law Henry Cavill Armie Hammer Hugh Grant Sylvester Groth
Er macht Männerfilme. Filme mit Männern. Filme über Männer. Er heißt ja auch 'Guy'! (Guy = Kerl, Macker, Mann)
'Swept Away' verbuche ich unter liebesblindem Ausrutscher und ignoriere ihn.
Kriminelle der unteren Ränge, mit nicht viel mehr als Charme und Hoffnung bewaffnet, haben einen coolen Plan, es gibt einen großen Boss, der viel böser & ruchloser ist, der Plan gerät in die Katastrophe abzurutschen, es sieht nach sicherem, schrecklichen Untergang aus. Dann folgt mit scharfem Dreh die Rettung, das Happy End.
Die maskuline Variante der romantischen Komödie. Frauen sind vorhanden, aber bleiben mysteriös. Der Ton ist proletarisch mit Ausflügen in grimmige Poesie.
Die Liebe spielt eine große Rolle, die Liebe zwischen Freunden, die Liebe zwischen Männern. Wobei die hinreißende, tiefe Verliebtheit von Tom Hardy in RocknRolla eher die Ausnahme von der Regel ist.
Ritchie ist ein Schnittkünstler. Montagen, harte Überblendungen, Verlangsamungen, krasse Beschleunigungen, Hip-Hop Rhythmen. Die Action Sequencen sind wild und elegant choreographiert, viel Körpereinsatz, viel Gewalt, die aber immer Witz und Theatralik behalten und nicht ins sadistisch Sinnlose verfallen. Um entscheidende Szenen abzusetzen, Rückblenden, Zuspitzungen, gibt er ihnen spezifische Färbungen. Die Charaktere der Figuren sind immer erinnerbar, nicht einschichtig, platt. Ich kann sie begreifen.
Er erzählt seine Filme, wie ein intelligentes, phantasiebegabtes Kind Geschichten erzählt, nicht chronologisch, er hakt sich an faszinierenden Details fest, dann schlägt er einen Haken, findet Verlinkungen verblüffender Art, serviert Gleichzeitigkeiten. Ich muß aufpassen, um den Faden nicht zu verlieren. Das mag ich. Er ist witzig. Das mag ich auch.
Er macht Filme über Männer, die auch Frauen gerne sehen.
P.S. And now for something completely different: "Die Geträumten" ein Film für Leute, die sich für Celan und Bachmann, lange, langsame Einstellungen und das wunderbare Gesicht von Anja Plaschg interessieren.
Samstag, 8. Oktober 2016
Tim Burton - Miss Peregrine's Home for Peculiar Children - Insel der besonderen Kinder
Die
Insel der besonderen Kinder ist der neue Film von Tim Burton, nach einem
Drehbuch von Jane Goldman, basierend auf dem Roman von Ransom Riggs.
Um wiedereinmal kurz mein Steckenpferd zu reiten, wäre Fräulein Peregrines Heim für sonderbare Kinder ein schlechterer Titel gewesen? Besonders ist qualitativ wertend, sonderbar ist bemerkenswert. WTF?
Beetlejuice, Batman, Edward mit den Scherenhänden, Ed Wood, Mars Attacks, Corpse Bride - Mister Burton hat einige sehr gute Filme erdacht und Schauspieler zu wunderbaren Figuren-Erfindungen animiert. Aber dann, so ab 2007 mit Sweeney Todd und später auch mit Dark Shadows und der mir allzu niedlich erscheinenden Verfilmung von Alice im Wunderland, geriet er in das betrübliche, doch scheinbar unvermeidbare Sumpfgebiet der selbstverliebten Musterwiederholung. Auch sein Remake von Charlie und die Schokoladenfabrik reichte in keinster Weise, trotz der gut dazuerfundenen freudschen Vorgeschichte von Willie Wonka, an Mel Stuarts Original mit dem vor Kurzem verstorbenen Gene Wilder heran.
Nun heute Abend im Neuköllner Rollbergkino, fast versteckt in einem ätzend unpersönlichen Einkaufszentrum, aber immerhin auf einer Leinwand, vor der ein herrlich glitzender, roter Vorhang hängt, die OV - Originalversion seines zur Zeit letzten Filmes.
Ein Großvater erzählt seinem Enkel Gutenachtgeschichten von Kindern mit besonderen Fähigkeiten, die sich verstecken müssen, da sie von Monstern verfolgt werden. Er, der Großvater, hat, wie wir später erfahren werden, auch ein außergewöhnliches Talent, er kann die, für alle anderen unsichtbaren, Monster sehen. Geboren wurde er 1930 in Polen als Kind jüdischer Eltern. Seiner Familie gelang die Flucht nach Amerika.
