20 Grad, Berlin blüht, Berliner benehmen sich südländisch, Touristen benehmen sich noch touristischer als sonst, und die, die so tun, als sein sie Berliner - würde ich anderswo vielleicht auch versuchen - fallen noch mehr auf, weil sie nicht augenblicklich in berlinisch überbordende Sommerlaune verfallen.
Und dann auch noch das durch und durch künstliche und doch funktionierende "Event" - das Gallery Weekend. Total English. Die Kreativszene bzw., hunderte Leute jeden Alters drängeln sich durch die engen Straßen, an denen sich Kunstgalerien gemeinhin ansiedeln, die Augen und das Hirn überfüllt mit einer Mischung aus Kunst, Kitsch, Angestrengtheit und den verzweifelten Versuchen von hoffnungsvollen Künstlern, sich auf dem völlig unübersichtlichen Markt zu positionieren. Yves Klein in weiß umd grau, Olafur Eliasson in Designerschick, aber eben auch unbekannter Otto Dix.
In einer Ateliergalerie im ersten Stock des Seitenflügels erster Hinterhof die Zeichnung eines alten Mannes mit einer Gouache der zartesten Frühlingsblumen als Kranz ums Haupt, ein kleiner gelber König hockt auf einem zu großen Thron und ein weintrinkender Maler erkärt: Das Porträt brauchte 40 Minuten, die Gouache zwei ganze Tage. Der Maler war schmal, schön und nicht wohlhabend. Ein Maler. Sein "Manager" trank auch Weißwein und war noch schmaler.
In anderen Galerien gab es an der Rezeption gutaussehende Mädchen um die 20 und ihre männlichen Equvivalent, Praktikanten, unterbezahlt und professionell stilsicher und unterkühlt.
Selbst die Ausstattung der Kunsteifrigen ist bemerkenswert. Bedachtes stilsicheres Ganzkörperkostüm neben hoffnungslos schlechtsitzendem H&M - Gemisch.
Mein Job ist schon recht erfolgs- und ergebnisorientiert. Aber die armen bildenden Künstler, allein in ihren mehr oder weniger komfortablen Ateliers, die haben es wirklich schwer.
Otto Dix "Soldat" mit Stahlhelm nach rechts blickend; Gouache 1917
Otto Dix Selbstportät
Otto Dix Frau
Einmal im Jahr, zum Gallery Weekend Berlin, schließen sich einige der
renommiertesten Galerien Berlins zusammen, öffnen ihre Türen und laden
nationale und internationale Sammler, Kuratoren und Kunstinteressierte
in ihre Räumlichkeiten, um aktuelle Arbeiten ihrer Künstler zu
präsentieren.
... Mit seinem Zusammenspiel aus Ausstellungsbesuchen, Berlinerlebnis und
gesellschaftlichem Ereignis zieht das Gallery Weekend Berlin für drei
Tage Sammlern, Kuratoren und Kunstliebhabern aus aller Welt in die
Stadt. Rund 1.200 geladene nationale und internationale Sammler,
Kuratoren und Vertreter von Museen und Institutionen und um die 20.000
Kunstinteressierte besuchen die Ausstellungen des Gallery Weekends jedes
Jahr.
Peter Puklus Einundeinhalb Meter
Die ehemalige Max-Planck-Oberschule, jetzt ein Galerienhaus
http://www.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article154880044/Hilfe-ich-habe-Angst-vor-Kunst.html
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