Viele Jahre später: der Enkelsohn findet den alten Mann, augenlos & sterbend, im Wald hinter seinem Haus und die letzten gestammelten Worte des Sterbenden, senden ihn auf seine Schicksalsreise.
Das Grundmuster war mir bekannt: unschuldiger herzensguter Held, der sich selbst für einen Verlierer hält, trifft auf verängstigte Opfer, die durch sein überrraschendes Vorbild, erlernen ihr eigenes Potential zu nutzen. Aber, wie die Ereignisse sich entwickeln würden, wußte ich nie. Gut. Burton achtet auf jedes Detail, er befriedigt meine Neugier, aber er läßt mich auf die Befriedigung warten. Gut. Er hat eine dramaturgische Metaebene in der Hinterhand, aber wartet bis zum Abspann, mit den vorbeirollenden verblaßten Photographien von den begabten Kindern, um sie mir mitzuteilen. Gut. Er hat hervorragend besetzt. Gut.
Mein neuester Kandidat für den superbesten Bösewicht: Samuel L. Jackson. Wie der, mit weißer Perücke und dentalem Horrorersatz, während starker Sturm seine Wangen flattern läßt, es schafft, cool zu erscheinen, ist schauspielerisches Genie.
Manche Kitiker verurteilen den Film für seine verwirrende Geschichte und fehlende emotionale Griffigkeit. Genau diese Eigenschaften waren es, die mir den Film liebenswert machten.
Ein absurdes Märchen. Die Einen sind gut, die Anderen schlecht. Schwarz ist schwarz und
weiß ist weiß. Grau ist die Angst.
Florence & the Machine singen den Song überm Abspann.
Um wiedereinmal kurz mein Steckenpferd zu reiten, wäre Fräulein Peregrines Heim für sonderbare Kinder ein schlechterer Titel gewesen? Besonders ist qualitativ wertend, sonderbar ist bemerkenswert. WTF?
Beetlejuice, Batman, Edward mit den Scherenhänden, Ed Wood, Mars Attacks, Corpse Bride - Mister Burton hat einige sehr gute Filme erdacht und Schauspieler zu wunderbaren Figuren-Erfindungen animiert. Aber dann, so ab 2007 mit Sweeney Todd und später auch mit Dark Shadows und der mir allzu niedlich erscheinenden Verfilmung von Alice im Wunderland, geriet er in das betrübliche, doch scheinbar unvermeidbare Sumpfgebiet der selbstverliebten Musterwiederholung. Auch sein Remake von Charlie und die Schokoladenfabrik reichte in keinster Weise, trotz der gut dazuerfundenen freudschen Vorgeschichte von Willie Wonka, an Mel Stuarts Original mit dem vor Kurzem verstorbenen Gene Wilder heran.
Nun heute Abend im Neuköllner Rollbergkino, fast versteckt in einem ätzend unpersönlichen Einkaufszentrum, aber immerhin auf einer Leinwand, vor der ein herrlich glitzender, roter Vorhang hängt, die OV - Originalversion seines zur Zeit letzten Filmes.
Ein Großvater erzählt seinem Enkel Gutenachtgeschichten von Kindern mit besonderen Fähigkeiten, die sich verstecken müssen, da sie von Monstern verfolgt werden. Er, der Großvater, hat, wie wir später erfahren werden, auch ein außergewöhnliches Talent, er kann die, für alle anderen unsichtbaren, Monster sehen. Geboren wurde er 1930 in Polen als Kind jüdischer Eltern. Seiner Familie gelang die Flucht nach Amerika.
Viele Jahre später: der Enkelsohn findet den alten Mann, augenlos & sterbend, im Wald hinter seinem Haus und die letzten gestammelten Worte des Sterbenden, senden ihn auf seine Schicksalsreise.
Das Grundmuster war mir bekannt: unschuldiger herzensguter Held, der sich selbst für einen Verlierer hält, trifft auf verängstigte Opfer, die durch sein überrraschendes Vorbild, erlernen ihr eigenes Potential zu nutzen. Aber, wie die Ereignisse sich entwickeln würden, wußte ich nie. Gut. Burton achtet auf jedes Detail, er befriedigt meine Neugier, aber er läßt mich auf die Befriedigung warten. Gut. Er hat eine dramaturgische Metaebene in der Hinterhand, aber wartet bis zum Abspann, mit den vorbeirollenden verblaßten Photographien von den begabten Kindern, um sie mir mitzuteilen. Gut. Er hat hervorragend besetzt. Gut.
Mein neuester Kandidat für den superbesten Bösewicht: Samuel L. Jackson. Wie der, mit weißer Perücke und dentalem Horrorersatz, während starker Sturm seine Wangen flattern läßt, es schafft, cool zu erscheinen, ist schauspielerisches Genie.
Manche Kitiker verurteilen den Film für seine verwirrende Geschichte und fehlende emotionale Griffigkeit. Genau diese Eigenschaften waren es, die mir den Film liebenswert machten.
Ein absurdes Märchen. Die Einen sind gut, die Anderen schlecht. Schwarz ist schwarz und
weiß ist weiß. Grau ist die Angst.
Florence & the Machine singen den Song überm Abspann.
Die sonderbaren Kinder im klassischen Portraitphoto
Kinderkreuzzug
1939
In Polen, im
Jahr Neununddreißig
War eine
blutige Schlacht
Die hat viele
Städte und Dörfer
Zu einer
Wildnis gemacht.
Die Schwester verlor
den Bruder
Die Frau den
Mann im Heer
Zwischen Feuer
und Trümmerstätte
Fand das Kind
die Eltern nicht mehr.
Aus Polen ist
nichts mehr gekommen
Nicht Brief
noch Zeitungsbericht
Doch in den
östlichen Ländern
Läuft eine
seltsame Geschicht.
Schnee fiel,
als man sich’s erzählte
In einer
östlichen Stadt
Von einem
Kinderkreuzzug
Der in Polen
begonnen hat.
Da trippelten
Kinder hungernd
In Trüpplein
hinab die Chausseen
Und nahmen mit
sich andere, die
In
zerschossenen Dörfern stehn.
Sie wollten
entrinnen den Schlachten
Dem ganzen
Nachtmahr
Und eines Tages
kommen
In ein Land, wo
Frieden war.
Da war ein
kleiner Führer
Der hat sie
aufgericht’.
Er hatte eine
große Sorge:
Den Weg, den
wusste er nicht.
Eine Elfjährige
schleppte
Einen Jungen
von vier Jahr
Hatte alles für
eine Mutter
Nur nicht ein
Land, wo Frieden war.
Ein kleiner
Jude marschierte im Trupp
Mit einem
samtenen Kragen
Der war das
weißeste Brot gewohnt
Und hat sich
gut geschlagen.
Und zwei Brüder
kamen mit
Die waren große
Strategen
Stürmten eine
leere Bauernhütt
Und räumten sie
nur vor dem Regen.
Es ging ein
dünner Grauer mit
Hielt sich
abseits in der Landschaft
Und trug an
einer schrecklichen Schuld:
Er kam aus
einer Nazigesandtschaft.
Da war unter
ihnen ein Musiker
Der fand eine Trommel
in einem zerschossenen Dorfladen
Und durfte sie
nicht schlagen
Das hätt sie
verraten.
Und da war ein
Hund
Gefangen zum
Schlachten
mitgenommen als
Esser
Weil sie’s
nicht übers Herz brachten.
Da war auch
eine Schule
Und ein kleiner
Lehrer für Kalligraphie
Und ein Schüler
an einer zerschossenen Tankwand
Lernte
schreiben bis zu FRIE…
Da war auch ein
Konzert:
An einem lauten
Winterbach
Durfte einer
die Trommel schlagen
Da wurd er
nicht vernommen, ach.
Da war auch
eine Liebe.
Sie war zwölf,
er war fünfzehn Jahr.
In einem
zerschossenen Hofe
Kämmte sie ihm
sein Haar.
Die Liebe konnt
nicht bestehen
Es kam zu große
Kält:
Wie sollen die
Bäumchen blühen
Wenn so viel
Schnee drauf fällt?
Da war auch ein
Krieg
Denn es gab
noch eine andre Kinderschar
Und der Krieg
ging nur zu Ende
Weil es sinnlos
war.
Doch als der
Krieg noch raste
Um ein
zerschossenes Bahnwärterhaus
Da ging, wie es
heißt, der einen Partei
Plötzlich das
Essen aus.
Und als die
andere Partei das erfuhr
Da schickte sie
aus einen Mann
Mit einem Sack
Kartoffeln, weil
Man ohne Essen
nicht kämpfen kann.
Da war auch ein
Gericht
Und brannten
zwei Kerzenlichter
Und war ein
peinliches Verhör.
Verurteilt
wurde der Richter.
Da war auch
eine Hilfe
(Hilfe hat nie
geschadet)
Eine Dienstmagd
hat ihnen gezeigt
Wie man ein Kleines
badet
Sie hatte
leider nur zwei Stunden
Ihnen
beizubringen
Mußte ihrer Herrschaft
Die Betten
nachbringen.
Da war auch ein
Begräbnis
Eines Jungen
mit samtenem Kragen
Der wurde von
zwei Deutschen
Und zwei Polen
zu Grabe getragen.
Protestant,
Katholik und Nazi war da
Ihn der Erde
einzuhändigen
Und zum Schluß
sprach ein kleiner Sozialist
Von der Zukunft
der Lebendigen
So gab es
Glaube und Hoffnung
Nur nicht
Fleisch und Brot
Und keiner
schelt sie mir, wenn sie was stahln
Der ihnen nicht
Essen bot.
Und keiner
schelt mir den armen Mann
Der sie nicht
zu Tische lud:
Gleich ein
halbes Hundert, da handelt es sich
Um Mehl, nicht
um Opfermut.
Findet man zwei
oder sogar drei
Tut man gern
was dafür
Aber wenn es so
viele sind
Schließt man
seine Tür.
In einem
zerschossenen Bauernhof
Haben sie Mehl
gefunden.
Eine Elfjährige
band sich die Schürze um
Und backte
sieben Stunden.
Der Teig war
gut gerühret
Das Feuerholz
gut gehackt
Das Brot ist
nicht aufgegangen
Sie wussten nicht,
wie man Brot backt.
Sie zogen
vornehmlich nach Süden.
Süden ist, wo
die Sonn
Mittags um
zwölf Uhr steht
Gradaus davon.
Sie fanden zwar
einen Soldaten
Verwundet im
Tannengries.
Sie pflegten
ihn sieben Tage
Damit er den
Weg ihnen wies.
Er sagte ihnen:
Nach Bilgoray!
Muß stark
gefiebert haben
Und starb ihnen
weg am achten Tag.
Sie haben ihn
auch begraben.
Und da gab es
ja Wegweiser
Wenn auch vom
Schnee verweht
Nur zeigten sie
nicht mehr die Richtung an
Sondern waren
umgedreht.
Das war nicht
etwa ein grausamer Spaß
Sondern aus
militärischen Gründen
Und als sie
suchten Bilgoray
Konnten sie es
nicht finden.
Sie standen um
ihren Führer
Der sah in die
Schneeluft hinein
Und deutete mit
der kleinen Hand
Und sagte: es
muß dort sein.
Einmal, nachts.
sahen sie ein Feuer
Da gingen sie
nicht hin.
Einmal rollten
drei Tanks vorbei
Da waren
Menschen drin.
Einmal kamen
sie an eine Stadt
Da machten sie
einen Bogen
Bis sie daran
vorüber waren
Sind sie nur
nachts weitergezogen.
Wo einst das
südöstliche Polen war
Bei starkem
Schneewehn
Hat man die
fünfundfünfzig
Zuletzt gesehn.
Wenn ich die
Augen schließe
Seh ich sie
wandern
Von einem
zerschossenen Bauerngehöft
Zu einem
zerschossenen andern.
Über ihnen, in
den Wolken oben
Seh ich andre
Züge, neue, große!
Mühsam wandernd
gegen kalte Winde
Heimatlose,
Richtunglose.
Suchend nach
dem Land mit Frieden
Ohne Donner,
ohne Feuer
Nicht wie das,
aus dem sie kommen
Und der Zug
wird ungeheuer.
Und er scheint
mir durch den Dämmer
Bald schon gar
nicht mehr derselbe:
Andere Gesichtlein
seh ich
Spanische,
französische, gelbe!
In Polen, in
jenem Januar
Wurde ein Hund
gefangen
Der hatte um
seinen mageren Hals
Eine Tafel aus
Pappe hangen.
Darauf stand:
BITTE UM HILFE!
WIR WISSEN DEN
WEG NICHT MEHR.
WIR SIND
FÜNFUNDFÜNFZIG
DER HUND FÜHRT
EUCH HER.
WENN IHR NICHT
KOMMEN KÖNNT
JAGT IHN WEG!
SCHIESST NICHT
AUF IHN
NUR ER WEISS
DEN FLECK.
Die Schrift war
eine Kinderhand.
Bauern haben
sie gelesen.
Seitdem sind
eineinhalb Jahre um.
Der Hund ist
verhungert gewesen.
b.b.
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